La diaria – das bedeutet übersetzt “Die Tageszeitung”. Und nicht nur in dieser Hinsicht gibt es viele Ähnlichkeiten zwischen La diaria und der taz. Die alternative, unabhängige Zeitung mit Sitz in Montevideo, der Hauptstadt des südamerikanischen Uruguay, ist allerdings in den wenigen Jahren ihres Bestehens zur zweitgrößten Zeitung des Landes geworden: Übertrüge man ihre Auflage von rund 7.400 Exemplaren auf deutsche Verhältnisse, dann würde die taz täglich 170.000 Exemplare verkaufen (tatsächlich sind es gut 53.000 Exemplare).
La Diaria hat jedoch in der Alltagssprache auch noch eine andere Bedeutung, nämlich “das tägliche Auskommen”. Und das ist für die MacherInnen der Zeitung trotz des beeindruckenden Erfolges manchmal ein Problem. Im Gegensatz zur konservativen Konkurrenz kann sie viel weniger staatliche und private Anzeigen verbuchen. Auch am Kiosk ist La diaria nicht präsent – obwohl die Zeitung gerade dort mit ihren originellen Überschriften punkten könnte: Weil das Vertriebssystem in Uruguay monopolistisch organisiert ist und einen sehr hohen Teil des Verkaufspreises einbehält, hat sich La diaria einfach ausgeklinkt. Die Zeitung gibt es nur im Abonnement und wird von eigenen Austrägern per Motorrad verteilt. Punkten kann La diaria dafür in Bezug auf die Leser-Blatt-Bindung. Ihr ist es gelungen, insbesondere die jüngere Leserschaft zu gewinnen, also Männer und Frauen, die frühestens in den neunziger Jahren sozialisiert wurden. Sie verstehen sich als unideologisch und doch politisch, sie schätzen die undogmatisch-linke Ausrichtung des Blattes, das auf Leitartikel und Kommentarseite verzichtet. Die Zeitung hat sich vom klassisch linken, männlich geprägten Journalismus mit seinen Manifesten verabschiedet, stattdessen ist die 35-köpfige Redaktion nahezu paritätisch besetzt, drei von acht Ressorts werden von Frauen geleitet. Und das in einem Land, das noch immer vorwiegend von alten Männern regiert wird.
Frauenthemen, Umweltthemen, große Sonderbeilagen zu Klimawandel, Energie, Wasser aber auch Rockmusik und Fußball – dazu eine eigenwillige Ästhetik der klaren Form mit großen Schwarz-Weiß-Fotos, eine ungewöhnliche, von Witz geprägte Sprache. La diaria hat die Konkurrenz überrundet, die linksliberale La República und das Wirtschaftsblatt El Observador wurden zudem von Investoren aus Brasilien und Argentinien übernommen. Vor der Nase hat das Nachwuchsblatt nun nur noch die altbackene El Pais – und all dies wäre nicht möglich gewesen ohne das Prinzip der Solidarität.
Die ersten gebrauchten PCs der Redaktion in Montevideo stammten aus skandinavischen Spenden. Das Startkapital stellten seinerzeit vierzig “Aktionäre” zur Verfügung, darunter die bekannten Autoren Eduardo Galeano und Mario Benedetti. Von Beginn an waren sich die Macherinnen und Macher von La diaria einig, dass eine Versammlung der Mitarbeitenden die wichtigen Entscheidungen über die Zeitung treffen muss – aus der festen Überzeugung heraus, dass die Linke die Art von sozialen Beziehungen pflegen muss, die sie für die gesamte Gesellschaft vorschlägt. Die Generalversammlung der Genossenschaft ist nun die höchste Autorität des Unternehmens – sie wählt den Vorstand, kann ihn wieder absetzen. Die Zeitung ist eine Produktionsgenossenschaft, in der nur Personen Mitglied sein können, die auch für La diaria arbeiten – und alle bekommen das gleiche Gehalt, es sei denn, sie übernehmen Aufgaben mit besonderer Verantwortung.
Gegründet wurde die Genossenschaft im Jahr 2010 mit 26 Mitgliedern. Das Kapital der Genossenschaft besteht aus Schulden gegenüber den Mitgliedern, also den MitarbeiterInnen – es sind nicht ausgezahlte Löhne der ersten Jahre von La diaria. Das bedeutet: Es steht gar kein eigentliches Geld zur Verfügung, La diaria ist Eigentum ihrer selbst. Seit eineinhalb Jahren nun kann die Genossenschaft die Balance zwischen Einnahmen und Ausgaben halten. Sie kann die Zinsen für ihre Schulden bezahlen, die Schulden aber nicht reduzieren. Die Lage des so erfolgreichen Projekts bleibt daher weiterhin prekär. Kapital wird dringend benötigt, um weitere journalistische Projekte anzustoßen: Eine monatliche Zeitschrift, Ausbildungskurse für junge Journalisten, der Ausbau des Online-Angebots und eine eigene Fernsehsendung – das sind die derzeitigen Träume der MacherInnen von La diaria.
Von einem eigenen Korrespondentennetzwerk, auf das die taz sehr stolz ist, wagt man in Montevideo derzeit noch nicht einmal zu träumen. Stattdessen versucht man sich konkret darauf zu konzentrieren, endlich das Redaktionsgebäude zu kaufen: Die monatlichen Mietkosten würden wegfallen und die Immobilie wäre eine wichtige Basis, um Kredite aufnehmen zu können. Schließlich hat der Cousine aus Berlin die eigene Immobilie in der Rudi-Dutschke-Straße schon mehr als einmal den Hintern gerettet.
Machen Sie mit, überweisen Sie Ihren Unterstützungsbeitrag auf folgendes Konto: GLS Gemeinschaftsbank, BLZ 430 609 67, Konto-Nr. 80 20 47 74 00; Kontoinhaber taz Verlagsgenossenschaft eG; Stichwort: Genointernational. Das Geld, das bis zum 15. September eingeht, werden wir zu gleichen Teilen an die vier Genossenschaften von La diaria, BirGün, Fria Tidningen und Kulturni noviny geben.
[…] nannte La diaria mal die “Cousine aus Uruguay” und unterstützte die Zeitung mit einer Soli-Kampagne. Gerade erschien in der taz ein Text von Marcelo Pereira, Meinungsredakteur bei La diaria, der die […]