von 07.07.2011

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Josef-Otto Freudenreich war bis Ende 2009 Chefreporter der Stuttgarter Zeitung. Foto: Klöpfer & Meyer
Kontext-Macher Josef-Otto Freudenreich war bis Ende 2009 Chefreporter der Stuttgarter Zeitung. Foto: Klöpfer & Meyer

Als eine Abordnung von „Kontext – Verein für Ganzheitlichen Journalismus“ im vergangenen Winter erstmals bei der taz in Berlin auflief, rutschte Chefredakteurin Ines Pohl heraus: „Das ist wohl die Rudolf-Steiner-Fraktion“. Josef-Otto Freudenreich hält die Bezeichnung „ganzheitlicher Journalismus“ trotzdem immer noch für „leicht erotisch“ („Ganzkörperjournalismus“).

Die handwerkliche Definition ist deutlich prosaischer: Der ehemalige Chefreporter der Stuttgarter Zeitung und seine fünf MitstreiterInnen wollen „gute journalistische Tradition“ zeigen: „gründlich statt schnell, hintergründig statt oberflächlich, mit langen Texten statt Häppchen, mit anspruchsvollen Bildern statt Beliebigkeitsoptik“. Die Umsetzung ist seit dem 9. April jeden Mittwoch neu in der Internet-Wochenzeitung Kontext zu verfolgen – und auch die Kooperation mit der taz hat geklappt: Die LeserInnen aus Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen, Bayern bekommen Kontext in gedruckter Form als Beilage in ihrer Wochenendausgabe mitgeliefert. Der Fokus liegt auf Stuttgart und Baden-Württemberg. Denn den Verein tragen Stuttgarter Bürger.

In dieser Woche ist das Projekt drei Monate alt geworden. Anlass für eine erste Bilanz. So diskutierten am Mittwochabend Geschäftsführer Karl-Heinz Ruch und Chefredakteurin Ines Pohl für die taz sowie Freudenreich und Vereinsgründungskreismitglied Dieter Baumann für Kontext vor und mit rund 250 LeserInnen und taz-GenossInnen im Stuttgarter Literaturhaus über die „Neue Qualitätsoffensive aus dem Süden“.

Das Publikum wünschte sich mehr von – irgendwie allem: Die einen sähen die Lokalberichterstattung gern auf acht Printseiten verdoppelt, andere interessierte „mehr vom Blick nach außen“. Am umstrittensten war Stuttgart 21: Hier wollten manche „viel, viel mehr“, andere warnten vor der Verengung. „Die Protestbewegung gegen den Bahnhof spricht eine rein bildungsbürgerliche Klientel an, alle anderen werden in der ganzen Debatte komplett ausgegrenzt – obwohl es doch gerade um Partizipation geht“, sagte die taz-Genossin Christina Doerr. Sie wünschte sich Berichte über Arbeitskämpfe, die schließlich auch im Wirtschaftswunderland Baden-Württemberg stattfänden.

Der Genosse Alfred Rupprecht sah die Zukunft der Internetwochenzeitung sogar gefährdet, wenn sie zu sehr an der S-21-Debatte hängenbleibe: „Diese Emotionalisierung kann nicht nachhaltig sein“, sagte er.

Das Projekt ist noch prekär. Dank des Vereins ist die Finanzierung auf ein Jahr gesichert. Aber auf die Frage, womit man Geld verdienen wolle, sagte Freudenreich: „Wir werden auf absehbare Zeit auf Finanzierung von außen angewiesen sein.“ Baumann rief zu Spenden auf – spätestens wenn die Gemeinnützigkeit des Vereins durch sei. Auch eine Stiftung ist angedacht.

taz-Geschäftsführer Ruch schwebt „ein Modell wie mit Le Monde Diplomatique“ vor, die der taz einmal im Monat beiliegt: „An dem Tag nehmen wir mehr Geld am Kiosk, und trotzdem ist die Auflage deutlich höher als an LMD-freien Tagen.“

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