vonHelmut Höge 13.09.2006

Hier spricht der Aushilfshausmeister!

Helmut Höge, taz-Kolumnist und Aushilfshausmeister, bloggt aus dem Biotop, dem die tägliche taz entspringt.

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Der Aushilfshausmeister in Golfvereinen heißt meistens Green-Keeper. Aber warum heißen die populären deutschen Autos eigentlich nicht “Riester”, “Hartz” oder wenigstens “Zwickel”, sondern: “Fiesta”, “Polo, “Golf…”? Bleiben wir beim Volkswagen/sport Golf: Im Sonderheft der Zeitschrift Holiday, die in allen gutsortierten proletarischen Amaretto-Kneipen ausliegt, wird das militärdiktatorisch regierte Burma als “Golf-Traumland” vorgestellt: Es gibt mehr als fünf Plätze allein in Rangoon, Wartezeiten sind dort unbekannt, und Caddy-Girls in hübschen Uniformen legen einem ihre Bälle vor die Füße.

Wir hatten seinerzeit schon ein schlechtes Gewissen, als wir einer Einladung auf den ersten deutschen “Volksgolfplatz” – nahe der oberhessischen Kleinstadt Schotten – folgten. Er war von einem Polsterer namens Schlapp gegründet worden, zusammen mit seinem “nie auf Feierabend schielenden” Platzwart Herrn Turke. Am Anfang bestand der Platz nur aus steinigen Äckern und Hangweiden: Man spielte ums Viereck und über die Diagonale. Auf die Weise kam man irgendwann zwar auch auf die international üblichen 18 Löcher, aber wegen des besonders rauhen Vogelsberg-Greens erlaubte der Vereinsvorsitzende Schlapp bald das Besserlegen: eine neue Regel! Viele Golfspieler der ersten Stunde gewöhnten sich mit der Zeit das Besserlegen derart an, daß diese Regel auf dem Volksgolfplatz quasi bis heute gültig ist – wo das Green längst einwandfrei gestaltet wurde.

Auch in Berlin gibt es nun eine derartige Spielstätte: Sie nennt sich – zur Erinnerung an einige linksradikale Kreuzberger Sozialeinrichtungen – “Volxgolfplatz” und wurde ebenfalls von einem Polsterer, von Clemens Bayer, gegründet. 1991 bewarb sich Berlin für die Olympischen Spiele, und der Senat fing sogleich an, dafür das verhaßte und zudem “marode” Ulbrichtsche Stadion der Weltjugend in Mitte abzureißen. Für einen Wiederaufbau war dann wenig später jedoch kein Geld mehr vorhanden, und so staubte die mehrere Hektar große, geräumte Sandfläche vor sich hin. Kurze Zeit später entdeckte Bayer das Terrain und fing an, darauf einen Übungsplatz (“Driving-Range” genannt) sowie eine Drei-Loch-Anlage anzulegen: “Das sind keine richtigen Greens, dazu ist es zu uneben, wir haben deswegen größere Löcher.” So ähnlich ist es auch mit der “Driving-Ranch” am Gleisdreieck, wo derzeit jedoch noch mehrere Senatsämter, die Immobiliengesellschaft der Bahn AG und mindestens drei Anwohnerinitiativen um die zukünftige Nutzung streiten – eine Interessengruppe möchte einen Golfplatz auf Dauer dort haben.

Im Umland Berlins sind inzwischen zwölf Innovationscenter, zwölf Multi-Einkaufscenter, zwölf Haustierrasseparks – und genauso viele Golfplätze entstanden: einer, der Golfclub Schloß Wilkendorf, ebenfalls als eine Art “Volksgolfplatz”: Man muß nur eine Platzgebühr (Greenfee) zahlen. Der besseren Mitgliederwerbung wegen richteten die Wilkendorfer sich dann auf dem ehemaligen Stadiongelände in Mitte ebenfalls eine Driving- Range ein. Das Bezirksamt wollte jedoch auch andere Sportarten dort ansiedeln und verbot dem Volxgolfclub kurzerhand das Betreiben seiner Driving-Range: “Das macht nichts”, meinte Clemens Bayer, “wir spielen auf der Wilkendorfer weiter und kommen auch mit denen ganz gut zurecht. Zum Beispiel machen wir für die das Jugendtraining auf ihrem Driving-Range und hoffen, daß sie dafür unsere Drei-Loch- Anlage mitmähen, die derzeit ungenutzt ist.”

Noch mehr von Solidarität beseelt war nur die Ein-Loch-Golfanlage des vom Braunkohleabbau bedrohten märkischen Dorfes Horno: Dort betrug der jährliche Mitgliedsbeitrag 60 Mark inklusive Greenfee. Und sämtliche Einnahmen kamen dem Kampf der Hornoer gegen ihre Zwangsumsiedlung zugute. Es reichte jedoch nicht – im Frühjahr 2006 verließ der letzte Hornoer sein Haus, das gleich danach vom Braunkohleunternehmen Vattenfall eingerissen wurde – und mit ihm auch die Ein-Loch-Golfanlage.

In Berlin gab es auch schon vor 89 zwei Stadtgolfplätze – in Wannsee und Gatow: Sie gehörten früher den Alliierten und sind heute “gemeinnützig”, deswegen dürfen zum Beispiel ihre Clubmitgliedsbeiträge 2.000 Mark im Jahr nicht überschreiten. Im “ältesten deutschen Golfclub” Wannsee kommt dazu noch eine einmalige Investitionsumlage bis zu 10.000 Mark sowie die Aufnahmegebühr von 3.000 Mark. Während alle anderen Clubs nicht genügend Mitglieder haben, gibt es für die 27-Loch-Anlage in Wannsee eine Warteliste und ein “Handicap von 34”. Und ferner eine starke Unterstützung durch die Bankgesellschaft Berlin sowie die CDU, insbesondere durch den Golfer Klaus-Rüdiger Landowsky, den ehemaligen CDU-Fraktionsvorsitzenden und BGB-Vorständler, dazu saß er noch im Lotto-Beirat, dem Topfinanzierungshebel der edlen Sportvereine. Die Grünen-Politikerin Michaele Schreyer wollte den Wannsee-Golfclub etwas bremsen: “Die zahlen der oberen Forstbehörde nur 30 Pfennig pro Quadratmeter für das 56-Hektar-Gelände. Das wird gehandhabt, als wäre es eine öffentliche Nutzung: ,Kann ja jeder dort spielen.'”

Parallel zur steigenden Zahl von Firmenkonkursen kam es in letzter Zeit auch zu immer mehr Pleiten unter den 475 deutschen Golfclubs. Die gesellschaftliche Bedeutung des Golfs scheint jedoch ungebrochen. Die Zeitschrift Capital führte eine “Exklusivumfrage unter ausgewählten deutschen Führungskräften” durch: Zwei Drittel aller EU-Geschäfte ab 154 Millionen Mark Auftragswert laufen über Golfplätze, das heißt, werden beim Golfspiel eingelocht, wobei das golfbedingte Umsatzplus branchenspezifisch differiert: von 28 Prozent (bei Chemie, Computer, Pharma) bis zirka drei Prozent (bei Banken, Versicherungen, Maschinenbau).

In Hauptstadteuphorie und Unternehmensgründungsfieber wurden nach der Wende allein für das Umland Berlins 81 Golfplätze projektiert und beim Potsdamer Umweltministerium zur Genehmigung eingereicht, wie sich ein ehemaliger leitender Mitarbeiter, Dr. Friedrich von Bismarck, erinnert.

Zu den erfolgreichsten Golfplatz-Antragstellern gehörte ein Verwandter von ihm: der Ururenkel des Reichskanzlers, Fürst Ferdinand von Bismarck. Er ist Mitgesellschafter des Golf- und Countryclubs am Seddinsee. Das Clubgelände wurde mit einem Villen- Neubauviertel verbunden, das man “Klein-Dahlem” nennt, weil es bereits sehr viele reiche Dahlemer aus der Stadt dorthin “ins Grüne” zog, die sich nun direkt an der Golfanlage ein neues Haus bauen lassen. “Die größten Steuerzahler Berlins sind schon hier”, so Geschäftsführer Nicolai A. Siddig, der ebenfalls Gesellschafter ist, dazu noch die Bayern- Hypo-Bank-Tochter Hyporeal. Rechtsanwalt Siddig hat daneben Anteile am Fernsehturm auf dem Alexanderplatz, dessen Kuppel an schönen Tagen wie ein riesiger Golfball glänzt. Der Fürst wiederum hat eine Quelle im Sachsenwald, die unter seinem Namen und mit Golfmotiven vermarktet wird.

Die Anlage am Seddinsee umfaßt 230 Hektar, die die Investoren mühsam “auf dem Verhandlungswege” sich zusammenerwerben mußten. Das Land war zuletzt von einer LPG bewirtschaftet worden, die Spargel und Obst anbaute. Ein ehemaliger LPG-Vorsitzender aus Fresdorf, der jetzt Bürgermeister des Ortes ist, setzte sich sehr für den Golfplatzbau ein. Seiner Gemeinde wurde dafür von den Betreibern der Bau einer Kita und einer Schule mit einer Million Mark “gesponsert”.

