Ein Geist geht um auf der Welt – der Geist der Reform in der Drogenpolitik, das sogenannte Ruhestand-Drogenpolitiker-Erleuchtungs-Syndrom [engl.: Post-Retirement Drug Policy Enlightenment Syndrome (PRDPES)]. Und alle Macht der alten Welt hat sich in einer heiligen Allianz versammelt um diesen Geist auszutreiben: Der Papst und der UN-Drogenzar, Putin und Obama, die Parteivertreter in China, Amerikanische Strafverfolger, die Bundeskanzlerin Angela Merkel sowie die alten konservativen Parteien in Deutschland wie die CDU, CSU und FDP.
Aber selbst unter Mitgliedern dieser heiligen Allianz ist diese seltsame neue Epidemie ausgebrochen. Wie Tribble in seinem Blog www.hanfplantage.de am 15. Mai 2012 berichtete, geht diese seltsame Epidemie vornehmlich unter ehemaligen hochrangigen Politikern um. Am häufigsten befällt sie ehemalige Strafverfolgungsbeamten und ehemalige politische Entscheidungsträger. Die dafür empfindlichsten Personen sind jene, die vorher einen signifikanten Teil zu dem „Globalen Krieg gegen die Drogen“ beigetragen haben. Symptome dieser Epidemie sind Gewissensbisse, das Verneinen konventioneller Glaubensgrundsätze, radikale Verbesserung der kognitiven Fähigkeiten und ein starker Trieb, die Drogenpolitik zu reformieren.
Auch wenn in einigen Medien das „Ruhestand-Drogenpolitiker-Erleuchtungs-Syndrom“ als Krankheit bezeichnet wird, handelt es sich eigentlich bei dieser Epidemie um einen Genesungsprozess, der offenbar nicht selten mit dem Einsetzen der Altersweisheit beginnt und dann sukzessive fortschreitet. Einige der Betroffenen haben neue Lobbygruppen gegründet um lebensrettende Maßnahmen für die durch den Krieg gegen Drogen zerstörten Gemeinschaften zu bewerben. Ein Beispiel ist LEAP, Law Enforcement Against Prohibition (Strafverfolger gegen die Prohibition), die größtenteils aus ehemaligen Polizeibeamten, Strafverfolgern und Richtern besteht. Viele von ihnen waren leidenschaftlicher Krieger im Krieg gegen die Drogen, bis sie die Epidemie erreichte.
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Weltkommission für Drogenpolitik
Die Weltkommission für Drogenpolitik (Global Commission on Drug Policy) ist ein weiteres Beispiel hierfür und bezweckt, auf internationaler Ebene eine fundierte, wissenschaftlich abgestützte Diskussion über wirksame, humane Möglichkeiten zur Verminderung des Schadens auszulösen, der Menschen und Gesellschaften durch Drogen zugefügt wird. In ihrem Bericht vom Juni 2011 stellt die Kommission fest: „Der weltweite Krieg gegen die Drogen ist gescheitert, mit verheerenden Folgen für die Menschen und Gesellschaften rund um den Globus. 50 Jahre, nachdem die Vereinten Nationen das Einheits-Übereinkommen über die Betäubungsmittel initiiert haben, und 40 Jahre, nachdem die US-Regierung unter Präsident Nixon den Krieg gegen die Drogen ausgerufen hat, besteht in der nationalen und weltweiten Drogenpolitik dringender Bedarf nach grundlegenden Reformen.“
