Auf taz.de wurde in den vergangenen Tagen eine Veranstaltung des Vereins „Queer Nations“ in den Räumen der taz angekündigt. Diese Ankündigung ist hausintern heftig diskutiert und scharf kritisiert worden. Von außen hat sie der taz einen veritablen Shitstorm eingebracht.
Die Fakten: Die betreffende Veranstaltung war betitelt mit „Transgender: Geschlechtergerechtigkeit passé?“, organisiert und verantwortet vom Verein „Queer Nations“ mit Gunda Schumann als Vortragender, Veranstaltungsort: das taz-Haus in der Berliner Friedrichstraße, erste Etage, Konferenzsaal. Angekündigt auf taz.de mit einem Text des Vereins. Kooperationspartner von „Queer Nations“ ist seit vielen Jahren die taz, unter deren Dach auch die öffentlichen Veranstaltungen des Vereins in der Regel stattfinden. So stand auch unter dieser Veranstaltungsankündigung „Mit freundlichen Unterstützung des taz Verlages.“
Es gab interne Hinweise
Der am Dienstagmorgen von der Seite genommene Ankündigungstext war so formuliert, dass er einen Angriff auf Trans*personen und eine Negierung ihrer Identität darstellte.
Obwohl intern im Vorfeld auf die explizit trans-feindlichen Formulierungen hingewiesen wurde, ist der Text aus formalen Gründen unverändert veröffentlicht worden. „Formal“ deshalb, weil es kein taz-Text war und auch keine taz-eigene Veranstaltung betraf. In dieser Phase war unsere Ansprechperson im Verein „Queer Nations” aufgrund ernsthafter gesundheitlicher Beeinträchtigung nicht zu erreichen.
Diffamierung von trans*Menschen
Die Diskussion nach der Veröffentlichung ging von der Kritik einzelner Formulierungen bis zur Infragestellung der Veranstaltung insgesamt. In der internen Mail von taz-Mitarbeiter Malte Göbel wird die Kritik gut auf den Punkt gebracht: „Die Ankündigung verwendet Terminologie, wie ich sie bei der AfD erwarten würde, inhaltlich spielt die Veranstaltung Minderheiten gegeneinander aus. Sie lädt nicht dazu ein, eine inhaltliche Differenz zu diskutieren, sondern diffamiert von vornherein trans* Menschen. Von mir aus sollte man die Ankündigung entfernen, um sie zu überarbeiten, und ggf. die Veranstaltung absagen, weil sie den Idealen der taz entgegenläuft (wenn sie wirklich so gemeint ist wie angekündigt).“
Am 25.02.2020 wurde daraufhin der Ankündigungstext von der Seite genommen und folgende Erklärung des taz Verlages veröffentlicht:
Der Verlag der taz bittet – insbesondere trans* und nicht-binäre Personen – um Entschuldigung für die Wortwahl in der vorherigen Version dieses Ankündigungstextes. Die Überarbeitung des Veranstaltungsformats und eventuelle Absage wird gerade im Haus diskutiert.
Am 26.02.2020 wurde dieser Text ergänzt: Der aktuelle Stand der Diskussion: Im Verein Initiative Queer Nations wird derzeit diskutiert, in welcher Form die Veranstaltung stattfinden wird. Sicher ist, dass es am 17.03.2020 eine Queer Lecture geben wird.
Der Verein „Queer Nations” veröffentlichte seinerseits eine Erklärung folgenden Inhalts:
„Den Vorwurf der Transfeindlichkeit, der nach der Veröffentlichung der Ankündigung zur Queer Lecture „Transgender: Geschlechtergerechtigkeit passé?“ von verschiedenen Seiten erhoben wurde, nehmen wir sehr ernst.
Es tut uns sehr leid, dass dieser Text so missverständlich formuliert war. Nichts liegt uns ferner, als uns verächtlich und diskriminierend über bestimmte Gruppen von Menschen zu äußern. Transpersonen waren und sind bei IQN und im Kontext des Queeren Kulturhauses als Mitstreiter*innen und Gesprächspartner*innen immer willkommen. Wir werden weiter aktiv darauf hinarbeiten, diese Offenheit zu praktizieren und öffentlich deutlich zu machen.
Uns ist daran gelegen, auch kontroverse Debatten zu ermöglichen, selbstverständlich immer in einem von gegenseitiger Anerkennung geprägten Rahmen und verbunden mit einer klaren Haltung gegen Ausgrenzung und Diskriminierung. In diesem Sinn finden wir es nach wie vor wichtig, Fragen zu diskutieren, die sich aus bestimmten feministischen Perspektiven auf das Thema Transgender ergeben. Darüber, wie und in welcher Form wir das tun werden, werden wir zeitnah genauer informieren. Zunächst aber wollten wir uns für die berechtigte Kritik bedanken und unser großes Bedauern darüber zum Ausdruck bringen, dass unsere Lecture-Ankündigung von vielen als transfeindlich und diffamierend empfunden wurde.”
Es wird eine Veranstaltung geben
Die Diskussion über die Art und Weise, in der die geplante Veranstaltung stattfinden kann, ist im Verein noch nicht abgeschlossen. Fest steht, dass es am Termin 17.03.2020 eine Veranstaltung „Queer Lecture“ geben wird. Es wird mit einiger Wahrscheinlichkeit darum gehen, zu diskutieren, wie die Debatte angemessen und respektvoll geführt werden kann.
Es ist nach gegenwärtigem Stand der Dinge davon auszugehen, dass die Veranstaltung nicht in der ursprünglich geplanten Form mit der Referentin Gunda Schumann stattfinden wird.
Was heißt das für die taz und das zukünftige Vorgehen in Bezug auf kontrovers diskutierte Veranstaltungen?
1. Es ist immer gut, verschiedene Meinungen einzuholen und Bedenken ernst zu nehmen, besser zu ernst als nicht ernst genug.
2. Es ist nicht möglich, alle Diskussionen in allen Themenfeldern zu überblicken. Deshalb sollen Argumente Betroffener oder von Insider*innen demütig zur Kenntnis genommen und produktiv gewendet werden.
3. „taz” ist in der Außenwahrnehmung „taz” – ob Verlag oder Redaktion, ob freier Autor oder festangestellte Redakteurin, ob Eigen- oder Gastveranstaltung: die taz ist verantwortlich für das, was auf ihren Seiten geschrieben wird und was unter ihrem Dach stattfindet.
28.02.2020
Wilhelm Vogelpohl, taz-Werbeleitung
Oh taz, da haben Euch die Trans+ jetzt mal echt am Wickel. Lasst es euch aber von einer langjährigen taz-Genossin sagen (die zufällig aus dem lesbisch-feministischen Lager kommt): Die Fragen die Gunda Schumann aufwerfen wollte, sind durchaus wichtig und richtig.
Teile der rüden Trans-Filterblase werden es noch schaffen sämtliche Frauen/Lesbenräume runterzurocken.
https://www.youtube.com/watch?v=mzYHBPTfXCI