vonhausblog 24.09.2024

taz Hausblog

Wie tickt die taz? Das Blog aus der und über die taz mit Einblicken, Kontroversen und aktuellen Entwicklungen.

Mehr über diesen Blog

Auf der Genossenschaftsversammlung der taz 2024 gaben wir das Datum für die Seitenwende bekannt: 17. Oktober 2025. Was die Seitenwende ist, dazu finden Sie Links am Ende dieses Beitrages. Nachfolgend tragen Anja Mierel und Jan Feddersen die ersten medialen und gesellschaftlichen Reaktionen zur Seitenwende zusammen.

FAZ: „Ein Schritt, der längst in allen Verlagen diskutiert wird“

Von Anja Mierel

Um 16.09 Uhr am vergangenen Samstag war unsere Pressemitteilung zur taz-Seitenwende unterwegs. Wie erwartet war die Resonanz groß, hatten doch weite Teile der Medienbranche seit mehreren Jahren auf die Verkündung dieses Termins gewartet.

„Als erste überregionale Zeitung erscheint die taz bald nur noch rein digital – zumindest unter der Woche. Damit macht das Blatt einen harten Schnitt, über den andere Verlagshäuser bislang nur nachdenken“, befand „Tagesschau“ online in einer von der dpa breit gestreuten Meldung.

„Ein Schritt, der längst in allen Verlagen diskutiert wird“, schreibt Michael Hanfeld in der FAZ und hebt die Bedeutung der taz-Entscheidung für die überregionalen Printmedien hervor: Wie lange werden sich (Tages-)Zeitungen noch in gewohnter Form halten können? Die taz habe da durchaus Chancen, mutmaßt Hanfeld:

„Mit ihrem Genossenschaftsmodell, einer Belegschaft, die sich mit geringen Löhnen begnügt, und einer kleinen, aber überzeugten Abonnentenschaft ist es der ‚taz‘ leichter als anderen möglich, sich vom Papier, auf dem die Zeitung seit dem 17. April 1979 erscheint, zu verabschieden. Sie darf hoffen, dass Leser und Abonnenten bleiben. Das können sich andere Verlage nur wünschen.“ Ganz stimmt das nicht, denn die wochentaz drucken wir weiter.

Auch der Spiegel misst dem Geschäftsmodell Gewicht bei:

„Emotionen und Gewohnheit sind für ein Medium mindestens ebenso wichtig wie seine Inhalte, das weiß man auch bei der ‚taz‘, die eine traditionell linke, treue Leserschaft hat. (…) 30.000 sogenannte Zukunftsabos hatte die ‚taz‘ angepeilt, also Abonnements für die ‚Wochentaz‘, E-Paper oder eine Kombination von beidem. Diese Kennzahl habe man schon überschritten, heißt es aus dem Verlag, immerhin.“

abo

Zeiten wie diese brauchen Seiten wie diese. 10 Ausgaben wochentaz für 10 Euro im Probeabo. Jetzt die linke Wochenzeitung testen!

In den Netzwerken wurde mitunter intensiv diskutiert. „Bitter, sehr bitter“, schreibt taz-Kolumnist Robert Misik bei Facebook. Und in der Tat: Manch ei­ne*r wird den Gang zum Zeitungshändler und das morgendliche Papierrascheln zum Kaffee vermissen.

Doch es gibt auch viel Sympathie und Verständnis: Schließlich möchte man die taz gerne auch in zehn Jahren noch als kräftige Stimme im Presse-Konzert lesen. Und zukunftstauglicher, das scheint eine Werktagsausgabe im ePaper und auf taz.de.

Und schließlich bleibt den Lieb­ha­be­r*in­nen des gedruckten Worts mit der samstags erscheinenden wochentaz auch in Zukunft das Papierrascheln erhalten.

 

„Ich nehme meine Kündigung zurück“

Von Jan Feddersen

Nein, wir wünschten keinen automatischen Applaus zu unserer Seitenwende, also dem Verzicht auf die papierne Form der taz werktags. Sondern Debatte und auch die Äußerung von, in gewisser Weise, Trauer. Die taz ist nun einmal als klassische Zeitung gestartet und ein Teil unserer LeserInnen möchte am liebsten, dass ihre Zeitung so bleibt, wie sie ist.

Auf der taz-Genossenschaftsversammlung – und in den Tagen darauf – erreichten uns nur zu verständliche Mails, in denen auch die nicht so freudigen Gefühle ob der Einstellung der taz als Papierzeitung von Montag bis Freitag zum Ausdruck kamen. Die Vielfalt der Zuschriften: großartig. Wehmütig, traurig, manchmal auch zornig. Aber die allermeisten kündigten an, die publizistisch-ökonomischen Zwänge, denen auch die taz ausgesetzt ist, zu akzeptieren. Dieter Breitbach, nur einer von vielen, schrieb uns:

„Liebe taz, angesichts der bedrohlichen innenpolitischen Lage nehme ich hiermit meine Kündigung zurück. Kritische Medien müssen unterstützt werden – auch wenn sie einem nicht mehr gefallen.“

Und Rolf Brombach formulierte deutlich:

„Ich werde natürlich die Mehrheitsentscheidung mittragen, als Demokrat; glücklich bin ich, als glühender Print-Verehrer,  n i c h t.“  (Die gesperrten und hervorgehobenen Buchstaben befinden sich so auch im Original.)

Eine andere, die ihren Namen für sich behalten möchte, meinte:

„Eine Papierausgabe der taz auf dem Küchen- und dann Wohnzimmertisch sichtbar liegen zu haben, ist so beruhigend und wichtig für uns. Immerhin aber werden wir als Papierausgabe die wochentaz sieben Tage pflegen und vor uns haben. Das tröstet.“

In Trauer ist auch eine Leserin aus dem Ruhrgebiet, die am letzten Wochenende bei der Genossenschaftsversammlung in Berlin nicht vor Ort dabei sein konnte. Dafür schaltete sie sich digital zu und bejahte die „Seitenwende“ in der hybrid stattfindenden Abstimmung. Dennoch:

„Es ist so viel anders geworden, und die taz muss sich ja auch wandeln, um am Leben zu bleiben. In Zeiten des Rechtsrucks wollen wir nicht untreu werden.“


Mehr zur Seitenwende finden Sie bei:

  1. „taz bleibt taz“, die Chefredakteurinnen der taz über die Seitenwende
  2. Das FAQ-Portal zur Seitenwende

Anzeige

Wenn dir der Artikel gefallen hat, dann teile ihn über Facebook oder Twitter. Falls du was zu sagen hast, freuen wir uns über Kommentare

https://blogs.taz.de/hausblog/ich-nehme-hiermit-meine-kuendigung-zurueck/

aktuell auf taz.de

kommentare

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert