vonBenjamin Kiersch 25.01.2009

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Morgen ist in Bolivien wieder autofreier Wahlsonntag – allerdings wird der Unterschied zu einem normalen Sonntag nicht so deutlich sein wie sonst: der Autoverkehr hat in den letzten Monaten merklich abgenommen, erzählen Freunde aus Cochabamba – im öl- und gasreichen Bolivien herrscht seit ein paar Wochen chronischer Benzinmangel. Die staatliche Ölfirma YPFB hat Probleme, die Nachfrage nach dem Treibstoff zu decken, und so lassen viele Bolivianer, statt stundenlang an der Tankstelle anzustehen, ihr Auto in der Garage.

Auf die Popularität von Evo Morales, der YPFB im ersten Jahr seiner Regierungszeit verstaatlicht hatte, hat das keinen Einfluss: Die überwiegende Mehrheit wird morgen allen Prognosen nach für die Verfassung stimmen, die eine klare Handschrift des Movimiento al Socialismo (MAS) trägt und von der Opposition als inkohärent und nicht vereinbar mit der UN-Menschenrechtserklärung kritisiert wird. Spannend ist nur, ob Evo Morales das Ergebnis des Referendums vom August 2008 noch übertreffen kann – vor einem halben Jahr hatten 67 % dafür gestimmt, dass er im Amt bleiben kann, und Evo hatte sein historisches Wahlergebnis von 54 % vom Dezember 2005 übertroffen, mit dem er ohne Stichwahl in den Präsidentenpalast einziehen konnte. Damit ist Evo Morales einer der beliebtesten Präsidenten in der Geschichte Boliviens.

Hat gut lachen: Evo Morales ist einer der beliebtesten Präsidenten in der Geschichte Boliviens

Schon am 6. Dezember werden die Bolivianer Gelegenheit haben, Evo Morales wiederzuwählen: dann werden aufgrund der neuen Verfassung Neuwahlen fällig. Nach der Verfassung darf sich ein amtierender Präsident einmal zur Wiederwahl stellen – eine Konzession der MAS an die Opposition. Nach dem ursprünglichen Verfassungsentwurf der MAS sollte der Präsident beliebig oft wieder kandidieren dürfen.

Evo Morales selbst säte neulich Zweifel, ob er sich mit zwei Amtsperioden zufrieden geben wird: beim MAS-Kongress in Oruro vor ein paar Wochen rief er den jubelnden Delegierten zu: “Quiero decirles que hemos recuperado los poderes del estado y hay que continuar. No estamos de paso por el Palacio, no estamos visitando el Palacio, hemos llegado al palacio para toda la vida” – “Ich möchte Euch sagen, dass wir die Staatsmacht wiedererreicht haben und dass wir weitermachen müssen. Wir sind nicht vorübergehend im Präsidentenpalast, wir sind nicht zu Besuch im Präsidentenpalast, wir sind für das ganze Leben im Präsidentenpalast“. Später erklärte Vizeminister Fabián Yacsic, der Präsident habe natürlich nicht sich selbst gemeint, sondern „die Führer des Wandlungsprozesses“ im Allgemeinen. Stellt sich nur die Frage: auf wessen Leben spielte Evo in seiner Rede an?

Laut dem bolivianischen Verfassungsrechtler José Antonio Rivera dürfte es für die MAS relativ leicht sein, die Verfassung zu ändern, sofern sie wie erwartet morgen in Kraft tritt. Der Kongress kann Verfassungsänderungen mit einer Zweidrittelmehrheit aller anwesenden Mitglieder beschließen, sofern mindestens die Hälfte aller Abgeordneten anwesend ist. Damit könnte die MAS in Abwesenheit der Opposition Verfassungsänderungen beschließen. Zu verhindern, dass oppositionelle Abgeordnete zur Abstimmung erscheinen, reicht es, einen Ring von MAS-Anhängern um das Kongressgebäude zu postieren – das hat die Partei in den vergangenen Jahren bereits eindrucksvoll demonstriert. Nach dem Votum des Kongresses muss die Verfassungsänderung in einem Referendum bestätigt werden – auch das dürfte angesichts Morales’ Popularität keine große Hürde sein.

Morales hat bereits angekündigt, weitere Änderungen an der Verfassung auf den Weg zu bringen, sobald diese durch das Referendum bestätigt wird. Es bleibt abzuwarten, ob er dabei eher an die politischen Ziele der MAS denkt oder an die Zementierung seiner persönlichen Macht – letzteres würde die Konflikte im Land verschärfen und das politische Projekt der MAS, das von einer überwiegenden Mehrheit der Bolivianer getragen wird, gefährden.

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