Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) veröffentlichte im September 2015 unter dem Titel „Der Cannabiskonsum Jugendlicher und junger Erwachsener in Deutschland 2014“ die Ergebnisse einer aktuellen Repräsentativbefragung und Trends. Die Pressemitteilung der BZgA zu dieser Veröffentlichung erschien am 15. September 2015 unter dem Titel „Neue BZgA-Studie: Anstieg des Cannabiskonsums bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen“. In der Studie werden vor allem Daten von 2008 und 2014 miteinander verglichen. In den Studien der BZgA werden für Deutschland repräsentative Stichproben von mehreren Tausend Jugendlichen und jungen Erwachsenen im Alter von 12 bis 25 Jahren mit computergestützten Telefoninterviews befragt.
Im Jahr 2008 lagen die ermittelten Anteile der Jugendlichen und jungen Erwachsenen deutlich niedriger als dies im Jahr 2004 bei einer analogen Umfrage der Fall war. Dieser Rückgang wurde seinerzeit als Erfolg der staatlichen Präventionsbemühungen gefeiert. Nicht berücksichtigt wurde dabei die in den Jahren 2006 bis 2008 in den Medien heftig diskutierten staatlichen Bemühungen in Sachen Vorratsdatenspeicherung und Telefonüberwachung, die vor allem vor und nach den Demonstrationen „Freiheit statt Angst“ jeweils eine besonders intensive Berichterstattung hervorgerufen hatten. Es wurde auf jeden Fall nicht untersucht, ob der Wahrheitsgehalt der Antworten bei solchen telefonischen Umfragen durch die Berichterstattung zur Vorratsdatenspeicherung und Telefonüberwachung negativ beeinflusst wurde und somit eventuell ein zu geringer Anteil an Personen mit Konsumerfahrung sich herauskristallisierte.
Wie dem auch sei, die großen Massenmedien übernahmen fast alle zu großen Teilen nahezu wortgleich die Textpassagen aus der Pressemitteilung der BZgA. So schrieb die Frankfurter Allgemeine „Studie zu Cannabiskonsum – Deutlich mehr Jugendliche kiffen regelmäßig“, N24 titelte „Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung – Junge Menschen entdecken den Joint“, der Tagesspiegel vermeldete „Cannabis – Immer mehr Jugendliche kiffen“, bei der Bild lautete die Schlagzeile „BZGA-STUDIE – Cannabiskonsum bei jungen Erwachsenen gestiegen“ und im JuraForum konnte man hierzu folgende Überschrift lesen „Neue BZgA-Studie: Anstieg des Cannabiskonsums bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen“. In keinem dieser Berichte wurde vermerkt, dass der Cannabiskonsum bei den Jugendlichen und jungen Erwachsenen in den vergangenen Jahren schon deutlich höher lag als im Untersuchungszeitraum von Mai bis August 2014. Aus den Daten, die die BZgA in ihrer Studie veröffentlicht hat und die in den folgenden Absätzen dargestellt werden, geht dies eindeutig hervor.
Cannabiskonsum bei 18- bis 25-Jährigen
Die Lebenszeitprävalenz des Cannabiskonsums (mindestens einmal im Leben konsumiert) lag 2014 bei den 18- bis 25-Jährigen bei 36%. Gemäß der Befragungen der BZgA lag diese in den Jahren 2011 (39,2%), 2008 (40,9%) und 2004 (43,0%) deutlich höher als 2014. Die Monatsprävalenz (mindestens einmal im letzten Monat konsumiert) lag 2014 bei 7,4%. In den Jahren 1997 (9,7%), 1993 (9,9%) und 1982 (10,0%) lag diese deutlich höher als im Jahr 2014, wie man der folgenden Abbildung entnehmen kann.
Abbildung 1 – Cannabiskonsum bei 18- bis 25-Jährigen; Zeitreihe 1973 bis 2014 – zeigt in Prozent den Anteil der 18- bis 25-Jährigen, die schon einmal im Leben, im letzten Jahr und im letzten Monat Cannabis konsumiert haben. Daten bis 1989 beziehen sich auf die alten Bundesländer und Westberlin, Daten ab 1993 beziehen sich auf alle 16 Bundesländer. Datenquelle: BZgA 2015.
