von 07.03.2012

taz Hausblog

Wie tickt die taz? Das Blog aus der und über die taz mit Einblicken, Kontroversen und aktuellen Entwicklungen.

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taz-Chefredakteurin Ines Pohl
taz-Chefredakteurin Ines Pohl
Vor gut eineinhalb Wochen haben 350 Journalistinnen die lange und klandestin vorbereitete Aktion ProQuote gestartet. Mit dabei war viel Prominenz aus Zeitungsmacherinnen, Funk und Fernsehen, aber auch zahlreiche junge Kolleginnen, viele, die noch in der journalistischen Ausbildung sind.

Ziel der Aktion ist es, den beschämend geringen Anteil von nur 2 Prozent an weiblichen Führungskräften in deutschen Medienunternehmen innerhalb der kommenden fünf Jahre auf mindestens 30 Prozent zu erhöhen. Entsprechend wurde ein offener Brief an 250 Chefredakteure geschickt, mit der Bitte, sich zu der Forderung zu äußern. Und dem dringenden Wunsch, sich dran zu machen, die Quote in ihren Verantwortungsbereichen umzusetzen. Sehr erfreulich sorgte die Aktion unmittelbar für ziemlichen Wirbel und mediale Aufmerksamkeit. Giovanni di Lorenzo, Chef der „Zeit“, ist der erste, der sich in einem Beitrag auf seiner Seite 1 verpflichtet hat, Frauen in Führungspositionen zu fördern. Verhaltener äußerten sich die Macher des Spiegel, aber auch die wollen sich immerhin mit ihren Kolleginnen an einen Tisch setzen, um zu beraten, wie dieser sehr deutsche Missstand behoben werden kann.

Andere Chefredakteure rechnen sich indes ihre Wirklichkeit schön. Viele behaupten, die Quote sei in ihren Häusern lange erfüllt. Unterzieht man ihre Stellungnahmen allerdings einem sorgfältigen Faktencheck, kommt man auf die entlarvendsten Rechentricks, da werden Chefsekretärinnen mal schnell zu Führungskräften in den Redaktionen erhoben, um in der Öffentlichkeit gut dazustehen.

Das ist mithin ärgerlich, sollte uns aber nicht zu viel Kraft kosten. Denn klar ist, die geballte Frauenpower zeigt Wirkung.

Die Medienmacher müssen sich endlich der Tatsache stellen, dass es ohne Quote in Deutschland offensichtlich nicht geht. Es sind die Medien, die in erster Linie an der Entstehung unserer Weltbilder beteiligt sind. Und niemand kann ernsthaft bezweifeln, dass diese Interpretationen der Wirklichkeit, die wesentlich von Männern geschaffen und bestimmt sind, sich nicht unterscheiden von denen, an denen mehr Frauen beteiligt sind. Frauen entdecken andere Themen, sie stellen andere Fragen. Und all das kommt nur vor in den Medien, wenn an den entsprechenden Entscheiderpositionen auch Frauen sitzen.

Ihre taz lebt diese Erkenntnis seit Mitte der 80er Jahre. Seit dem berühmten Frauenstreik gibt es in der taz die 50-Prozent-Frauenquote auf allen Ebenen, und jedeR weiß, mit welchem Gewinn.

Entsprechend stolz bin ich in diesen Tagen auch, durch die Lande zu ziehen und auf Podien, vor Mikros und Kameras die Quote allgemein und die Pro-Quoten-Aktion im Besonderen zu unterstützen. Wobei es mir immer auch ein ganz persönliches Anliegen ist, auf einen anderen Missstand hinzuweisen. Die Führungsetagen deutscher Medienhäuser sind nicht nur unglaublich männlich, sondern auch beschämend weiß. Wenn wir von Diversity, vom Abbilden der gesellschaftlichen Realitäten sprechen, müssen wir immer auch darauf verweisen, dass viel zu wenige Menschen mit Migrationshintergrund Teil der deutschen Medienmaschinerie sind. Ein Thema, das wir übrigens in der Rudi-Dutschke-Straße auch immer wieder diskutieren und mit dem Panter-Volontariat für Frauen mit Migrationshintergrund auch ganz real angehen.

Wie immer wird es auch in diesem 8. März eine Frauen-taz geben. Auch dort wird es um die Quote gehen. Aber freilich nicht nur. Schauen Sie doch rein, die Ausgabe gibt es an jedem gutsortierten Kiosk und online im eKiosk. Wenn Sie mögen, können Sie auch sehr gerne die Medien-Quoten-Aktion unterstützen. Der 8. März wäre ein ideales Datum!

Grüße aus der taz
Ines Pohl
taz-Chefredakteurin

Die Sonderausgabe: Das riskante Spiel mit der Unterwerfung

Essay: Charlotte Roche ist Masochistin. Bascha Mika wittert feige Frauen überall. Und die Mädels von heute zeigen sich nur noch als Sexobjekt. Die Renaissance der weiblichen Unterwerfung.

Bericht: Eine Frau, die sich trennt, verliert nicht nur den Mann. Auch Freundinnen distanzieren sich. Ein Paartherapeut gibt Auskunft über Unterwerfung aus weiblicher Verlustangst.

Protokoll: Eine Ingenieurin spricht über merkwürdige Rituale am Arbeitsplatz. Eine Geschichte über starke Nerven.

Streitgespäch: Markiert die Quote weibliche Schwäche oder weiblichen Kampfgeist? Die Unternehmensberaterinnen Marianne Heiß und Monika Schulz-Strelow über Frauen in der Komfortzone und Männerrituale in der Chefetage.

Interview: Sexualität und Ungleichheit: Das Spiel mit der Unterwerfung. Sexpertin Laura Meritt über die Kunst des Masochismus, feministische Pornos und offene Beziehungen.

Vignetten: Sind Mädchen mit Highheels Schlampen? Und wer will eine Freundin auf Augenhöhe? Vier Jugendliche geben Auskunft über emanzipierte Mädchen und Jungen.

Feature: Eine Frau aus Vietnam. Müssen Importbräute sich ihren deutschen Männern unterwerfen? Nicht unbedingt, wie unser Beispiel zeigt.

Betrachtung: Strategisches Schweigen oder kleinlaute Feigheit? Katja Kullmann denkt über den merkwürdig schweigsamen Feminismus der berufstätigen Frau Ende dreißig nach.

Report: Komissarinnen, Agentinnen, Chefinnen: Sind die Superweiber im Film die Krone der Emanzipation? Über eine besondere Art der Unterwerfung.

Die Ausgabe ist am Donnerstag erhältlich an jedem gutsortierten Zeitungskiosk sowie ab Mittwochabend im eKiosk der taz.

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https://blogs.taz.de/hausblog/geballte-frauenpower-zeigt-wirkung/

aktuell auf taz.de

kommentare

  • Wenn ich mir die zum Teil sehr mangelhafte Qualität der TAZ-Artikel vergegenwärtige, dann spricht das nicht für die These, dass eine Frauenquote qualitätssteigernd wirkt. TAZ-Artikel sind allzuoft lediglich AgitProp und nur für LeserInnen geeignet, die nicht in erster Linie informiert, sondern sich in ihrem Weltbild bestätigt sehen wollen.

    Grundsätzlichere Einwände gegen Quotenregelungen wurden in den Leserbeiträgen der TAZ schon oft sachlich und in aller Ausführlichkeit dargelegt, ohne dass meines Wissens (ich habe nicht alle gelesen, es sind gemäss Suchfunktion weit über hundert) jemals darauf in den zahlreiche „Quotenartikeln“ eingegangen wurde.

    Manche LeserIn könnte dies als Ignoranz und Borniertheit missdeuten! Ich als selbstbewusste Frau erwarte, dass frauen sich auch zum teil zumindest über Leistung definieren. Tun sie das nicht, ist der Anspruch „gleicher Teilhabe“ ein Kleinmädchengenörgele!

  • Nachtrag:
    Interessant ist übrigens der Hinweis im Spiegel-Artikel auf ein taz-Interview von 1999 mit Katja Kessler. Schade, dass das nicht mehr abrufbar ist, da hätte mich der ganze Artikel von damals interessiert.

