Ich mache es kurz: Der Politik-Live-Talk in der taz-Kantine als letzte Amtshandlung des „Wahlcamps“ hätte nicht angenehmer verlaufen können:
Ein junger Linker bemängelte, gerade ihm würden gar keine inhaltsvollen Fragen gestellt, Unionler:innen betonten immer wieder wie modern sie doch wären, eine Grünen-Politikerin entschuldigte sich schließlich vielleicht einfach zu unlustig zu sein und die einzige Junge Liberale der Gesprächsrunde kam erst gar nicht. Am Ende spielte „Der Schneekönig“ Techno Spoken Word, alle im Publikum rasteten aus.
Gagfutter für die Moderation. Und Tschüss.
Irgendwann tummelten sich dann dutzende irgendwie aufgekratzte Leute von überallher im Erdgeschoss der taz – alle mit diesem unterschwelligen Gefühl sich irgendwo irgendwie schon einmal getroffen zu haben – als Dauergedanke.
Es wurde zur „Wahlcamp“-Abschluss-Party eingeladen und eigentlich hat auch niemand gefragt, was das bedeuten würde.
Als unsere junge Redaktion gleich drei DJs gebucht hatte, die im Dauerfeuer gegen jedwede Form von aufkommender Stille arbeiten sollten und die taz-Kantine so in einen astreinen Club verwandelten, haben wir nicht daran gedacht, dass sich Tanzflächen in Clubs erstens so gut füllen, weil die Leute meistens gar nicht so sehr darauf bedacht sind miteinander zu reden und eh drinnen rauchen können. Da die Gäste sich aber einfach zu interessant fanden und gut die Hälfte von ihnen aus Raucher:innen bestand, verlagerte sich die Party irgendwann vom Dancefloor auf die Friedrichstraße, vor das taz-Gebäude und bestand aus drei wiederkehrenden Sätzen:
„Cocktails gibt es ja auch umsonst, geil!“
„Hat jetzt irgendwer noch Drehzeug?“
und:
„Lass mal aufs Dach gehen.“
Umhüllt vom leuchtend-schützenden Redaktionsrot der taz
Als natürlich auch die Polizei einmal in Schrittgeschwindigkeit vorbeigefahren kam, um zu gucken ob alles klar ging, fühlte es sich dann auch ziemlich geil an: ein schweres Drinkglas zu heben, umhüllt vom leuchtend-schützenden Redaktionsrot der taz und angenehm arrogant und unmissverständlich „Alles Easy“ zu nicken. Ich glaube ein Officer hat sogar gelächelt, aber vielleicht habe ich mir das auch eingebildet. Namedropping? Ja bitte.
Ich glaube irgendwann haben sich die Dinge verselbstständigt und Luisa Neubauer wurde auf Twitter gefragt, ob sie eigentlich auch bei „dieser taz-Party“ wäre, aber da war sie längst schon da und hat zusammen mit Henning May ganz viel Aperol Spritz getrunken. Top-Politiker:innen Ricarda Lang und Jamila Schäfer waren in den Augen einer ausgewiesenen Grünen-Kritikerin der ZEIT „ja eigentlich auch voll cool.“ Die einzigen zwei geladenen CDUler:innen auf der Party wurden mit Bier und Schnaps versorgt, bis sie sich trauten zu sagen, gern und sehr wohl auch andere Sachen zu trinken – „Heute sind wir vor allem Menschen“, sagte eine von beiden.
SPD-Politiker:innen lagen sich mit Linken in den Armen und lallten etwas davon „das schon alles hinzubekommen“, was auch immer das heißen mag. Es klang schön. Und irgendwann haben dann doch alle getanzt, müde und beseelt von ein bisschen Utopie am Ende dieses kurzen Sommers.
Von Aron Boks, 24 Jahre und Mitglied des taz Wahlcamps der Panter Stiftung. Das Team des Wahlcamps besteht ansonsten noch aus Ruth Fuentes, Jaromir Schmidt, Adrian Breitling und Shoko Bethke.