Am Mittwoch schrieb Ines Kappert, Leiterin der taz-Meinungsredaktion, in einem Kommentar unter anderem:
Breiviks Hetze gegen die Muslime, die angeblich die christliche Kultur zersetzten, ist der Brückenkopf, der seine abseitige Ideologie mit der Mitte der europäischen Gesellschaft verbindet. Und genau für diese Verbindung trägt die europäische Öffentlichkeit Verantwortung. Man muss unterscheiden zwischen dem Terroristen als Person und seinem propagierten Gedankengut. In Versatzstücken findet man es in den gängigen Abgesängen auf die Multikultigesellschaft ebenso wie in der Annahme, der reproduktionsfreudige Muslim schaffe Deutschland ab. Die bürgerliche Mitte adelte beide Diskussionen, oder sagen wir besser, beide Stränge des Ressentiments. Das wissen die meisten natürlich auch, und sei es nur unterschwellig. Daher versuchen sie sich jetzt mit der These vom Einzeltäter doch noch auf die Seite der Guten zu retten. Es ist einfach, zu behaupten, Breivik sei ein einsamer Spinner. Zumal die konservativen Medien möchten sich ihre islamophoben Erklärungsmuster nicht nehmen lassen und etikettieren den Massenmord von Norwegen mit Verve zur unpolitischen Tat eines Wahnsinnigen um. […] Muslimenfeindlichkeit dürfte sich ab jetzt schlechter verkaufen lassen. Haben wir doch alle sofort das Attentat in Norwegen vor Augen. So zynisch das klingt: Angesichts dieser Katastrophe kristallisiert sich die Möglichkeit heraus, sich endlich von der bedrohlich mittig gewordenen Islamophobie zu distanzieren. Nichts weniger sind wir den Opfern und ihren Angehörigen schuldig.
Damit ist unser Leser Maik Harms aus Hamburg unzufrieden:
Muslimenfeindlichkeit, also die Bekämpfung muslimisch gläubiger Menschen, wird im Kommentar von Ines Kappert mit Islamkritik, also der Auseinandersetzung mit als negativ empfundenen Elementen der islamischen Religionslehre und Religionspraxis, gleichgesetzt. In ihrer emotionalen Komponente ist diese Kritik auch eine „Phobie“. Wenn die wahnhaften Vorstellungen des Attentäters von Oslo dazu führen sollten, dass eine Auseinandersetzung mit der im Westen nun mal noch recht neuen, hier noch nicht verträglich adaptierten Religion nur noch verklausuliert stattfinden kann, ist das ein öffentlicher Schaden.
Darauf antwortet Ines Kappert:
Lassen Sie mich mit einem Vergleich antworten. In Deutschland kämpfen wir bis heute mit Patern, die ihre Schützlinge sexuell missbraucht haben. Auch der Umgang der katholischen Kirche mit den gewalttätigen Männern wurde vielfach und scharf kritisiert. Zu Recht. Falsch und christenfeindlich wäre es, die Christen als solche des Missbrauchs von Kindern zu beschuldigen.
Genau das aber machen Leute wie Broder und Sarrazin mit „den“ Muslimen: indem sie vor einer „schleichenden Islamisierung“ warnen, indem sie Frauenfeindlichkeit mit Islam gleichsetzen. Das genau hat mit Kritik nichts zu tun. Denn es werden nicht etwa bestimmte Männlichkeitsvorstellungen kritisiert oder ein autoritäres Denken an den Pranger gestellt. Das nämlich sind Probleme, die sich nicht auf den Islam, gar auf Muslime beschränken lassen.
Die schlichte, scheinbar harmlose Trennung in „wir“ und „die“ ist die Grundlage von Rassismus. Setzen Sie einfach das Wort Juden ein: Die schleichende Verjudung Deutschlands … Kein bürgerliches Medium würde so einen Satz drucken. Zu Recht.
@Rojas: Nein, es geht darum, dass Sie @Kaboom’s Kommentar nicht gelesen haben.