vonHans Cousto 01.05.2014

Drogerie

Aufklärung über Drogen – die legalen und illegalen Highs & Downs und die Politik, die damit gemacht wird.

Mehr über diesen Blog

Stanislav Grof, der Pionier der Bewusstseinsforschung und LSD-Therapie, interpretiert in seinem einzigartigen Essay „HR GIGER and the Zeitgeist of the Twentieth Century – Betrachtungen aus der modernen Bewusstseinsforschung“ Gigers visionäre Welt erstmals aus der Sicht der transpersonalen Psychologie. Bisher wurden die Bilder HR Gigers in allen Variationen beschrieben, nie aber die gesellschaftliche Relevanz seiner Kunst, und ebenso hat kaum ein Kunstkritiker den Menschen Giger hinter den Bildern gewürdigt. Mit seiner Deutung der klaustrophobischen, albtraumhaften Aspekte in Gigers Kunst ermöglicht Grof ein neues, tieferes Verständnis des Gesamtwerks. Zudem vermittelt das Buch Einblicke in die intuitive Arbeitsweise Gigers und enthält nicht zuletzt auch einige prägende Anekdoten aus dem Leben des Künstlers.

HR Giger wurde 1940 in Chur, Hauptstadt des Kantons Graubünden, geboren. Nach Abschluss des Gymnasiums studierte er ab 1962 Architektur und Industriedesign an der Hochschule für Angewandte Kunst in Zürich. Während seines Studiums entstanden seine ersten Tuschefederzeichnungen „Atomkinder“, woraufhin er seine Werke in Untergrundzeitungen wie dem Magazin „Hotcha!“ (herausgegeben von Urban Gwerder) veröffentlichte. Zuerst arbeitete er als Designer an einem Büromöbelprogramm der Firma Knoll-International, wodurch er den Status eines angesehenen Innenarchitekten geniessen durfte, was wenig später die erste Ausstellung seiner Werke nach sich zog. In der Folge schuf er zahlreiche Skulpturen und Bilder wie zum Beispiel „Gebärmaschine“, „Astreunuchen“ oder „Koffer-Baby“. Als Szenen- und Kostümbildner prägte er mit seinem Stil bekannte Filme wie Alien (1979) oder Species (1995).

HR Giger in seinem „Schwarzen Zimmer“ (HR Giger in the Black Room), © 2014 by Nachtschatten Verlag, Solothurn
Abbildung 1 zeigt den Künstler HR Giger in seinem „Schwarzen Zimmer“ (HR Giger in the Black Room).

Ende der 70er Jahre prägte Giger das Erscheinungsbild der Aliens. Er erschuf die Figur für den Film „Alien – Das unheimliche Wesen aus einer fremden Welt“. Für seine Mitwirkung am Film Alien wurde ihm 1980 ein Oscar in der Kategorie Beste visuelle Effekte verliehen und sein Stil wurde einem breiteren Publikum bekannt.

Alien (Work no 372, Alien III, Side View, 1978, 140x100 cm, acrylic on paper), © 2014 by Nachtschatten Verlag, Solothurn
Abbildung 2 zeigt den Alien (Work no 372, Alien III, Side View, 1978, 140×100 cm, acrylic on paper).

Für Betrachter, die mit den jüngsten Entwicklungen der Bewusstseinsforschung nicht vertraut sind, mag die Art, wie Giger Bilder kombiniert, unlogisch und inkongruent erscheinen. Doch Gigers Verständnis der menschlichen Psyche übertrifft bei weitem dasjenige vieler Mainstream-Therapeuten. Er suchte nach der Quelle seiner eigenen Albträume, Visionen und beunruhigenden Phantasien und entdeckte, unabhängig von den Pionieren der modernen Bewusstseinsforschung und der empirischen Psychotherapie, die überragende Bedeutung des Geburtstraumas. Giger setzt in seinen Bildern die verschiedenen Aspekte des qualvollen Zustandes des Fötus um, wenn er sich durch den Geburtskanal kämpft.

Der Geburtsvorgang weist typisch mechanische Eigenschaften auf: Starke Gebärmutterkontraktionen zwischen 20 und 50 Kilogramm pressen den Fötus in Richtung der schmalen Beckenöffnung und ihrer harten Oberflächen, dazu kommen enorm starke Drehkräfte und die hydraulische Qualität der ganzen Erfahrung generell. Es ist darum gut verständlich, wenn Giger für seine Bilder Titel wie „Biomechanoid“ oder auch „Gebärmaschine“ gewählt hat.

