Seit über drei Jahrzehnten gehört die taz allein ihren LeserInnen. Man muss es sich wie ein Dreieck vorstellen: Wichtige Informationen brauchen eine Plattform, um zu relevanten Nachrichten werden zu können. Recherchierende JournalistInnen brauchen ein Forum, um ihre Themen setzen zu können. Kritische LeserInnen brauchen unabhängige Medien, um sich informieren zu können. Egal, von welcher Seite man es betrachtet: Der Qualitätsjournalismus ist an die publizistische Freiheit des Mediums genauso gebunden wie an das Interesse einer kritischen Leserschaft. Aus dieser Erkenntnis entstand vor mehr als dreißig Jahren die alternative Tageszeitung taz.
Dem Aufruf, im Selbstverlag und aus eigener Kraft eine unabhängige Zeitung zu gründen, folgten damals viele ambitionierte und auch ein paar gut ausgebildete JournalistInnen. Hinzu kamen die vielen UnterstützerInnen, die mit einem Vorausabonnement eine Zeitung bestellten, die es noch gar nicht gab. Aus diesen bescheidenen Anfängen heraus startete 1979 die taz, die 1991 in eine Verlagsgenossenschaft überführt wurde. Heute sichern mehr als 10.000 Genossen und Genossinnen mit ihren Einlagen die finanzielle und publizistische Basis ihrer Zeitung.
Was Anfang der 1990er Jahre in der Verlagsbranche noch mit einem mitleidigen Lächeln quittiert wurde, ist heute ein viel beneidetes Beteiligungsmodell geworden. Anders als in den klassischen werbefinanzierten Medienstrukturen, die entsprechend an das Auf und Ab der Konjunktur gebunden sind, ist ein Qualitätsjournalismus, der „nur“ seine LeserInnen überzeugen muss, viel freier in der Gestaltung und Gewichtung seines Produktes. Im besten Fall fußt die Berichterstattung auf einer gemeinsamen Überzeugung, über was recherchiert und diskutiert werden muss, was wichtig und berichtenswert ist. Selbst dort, wo die Meinungen von JournalistInnen und LeserInnen auseinandergehen, kann ein partizipatives Geschäftsmodell prinzipiell auf die Bereitschaft setzen, dass beide Seiten konstruktiv debattieren wollen.
Auch diese Erfahrung ist in der taz bereits erheblich älter als die Kommentarfunktion bei taz.de: In dem Bewusstsein, durch die Einlage in die Genossenschaft MiteignerInnen der taz zu sein, haben sich die Mitglieder der taz-Genossenschaft immer wieder aktiv an Debatten – zum Beispiel über Werbeanzeigen der Bundeswehr oder die „Dschungelcamp“-Kolumnistinnen – beteiligt. Dabei waren sich freilich stets alle Beteiligten darüber im Klaren, dass diese Partizipation dort ihre Grenze findet, wo die journalistische Unabhängigkeit der Redaktion beginnt.
Im digitalen Zeitalter mit seinen neuen Verbreitungsmöglichkeiten hat sich in der publizistischen Landschaft vieles radikal verändert. Die Möglichkeit, ein Onlinemagazin zu launchen, das die teuren Vertriebswege einer Papierausgabe gar nicht erst einschlägt, macht es zum Beispiel einfacher, mit wenig Kapital an den Start zu gehen. Die Rentabilitätsfrage stellt sich aber irgendwann auch den Netzprodukten, die sich nun nämlich in einem Markt finanzieren müssen, in dem die User von großen Verlagen und idealistischen Forenbetreibern an eine Umsonst-Mentalität gewöhnt wurden.
Die taz, die seit einiger Zeit online auch an den Micropayment-Service Flattr angeschlossen ist, hat mit ihrer Genossenschaft eine Basis, in der nicht die einzelne Zeitung oder der einzelne Onlinebeitrag bewertet wird, sondern die ganze Plattform taz von den 10.000 GenossInnen unterstützt wird. Mit einem einmaligen Betrag von 500 Euro beteiligen sich die Mitglieder also an einem strukturellen Macropayment, dass sich Erscheinungstag für Erscheinungstag, Klick für Klick in Qualitätsjournalismus auszahlt.
Konny Gellebeck ist Leiterin der taz-Genossenschaft