Cannabiskonsum bei 12- bis 17-Jährigen
Die Lebenszeitprävalenz des Cannabiskonsums lag 2014 bei den 12- bis 17-Jährigen bei 8,9%. Vor zehn Jahren lag diese noch bei 15,1%. Auch die Jahresprävalenz lag vor zehn Jahren mit 10,1% deutlich höher als 2014 mit 7,7%. Die Monatsprävalenz lag 2014 mit 3,0% etwas höher als vor zehn Jahren (2,4%), jedoch deutlich niedriger als im Jahr 1997. Damals betrug diese 4,8%. Der Cannabiskonsum von Jugendlichen ist zwar im Zeitraum von 2011 bis 2014 angestiegen, war aber in früheren Jahren schon deutlich höher als in der letzten Befragung ermittelt wurde.
Abbildung 2 – Cannabiskonsum bei 12- bis 17-Jährigen; Zeitreihe 1973 bis 2014 – zeigt in Prozent den Anteil der 12- bis 17-Jährigen, die schon einmal im Leben, im letzten Jahr und im letzten Monat Cannabis konsumiert haben. Daten bis 1989 beziehen sich auf die alten Bundesländer und Westberlin, Daten ab 1993 beziehen sich auf alle 16 Bundesländer. Datenquelle: BZgA 2015.
Regelmäßiger Alkoholkonsum
Der regelmäßige Alkoholkonsum ist bei den Jugendlichen und jungen Erwachsenen in den letzten Jahrzehnten deutlich zurückgegangen. Gaben 1976 ganze 70% der jungen Erwachsenen (18- bis 25-Jährigen) an, regelmäßig Alkohol zu konsumieren, so waren es 2014 nur noch etwa halb so viele (35,5%). Bei den 16- und 17-Jährigen ist der regelmäßige Alkoholkonsum in diesem Zeitraum sogar um mehr als die Hälfte zurückgegangen, von 56,8% auf 26,2%. Die 12- bis 15-Jährigen wurden erst ab 1979 diesbezüglich befragt. Mitte der 80er Jahre gaben über 15% der Befragten in dieser Altersgruppe an, regelmäßig Alkohol zu konsumieren, 2014 waren es weniger als 5%.
Alleine in den letzten zehn Jahren ist der Anteil der 16- und 17-Jährigen, die angaben, regelmäßig Alkohol zu konsumieren, von 43,7% auf 26,2%, das heißt um 17,5 Prozentpunkte gesunken. Bei den 12- bis 15-Jährigen sank in den letzten zehn Jahren der Anteil von 10,4% auf 4,7%, das heißt um mehr als die Hälfte.
Abbildung 3 – Regelmäßiger Alkoholkonsum nach Altersgruppen; Zeitreihe 1973 bis 2014 – zeigt deutlich den Rückgang des regelmäßigen Alkoholkonsums bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen im Alter von 12 bis 25 Jahren nach Altersgruppen gegliedert in den letzten Jahrzehnten. Daten bis 1989 beziehen sich auf die alten Bundesländer und Westberlin, Daten ab 1993 beziehen sich auf alle 16 Bundesländer. Datenquelle: BZgA 2015.
Häufiges Rauschtrinken
Rauschtrinken (im Englischen „binge drinking“) meint den Konsum größerer Mengen Alkohol bei einer Gelegenheit. Unter größeren Mengen sind mindestens vier (bei Frauen) bzw. fünf (bei Männern) Gläser Alkohol zu verstehen. Das häufige Rauschtrinken bildet den prozentualen Anteil derjenigen ab, die in den letzten 30 Tagen vor der Befragung an vier Tagen oder öfter Rauschtrinken praktiziert haben.
Das häufige Rauschtrinken ist in den letzten zehn Jahren bei den 18- bis 25-Jährigen von 14,0% auf 10,2% gesunken, bei den 16- und 17-Jährigen ist der Anteil sogar noch stärker gesunken, nämlich von 14,3% auf 8,1% und bei den 12- bis 15-Jährigen von 2,8% auf 1,4% – in dieser Altersgruppe hat sich der Anteil also in den letzten zehn Jahren halbiert.
Abbildung 4 – Häufiges Rauschtrinken nach Altersgruppen; Zeitreihe 2004 bis 2014 – zeigt deutlich den Rückgang des häufigen Rauschtrinkens bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen im Alter von 12 bis 25 Jahren nach Altersgruppen gegliedert im letzten Jahrzehnt. Datenquelle: BZgA 2015.
