Fasziniert habe ich damals das Buch von Wolfgang Büscher gelesen über seine abenteuerliche Reise zu Fuß von Berlin bis nach Moskau. Immer an der alten Heerstraße 1 entlang, immer ohne Fußgängerweg, immer auf Tuchfühlung mit rasenden Autos und überdimensionierten Lkw’s, jeden Tag 12 Stunden Lebensgefahr, 12 Stunden Stress. Ob Büscher wirklich die ganze Strecke gegangen ist (er selbst erwähnt einige kurze Autostopps) oder nicht, war mir ehrlich gesagt schnurz egal, solange das so brillant geschrieben war. Werner Herzog hat für sich schon immer seine ganz eigene „ekstatische Wahrheit“ reklamiert. Deshalb interessierte es mich ebenfalls nicht die Bohne, ob er tatsächlich im Winter von München nach Paris gegangen ist (um die im Sterben liegende Filmlegende Lotte Eisner zu retten – by-the-way: was für ein poetischer und gleichzeitig größenwahnsinniger Plan). „Vom Gehen im Eis“ ist eines der schönsten Bücher, die ich je gelesen habe und das Standardwerk für alle einsamen (in der Überzahl immer noch männlichen, sorry) Wanderer. Sozusagen das „Walden“ (H.D. Thoreau) für Alle, die im Gehen ihren Weg suchen und finden.
Was ich damit eigentlich sagen wollte: Inspiriert von Herzog, Büscher und natürlich auch von Handke, wollte ich vor zehn Jahren die Bundesstraße 96 von Görlitz bis Sassnitz zu Fuß erwandern – einmal quer durch die ehemalige DDR, wo die B 96 noch F 96 hieß. Dafür habe ich sogar das so genannte Arbeitsstipendium für Bildende Kunst des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kultur des Landes Brandenburg 2011 erhalten. Für dieses Stipendium wollte ich mir zunächst die Strecke Berlin bis Fürstenberg vornehmen. Eine Strecke, die ich oft mit meinem Auto auf dem Weg zu meinem Atelier in der Nähe von Fürstenberg zurückgelegt habe. Eine Strecke durch eine schöne Landschaft voller Alleen und voller blumengeschmückter Holzkreuze. Jedes Kreuz für einen oder gar mehrere meist junge Menschen, die sich auf der Suche nach etwas Zerstreuung, Abenteuer und Gemeinschaft mit ihren Fahrzeugen sozusagen um die Bäume gewickelt haben. Diesen jungen Menschen wollte ich mit symbolischen Bildern rund um die B 96 meine Arbeit unter dem Titel „MARK / SCHNITTE“ widmen. Die symbolischen Bilder habe ich auch fotografiert und diese wurden dann auch im Kunstmuseum Dieselkraftwerk Cottbus ausgestellt, nur: Das Wandern auf der B 96 habe ich nach 60 Minuten Dauerstress, wie wild hupenden Autos und vorbei donnernden Lastwagen aufgegeben.
Die Bilder der Arbeit und ein Text dazu von Oliver Bukowski folgen auf dem Fuße.