Von Sebastian Erb
Eigentlich ist es überhaupt nicht lustig, was sie machen, aber trotzdem müssen immer alle lachen. Sie lesen die böseste Leserpost vor, die sie bekommen. Die sie nur bekommen, weil sie Namen haben, die manchen nicht deutsch genug sind. Hate Poetry nennen sie ihr Programm.
Die taz-Redakteure Doris Akrap und Deniz Yücel gehören zum Gründungsteam dieser antirassistischen Leseshow. Deshalb werden sie – drei Jahre nach der Premiere im taz-Café bei den „Journalisten des Jahres 2014“ des Branchenblatts medium magazin mit einem Sonderpreis ausgezeichnet. Prämiert werden auch ihre Mitstreiter Mely Kiyak (freie Publizistin), Yassin Musharbash (Die Zeit) und Ebru Taşdemir (freie Journalistin und Autorin), die das Format erfunden hat. Inzwischen stehen auch Özlem Gezer und Hasnain Kazim (beide Spiegel) und Özlem Topçu (Die Zeit) regelmäßig auf der Bühne.
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Die JournalistInnen setzten „öffentlich Zeichen gegen die Anfeindungen, die ihnen täglich in den Kommentaren, Foren und Leserbriefen entgegengebracht werden“, heißt es in der Begründung der Jury. Das sei „witzig, klug, unterhaltsam, schockierend und Augen öffnend“. Für die „Hate Poetry“-Macher hat die Bühnenshow auch eine kathartische Wirkung: Sie bleiben mit den rassistischen Anfeindungen nicht allein.
In Zeiten, in denen selbsternannte Patrioten ihren diffusen Ausländerhass auf die Straßen tragen, ist das Anliegen aktueller denn je. Deshalb treten sie am heutigen Freitagabend um 20 Uhr kurzentschlossen in der Scheune Dresden auf. Das Motto: HAPOGEPEGIDA, Hate Poetry gegen Pegida. Solange es nötig ist, werden sie weiter die Scheiße, die sie geschickt bekommen, zurück ins Publikum schießen. Das ist sehr, sehr lustig. Und gleichzeitig ziemlich traurig.