vonKarim El-Gawhary 14.11.2010

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Erinnern Sie sich an den Fall des jungen Ägypters Khaled Said, der laut Augenzeugen auf offener Straße von zwei Polizisten in Alexandria zu Tode geprügelt wurde? Die beiden Polizisten, die dank der Berichte auf Facebook, bei Twitter und in den ägyptischen Blogs und später auch der offiziellen Medien heute vor Gericht stehen, haben in der Sidi Gabr Polizeistation im Zentrum der ägyptischen Mittelmeermetropole gearbeitet.

Wie es scheint,  hat man in der Sidr Gabr Polizeistation daraus keine Konsequenzen gezogen.  Denn jetzt wurde in den Blogs und auf Twitter erneut ein Fall bekannt, in dem ein junger Ägypter auf der gleichen Wache zu Tode gefoltert wurde.

Ahmad Schaaban ID-Foto

Es handelt sich um den 19jährigen Ahmed Schaaban, der nach Aussagen seiner Familie und seiner Freunde auf der Wache gefoltert wurde, bis er starb. Ahmad war bei einem Routinecheck der Polizei aufgegriffen worden, da er sich nicht ausweisen konnte.  Sein dreitägiger Aufenthalt auf der Wache, wurde auf Nachfragen der Familie zunächst abgestritten, aber später bestätigt.

Aufgrund des Falles von Khaeld Said, der zu einem öffentlichen Aufschrei geführt hatte, haben es die Polzisten anscheinend diesmal mit der Angst zu tun bekommen und haben die Leiche in den Mahmoudiya-See in der Umgebung Alexandrias geworfen. Dort fanden Anwohner seine Jacke und sein Handy und informierten die Familie. Später erhielt die Familie einen Brief vom städtischen Leichenschauhaus, dass man Ahmad gefunden habe.  Das Innenministerium behauptet, er habe Selbstmord begangen. Die Familie hält dagegen, dass sie zahlreiche Folterspuren auf seinem Körper gefunden habe. Seine Nägel waren abgezogen sein Bauch wies einen großen Schnitt auf und sein Gesicht und seine Arme waren voller blauer Flecken.

In diesem auf der Internet-Plattform Youtube veröffentlichten Video erzählt Ahmads mutiger Onkel, einer seiner Freunde und ein Anwalt von dem Fall (über Nacht wurde das Video mehr als 10.000 Mal angeklickt).

[youtube]http://www.youtube.com/watch?v=gvQlWqC80K8[/youtube]

Ich fand den Film sie beeindruckend, dass ich das ganze Skript übersetzt habe:

Schrift Weiß auf Schwarz:

„Die Sidi Gabr Polizeistation Klappe die Zweite“

Zunächst Sprecher im Off:

„Seine Nägel an den Zehen waren abgezogen. Er hatte einen langen Schnitt am Arm. Weitere auf seinem Bauch und seinem Nacken. Er hatte überall  Anzeichen geschlagen worden zu sein. „

Der Sprecher, ein junger Mann kommt ins Bild:

„Sie fürchten sich wegen des Falles von Khaled Said. Das sich das ganze wiederholt. Als Ahmad durch ihre Schläge gestorben ist, wollten sie nicht wieder die Verantwortung übernehmen.  Also haben sie seine Leiche einfach irgendwo hingeworfen.“

Schrift Weiß auf Schwarz

„Ahmad Schaaban“

„19 Jahre alt“

„Der Ort: Die Sidi Gabr Polizeiwache“

Neuer Sprecher kommt ins Bild und wird als Aschraf Said Muhammad, der Onkel Ahmad Schaabans vorgestellt. (im Hintergrund wird aus Trauer der Koran rezitiert)

„Ahmad ist mit einem Freund seiner Schwester auf eine Hochzeit gegangen. Auf dem Weg kamen sie in eine Straßensperre. Die Polizei hat sie nach ihrer I.D gefragt. Dann begann eine Diskussion. Die Polizei sagte, wir wollen dass ihr mitkommt. Sie weigerten sich. Also haben sie sie bereits dort geschlagen.“

Schrift Weiß auf Schwarz:

„Sie haben ihn gefoltert bis er starb. Dann haben sie seine Leiche für mehrere Tage in einen Kanal des Mahmoudiya-Sees geworfen.“

Junger Sprecher vom Anfang taucht wieder auf und wird als Walid Abdel Razaq, Freund von Ahmad Schaaban vorgestellt:

„Wir sind zur Sidi Gabr Polizeistation gegangen und haben gefragt, ob er da sei. Sie sagten nein, bis zum dritten Tag. Da haben sie zugegeben, dass er da ist, aber gesagt es sei verboten ihn zu sehen und sie sagten wir bräuchten kein Essen zu bringen, weil Ahmad drinnen zu Essen bekommt.“

Schnitt. Der Freund Walid weiter:

„Vor zwei Tagen erhielten wir dann einen Anruf vom Mahmudiya See. Wir wissen nicht genau wer das war. Sie sagten, sie hätten seine Jacke und sein Handy gefunden. Dann gestern um vier Uhr morgens erhielten wir einen Brief vom Leichenschauhaus. Es gäbe dort einen Toten, den wir identifizieren sollen. „

Der Onkel Aschraf taucht wieder auf.

„Der Chef der Sicherheit und der Ermittlungschef  und ihre Assistenten, sie haben die Leichenhalle umstellt und sie wollten, dass dort nicht gesprochen wird.  Wir wollten die Leiche mitnehmen, um sie zu Hause für die Beerdigung vorzubereiten. Die Polizei sagte nein. Ihr nehmt die Leiche direkt von hier zum Friedhof.“

Der Freund Walid:

„ Wir haben ihn begraben, weil er seine Ruhe finden sollte, aber wir haben keine Ruhe, weil er seine Rechte nicht bekommen hat. Die sind verloren.

Der Onkel Aschraf:

„Wir sind Ägypter, nicht Israelis. Die Besatzung war für uns gnädiger. Wofür haben wir eine Polizei? Sie sollte uns schützen, sie sollte zwischen uns gerecht vermitteln,  nicht unser Kinder mitnehmen und sie umbringen. Ich sage zu Präsident Mubarak., Du schläfst und das ganze Leben hier ist kaputt. Du  weißt das sehr wohl. Du versteckst dich und du hast  deine Gangster, die uns bedrohen . Die würden  bei einer Besatzung nicht unser Land verteidigen, sie würden davonlaufen, wir würden das machen. Du und deine Leute würden flüchten und sich verstecken Wann gehst du endlich? Ich bin verantwortlich für was ich jetzt sage. Wann wird Mubarak und die Seinen gehen? Wann, wann? Das ist eine Sünde. Gnade ist gut. Wir müssen das ganze Land verändern.  Wann wird uns diese Regierung in Frieden lassen. Die regiert seit ewigen Zeiten und nichts Neues passiert. Sie schaffen eine Tyrannei.“

Der Freund Walid:

„Als wir zur Sidi  Gabr Polizeiwache kamen, hörten wir Leute drinnen verzweifelt schreien.  Bitte hört auf. Es reicht. Das war in der Station und wir haben das gehört. Sie schrien, wir haben nichts getan. Das ist genug Unterdrückung. „

Anwalt kommt ins Bild und wird als Ahmad  Qutb vorgestellt.

„Wir klagen niemanden direkt an aber wir wollen die Ermittlung sehen, dass  etwas passiert ist. Es ist unlogisch, dass ein 19jährige Junge einfach so Selbstmord begeht. Es gibt Tatsachen in dieser Geschichte,  die zeigen,  dass er sich nicht selbst umgebracht hat. Er wurde entweder von der Polizei dazu getrieben oder er wurde gefoltert bis er starb und dann haben sie seine Leiche einfach abgeworfen.  Das sind Schlussfolgerungen und Erwartungen. Die Gerichtsmediziner sollten herausfinden, was genau geschehen ist.“

Ein anderer junger Mann taucht auf, der nicht vorgestellt wird.

„Was sie mit Ahmad Schaaban getan haben. Hunde auf der Straße haben  mehr Menschenrechte. Für uns gilt das nicht, wir sind unterdrückt. Das beginnt mit der Regierung bis hin zum höchsten Amt im Staat.

Schrift Weiß auf Schwarz:

„Das sind Bilder von Ahmad Schaabans Beerdigung“

Produziert: Muhamad Abdel Fattah ein ägyptischer Journalist

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Dieses Foto wurde auf Ahmads Beerdigung aufgenommen, die laut Order der Polizei schnell vonstatten gehen musste.

Das sind Ahmads Zeugnisse.  Der 19jährige Ahmad hat Hotelgastwesen und Tourismus studiert

Wie eine ägyptische Bloggerin schreibt:

„Vielleicht hätte Ahmad  Ihnen bei Ihrem nächsten Besuch in Alexandria in einem vornehmen Kaffeehaus einen arabischen Mokka  serviert.“

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https://blogs.taz.de/die_todes-polizeiwache_von_alexandria/

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