Als Veteranen sind wir in diesem Blog, wo viele Autoren jünger sind als die ganze taz, u.a. ja auch für die Prähistorie, die Steinzeit, die Klassik zuständig. Und da gibt es Erfreuliches zu melden, ein Pfundstück, mindestens 2,5 Kilo schwer, bei dessen Ansicht wir stundenlang aus dem Kichern nicht mehr herauskamen. Ok, wer wie wir seit 30 Jahren auf dem Balkon steht und die alternative Muppetshow in Kreuzberg kommentiert, kann wahrscheinlich nicht anders – denn die Werkausgabe von Gerhard Seyfried ist einfach DIE komische, karrikaturistische, künstlerische Chronik dieser Jahrzehnte. Aber, was die Themen betrifft, immer noch äußerst aktuell, wie dieses Beispiel zeigt.
Wie Seyfried bei der Präsentation seiner Werkschau im tazcafé bekundete – hier eine Videoaufzeichnung – stammt die Zeichnung aus seiner Frühzeit, als er noch keine Hände und Füße zeichnen konnte – thematisch war und ist der Cartoon aber genau auf dem Punkt. Wie vieles in diesem Buch.
Zu diesem Ausschnitt – aus einem Kriegsgemälde von Seyfried zum 8. taz-Geburtstag – muß allerdings gesagt werden: so geht es heute bei tazzens nicht mehr zu. Und manchmal, wenn wir jetzt durch die ruhigen, gepflegten und wohlausgestatteten Nichtraucher-Büros der Rudi-Dutschke-Straße tapern, und all diese ruhigen, gepflegten, professionellen Mitarbeiter sehen, die geschäftig irgendwelchem Tagwerk nachgehen, ja, dann beschleicht uns der Gedanke, dass das Chaos, der Streit, der Siff – die manchmal wirklich unerträglich waren – irgendwie doch unverzichtbare Ingredienzien darstellten. Und dass es heute einfach zu geordnet, zu sauber, zu „professionell“ zugeht, als dass noch irgendetwas wirklich wachsen, ko-evolvieren, könnte. Es fehlt an Kompost und an Mist. Immerhin: für den ebenfalls unverzichtbaren Kicherfaktor sorgt jetzt die taz-Aboabteilung – und schenkt jedem, der zu Weihnachten 10 Wochen taz verschenkt, den volumniösen Seyfried-Band dazu.
na gut, weil ihr´s seid:
1.) „ist seinem Muster nach antisemitisch. Die primitiven Reime der „Höheren Finanzmathematik“ sind ein Musterbeispiel für jenen strukturellen Antisemitismus“
gugelt das, dann findet ihr die quelle. des „strukturellen antisemitismusbeweises“ (von tucholsky, dem tucholskyverschnitt und s.o. auch von ossietzky. ist höhere analysemathematik, viel zu hoch für uns.)
2.) verursacht wurde der „DRETTERBUDE“-Text von – wie beschrieben – eben einer kleinen drehenden bakterie. oder sagen wir, das bakterium hatte den text nötig gemacht. genauer: es handelte sich um ein weiterleitungs-bakterium. es hatte durch den befall eines – studentischen – individuums – zur weiterleitung eines für ein Tucholsky-werkchen gehaltenen gedichts – an eine studentische OSI-mailingliste geführt. eines gedichts, das von dkp-anhängern [wie vermutet wird] auf diversen bloqs gepostet worden war (über 300 in kürzester zeit). längst, nachdem die tucho-ente schon zeitungsweit bekanntheitsgrad hatte – was das studentum aber nicht wußte. kurzum: es bewies, daß auch in dahlem zumindest bei den osianern (zumindest denen vom 3. stock, die vom 2. sagen, auf sie träfe das nicht zu) nicht allzuviel tucholsky gelesen wird. denn so blödsinnig der „strukturelle antisemitismus“ angesichts der wortdirektheit eines Ossietzky ist – daß das gedicht für tucho ein wenig „unüblich“ ist, hätte das bakteriumtragende studentum schon noch erkennen können, aber der wunsch war hier schneller als der gedanke. und so landete das teil mit einem „hurra, tucho hat´s auch schon gesagt!“ selbst auf osi. tja, traurig.
3.) der „Hefteziegel“ ist nicht „WeimarerBeiträge“ und DRETTERBUDE wird so ein Text bestimmt heißen, wenn WB was mit Weimar wäre. (das nur an die Kleinen.)
4.) Details, wie lange die Migräne angedauert hat, sind keine bekannt.