vonfreiraum 14.05.2019

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Aus den Lautsprechern singt die Spieluhr „Guten Abend, gut’ Nacht“. Das Zentrum des Pariser Platzes ist eingeschlafen. So sieht es zumindest auf den ersten Blick aus, denn 24 Menschen liegen auf dem Boden oder lehnen wortlos an Blöcken. Ihre Augen sind geschlossen, manche tragen sogar Schlafmasken. Schließlich erwacht eine junge Frau, räkelt sich inmitten der Ruhe und wundert sich über die Situation.

Sie geht zu einem Radio, das in der Mitte der Szene auf einem kleinen Tisch steht. Nach einem anfänglichen Rauschen spuckt es die aktuellen Nachrichten aus: Griechenland steht vor dem Bankrott, auf dem Mittelmeer sind schon wieder Menschen ertrunken, die Feindlichkeit gegen Homosexuelle in Berlin wächst.

Langsam wird auch der Rest der trägen Masse wach und hört mit entsetzten Gesichtern dem Radiosprecher zu. Mit dem letzten Wort der Horrornachrichten stellen sie sich in einem Halbkreis auf. Sie sehen nicht mehr müde aus: Manche kreuzen ihre Arme vor der Brust, andere ballen die Hände zu Fäusten. Wieder andere halten ein gelbes X über ihrem Kopf. Ihre Gesichter sind entschlossen: Sie meinen es ernst.

„Dein X für die Menschenrechte“ – das ist die Message der jungen Aktivistinnen und Aktivisten von Amnesty International, die sich am Dienstag, den 14. Mai, am Brandenburger Tor versammelt haben.

Für mehr Wahlbeteiligung

„Diese Europa-Wahl wird eine Klima-Wahl. Diese Europa-Wahl wird eine Menschenrechts-Wahl“, postuliert eine junge Aktivistin. Es folgen zwei weitere Reden, unter anderem von Markus N. Beeko, dem Generalsekretär von Amnesty International in Deutschland.

Im Rahmen der Jugendaktionswoche vom 11. Mai bis 19. Mai wollen JugendvertreterInnen in zehn Städten Deutschlands und in rund 15 europäischen Ländern mit der „Wake up! Action“ für ein „Europa der Menschenrechte“ auf die Straße gehen. Der Fokus der European Amnesty Youth Action liegt auf der Zielgruppe der 18- bis 24-Jährigen. Der Grund: Bei der letzten EU-Wahl lag die Wahlbeteiligung dieser Altersgruppe europaweit bei nur 28 Prozent. Das soll dieses Jahr anders werden.

Das ist der Grund, warum die jungen Menschen an diesem Dienstagmittag in Berlin stehen, teilweise aus ganz Deutschland anreisten – und ja, schon wieder Schule schwänzten. „Die Europa-Wahl steht vor der Tür“, sagt Kaja, eine junge Aktivistin. „Wir wollen darauf aufmerksam machen, dass uns Menschenrechte wichtig sind und dass wir dafür kämpfen sollen.“ Kaja ist extra aus Hannover angereist. Mit ihren fünfzehn Jahren ist sie selbst noch nicht wahlberechtigt – andere dazu auffordern kann sie ja trotzdem.

von HANNAH BERNSTEIN, taz-Redakteurin

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