Todgebärmaschine (Work No 342, Stillbirth Machine II, 1977, 200x140 cm, acrylic on paper on wood), © 2014 by Nachtschatten Verlag, Solothurn
Abbildung 3 zeigt die Todgebärmaschine (Work No 342, Stillbirth Machine II, 1977, 200×140 cm, acrylic on paper on wood).

Stanislav Grof weist in dem Buch darauf hin, dass für viele von uns die Anästhesie, die während der Geburt verabreicht wird, unsere erste Flucht weg von Angst und Schmerz ist, ja viele von uns werden in einem drogeninduzierten Zustand geboren. Es ist somit kein Zufall, dass die heutige Generation, die von epidemischen Drogenkonsum heimgesucht wird, in der Zeit geboren wurde, als die Geburtshelfer begannen, gebärenden Müttern routinemäßig anästhesierende Mittel zu verabreichen.

Auf die Frage, ob es besser ist, von Eltern unter Einfluss von Psychedelika wie LSD gezeugt respektive empfangen zu werden, kann hier keine Antwort gegeben werden, da diesbezüglich noch keine empirische Forschungsergebnisse vorliegen.

Begötterung (Work No 428, Erotomechanics XI, Deification, 1979, 70x100 cm, acrylic on paper), © 2014 by Nachtschatten Verlag, Solothurn
Abbildung 4 zeigt die Begötterung (Work No 428, Erotomechanics XI, Deification, 1979, 70×100 cm, acrylic on paper).

Oliver Stone, US-amerikanischer Regisseur, Drehbuchautor und Produzent, der dreimal mit dem Oscar ausgezeichnet wurde, sagte über Giger und dessen Bedeutung für die Kunst und menschliche Kultur: „Ich kenne niemanden, der die seelische Befindlichkeit der heutigen modernen Gesellschaft so treffend im Bild festhalten kann wie er. Wenn in einigen jahrzehnten vom zwanzigsten Jahrhundert die Rede sein wird, wird man an Giger denken.

Ausstellung HR Giger – Zeitgeist de 20. Jahrhunderts

Die Ausstellung „HR Giger – Zeitgeist de 20. Jahrhunderts“ in der Galerie Sansvoix in Leipzig ist noch bis Freitag, 13. Juni 2014, geöffnet. Die Ausstellung ist eine Koproduktion vom Nachtschatten Verlag und der Galerie Sansvoix, unterstützt vom ‘Auftritt Schweiz’ anlässlich der Leipziger Buchmesse sowie dem Wave Gotik Treffen. Markus Berger hat bei der Vernissage ein Video aufgenommen, in dem gute Einblicke in die Ausstellung gewährt werden. Zudem erklärt die Kunsthistorikerin Claudia Müller-Ebeling in dem Video die außergewöhnlichen Merkmale der Bilder von HR Giger und seinen psychonautischen Welten. Die Galerie ist jeweils von Mittwoch bis Sonntag von 14 bis 18 Uhr geöffnet. Galerie Sansvoix, Brandenburgerstr. 2, Leipzig (Innenhof des A/O-Hotels an der Ostseite des Leipziger Hauptbahnhofs).

Das Buch HR GIGER and the Zeitgeist of the Twentieth Century

Das Buch – ein prächtiger Bildband mit 248 Seiten – von Stanislav Grof und mit einem Vorwort von Claudia Müller-Ebeling „HR GIGER and the Zeitgeist of the Twentieth Century – Betrachtungen aus der modernen Bewusstseinsforschung“ ist im Nachtschatten Verlag erschienen und koster 55,00 Euro. Format 24×24 cm, Hardcover, deutsch/englische Ausgabe, ISBN: 978-3-03788-300-6

Die Abbildungen in diesem Beitrag wurden freundlicherweise vom Nachtschatten Verlag zur verfügung gestellt. © 2014 by Nachtschatten Verlag, Solothurn.

Anzeige

Wenn dir der Artikel gefallen hat, dann teile ihn über Facebook oder Twitter. Falls du was zu sagen hast, freuen wir uns über Kommentare

https://blogs.taz.de/drogerie/2014/05/01/die-phantastische-kunst-des-hr-giger/

aktuell auf taz.de

kommentare

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert