vonhausblog 28.02.2020

taz Hausblog

Wie tickt die taz? Das Blog aus der und über die taz mit Einblicken, Kontroversen und aktuellen Entwicklungen.

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Auf taz.de wurde in den vergangenen Tagen eine Veranstaltung des Vereins „Queer Nations“ in den Räumen der taz angekündigt. Diese Ankündigung ist hausintern heftig diskutiert und scharf kritisiert worden. Von außen hat sie der taz einen veritablen Shitstorm eingebracht.

Die Fakten: Die betreffende Veranstaltung war betitelt mit „Transgender: Geschlechtergerechtigkeit passé?“, organisiert und verantwortet vom Verein „Queer Nations“ mit Gunda Schumann als Vortragender, Veranstaltungsort: das taz-Haus in der Berliner Friedrichstraße, erste Etage, Konferenzsaal. Angekündigt auf taz.de mit einem Text des Vereins. Kooperationspartner von „Queer Nations“ ist seit vielen Jahren die taz, unter deren Dach auch die öffentlichen Veranstaltungen des Vereins in der Regel stattfinden. So stand auch unter dieser Veranstaltungsankündigung „Mit freundlichen Unterstützung des taz Verlages.“

Es gab interne Hinweise

Der am Dienstagmorgen von der Seite genommene Ankündigungstext war so formuliert, dass er einen Angriff auf Trans*personen und eine Negierung ihrer Identität darstellte.

Obwohl intern im Vorfeld auf die explizit trans-feindlichen Formulierungen hingewiesen wurde, ist der Text aus formalen Gründen unverändert veröffentlicht worden. „Formal“ deshalb, weil es kein taz-Text war und auch keine taz-eigene Veranstaltung betraf. In dieser Phase war unsere Ansprechperson im Verein „Queer Nations” aufgrund ernsthafter gesundheitlicher Beeinträchtigung nicht zu erreichen.

Diffamierung von trans*Menschen

Die Diskussion nach der Veröffentlichung ging von der Kritik einzelner Formulierungen bis zur Infragestellung der Veranstaltung insgesamt. In der internen Mail von taz-Mitarbeiter Malte Göbel wird die Kritik gut auf den Punkt gebracht: „Die Ankündigung verwendet Terminologie, wie ich sie bei der AfD erwarten würde, inhaltlich spielt die Veranstaltung Minderheiten gegeneinander aus. Sie lädt nicht dazu ein, eine inhaltliche Differenz zu diskutieren, sondern diffamiert von vornherein trans* Menschen. Von mir aus sollte man die Ankündigung entfernen, um sie zu überarbeiten, und ggf. die Veranstaltung absagen, weil sie den Idealen der taz entgegenläuft (wenn sie wirklich so gemeint ist wie angekündigt).“

Am 25.02.2020 wurde daraufhin der Ankündigungstext von der Seite genommen und folgende Erklärung des taz Verlages veröffentlicht:

Der Verlag der taz bittet – insbesondere trans* und nicht-binäre Personen – um Entschuldigung für die Wortwahl in der vorherigen Version dieses Ankündigungstextes. Die Überarbeitung des Veranstaltungsformats und eventuelle Absage wird gerade im Haus diskutiert.

Am 26.02.2020 wurde dieser Text ergänzt: Der aktuelle Stand der Diskussion: Im Verein Initiative Queer Nations wird derzeit diskutiert, in welcher Form die Veranstaltung stattfinden wird. Sicher ist, dass es am 17.03.2020 eine Queer Lecture geben wird.

Der Verein „Queer Nations” veröffentlichte seinerseits eine Erklärung folgenden Inhalts:

„Den Vorwurf der Transfeindlichkeit, der nach der Veröffentlichung der Ankündigung zur Queer Lecture „Transgender: Geschlechtergerechtigkeit passé?“ von verschiedenen Seiten erhoben wurde, nehmen wir sehr ernst.
Es tut uns sehr leid, dass dieser Text so missverständlich formuliert war. Nichts liegt uns ferner, als uns verächtlich und diskriminierend über bestimmte Gruppen von Menschen zu äußern. Transpersonen waren und sind bei IQN und im Kontext des Queeren Kulturhauses als Mitstreiter*innen und Gesprächspartner*innen immer willkommen. Wir werden weiter aktiv darauf hinarbeiten, diese Offenheit zu praktizieren und öffentlich deutlich zu machen.
Uns ist daran gelegen, auch kontroverse Debatten zu ermöglichen, selbstverständlich immer in einem von gegenseitiger Anerkennung geprägten Rahmen und verbunden mit einer klaren Haltung gegen Ausgrenzung und Diskriminierung. In diesem Sinn finden wir es nach wie vor wichtig, Fragen zu diskutieren, die sich aus bestimmten feministischen Perspektiven auf das Thema Transgender ergeben. Darüber, wie und in welcher Form wir das tun werden, werden wir zeitnah genauer informieren. Zunächst aber wollten wir uns für die berechtigte Kritik bedanken und unser großes Bedauern darüber zum Ausdruck bringen, dass unsere Lecture-Ankündigung von vielen als transfeindlich und diffamierend empfunden wurde.”

Es wird eine Veranstaltung geben

Die Diskussion über die Art und Weise, in der die geplante Veranstaltung stattfinden kann, ist im Verein noch nicht abgeschlossen. Fest steht, dass es am Termin 17.03.2020 eine Veranstaltung „Queer Lecture“ geben wird. Es wird mit einiger Wahrscheinlichkeit darum gehen, zu diskutieren, wie die Debatte angemessen und respektvoll geführt werden kann.

Es ist nach gegenwärtigem Stand der Dinge davon auszugehen, dass die Veranstaltung nicht in der ursprünglich geplanten Form mit der Referentin Gunda Schumann stattfinden wird.

Was heißt das für die taz und das zukünftige Vorgehen in Bezug auf kontrovers diskutierte Veranstaltungen?

1. Es ist immer gut, verschiedene Meinungen einzuholen und Bedenken ernst zu nehmen, besser zu ernst als nicht ernst genug.
2. Es ist nicht möglich, alle Diskussionen in allen Themenfeldern zu überblicken. Deshalb sollen Argumente Betroffener oder von Insider*innen demütig zur Kenntnis genommen und produktiv gewendet werden.
3. „taz” ist in der Außenwahrnehmung „taz” – ob Verlag oder Redaktion, ob freier Autor oder festangestellte Redakteurin, ob Eigen- oder Gastveranstaltung: die taz ist verantwortlich für das, was auf ihren Seiten geschrieben wird und was unter ihrem Dach stattfindet.

28.02.2020
Wilhelm Vogelpohl, taz-Werbeleitung

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https://blogs.taz.de/hausblog/eine-geplante-veranstaltung-und-die-folgen/

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kommentare

  • Oh taz, da haben Euch die Trans+ jetzt mal echt am Wickel. Lasst es euch aber von einer langjährigen taz-Genossin sagen (die zufällig aus dem lesbisch-feministischen Lager kommt): Die Fragen die Gunda Schumann aufwerfen wollte, sind durchaus wichtig und richtig.
    Teile der rüden Trans-Filterblase werden es noch schaffen sämtliche Frauen/Lesbenräume runterzurocken.

    https://www.youtube.com/watch?v=mzYHBPTfXCI

  • Liebe taz,
    wir kennen uns jetzt schon. Ich habe Ihnen gestern einen längeren Brief geschreiben. Lassen Sie mich auch hier kurz darrauf eingehen.

    Zunächst einmal bitte einen Shitstorm nicht mit einner Welle an Kritik verwechseln. Kann sein, dass ich nicht alles mitbekommen habe aber die Beiträge und Briefe die ich gelesen habe waren allesamt höflich und respektvoll formuliert. Also kein Shitstorm.
    Dann nochmal die Betonung: Nicht nur der Ankündigungstext war transfeindlich! Die ganze Veranstaltung ist es! Jan Feddersen als Moderator ist für seine transfeindlichkeit bekannt. Die Referentin ebenfalls.
    Es gibt keine Möglichkeit „Kontrovers“ über die Existenz von trans Personen zu diskutieren. Trans Personen ihre Existenz abzusprechen ist Transfeindlichkeit qua exxelence. Daran ändern auch wischi waschi Formulierungen nichts.

    Das Festhalten der Taz an der Veranstaltung zeigt mir, wie wenig Sie verstanden haben. Und wie wenig Sie berreit sind Verantwortung zu übernehmen. Wir (die trans Community) haben in den letzen Tagen wirklich ausreichend gezeigt, was an der Veranstaltung problematisch ist. Warum die Veranstaltung immer noch stattfindet, kann ich beim besten willen nicht verstehen.

    Was mir noch wichtiger ist: in meinem Brief gestern schrieb ich, dass mir eine klare Position der Taz zu Transrechten und Existenzrecht von trans Personen fehlt.
    Auch ihre Erklärung auf dem Block tanzt um den heißen brei herrum.
    Auf einem Kanal der Taz wurde ein Text veröffentlich der von trans als „von biologischen Körpern abstrahierenden- Irrweg“ spricht. Also sagt: Es gibt keine trans Personen. Das wurde bis jetzt nicht richtig gestellt.

    Ihr schreibt: „Es wird mit einiger Wahrscheinlichkeit darum gehen, zu diskutieren, wie die Debatte angemessen und respektvoll geführt werden kann.“ Aber liebe taz: Wie soll dass funktionieen? Eine Debatte über das Existenrecht von trans Personen KANN NICHT respektvoll geführt werden! Die Grundannahme, das die Existenz von trans Personen zur Debatte stände ist das Problem!

    Liebe taz ich bin nach wie vor unfassbar enttäuscht von Ihrem Umgang. Wo bleibt die Verantwortungsübernahmen? Wo bleiben Konsequenzen? Was ist mit der Kooperation mit IQN, die ja nach wie vor an ihrer Transfeindlichkeit festhalten? Was passiert mit dem Transfeind Jan Feddersen?

    Oder um es kurz zu fassen: Auf welcher Seite steht ihr? Auf der von Menschen- und Transrechten, auf der Seite einer solidarischen Queeren Gemeinschaft?
    Oder auf der Seite transfeindlicher angeblicher Feminist*innen, die sich rechtspopulistischer Argumente und Ideen bedienen?

    Entäuscht von eurer entsolidarisierung taz
    Dido Busch

    PS: Ihr glaubt doch nicht ernsthaft, dass die Veranstaltungen ungestört stattfinden wird oder?
    Kein Fußbreit den Transfeinden!

    • Danke Dido Busch für ihre klaren Worte und konsequenten Forderungen.
      Inzwischen gibt es ja einen offenen Appel von Wissenschaftler*innen, der gestern im Tagesspiegel veröffentlicht wurde.
      Ich hoffe sehr, das transfeindliche Personen nicht mehr im Vorstand dieses queeren Zentrums Einfluss nehmen können.

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