Jetzt ist es mir passiert: Ich habe in einem Text behauptet, dass im Sponsoringbericht des Berliner Senates ein Fehler sei, wo tatsächlich gar keiner ist. Wie kam es dazu? Am Mittwochmorgen hatte ich in meinem E-Mail-Posteingang eine Nachricht der Dokumentationsabteilung des Berliner Abgeordnetenhauses. Ich hatte die gebeten, mir den Sponsoringbericht des Senates zu übermitteln, der bisher noch nicht öffentlich bekannt war. Die größte in dem Bericht verzeichnete Einzelspende kam vom Eigentümer der Unternehmensgruppe Gegenbauer: 300.000 Euro für ein Sommercamp für Hauptschüler. Ich telefonierte mit dem Sprecher des Unternehmens. Der erwähnte dabei, dass es die Spende und das Projekt erst seit wenigen Jahren gibt. Die 300.000 Euro seien lediglich in den ersten Jahren allein von Gegenbauer bezahlt worden. Inzwischen würden sich auch die Stiftung der Deutschen Kreditbank und die Beck’sche Stiftung an den Kosten beteiligen – er wisse aber nicht, mit welchen Beträgen. Also telefonierte ich als nächstes mit der Deutschen Kreditbank: Man selbst zahle 100.000 Euro, Gegenbauer und die Beck’sche Stiftung auch. Nun rief ich den Sprecher der Bildungsverwaltung an – also bei der Behörde, die in Flächenländern Bildungsministerium heißt. Meine Frage: Warum steht in dem Bericht, dass das Geld allein von Gegenbauer kommt? Der Sprecher meinte, er könne sich diesen Fehler nicht erklären. Die Bildungsverwaltung habe nie einen Hehl daraus gemacht, dass das Camp auch von der Bank und der anderen Stiftung unterstützt wird. Die Bildungsverwaltung sei allerdings nicht für die Erstellung des Berichtes zuständig – da müsse ich bei den Verantworlichen fragen. Die saßen in der Innenverwaltung – da rief ich dann an. Eine Sprecherin sagte mir, sie könne diese Frage heute nicht mehr klären (inzwischen war es bereits später Nachmittag).
In meinem Artikel, der am nächsten Tag in der taz erschien, schrieb ich hauptsächlich über die anderen Sponsorings, etwa die 240.000 Euro von Vattenfall an die Senatskanzlei des Regierenden Bürgermeisters für die Pflege des Brandenburger Tors. Der letzte Absatz des Textes lautete:
Aber auch auf die im Bericht genannten Sponsorings ist kein Verlass. So heißt es dort etwa, der Eigentümer der Unternehmensgruppe Gegenbauer habe 300.000 Euro an die Bildungsverwaltung für ein Sommercamp für Hauptschüler gespendet. Tatsächlich waren es jedoch nur 100.000 Euro. Weitere 100.000 Euro kamen jeweils von der Stiftung der Deutschen Kreditbank und von der Beck’schen Stiftung. Zöllners Sprecher Frisse kann sich diesen Fehler nicht erklären: „Wir haben nie einen Hehl daraus gemacht, woher die Mittel kommen. Der Bericht ist nicht von uns, da müssen Sie die Redaktion fragen.“ Zusammengestellt hat den Bericht die Verwaltung von Innensenator Ehrhart Körting (SPD). Dort war die Fehlerquelle am Mittwoch nicht aufzuspüren: „Wir werden das mit der Bildungsverwaltung prüfen“, so eine Sprecherin.
Der Sprecher von Gegenbauer meldete sich daraufhin verärgert – wie sich herausstellte, war er völlig zurecht aufgebracht. Denn der Sponsoringbericht bezieht sich auf das Jahr 2008 – und in jenem Jahr zahlte Gegenbauer die 300.000 Euro noch alleine. Erst im Jahr 2009 wurde der Betrag aufgeteilt. Der Sponsoringbericht war also richtig – und ich versuchte, den Fehler zu rekonstruieren. Offenbar hatte ich bei dem ersten Telefonat einfach nicht gut genug aufgepasst und nicht noch einmal explizit nachgefragt, ab welchem Jahr die anderen Sponsoren sich beteiligten. Bei dem Telefonat mit der Deutschen Kreditbank war das auch kein Thema. Und auch den Sprechern der beiden Senatsverwaltungen war nicht aufgefallen, dass es sich da um unterschiedliche Jahre handelte (sie hatten nicht erst langwierig bei den Zuständigen in ihrer Verwaltung angefragt, sonden die Fragen gleich aus dem Bauch heraus beantwortet – ein übliches Verfahren, mit dem die Sprecher auf den von den Journalisten gesetzten Termindruck reagieren). Ich will da auch gar keine Verantwortung auf andere Leute abwälzen: Ich selbst hätte das unbedingt bemerken müssen. Ziemlich blöder Fehler. Im Nachhinein frage ich mich, wie ich das übersehen konnte, und kann darüber nur den Kopf schütteln.
Aus dem online stehenden Artikel habe ich dann die falschen Teile herausgestrichen und den letzten Absatz durch folgenden Hinweis ersetzt:
Korrektur: In Artikel hieß es zuerst, in dem Sponsoring-Bericht sei auch ein Fehler enthalten. In dem Bericht sei der Eigentümer der Unternehmensgruppe Gegenbauer mit einer Spende von 300.000 Euro für ein Sommercamp für Hauptschüler genannt, obwohl tatsächlich nur 100.000 von ihm kamen und der Rest von der Stiftung der Deutschen Kreditbank und von der Beck’schen Stiftung. Richtig ist: Im Jahr 2008, auf den sich der Bericht bezieht, kamen die 300.000 Euro von Gegenbauer. Der Sponsoringbericht ist daher korrekt. Erst im Jahr 2009 wurde die Summe zwischen den drei Sponsoren aufgeteilt. HEI
Auch in der gedruckten taz erschien am Freitag eine entsprechende Richtigstellung. Viele Medien vermeiden es ja, Fehler einzugestehen – weil sie glauben, dass dann ihr Nimbus der Unfehlbarkeit dahin sei. Ich glaube, dass das Gegenteil richtig ist: Auch die Leser wissen, dass Journalisten Menschen sind und sich Fehler nie ganz vermeiden lassen. Meiner Ansicht nach erhöht es da die Glaubwürdigkeit einer Zeitung, wenn sie Fehler auch eingesteht, anstatt sie unter den Teppich zu kehren.
[…] 30. Juli: Der Sponsoringbericht des Berliner Senats erscheint und ich behaupte in meinem Artikel, der Bericht enthalte einen gravierenden Fehler. Tatsächlich ist der Bericht korrekt. Ich hatte schlicht nicht gut genug aufgepasst und bei der Recherche einige Jahreszahlen durcheinandergebracht. […]