vonDetlef Guertler 26.01.2010

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Was ist das Gegenteil von Gewürz? Kulinarisch gesehen gibt es das nicht: Eine zu scharf gewürzte Speise kann man nicht mehr entwürzen, und Meerwasser kann zwar entsalzt werden, eine versalzene Suppe nicht.

Im übertragenen Sinn könnte man ein solches Gegenteil aber durchaus brauchen. Zum Beispiel, wenn man wie der Schriftsteller Burkhard Spinnen über den Begriff „ein Stückweit“ sinniert:

Rede ich im kleinen Kreis, dann kann ich kräftig würzen. Spreche ich aber zu einer Menge, also zu vielen, die ich gar nicht kenne und um deren empfindliche Stellen ich nicht weiß, dann lasse ich die Gewürze weg. Und um ganz sicherzugehen, streue ich sogar ein paar Kräutlein in meine Rede, um sie für möglichst alle Zuhörer bekömmlich zu machen. So sage ich zum Beispiel nicht: Wir müssen umdenken!, sondern: Wir müssen ein Stückweit umdenken!

Spinnen selbst spricht hier von „rhetorischen Weichmachern, Abschwächungspartikeln, Besänftigungs- und Beschwichtigungswörtchen“, was alles seine Berechtigung hat, aber den Nachteil, dass es nur in diesem einen Fall als Gegenteil von Gewürz verwendet werden kann. Ähnlich wäre es beim Satzabschwächer, den man in Anlehnung an Patrick Seesterns Satzverstärker bilden könnte.

Ganz anders hingegen das Wort Geschwäch. Mit ihm kann man allzu polemischen Kommentaren genauso zu Leibe rücken wie allzu wahren Pressemitteilungen, allzu aufreizender Kleidung ebenso wie allzu protzigem Design. Und vielleicht erfindet ja eines Tages auch ein findiger Nahrungsmittelkonzern eine Substanz, mit der man allzu gewürzte Speisen wieder entwürzen kann.

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