  • A propos Frauenpower:
    Hab ich da etwas übersehen, oder war es der taz tatsächlich weder eine Meldung noch ein Kommentar wert, dass die liebe BILD ihr Tittengirl von Seite 1 für eine scheinheilige „Frauentag“-Marketingkampagne mißbraucht hat?

    Solche Artikel wie sie die Kollegen von der Süddeutschen Zeitung und Spiegel-Online gebracht haben, hätte ich mir eigentlich von der taz gewünscht:

    http://www.sueddeutsche.de/medien/aus-fuer-das-seite-girl-bild-der-frau-1.1304692

    http://www.spiegel.de/kultur/gesellschaft/0,1518,820310,00.html

  • Könnten Sie einmal eine Auflistung aller TAZ-Beschäftigten nach den folgenden Kriterien machen: Berufsgruppe, Geschlecht, Alter, Migrationshintergrund, behindert oder nicht, Status in der Hierarchie. Mich würde nämlich z.B. interessieren, wie hoch der Frauen-/Männeranteil bei den Neueinstellungen und bei den aktuellen Beförderungen ist.

  • Bitte nicht noch mehr Quotenfaschismus. Bitte!

    Die traurige Wahrheit ist ja wohl eher, dass in den 25 tödlichsten und gefährlichsten Berufen ca. 97% Männer abreiten. Aber davon redet keine Frau.
    Wenn ich teilzeit als Friseurin oder im Kindergarten arbeite muss mir auch klar sein, dass ich weniger verdiene als ein Industiemechaniker auf einer Bohrinsel.

    Wann kommt die Ossiquote, die Ausländerquote, etc. Die Argumentation für die Frauenquote ist bodenlos und austauschbar.

  • „Die Führungsetagen deutscher Medienhäuser sind nicht nur unglaublich männlich, sondern auch beschämend weiß.“

    Entschuldigung, geht es noch? „Beschämend“ weiß?? Rassismus gegen Weiße?

    Soll jetzt als Nächstes die Hautfarben-Quote eingeführt werden? Das ist doch Irrsinn! Altenquote, Migrantenquote, Geschlechterquote, Weltanschauungsquote, Körperumfangsquote – soll hier ein totalitäre Gesellschaft entstehen? Das darf doch alles nicht wahr sein. Keiner wird gezwungen, Vorstand zu werden, auch wird es nicht jeder wollen. Wer tüchtig ist, wird seinen Weg gehen und muss nicht nach Papa Staat rufen, der alles regelt. Wo bleibt hier die Eigenverantwortung??

  • vielen dank für den artikel! vielen dank für die 50%-quote! und all die anderen dinge, die mein gerechtigkeitsliebendes herz erfreuen.
    leider vermisse ich bei der taz noch immer eine grundsätzlich (geschlechter-)gerechte sprache. dazu hat es mich dann eher geschockt, dass bei 50% frauenanteil in der zeitung die sprache noch so patriarchal ist.

  • 2% ist wirklich eine erschreckend geringe Anzahl! Finde es sehr gut, dass dagegen vorgegangen wird und taz sich dafür einsetzt und schon seit Jahrzehnten eine Frauenquote hat. Hoffen wir, dass den Unternehmen Druck gemacht wird und es endlich ein paar mehr weibliche Führungskräfte auch in dieser Branche geben wird. Wie im Artikel genannt, haben wir Frauen eben doch öfter eine andere Sichtweise als Männer, für ein Unternehmen birgt dies ja auch viele Vorteile, wenn verschiedene Anschauungen vorliegen. Ich frage mich, warum die Unternehmen so gegen Frauen in Führungspositionen sind – (vorsicht Ironie!) schließlich könnten Sie diese ja auch noch mit 25% weniger Gehalt als die Männer abspeisen und bekommen eine bessere Arbeitsleistung. (Ironie aus)
    Im Ernst: Das kann doch nicht immer noch die Angst vor Machtverlust sein?

    Im Übrigen hätte der Artikel auch heute gut gepasst, schließlich ist heute Weltfrauentag!

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