Kommentare der Drogenbeauftragten
In der Pressemitteilung der BZgA vom 15. September 2015 „Neue BZgA-Studie: Anstieg des Cannabiskonsums bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen“ wird die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Marlene Mortler, mit folgenden Worten zitiert: „Der Konsum von Cannabis kann gerade für Jugendliche und junge Erwachsene zu erheblichen gesundheitlichen Problemen führen. Besonders riskant ist ein regelmäßiger Konsum. Ich sehe insbesondere mit Sorge, dass in der Altersgruppe der 12 bis 25 Jährigen die Zahl derer, die regelmäßig Cannabis konsumieren, von 2,3 Prozent auf 3,5 Prozent angestiegen ist. Offenbar wirkt sich die Gesundheitsgefahren verharmlosende Argumentation der Befürworter einer Legalisierung von Cannabis bereits negativ aus. Statt einer verantwortungslos die Gefahren des Cannabiskonsums verklärenden Darstellung, braucht es neben den bestehenden gesetzlichen Regelungen daher mehr denn je fachlich fundierte Aufklärung über die gesundheitlichen Risiken, die gerade für Kinder und Jugendliche mit dem Konsum des illegalen Rauschmittels einhergehen.“
Die Behauptung, die Befürworter einer Legalisierung von Cannabis würden die Gesundheitsgefahren des Cannabiskonsums verharmlosen, ist dreist, da nicht der Realität entsprechend. Real ist hingegen, dass die Befürworter einer Legalisierung die Gefährlichkeit von Alkohol und Cannabis respektive die Risiken, die man bei dem Konsum dieser Substanzen eingeht, häufig beschrieben haben. Beispielsweise die Studien von David Nutt et al. aus den Jahren 2007 und 2010, wo die Gefährlichkeit von verschiedenen Drogen für das Individuum und für die Gesellschaft miteinander verglichen werden, wurden in den Medien der Befürworter einer Legalisierung von Cannabis oft präzise und ausführlich vorgestellt. Alleine in diesem Blog „Drogerie“ befinden sich 12 Artikel, wo auf die Studien von David Nutt et al. Bezug genommen wird. Im Blog von Martin Steldinger Die Hanfplantage findet Google 10 Treffer zu David Nutt, beim Deutschen Hanfverband 14 Treffer, beim Blog Alternative Drogenpolitik von Max Plenert 59 und beim Hanf Journal 57. Hingegen findet man auf den Internetportalen der Drogenbeauftragten und der BZgA keine Treffer zu David Nutt. Hier haben die Befürworter einer Legalisierung von Cannabis weit mehr sachliche Informationen zu den Gefahren des Alkoholkonsums im Vergleich zum Cannabiskonsum vermittelt als die Drogenbeauftragte und die BZgA.
Der Rückgang des regelmäßigen Alkoholkonsums und des Rauschtrinkens in den letzten Jahren bei den Jugendlichen und jungen Erwachsenen ist somit nicht nur dem Präventionsgesetz und Kampagnen der BZgA wie „Alkohol? Kenn Dein Limit.“ zu verdanken, sondern auch der stetigen Aufklärung seitens der Befürworter einer Legalisierung von Cannabis. Ein Dankeschön hierfür hat die Drogenbeauftragte Marlene Mortler allerdings noch nie über ihre Lippen gebracht.
p.s.
Plakate der Kampagne „Alkohol? Kenn Dein Limit.“ haben schon Jugendliche animiert, sich richtig voll zu saufen, um ihr „Limit“ kennen zu lernen. Zudem wundern sich etliche Jugendliche über die Interpunktion beim Slogan „Alkohol? Kenn Dein Limit.“ – „Kenn Dein Limit“ ist ein Imperativ und die Rechtschreibregeln fordern hier keinen Punkt, sondern ein Ausrufezeichen. Richtig müsste der Slogan somit „Alkohol? Kenn Dein Limit!“ heißen.
Das Beitragsbild zu diesem Artikel stammt aus dem Artikel „Die Top 10 Gründe, warum Cannabis sicherer ist als Alkohol“ vom Blog Weed Austria.
Vergl. hierzu in diesem Blog:
Artikel vom 26.06.2015: Präventives Kiffen gegen Komasaufen
Für mich persöhnlich ist Alkohol ebenfalls schlimmer als das Kiffen. Jedoch bin ich dafür das jeder Mensch das Recht auf Selbstbestimmung hat und sich somit seine Drogen selbst aussuchen kann. Und nicht wie wir Kiffer zwangsverfolgt werden.