Vor gut eineinhalb Wochen haben 350 Journalistinnen die lange und klandestin vorbereitete Aktion ProQuote gestartet. Mit dabei war viel Prominenz aus Zeitungsmacherinnen, Funk und Fernsehen, aber auch zahlreiche junge Kolleginnen, viele, die noch in der journalistischen Ausbildung sind.
Ziel der Aktion ist es, den beschämend geringen Anteil von nur 2 Prozent an weiblichen Führungskräften in deutschen Medienunternehmen innerhalb der kommenden fünf Jahre auf mindestens 30 Prozent zu erhöhen. Entsprechend wurde ein offener Brief an 250 Chefredakteure geschickt, mit der Bitte, sich zu der Forderung zu äußern. Und dem dringenden Wunsch, sich dran zu machen, die Quote in ihren Verantwortungsbereichen umzusetzen. Sehr erfreulich sorgte die Aktion unmittelbar für ziemlichen Wirbel und mediale Aufmerksamkeit. Giovanni di Lorenzo, Chef der „Zeit“, ist der erste, der sich in einem Beitrag auf seiner Seite 1 verpflichtet hat, Frauen in Führungspositionen zu fördern. Verhaltener äußerten sich die Macher des Spiegel, aber auch die wollen sich immerhin mit ihren Kolleginnen an einen Tisch setzen, um zu beraten, wie dieser sehr deutsche Missstand behoben werden kann.
Andere Chefredakteure rechnen sich indes ihre Wirklichkeit schön. Viele behaupten, die Quote sei in ihren Häusern lange erfüllt. Unterzieht man ihre Stellungnahmen allerdings einem sorgfältigen Faktencheck, kommt man auf die entlarvendsten Rechentricks, da werden Chefsekretärinnen mal schnell zu Führungskräften in den Redaktionen erhoben, um in der Öffentlichkeit gut dazustehen.
Das ist mithin ärgerlich, sollte uns aber nicht zu viel Kraft kosten. Denn klar ist, die geballte Frauenpower zeigt Wirkung.
Die Medienmacher müssen sich endlich der Tatsache stellen, dass es ohne Quote in Deutschland offensichtlich nicht geht. Es sind die Medien, die in erster Linie an der Entstehung unserer Weltbilder beteiligt sind. Und niemand kann ernsthaft bezweifeln, dass diese Interpretationen der Wirklichkeit, die wesentlich von Männern geschaffen und bestimmt sind, sich nicht unterscheiden von denen, an denen mehr Frauen beteiligt sind. Frauen entdecken andere Themen, sie stellen andere Fragen. Und all das kommt nur vor in den Medien, wenn an den entsprechenden Entscheiderpositionen auch Frauen sitzen.
Ihre taz lebt diese Erkenntnis seit Mitte der 80er Jahre. Seit dem berühmten Frauenstreik gibt es in der taz die 50-Prozent-Frauenquote auf allen Ebenen, und jedeR weiß, mit welchem Gewinn.
Entsprechend stolz bin ich in diesen Tagen auch, durch die Lande zu ziehen und auf Podien, vor Mikros und Kameras die Quote allgemein und die Pro-Quoten-Aktion im Besonderen zu unterstützen. Wobei es mir immer auch ein ganz persönliches Anliegen ist, auf einen anderen Missstand hinzuweisen. Die Führungsetagen deutscher Medienhäuser sind nicht nur unglaublich männlich, sondern auch beschämend weiß. Wenn wir von Diversity, vom Abbilden der gesellschaftlichen Realitäten sprechen, müssen wir immer auch darauf verweisen, dass viel zu wenige Menschen mit Migrationshintergrund Teil der deutschen Medienmaschinerie sind. Ein Thema, das wir übrigens in der Rudi-Dutschke-Straße auch immer wieder diskutieren und mit dem Panter-Volontariat für Frauen mit Migrationshintergrund auch ganz real angehen.
Wie immer wird es auch in diesem 8. März eine Frauen-taz geben. Auch dort wird es um die Quote gehen. Aber freilich nicht nur. Schauen Sie doch rein, die Ausgabe gibt es an jedem gutsortierten Kiosk und online im eKiosk. Wenn Sie mögen, können Sie auch sehr gerne die Medien-Quoten-Aktion unterstützen. Der 8. März wäre ein ideales Datum!
Grüße aus der taz
Ines Pohl
taz-Chefredakteurin
Die Sonderausgabe: Das riskante Spiel mit der Unterwerfung
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Bericht: Eine Frau, die sich trennt, verliert nicht nur den Mann. Auch Freundinnen distanzieren sich. Ein Paartherapeut gibt Auskunft über Unterwerfung aus weiblicher Verlustangst.
Protokoll: Eine Ingenieurin spricht über merkwürdige Rituale am Arbeitsplatz. Eine Geschichte über starke Nerven.
Streitgespäch: Markiert die Quote weibliche Schwäche oder weiblichen Kampfgeist? Die Unternehmensberaterinnen Marianne Heiß und Monika Schulz-Strelow über Frauen in der Komfortzone und Männerrituale in der Chefetage.
Interview: Sexualität und Ungleichheit: Das Spiel mit der Unterwerfung. Sexpertin Laura Meritt über die Kunst des Masochismus, feministische Pornos und offene Beziehungen.
Vignetten: Sind Mädchen mit Highheels Schlampen? Und wer will eine Freundin auf Augenhöhe? Vier Jugendliche geben Auskunft über emanzipierte Mädchen und Jungen.
Feature: Eine Frau aus Vietnam. Müssen Importbräute sich ihren deutschen Männern unterwerfen? Nicht unbedingt, wie unser Beispiel zeigt.
Betrachtung: Strategisches Schweigen oder kleinlaute Feigheit? Katja Kullmann denkt über den merkwürdig schweigsamen Feminismus der berufstätigen Frau Ende dreißig nach.
Report: Komissarinnen, Agentinnen, Chefinnen: Sind die Superweiber im Film die Krone der Emanzipation? Über eine besondere Art der Unterwerfung.
Die Ausgabe ist am Donnerstag erhältlich an jedem gutsortierten Zeitungskiosk sowie ab Mittwochabend im eKiosk der taz.
Wenn ich mir die zum Teil sehr mangelhafte Qualität der TAZ-Artikel vergegenwärtige, dann spricht das nicht für die These, dass eine Frauenquote qualitätssteigernd wirkt. TAZ-Artikel sind allzuoft lediglich AgitProp und nur für LeserInnen geeignet, die nicht in erster Linie informiert, sondern sich in ihrem Weltbild bestätigt sehen wollen.
Grundsätzlichere Einwände gegen Quotenregelungen wurden in den Leserbeiträgen der TAZ schon oft sachlich und in aller Ausführlichkeit dargelegt, ohne dass meines Wissens (ich habe nicht alle gelesen, es sind gemäss Suchfunktion weit über hundert) jemals darauf in den zahlreiche „Quotenartikeln“ eingegangen wurde.
Manche LeserIn könnte dies als Ignoranz und Borniertheit missdeuten! Ich als selbstbewusste Frau erwarte, dass frauen sich auch zum teil zumindest über Leistung definieren. Tun sie das nicht, ist der Anspruch „gleicher Teilhabe“ ein Kleinmädchengenörgele!