Eine Studie untersucht die mediale Darstellung von Nicht-Deutschen. Ihr Befunde sind erstaunlich und bedenklich gleichermaßen.
Die „linksgrün verseuchten Systemmedien“ verheimlichen die Straftaten von Geflüchteten, so ein gängiger Vorwurf rechtspopulistischer Kreise gegenüber Pressevertreter*innen, Stichwort: „Lügenpresse“. Eine Studie zur Berichterstattung über Nicht-Deutsche der Medienfachhochschule Macromedia Berlin in Zusammenarbeit mit der Freiwilligen Selbstkontrolle Fernsehen und dem Kriminologischen Forschungsinstitut Niedersachsen, kommt nun zu einem anderen Schluss.
„Willkommenskultur war gestern“ überschreibt die Hochschule ihre Pressemitteilung zu den Ergebnissen der Studie. Ein Team unter Leitung von Prof. Dr. Thomas Hestermann untersuchte im Zeitraum von Januar bis April 2017 insgesamt 238 Artikel der überregionalen Ausgaben von Süddeutscher Zeitung, Frankfurter Allgemeine, Bild und auch der taz sowie 67 TV-Beiträge verschiedener Fernsehsender.
Ihr Resümee
Die deutsche Medienlandschaft stellt Nicht-Deutsche auffällig und überproportional oft als Straftäter*innen dar. Die faktisch wachsende Gewalt gegenüber Migrant*innen und Asylsuchenden wird hingegen zu wenig thematisiert. Auffällig war auch, wie selten die Geflüchteten in den Beiträgen als Gesprächspartner*innen zu Wort kommen.
„Die deutschen Medien haben den gewalttätigen Einwanderer als Angstfigur neu entdeckt“, kommentiert Thomas Hestermann für Medienmagazin journalist die Befunde, das in seiner Augustausgabe weitere Details der Studie vorstellt. Trauriger Spitzenreiter im Hinblick auf diesen verzerrten Blick ist – wenig überraschend – die Bild. In 64,3% der untersuchten Berichte über Nicht-Deutsche in dem Boulevardblatt wurden diese verdächtig, eine Straftat begangen zu haben. Bei Süddeutsche Zeitung (39,5 Prozent) und Frankfurter Allgemeine Zeitung (38,2 Prozent) liegt der Wert immer noch erstaunlich hoch. Mit 18,6 Prozent bleibt die taz in der Studie auf Abstand zum Rest der untersuchten Medien.
Und auch die untersuchten Fernsehbeiträge kreisten zu 52,2 Prozent um das Thema Kriminalität. Damit hat sich der Anteil entsprechender Beiträge im Fernsehen vervierfacht – während der Anteil nicht-deutscher Tatverdächtiger in der Kriminalitätsstatistik de facto nur um ein Drittel gestiegen ist.
Ein Trend mit Folgen
Damit widersprechen die Ergebnisse nicht nur der Grollpropaganda von Rechtspopulisten, sondern legen sogar nahe, dass es sich gegensätzlich verhält. Anstatt des unterstellten wohlwollenden Blicks, pflegt die deutsche Medienlandschaft eine ins Negative verzerrte Perspektive auf nicht-deutsche Menschen. „Das führt zu einem verzerrten Bild und kann Vorurteile in der Bevölkerung anheizen“, warnt Thomas Hestermann.
Ein wichtiger Punkt: Denn gerade im Hinblick auf die Berichterstattung über Geflüchtete und damit Menschen, die ohnehin bereits unter zahlreichen Formen der Diskriminierung leiden, müssen Medienschaffende ihre Verantwortung, gefühlte Wahrheiten nicht zu reproduzieren, sondern die Bevölkerung aufzuklären und zu differenzieren, sehr ernst nehmen. Anstatt lediglich den kurzfristigen Mechanismen der Aufmerksamkeitsökonomie zu genügen, sollten sie insbesondere die langfristigen Folgen ihrer Arbeit reflektieren. Und: Sie müssen, um Asylsuchende in einem weniger problematischen Licht darzustellen keinesfalls verharmlosen, sondern lediglich getreu den Fakten berichten.
Bild: dpa