Im Juni 2011 forderte US Senator Charles Schumer die Schließung von Silk Road. Silk Road ist ein Marktplatz hauptsächlich für illegale Drogen, der ähnlich wie Ebay Käufer und Verkäufer zusammenbringt, aber aus dem Tor-Netzwerk heraus operiert, was eine Lokalisierung und damit Schließung fast unmöglich macht. Am 2. Oktober 2013 war es dann aber soweit, die Seite wurde vom Netz genommen, der mutmaßliche Betreiber Ross Ulbricht, der unter dem Namen Dread Pirate Roberts agierte, festgenommen und 26.000 Bitcoins beschlagnahmt. Bitcoin ist die digitale Währung mit der bei Silk Road bezahlt wurde, weil es die Rückverfolgbarkeit von Sender und Empfänger erschwert. 26.000 Bitcoins enstprechen derzeit ca. 2,5 Mio Euro.
Liest man die Anklageschriften (1,2), kann man nicht nur erfahren, dass Ross Ulbricht Verschwörungen zum Drogenhandel, zur Manipulierung von Computern und zur Geldwäsche vorgeworfen werden, sondern auch zwei Mordaufträge zur Last gelegt werden. Bei einem der Morde gibt es zur Zeit keine Leiche und beim zweiten Mord ist der Auftragskiller ein verdeckter Ermittler, der den Mord nur inszeniert hat.
Das lässt die Interpretation zu, dass man Ross Ulbricht mit mehreren verdeckten Ermittlern in eine Situation manövriert hat, wo derartige Aufträge wahrscheinlich wurden. Doch das ist nur eine Mutmaßung.
Wichtiger ist, dass man der Anklageschrift entnehmen kann, wie viele Fehler Ross Ulbricht, der für ein Computergenie und ein kriminelles Superhirn gehalten wurde, gemacht hat.
So hat er seine private Emailadresse und seinen richtigen Namen bei der Anmeldung für Foren benutzt, in denen er Anfang 2011 Werbung für Silk Road gemacht hat.
Er hat in einem Programmiererforum wieder unter seinem richtigen Namen nach Hilfe gefragt bei einem Problem, das offensichtlich Silk Road betraf.
Er hat bei Silk Road gefälschte Pässe bestellt und sie an seine eigene Adresse liefern lassen, anstatt sich vollkommen anonym in einem anderen Marktplatz darum zu kümmern und an eine Adresse liefern zu lassen, die seine Anonymität weiterhin gewährleistet hätte.
Die Anklageschrift legt den Schluß nahe, dass Ross Ulbricht festgenommen worden ist, weil er nachlässig war und Fehler im öffentlichen zugänglichen Internet gemacht hat, aber nicht, weil seine Sicherheitsvorkehrungen im Tor-Netzwerk nicht ausreichend gewesen wären. Vielleicht sollen Dealer und Konsumenten im Netz das glauben und sich in Sicherheit wiegen, was ein cleverer Schachzug der Justiz wäre. Denn Händler und Kunden ziehen zur Zeit scharenweise zu den beiden Marktplätzen im Tor-Netzwerk, die bisher im Schatten von Silk Road standen. Gleichzeitig wird daran gearbeitet Silk Road 2.0 auf die Beine zu stellen, als dezentrales System, das mit der Festnahme einer einzigen Person nicht vom Netz zu nehmen ist und weiteren Sicherheitsmaßnahmen, die den Zugriff der Behörden erheblich erschweren sollen.
Die Festnahme von Ross Ulbricht wird als Erfolg gefeiert, doch was ist schon passiert? Man hat zwei Jahre gebraucht, um einen einzigen Mann schnappen. Es waren knapp 3900 Händler auf der Seite gemeldet, von denen im Zuge der Beschlagnahmung der Plattform keiner festgenommen wurde. Sie haben jetzt Zeit Vorkehrungen zu treffen, sollte man sie im Laufe der nächsten Monate doch identifizieren können.
Wie gesagt, entweder die Justiz ist sehr clever oder es trifft zu, was Dread Pirate Roberts schon vor fast zwei Jahren prophezeit hat: „Doch selbst wenn wir verlieren, der Geist ist bereits aus der Flasche und sie kämpfen auf verlorenem Posten.“
Korrekt, bisher weniger als 10 Dealer, die verhaftet worden sind. Von 3900. Nicht alles, was als Erfolg gefeiert wird, ist auch wirklich einer.