vonhausblog 23.05.2017

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Wie sollten Medien mit der AfD umgehen? Die taz-Inlandsredakteurin Sabine am Orde mit fünf Gedanken zur journalistischen Arbeit am Berichtsobjekt AfD – anlässlich der taz-Sonderausgabe zu 50 Jahre Gegenöffentlichkeit: taz.gegen den strom

Als Journalistin über die AfD zu schreiben, die für sich selbst beansprucht, Teil von Gegenöffentlichkeit zu sein, ist anders, als über andere Parteien zu berichten. Da sind Politik und Ziele der AfD, die die weltoffene Gesellschaft angreifen und den demokratischen Rechtsstaat, in dem wir leben, gefährden können.

Da ist zudem der mitunter schwierige direkte Umgang mit der Partei, ihren Funktionär*innen und Anhänger*innen. Und die Gefahr, als Journalistin das Geschäft der Rechtspopulisten zu betreiben. Wie also über die Partei berichten? Fünf Gedanken.

1. Keine Pauschalurteile

Man muss die Inhalte der AfD nicht mögen, aber sie füllt eine Lücke, die am rechten Rand des demokratischen Parteienspektrums entstanden ist. Weder die Mitglieder noch die Wähler*innen sind alle Rassist*­innen oder gar Rechtsextreme. Manche von ihnen wünschen sich schlicht die schwarz-weiße Welt der Kohl’schen CDU zurück, sie haben das Recht auf eine politische Repräsentanz. Aber es gibt völkische und rechtsextreme Positionen in der AfD, Funktionär*innen und Anhänger*innen, die sich an oder jenseits der Grenze des Zulässigen bewegen, die Teil von Netzwerken weit ins rechtsextreme Lager sind. Und sie werden mehr.

Das muss gut recherchiert und präzise beschrieben werden, Pauschalisierungen sind fehl am Platz. Sie helfen weder, die AfD und ihre Anhänger*innen zu begreifen, noch bringen sie diese dazu, über ihre Entscheidung nachzudenken. Stattdessen bestätigen sie ihre Vorurteile gegen Medien und das Gefühl, mal wieder Opfer zu sein.

2. Sachlich bleiben

Die taz hat jüngst die beiden Spitzenkandidat*innen der AfD auf der Titelseite als „Das Ekelpaket“ bezeichnet, ein Teil der Redaktion und der Leser*innen mag das angemessen oder witzig finden. Es bleibt aber eine persönliche Diffamierung unter der Gürtellinie, die nichts zu einer inhaltlichen Auseinandersetzung mit der AfD beiträgt. Darum aber sollte es gehen.

3. Klug sortieren

Für die AfD ist Provokation ein zentrales Mittel, um Aufmerksamkeit und Berichterstattung zu generieren, das hat die Parteispitze in einem Strategiepapier selbst so formuliert. Für Journalist*innen ist das ein Dilemma: Berichten sie, spielen sie das Spiel der AfD mit. Aber deshalb nicht schreiben? Journalist*innen sollten hier tun, was sie immer tun sollten: Sorgsam abwägen, was berichtenswert ist und was nicht. Billige Provokationen sind das eher nicht, Tabubrüche wie Höckes Forderung einer „180-Grad-Wende in der Erinnerungskultur“ oder Petrys Überlegung, an der Grenze auf Flüchtlinge zu schießen, schon eher.

4. Genau hinsehen

Die AfD benennt auch gesellschaftliche Probleme, die es wirklich gibt und die einen Teil der Bevölkerung umtreiben. Die Profillosigkeit mancher Parteien. Der Sexismus mancher Migrant*innen. Die schlechten Aussichten mancher Flüchtlinge auf dem Arbeitsmarkt. Probleme bei der Inklusion. Haben wir diese und andere Probleme deutlich genug benannt? Oder manchmal aus Sorge, es könnte die Situation weiter verschlimmern, einen Teil der Realität ausgeblendet? Und damit Platz gelassen für die einfachen Antworten der Rechtspopulist*innen? Es hilft alles nichts: Wir müssen dahin schauen, wo es wehtut. Und zwar ganz genau.

5. Haltung zeigen

Sachlich zu berichten aber heißt nicht, dies ohne Haltung zu tun. Diese kann sich in der Auswahl der konkreten Themen und ihrer Einordnung niederschlagen, in hartnäckiger Recherche oder der Auswahl von Gesprächspartner*innen. Die eigene Meinung aber kann man sich getrost für den Kommentar aufsparen.

Sabine am Orde, Inlandsredakteurin der taz

Hintergrund: Am 2. Juni 1967 starb der Student Benno Ohnesorg, erschossen von einem Polizisten am Rande einer Demonstration in Berlin. Dies markiert den Beginn einer Debatte über „Gegenöffentlichkeit“, über Medien, über Wahrheit und Lüge, oder wie heute formuliert: über Fake News und alternative Fakten. Die Sonderausgabe taz.gegen den strom – ab 24. Mai 2017 auf 32 Seiten und auf www.taz.de/gegenoeffentlichkeit

 

Bild: reuters

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