1.000 Bar für die taz: Dem schwierigen Baugrund sei Dank wurde die Baustelle des taz Neubaus nun auch zum Paradies für Bautaucher.
„Bohrt ihr da eigentlich nach Öl?“ Besorgter Sarkasmus schwingt in den Fragen nach dem Fortschritt bei der Fertigstellung der Baugrube für den taz Neubau mit. Die Blicke durch das Auge der unerbittlich alle 15 Minuten das Geschehen aufzeichnenden Bauwebcam zeigen seit Monaten die gleichen Bilder. Bagger häufen Haufen und tragen sie wieder ab. Riesige Bohrmaschinen bohren irgendetwas, fahren weg, kommen wieder. Der sichtbare Grundwasserspiegel steigt, fällt, steigt, fällt. Zuletzt schwammen auch noch Boote in der Baugrube.
Die taz baut auf bewegtem Gelände. Es sei eine „Faulschlamminsel“, befanden die Forscher der Internationalen Bauausstellung Mitte der 1980er Jahre, die am besten in einen renaturierten Friedrichs-Kolk (eine Art Tümpel) zu verwandeln sei. Aber darin steckten die Fundamente von Gebäuden, Zeugen der emsigen Bautätigkeit mehrerer Generationen, direkt neben der seit den 1920er Jahren auf ungezählten Pfählen durch den Torf geführten U-Bahn Linie 6.
In der Mitte der Baugrube ist ein zweites Tiefgeschoss für den taz Neubau vorgesehen, das Platz für aufwändige Lüftungsaggregate und den Tank für die Sprinkleranlage bieten wird. Eine Spundwand schottet diesen Trog gegen den Rest der Grube ab, das Grundwasser wird mit Pumpen auf die geplante Höhe gepegelt. 38 bis zu 20 Meter lange Pfähle mussten allein in diesen Teil in den unsicheren Grund gebohrt werden.
Mit Sonaraufnahmen gegen trübe Suppe
Doch dieses Arrangement mussten wohl schon andere vor uns an der selben Stelle treffen. 63 Jahrhunderte alte Eichenpfähle fanden sich im Grund und verdichteten das Gelände derart, dass keine Baggerschaufel mehr hindurch passte. Was tun?
Hier kamen Sami Schneider und seine Kollegen von Aquanautik ins Spiel. Sie sind Taucher für Bautätigkeiten, die unter Wasser stattfinden müssen. Ihr Auftrag: die Eichenpfähle kappen und die Grube soweit säubern, dass eine wasserdichte Unterwasserbetonsohle eingebracht werden kann.
In Körben schwimmend und mit Booten werden Gerät und Taucher positioniert, mit Sonar das trübe Element durchleuchtet. Mit einem scharfen Wasserstrahl, der mit bis zu 1.000 Bar Druck aus langen stählernen Lanzen schießt, wird Pfahl um Pfahl durchtrennt, mit rund 400 Bar der Rest des Trogs vom Schlamm befreit.
Am vergangenen Donnerstag, 30. Juni 2016, kam die erlösende Nachricht: Alles ist raus, nun kann mit dem Unterwasserbetonieren begonnen werden. Die Tage der Grube sind nach mehr als einem guten halben Jahr gezählt. In ein paar Wochen wird mit dem Errichten des Rohbaus begonnen. Öl oder Ähnliches haben wir nicht gefunden. Mit dem Holz überlegen wir uns was.
ANDREAS BULL ist Geschäftsführer der taz und beaufsichtigt mit taz-Geschäftsführer Kalle Ruch den Bau des neuen taz Hauses.
Titelbild: Bautaucher Sami Schneider bereitet sich zum Abtauchen in den Kreuzberger Sumpf vor; alle Fotos: taz
Ich beobachte die Baustelle täglich von Anfang an und habe mich auch schon gefragt, ob Öl oder Gas gefunden wurden. Zeitweise sah es auch so aus, als hättet Ihr demnächst ein Schwimmbad im Keller. Ich finde solche Bilderfolgen spannend. Nun sehe ich, dass die Finanzierung mit 6.9 Mio€ steht. – War der von euch beschriebene Aufwand eigentlich monetär genau so eingeplant und seid Ihr im Zeitplan?