vonandreas bull 11.12.2017

taz Hausblog

Wie tickt die taz? Das Blog aus der und über die taz mit Innenansichten, Kontroversen und aktuellen Entwicklungen.

Mehr über diesen Blog

Die Branche reibt sich die Augen: Während es allerorts mächtig knirscht, steht die taz gut da. Der Erfolg der jüngsten Abokampagne bestätigt das aufs Neue. 

Das klassische Geschäftsmodell der Presseverlage war eine vergleichsweise übersichtliche Angelegenheit: Um die erstrebte Rendite zu erzielen, hatte man innerhalb des Establishments nur mit einer überschaubaren Anzahl potenter Marken und Anzeigenagenturen zu kommunizieren. Mit den Erlösen aus den abgedruckten Anzeigen konnten nebenbei Texte von Journalist*innen bezahlt, Recherchen finanziert und Redaktionen unterhalten werden. Das Lesepublikum hatte seine Rolle als abstrakte Reichweite von Konsument*innen, allenfalls angereichert durch ein paar Milieustudien, um die Werbung zu optimieren und Streuverluste zu vermeiden.

Aus, aus und vorbei. Seit einigen Jahren sind die Anzeigenkunden, verlockt durch die unendlichen Reichweiten und gezielten Ausforschungsalgorithmen der digitalen Medien, weiter gezogen, publizieren in eigenen Magazinen, werben mit Influenzer*innen, auf diversen digitalen Kanälen, bei Facebook, Instagram, mit Content-Marketing und mehr oder weniger geschickt getarnter Schleichwerbung. Zeitungsanzeigen sind out und für die überall flimmernden Elemente am Rande der Internetseiten mit journalistischen Publikationen gibt es nur „lousy pennies“ (Zit. Hubert Burda) zu verdienen.

Ein bisschen verwundert reibt sich die Branche die Augen. Warum um alles in der Welt überlebt die bekanntermaßen wirtschaftlich stets klamme kleine taz diese Disruption der Verhältnisse, bei der auch die großen Marktteilnehmer ins Schlingern geraten? Die Frankfurter Rundschau insolvent, verkauft, geschrumpft, die Financial Times Deutschland eingestellt, selbst Springer hat beinahe alle seine Zeitungen verkauft, verdient in seinen digitalen Geschäftsbereichen mit Vergleichsportalen und ähnlichem und hält sich seine journalistische Tätigkeit in Welt und Bild nur noch zur politischen Pflege seines Marktumfelds.

Die Auseinandersetzung wagen!

Die Antwort ist eigentlich nicht schwer zu finden. Die taz hat nicht nur ein Publikum, sie gehört ihrem Publikum, die Leserinnen und Leser standen bei der Gründung Pate und haben in einigen existentiellen Krisen das Überleben gesichert. Diese Gemeinsamkeit funktioniert, weil miteinander kommuniziert wird, über die Zeitung, mit Briefpost, mit emails, auf Veranstaltungen.

Andreas Bull ist Geschäftsführer der taz. In seiner Kolumne „Bullanalyse“ berichtet er regelmäßig vom wirtschaftlichen Werdegang des Verlags.

Und weil über die wirtschaftlichen und strategischen Angelegenheiten ständig transparent berichtet und sich ausgetauscht wird. Seien es solche außerordentlichen Projekte wie der taz Neubau, ein neues Redaktionssystem, eine tiefgreifende Layoutreform oder auch Streit über die Zumutung bestimmter Anzeigenveröffentlichungen – die Auseinandersetzung mit den Leserinnen und Lesern hat bei der taz einen unvergleichlich hohen Stellenwert.

Das spiegelt sich auch in der alltäglichen Arbeit, in der mit diversen Angeboten um Abonnements für die Anerkennung der Arbeit der Redaktion geworben wird. Wie erfolgreich ein enges Verhältnis zur Kundschaft sein kann, zeigt zum Beispiel das ungewöhnliche und einzigartige Bezahlmodell „taz zahl ich“, in dem die Redaktion mit freiwilligen regelmäßig überwiesenen Beiträgen unterstützt wird, damit die digital auf taz.de publizierten Beiträge für alle kostenfrei angeboten werden können. Über 11.000 Menschen machen da bereits mit. Weil sie die komplizierten Herausforderungen der digitalen Publizistik verstanden haben und die Finanzierung der Arbeit ihrer Redaktion ermöglichen wollen.

Zwei Grundüberlegungen waren besonders wichtig

So etwas funktioniert nur, wenn es einen berechtigten Grund für Vertrauen und Glaubwürdigkeit gibt. Nicht nur die Mitglieder der taz Genossenschaft, sondern alle Leserinnen und Leser der taz kriegen früher oder später mit, dass die sorgfältig bearbeiteten Geschäfte der taz nicht der Bereicherung des Managements, sondern dem Erhalt und der Entwicklung des von den Einflüssen der Geschäfte unabhängigen Journalismus dienen.

Diese Sorgfalt wenden wir auch bei der Abowerbung an. In der jüngsten Kampagne, in der wir seit August erst für die besondere Berichterstattung der Redaktion zu den Bundestagswahlen und dann für das Ausprobieren der taz in dem seit dem 2. Oktober neuen Layout warben, haben wir bisher rund 7.919 neue Abonnements abschließen können. Zwei Grundüberlegungen waren uns dabei besonders wichtig: wir wollten einen besonders günstigen Einstieg anbieten, damit die Entscheidung zum Testen des Inhalts der Zeitung möglichst leicht fällt.

Aber wir wollten auch unsere kommunikativen Möglichkeiten nutzen, um die frischen Abonnent*innen zu überzeugen, ihr Abo nach dem Test nicht abzubrechen. Und so erhält jedeR neue AbonnentIn rechtzeitig vor dem Ende der Testphase einen Brief von uns nach Hause, in dem wir das Verfahren erläutern.

Der Testzeitraum ist mit 10 Wochen lang genug, um sich ein umfassendes Bild von der Leistung der Redaktion machen zu können. Kürzlich haben wir die Reaktionen von den ersten 2.355 Bestellungen auswerten können, bei denen der Testzeitraum also schon abgelaufen ist. Insgesamt sind aus den Testabos 386 voll bezahlte unbefristete Abonnements geworden, eine Quote von 16,4 Prozent.

16 Prozent Umwandlungsquote – beachtlicher, als es scheint

Auffällig dabei ist, dass sich überdurchschnittlich viele (Fortsetzungsquote 28 Prozent!) für das Kombiabo als Variante entschieden haben, bei dem die taz am Wochenende gedruckt und unter der Woche als ePaper fürs Lesen auf dem PC, dem Laptop oder über die komfortable app auf tablets und smartphones berechnet wird. Der Preis dafür ist für die Kunden mit 29,90 pro Monat günstig und bringt gleichzeitig aus unserer Sicht einen guten Deckungsbeitrag für die Arbeit der Redaktion. Optimal also.

Man könnte hier einwenden, 16 Prozent seien aber wenig. Doch wer die Kennziffern der Branche kennt, weiß den Erfolg zu schätzen. Zudem handelt es sich bei der ausgewerteten Gruppe um jene, bei denen wir mit dem Argument „Besondere Berichterstattung zu den Bundestagswahlen“ auftraten. Wir rechnen damit, dass sich diese Quote bei den frischen Abos, die das neue Layout kennen und schätzen lernen konnten, noch um einiges verbessert.

Auf jeden Fall, das lässt sich jetzt schon sagen, werden wir ziemlich gute Startbedingungen für das kommende Jahr 2018 errungen haben, in dem wir beginnen können, das 40. Jahr nach der Gründung der taz und der Herausgabe der ersten Nullnummern der Zeitung zu feiern.

Wenn Sie mögen, sagen Sie es weiter, das Angebot, die taz im neuen Layout 10 Wochen lang für 10 Euro zu testen, halten wir noch bis zum Jahresende aufrecht. Oder probieren Sie es selbst aus, nach ungefähr der Hälfte des Zeitraums bekommen Sie nochmal einen richtigen Brief von uns als Erinnerung, dass die Testphase nun bald enden wird und wir uns freuen würden, Sie zumindest für ein Weile als dauerhaft Lesende gewonnen zu haben.

Wir wünschen Ihnen erholsame Feiertage und einen gelungenen Start ins Jahr 2018!

Anzeige

Wenn dir der Artikel gefallen hat, dann teile ihn über Facebook oder Twitter. Falls du was zu sagen hast, freuen wir uns über Kommentare

https://blogs.taz.de/hausblog/bullanalyse_neuetaz/

aktuell auf taz.de

kommentare

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert