Zum von der UN 2012 ausgerufenen internationalen Jahr der Genossenschaften und zum 20. Geburtstag der taz-Genossenschaft im kommenden April ist soeben das Buch „Gewinn für alle – Genossenschaften als Wirtschaftsmodell der Zukunft“ erschienen. Neben dem aktuellen Boom an neuen Genossenschaften beleuchtet der von Konny Gellenbeck herausgegebene Band auch die Geschichte der solidarischen Ökonomie und die Zukunft des genossenschaftlichen Gedankens im Internet (Social Web) und für die Verwaltung von Gemeingütern (Commons). „Gewinn für alle“ ist im Westend-Verlag erschienen, eine Sonderausgabe für die taz-Genossenschaft ist ab sofort im taz-Shop erhältlich. Im folgenden ein kurzer Auszug aus der Einleitung des Buchs:
„Noch in den 1980er Jahren galten Genossenschaften in Deutschland als verstaubtes Relikt vergangener Zeiten und ihre Prinzipien allenfalls als Gegenstand historischer Seminare zumThema frühsozialistische Utopien. Im Westen standen sie im Zuge des Kalten Kriegs zudem tendenziell unter dem ideologischen Verdacht kommunistischer Misswirtschaft, so dass in der Bundesrepublik – außer einigen Wohnungsbaugenossenschaf- ten in den 1950er Jahren – kaum noch neue Genossenschaften gegründet wurden. Dies hat sich jedoch in jüngerer Zeit drastisch geändert: »Das Modell Genossenschaft ist erfolgreicher denn je und erobert immer neue Bereiche« beschrieb die Financial Times Deutschland im Oktober 2011 den neuen Boom an Genossenschaften, deren Neueintragungen sich in Deutschland von elf im Jahr 2005 auf 253 im Jahr 2011 nahezu verzwanzigfacht haben. Die Gründe dafür liegen neben praktischen Erwägungen über die Vorteile einer kooperativen Unternehmensform vor allem auch darin, dass die von Privatisierung, Neoliberalismus und deregulierten Finanzmärkten heraufbeschworenen Krisen zu einer Renaissance von Werten wie gesellschaftlicher Verantwortung, Nachhaltigkeit und Gemeinwohl geführt haben. Und zu einer Wiederentdeckung jener klassischen Form der Gemeinschaftsunternehmung, der Genossenschaft, die beides unter einen Hut bringt: Wirtschaftlichkeit und gesellschaftliche Verantwortung.
Genossenschaften haben ihren schlechten Ruf in Sachen Ökonomie abgeschüttelt, der ihnen vor allem aus der Unwirtschaftlichkeit der staatlichen Zwangskollektivierungen in den ehemaligen sozialistischen Ländern zugewachsen war. Diese Zwangsgenossenschaften konnten nur in einem System überleben, das sie vor der Konkurrenz mit effizienteren Wettbewerbern schützte – die heutigen Genossenschaften indessen werden gegründet, weil sie im marktwirtschaftlichen Wettbewerb eine bessere, nachhaltigere Position eröffnen. Denn Genossenschaftsmitglieder behalten einerseits ihre Selbständigkeit und Handlungsfreiheit, gewinnen aber andererseits Vorteile hinzu durch die Förderung des Verbunds und die auf viele Schultern verteilten Lasten. Dass viele schaffen können, was der einzelne nie erreichen kann – dieses uralte Prinzip hat schon in der Antike zu Kooperativen und Gemeinschaftsbildungen geführt, später zu den Zünften und Gilden des Mittelalters und heute zu einem Boom von neuen Genossenschaften in einem hochindustrialisierten und auf den Weltmärkten konkurrierenden Land wie Deutschland. Warum das so ist, was Genossenschaften auszeichnet, wie sie funktionieren und warum diese alte Idee das Zukunftsmodell einer sozialen, werteorientierten Marktwirtschaft darstellt – diesen Fragen werden wir in diesem Buch nachgehen.“
Konny Gellenbeck (Hrsg.) „Gewinn für alle – Genossenschaften als Wirtschaftsmodell der Zukunft“ – mit Beiträgen von Mathias Bröckers, Imma Harms, Silke Helfrich, Helmut Höge, Aline Lüllmann, Arndt Neumann, Jacques Paysan, Michael Sontheimer und Andreas Wieg.
250 Seiten, Sonderausgabe zum Sonderpreis von 8,50 Euro (statt 12,99 Euro) exklusiv im taz-Shop
Wird gekauft, danke für den Artikel!
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