vontazlab 09.04.2011

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Von Dominik Mai

Ranga Yogeshwar. Foto: Fiona Krakenbürger
Ranga Yogeshwar. Foto: Fiona Krakenbürger
Seit dem schweren Atomunglück in Fukushima gilt Ranga Yogeshwar als “ARD-Krisenmoderator”, “Ein-Mann-Kompetenzzentrum” und ist “der gefragteste Atomexperte”. Dabei will er gar nicht so im Rampenlicht sehen, sagt er. Dem Diplomphysiker geht es vielmehr um die Sache an sich, von Hysterie hält er nichts.

Was haben deutsche Medien nach der Japan-Katastrophe richtig, was falsch gemacht?

Nach dem Unglück in Fukushima gab es gute und schlechte Berichterstattung. Pauschal könnte man vielleicht sagen, dass nicht-visuelle Medien besser berichtet haben. Das Fernsehen hat sehr viele Bilder gezeigt, Fakten sind da manchmal untergegangen. Im Hörfunk gab es einige exzellente Berichte.

Wie sind Online-Medien mit der Katastrophe umgegangen?

Manche Redaktionen haben zu wenig nachgedacht. Leider geht es im Netz oft darum, “fast and dirty” Inhalte zu vermitteln. Zeit für tiefgründige Recherchen fehlt, Agenturmeldungen werden unreflektiert übernommen. Teilweise liegt das auch daran, dass es zu wenig Mitarbeiter gibt. Bei manchen Livetickern über Fukushima hatte ich den Eindruck, dass die Medien ständig die Hoffnung haben, dass es noch schlimmer wird. Denn was zählt, sind Klicks. Es gibt eine gewisse mediale Überhitzung: Vieles dreht sich darum, möglichst schnell sein zu wollen. Journalisten sollten sich nicht von dem beeinflussen lassen, was andere Medien machen. Sie sollten lieber in Ruhe reflektieren. Ich habe mich öfters gefragt, warum Journalisten die Möglichkeiten, die ihnen Onlinerecherche ermöglicht, nicht nutzen.

Was ist Ihnen wichtig, wenn Sie über Japan sprechen?

Journalisten sollte nach bestimmten Grundsätzen arbeiten. Viele Medien orientieren sich am Zuschauer. Ich denke anders – ich möchte Orientierungshilfe geben. Das ist eine komplett andere Auffassung. Ich bin kein Freund von Hysterie. Denn: Wenn ich in drei Monaten zurückblicke, muss ich sagen können, dass ich nicht unter-, aber auch nicht übertrieben habe. Das heißt, es ist Vorsicht geboten. Gerade nach Fukushima wurde viel behauptet und spekuliert, Fakten haben manchmal gefehlt. Die journalistische Sorgfaltspflicht darf nicht leiden – sonst verlieren Medien an Glaubwürdigkeit. Ich bin überzeugt: Fakten halten Medien am Laufen.

In wenigen Wochen wird über Japan und den Super-GAU nicht mehr viel zu lesen sein. Was können Medien jetzt leisten? Was müssen sie leisten?

Was wir jetzt nicht brauchen können, sind Menschen, die polemisch und aus wahlkampftaktischen Gründen irgendetwas fordern. Dazu können sich auch Medien positionieren. Wir brauchen Menschen, die gut und realistisch, aber vor allem langfristig nachdenken. Die Frage jetzt muss sein: Wie viel Geld wollen wir in den Umbau des Energiesystems stecken? Das ist eine mediale Herausforderung. Wir als Medien haben jetzt die große Chance, eine Diskussion über den Energiewandel anzufangen. In der momentanen Diskussion ist oft zu hören, dass erneuerbare Energien zu teuer seien. Doch man muss bedenken: Auch die Auseinandersetzungen, wie beispielsweise in Libyen, sind eng mit dem Thema Energie verknüpft. Bei diesen Kriegen geht es um Rohstoffe, um Öl. Zählt man all diese Kosten zusammen, ergibt sich ein ganz anderes Bild. Einige Jahre wird es dauern, bis eine Energiewende kommt. Doch irgendwann wird es sich finanziell rechnen.

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