von 15.04.2009

taz Hausblog

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Der Ablauf ist fast immer gleich, wenn man in Deutschland über Bildung redet. Wahnsinnig wichtig! Lernen muss ganzheitlich sein! Darf keine Ware werden! Muss nicht für einen bestimmen Zweck sein, sondern zum Ziele der Persönlichkeitsentwicklung.

Wilhelm von Humboldt ist unser Gott. Amen!

Aber wehe, wenn jemand selber zu seiner Bildung was beitragen soll – dann sind immer die anderen schuld, dass es nicht klappt.

Haben wir gerade wieder  bei einem Bericht über exzellente Bachelorstudiengänge erlebt.

Es gibt sie tatsächlich, ja. Unser Autor Martin Kaul fuhr und telefonierte herum – er fand richtig spannende Sachen: Einen kleinen und feinen Philosophie-Bachelor in Bayreuth etwa. Oder einen internationalen in Kiel. Oder einen mit maximaler Studentenmitsprache in Frankfurt.  Lauter richtig geile Sachen – und was passiert: Keine Leserzuschrift, dass das cool ist. Keiner, der nicht zu meckern hätte. Irre.

„Ich halte … die strikte Aussiebung von Abiturienten mit schlechten Noten für eine gute Möglichkeit, überlaufene Studiengänge durch die Konzentration auf die internationale Elite wieder attraktiver zu machen.“

So schreibt tief satirisch zerknirscht eine gewisse Marie als Leserpost.

Was für eine Frechheit, so ihr These, die Noten von 18-Jährigen Studenten als Zulassungskriterium für einen Studiengang zu benutzen. Skandal! ruft Marie – aber was sagt sie nur dazu, dass bei Zehnjährigen völlig selbstverständlich die Note zum „strikten Aussieben“ benutzt wird. Und zwar überall in Deutschland, knallhart, ohne Ausnahme – und wie selbstverständlich! Um Kinder in die Haupt- und Sonderschule zu verfrachten.  Dazu sagt Marie nichts. Warum eigentlich nicht?

„Es wäre bei einem solchen Artikel hilfreich gewesen ausschließlich Studierende nach ihren Eindrücken und Meinungen zu den jeweiligen Studiengängen zu befragen.“

So meint es Magda. Dass Martin Kaul Studenten befragt hat, übersieht sie gelassen. Was ist das eigentlich für ein Anspruch – „ausschließlich“ Studierende zu befragen?

Am besten aber ist dieser Studentenkommentar von Esra:

„Ich halte die Dialektik für wesentlich wichtiger, als die Jobmöglichkeiten, denn erst so kann richtige Expertise entstehen.“

Martin hatte gemutmaßt, dass die Dialektik im Philosophie-Bachelor möglicherweise ein wenig zu kruz komme. Dass in dem Studiengang aber der Jobnutzen auf jeden Fall gewährleistet werde.

Was Esra, daran auszusetzen hat, hey, das ist Humboldt hoch 3. Bildung solle nicht etwa zum alleinigen Zweck des Berufsausübens da sein, sagte einst der olle Humboldt mit den hehren Bidungsidealen. Studis wie Esra machen draus: Studium darf auf keinen Fall auch nur irgendwie nützlich sein. Es ist zur allerreinsten Selbstverwirklichung da. Zu sonst nichts.

Was sagt uns das?

An den Schulen und Hochschulen könnt ihr reformieren so viel ihr wollt, wenn die Akteure keinen Bock haben geht da gar nichts. Keine Verantwortung, für niemand. Wir studieren nur für uns selbst.

Die guten Bachelor-Programme sind aber gerade entstanden, weil es Dekane, Professoren, Studenten und andere gab, die sagten: Wir reformieren und entstauben die alten Studiengänge und machen was neues, das uns Spaß macht. Wir sind verantwortlich!

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https://blogs.taz.de/hausblog/gute-bachelor-nicht-mit-uns-studenten/

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kommentare

  • Hier schreibt einer schneller, als er denkt. Natürlich sucht sich jeder die Stellen raus, die einem am besten in den Kram passen, aber zumindest sollte man aus Mutmaßungen keine Feststellungen machen.
    Ob der Job bei einem sogenannten „praxisorientierten“ Studiengang eher gewährleistet ist als bei den „weltfremden“ (um das mal einmal zu karikieren), bleibt dahingestellt, und zwar genauso wie unsere sogenannte praxisorientierte Hochfinanz ihren Überblick (nicht Profitsinn) in den letzten Jahren unter Beweis hat stellen können.
    Und wenn jetzt plötzlich alle die Misere im dreigliedrigen Schulsystem entdecken, ist das noch lange kein Grund für undifferenziertes Studibashing, so als ab es keine vertikal angelegten Koalitionen aus pros und contras gäbe.
    Was bei diesen Rundumschlägen (ob neokon oder neolib) auf der Strecke bleibt, ist das komplexe Denken und die Fragestellungen, die auf der Höhe der Situation sind. Wenn es so einfach wäre, hätte man schon lange die Reform(en) (nicht Verschlimmbesserung) ge- bzw. erfunden, die ins Nirwana führt.

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