vonhausblog 28.08.2017

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Im März 2016 titelte die taz mit Herzen, die sich der Frage widmeten, ob Linke Merkel gut finden dürfen. Jetzt hat die Kanzlerin ihr erstes taz-Interview gegeben.

Die Kanzler und die taz-Interviews – das ist immer eine verzwackte Sache gewesen. Helmut Kohl hatte sowieso nie die Absicht, dieser Zeitung ein Interview zu geben, die er nach eigenem Bekunden nie gelesen hat. Erst fünf Jahre nach seiner Abwahl, im September 2003, ließ sich Kohl vom damaligen Chefredakteur der BILD, Kai Diekmann, für die Feindes-taz interviewen: Zum 25. Jubiläum hatte die taz politischen Gegnern ihre Seiten überlassen, Diekmann brachte zum Geburtstag das Kohl-Interview ins Rudi-Dutschke-Haus mit und titelte: „Heute gibt’s Kohl“ (und hier geht’s zum PDF des Interviews).

Gerhard Schröders Verhältnis zur taz war anfangs mitunter eng. Im taz-Archiv findet sich ein Interview von 1983 (PDF). Schröder war damals ehrgeiziger SPD-Bezirkschef von Hannover, in den Fragen wird er gleich mehrfach geduzt. („taz: Noch vor einem dreiviertel Jahr hast du gesagt, 1986 noch nicht, sondern erst 1990 würdest du kandidieren. Wieso hast du deinen ‚persönlichen Zeitplan‘ geändert?“).

Mit Merkel ließ es sich gut an

In seiner Zeit als niedersächsischer Ministerpräsident waren taz-Interviews normal, in denen es zum Beispiel um den Atomausstieg ging. Doch als Rot-Grün dann in Bonn regierte, war Schluss. In Schröders quotenorientierte Medienstrategie „Bild, BamS und Glotze“ passte die taz nicht rein. Immerhin einmal, 1999, moderierte Georg Blume, der damalige China-Korrespondent der taz, eine Diskussion mit Schröder und sechs chinesischen Intellektuellen. Die gekürzte Fassung der Runde in der Stadtbibliothek von Shanghai dokumentierte die taz auf ihren Seiten.

Mit Angela Merkel ließ es sich eigentlich gut an. Im März 1991, kurz nachdem sie Bundesfrauenministerin geworden war, führte sie ein ausführliches Gespräch (PDF). „Neue Kohl-Dame aus dem Osten“, schrieb die taz über den Biokasten daneben. Es folgten weitere Interviews als Frauenministerin und eines als Umweltministerin kurz vor der UNO-Klimakonferenz 1995 in Berlin. Aber das war’s dann erstmal. Sie wurde CDU-Generalsekretärin, sie wurde Parteivorsitzende, sie wurde Fraktionschefin im Bundestag: bloß kein Termin mit der taz.

Das galt auch ab Herbst 2005, als sie (taz: „Es ist ein Mädchen“) ins Kanzleramt einzog. Einmal äußerte sie sich in einem Gastbeitrag am 8. März 2011 in der taz. Zum 100. Frauentag hatte die Redaktion 100 Frauen gebeten, aufzuschreiben, was sie sich wünschen.

Bis Merkel sich auf einen Interviewtermin mit der taz einließ, mussten erst 17 Jahre als Parteivorsitzende und zwölf Jahre als Bundeskanzlerin vergehen. Das Gespräch am vergangenen Donnerstag um 10 Uhr in ihrem Arbeitszimmer im Kanzleramt war also eine Premiere. Darin spricht Merkel über ihren drastischsten Satz aus der Flüchtlingsdebatte („…, dann ist das nicht mein Land“), Liebesbekundungen von Links, den Diesel-Skandal und so auffällig viel und offen über die Grünen wie noch nie in diesem Jahr.

Titelfoto: Angela Merkel mit taz-Chefredakteur Georg Löwisch und Anja Maier, taz-Korrespondentin im Parlamentsbüro; Foto: Anja Weber

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