Die Kommission unter Federführung von Ex-UN-Generalsekretär Kofi Annan ließ deshalb im Juni 2011 verlauten: „Beendet die Kriminalisierung, Stigmatisierung und Ausgrenzung von Menschen, die Drogen gebrauchen und dabei anderen Menschen keinen Schaden zufügen.“ Diese Erklärung der Weltkommission zur Drogenpolitik wurde von zahlreichen ehemaligen Präsidenten und Minister diverser Staaten (u.a. Brasilien, Indien, Kolumbien, Mexiko, Norwegen, Polen, Schweiz, USA) unterzeichnet. Ein darauf basierender offener Brief wurde mit weiteren Signaturen von ehemaligen hohen UNO-Beamten und diversen Nobelpreisträgern am 17. November 2011 im House of Lords in London unter dem Titel „Der globale Drogenkrieg ist gescheitert, es ist Zeit für neue Ansätze“ veröffentlicht. Bereits im Jahre 1998 erklärte der Ex-UN-Generalsekretär Javier Pérez de Cuéllar: „Wir glauben, dass der weltweite Krieg gegen Drogen derzeit mehr Schaden anrichtet als der Drogenmissbrauch selbst … Die Fortsetzung unserer aktuellen Politik wird nur zu mehr Drogenmissbrauch, mehr Macht für Drogenmärkte und Kriminelle, mehr Krankheit und Leid führen.“
Die Global Commission on Drug Policy hat im Mai dieses Jahres ein neues, prominentes Mitglied bekommen. Der ehemalige Präsident Polens, Aleksander Kwasniewski, setzt sich offiziell seit dem Frühjahr für das Ziel der Kommision ein, den „War on Drugs“ zu beenden und durch eine akteptanz-orientierte Drogenpolitik zu ersetzen. Als Präsident Polens hatte er Anfang des Jahrtausends noch für eine der repressivsten Drogengesetzgebungen in Europa gesorgt. Und wie das Hanf Journal am 7. Juni 2012 berichtete, ist zwar Australiens Ex-Polizeichef Mick Palmer wohl nicht prominent genug, um der Global Commission on Drug Policy beizutreten, doch fühlt er sich plötzlich den Zielen dieser Kommission verpflichtet und im Ruhestand gibt er zu, dass die von ihm und seinen Kollegen jahrzehntelang verfolgte Strategie grundlegend falsch war: „Nach 33 Jahren Berufserfahrung als Leiter der Australischen Anti-Drogenpolizei, die in diesem Zeitraum eine harte Linie gefahren hat, kann ich diejenigen, die sagen, man müsse die derzeitige Drogenpolitik nicht ändern, voll verstehen, denn ich habe ihre Meinung bis vor kurzer Zeit geteilt. Aber meine Arbeit als Polizist, sowohl auf Bundes- als auch auf Landes- und Lokalebene, meine Tätigkeit als Prokurator (Anm. der Redaktion: Eine Art Rechtsanwalt im Britischen Rechtssystem) sowie diverse Erfahrungen im Umfeld von Alkohol und Drogen haben mir gezeigt, dass ich falsch lag. Wahr ist, dass repressive Maßnahmen wenig Auswirkungen auf den Australischen Drogenmarkt haben. Das trifft so für die meisten Länder der Welt zu,“ lauten die ersten Zeilen des offenen Briefs von Mick Palmer, den die „National Times“ in voller Länge veröffentlicht hat.
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Grundlegende Forderungen
Die Drogenpolitik muss auf soliden empirischen und wissenschaftlichen Belegen beruhen. Vorrangiger Maßstab für den Erfolg sollte die Minderung des Schadens für die Gesundheit, die Sicherheit und das Wohl der einzelnen Menschen und der Gesellschaft sein. Die Drogenpolitik muss auf den Menschenrechten und auf den Grundsätzen zum Schutz der öffentlichen Gesundheit beruhen. Wir sollten aufhören, die Menschen zu stigmatisieren und auszugrenzen, die bestimmte Drogen konsumieren.
Die Erarbeitung und Umsetzung der Drogenpolitik sollte eine Aufgabe sein, die weltweit gemeinsam wahrgenommen wird; dabei sollten jedoch auch die unterschiedlichen politischen, sozialen und kulturellen Verhältnisse berücksichtigt werden. Die Politik sollte den Rechten und Bedürfnissen der Menschen Rechnung tragen, die durch die Produktion, den illegalisierten Handel und den Konsum von Drogen beeinträchtigt werden, wie dies im Übereinkommen von 1988 gegen den unerlaubten Verkehr mit Betäubungsmitteln ausdrücklich anerkannt wird.
Zwei ehemalige UNO-Generalsekretäre haben eingesehen, dass die gegenwärtige Drogenpolitik für das Wohl der Menschen kontraproduktiv ist, und zu einer grundlegenden Änderung in der Politik aufgerufen. Ja, bei genauer Betrachtung der Gegebenheiten ist festzustellen, dass immer mehr Menschen durch die wachsenden Auswirkungen des illegalen Drogenhandels sowie der Politik, welche diesen zu kontrollieren versucht, beunruhigt sind. Es ist zu befürchten, dass die Verstärkung der aktuellen Politik zu einer Verschlechterung der Drogensituation beiträgt und zunehmend die Glaubwürdigkeit dieser Politik in der breiten Öffentlichkeit im allgemeinen schwindet. Die globale Entwicklung zeigt, dass der von den Vereinten Nationen eingeschlagene Weg zur Drogenkontrolle gescheitert ist.
Drogenpolitik muss sich den Prinzipien einer guten Regierungsführung unterordnen, wie sie in den universalen Menschenrechtserklärungen, in der Konvention über Biodiversität und in anderen internationalen Abkommen zugrunde gelegt sind. Insbesondere sind die sozialen, wirtschaftlichen und politischen Rechte sowie das Recht auf kulturelle Vielfalt für alle Individuen zu garantieren. Deshalb müssen auch deutsche Politiker von der Öffentlichkeit in die Pflicht genommen werden, die Vereinten Nationen dazu aufzufordern, das Politikfeld „Drogenkontrolle“ respektive „Umgang mit psychotrop wirkenden Substanzen“ der Weltgesundheitsorganisation (WHO), der Suchtstoffkommission (Commission on Narcotic Drugs, CND) und dem Büro der Vereinten Nationen für Drogen- und Verbrechensbekämpfung (United Nations Office on Drugs and Crime, UNODC) zu entziehen und der Organisation für Bildung, Wissenschaft und Kultur (UNESCO) anzuvertrauen. Dies ist notwendig, da einerseits die allermeisten Drogengebraucher per se nicht krank sind, und andererseits, da eine Schadensminderung beim Umgang mit psychotrop wirkenden Substanzen weit mehr durch Bildung, Wissenschaft und Kultur bewerkstelligt werden kann als durch die Kriminalisierung der Drogengebraucher und den für sie arbeitenden Dienstleister (Lieferanten, Händler).
Wir befinden uns in einer außergewöhnlichen Zeit in der Geschichte der internationalen Drogenpolitik – der Zeit der ersten Bestrebungen, die Effekte der Suchtstoffabkommen zu evaluieren. Das Versagen ist nicht mehr zu leugnen, und das Vermeiden jeder Diskussion um alternative Ansätze in diesem Moment läuft auf ein Pflichtversäumnis hinaus, wenn nicht sogar – und darüber lässt sich wohl streiten – auf böswillige Fahrlässigkeit.
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Stellungnahme der Hanfparade
Die Organisatoren der Hanfparade wollen sich nicht den Vorwurf gefallen lassen, böswillig und/oder fahrlässig zu handeln, nein, sie handeln pflichtbewusst im Sinne der Menschenrechte und rufen deshalb seit 1997 alljährlich zur Teilnahme an der Hanfparade in Berlin auf. Bereits im Jahr 2010 forderte die Hanfparade unter dem Motto „Cannabis ist (Welt-)Kultur“, die gesamte Hanfkultur dem immateriellen Weltkulturerbe der UNESCO zuzuordnen. Die Hanfparade will, dass Hanf als Rohstoff, Lebens-, Genussmittel und Medizin zum Wohl der Menschheit nutzbar wird und fordert ein Ende der gegenwärtigen – vornehmlich auf Strafverfolgung ausgerichteten – Drogenpolitik. Im Jahr 2011 geschah dies unter dem Motto „40 Jahre sind genug! BtMG adé!“ und dieses Jahr startet die Hanfparade am Samstag, den 11. August 2012, am Alexanderplatz bei der Weltzeituhr unter dem Motto „Freiheit, Gesundheit, Gerechtigkeit“.
Die Hanfparade fordert deshalb auch dieses Jahr von den Vereinten Nationen, das Politikfeld „Drogenkontrolle“ respektive „Umgang mit psychotrop wirkenden Substanzen“ der Weltgesundheitsorganisation (WHO) und der Suchtstoffkommission (CND) zu entziehen und der Organisation für Bildung, Wissenschaft und Kultur (UNESCO) anzuvertrauen. Dies würde zu mehr Freiheit, Gesundheit und Gerechtigkeit auf der Welt führen.
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