Die Genehmigung für die Golfanlage wurde in den diversen Ämtern und Behörden äußerst kontrovers diskutiert. Am 5. Mai 1993 entschied schließlich das Kabinett positiv. Da man sich für eine Bebauung im “französischen Landhausstil” entschied, bekamen die stehengebliebenen grauen Häuschen von drei Altsiedlern annäherungsweise einen weißen Farbanstrich. Das Investorentrio sieht sich als “Land-Developer” im amerikanischen Stil: Die 230 Bauplätze am Rand eines nördlichen und eines südlichen Course kosten zirka 500 Mark pro Quadratmeter. Etwa soviel bekommt man auch in Dahlem derzeit für sein altes Grundstück. Das Schöner-Wohnen-Wollen im (brandenburgischen) Grünen hat für die gutbetuchten Westberliner bereits “Trendcharakter” angenommen, so Siddig. Sein eigenes, bisheriges Besserlegen erklärt der Golflaie damit, daß man “den Leuten Ambiente bieten muß – das sind hier die exquisiten zwei Golfplätze: ,Wir schaffen hier den teuersten Vorgarten für unsere Villen’, meinen die von der Hyporeal immer.” Hinzu kommt die Nähe zur Stadt: “30 Minuten sind es nur bis zum Ku’damm!” Und – “vor allem – der DSW”: ein renommierter Düsseldorfer Wachdienst. Er garantiert eine Rund-um-die-Uhr- Betreuung des Areals der reichen Wessis.

Für die Golfanlage, deren Uferrand öffentlich begehbar bleiben muß, geben die drei Developer Aktien heraus, die einem Jahresclubbeitrag von 30.100 Mark entsprechen: Mit dieser handelbaren und vererbbaren Miteigentümerschaft wird ein generelles Spielrecht erworben, was den Mitgliedern jedoch bei Ausübung noch einmal 2.800 Mark jährlich kostet. Der südliche der zwei Golfplätze wurde vom “Golfarchitekten Nummer 1”, Robert Trent Jones II., gestaltet: ein “Meisterwerk! Der ist für den Golf das, was Karajan für die Musik war”, meint Siddig. “Allein für das Greenkeeping haben wir die besten LPG-Mitarbeiter genommen.” Weiteres Personal wird man bald für das neue Clubhaus und seine Restauration sowie für das Seehotel eines Schweizer Investors einstellen.

Die “Signalwirkungen” werden also immer aufwendiger: Die Betreiber des Motzener Clubs (u.a. der Baukonzern Philipp Holzmann) führten sogar schon Politiker und Industrielle per Sonderluxuszug an ihr Golf- und Wohnobjekt am See heran. Ihre zwischen 150.000 und 400.000 Mark teuren Eigentumswohnungen heißen “VIP-Lounge” und “18. Loch”. Den Motzener Heimatverein sponserten sie großzügig, Dorfchronistin Hilde Waßmuth meint: “Unser ganzer Ort profitiert von den Herren im Club”.

Der Seddin-Geschäftsführer Siddig bleibt jedoch gelassen: “Der Motzener Golfclub und ähnliche Anlagen sind keine Konkurrenz für uns, die meisten sind zu weit weg für reiche Westberliner.” Der Kampf um die zahlungskräftigsten Mitglieder wird am Ende vielleicht zwischen seiner und der schon Frankfurt/Oder nahen Anlage in Bad Saarow ausgetragen. Auf dem Gelände des Sporting Clubs am Scharmützelsee planten Bernhard Langer und Arnold Palmer die Golfanlagen, Paul Schockemöhle den Reitbetrieb und Kempinski die Gastronomie. Zu den Investoren zählte der Schlagerstar Jack White, dessen Frau Clubpressesprecherin ist.

Auf einer Konferenz des Westberliner Wirtschaftssenators über die Perspektiven des Wirtschaftsstandorts führte der Berliner Siemens-Vertreter Erich Gérard aus: “Die Nachkommen unseres Unternehmensgründers sind in Bayern, am Starnberger See, groß geworden und fühlen sich heute dort sehr wohl.” Deswegen müsse “das Havelland auch so werden wie das Münchner Umland”, erst dann könne über eine Rückverlagerung der Konzernzentrale nach Berlin nachgedacht werden. Insbesondere beschwerte sich der Münchner Siemens-Vorposten über die Potsdamer Regierung, die ihm signalisiert hatte: “Wir wollen hier keine Schickimicki-Siedlungen.”

Nicht verhindern konnten sie neben den bereits erwähnten die Golfplätze in Kemnitz bei Potsdam, in Kallin, Tremmen, Semlin am See, bei Phöben, in Prenden, in Mahlow und in der Stolper Heide, ferner die Sechs-Loch-Anlage des Countryclubs Gut Seeburg sowie die demnächst eröffnenden Plätze in Bärenklau und Groß-Kienitz.

Weltweit gibt es inzwischen rund 25.000 Golfplätze. Zusammengenommen bedecken sie eine Fläche von annähernd der Größe Belgiens. Allein in den USA tummeln sich 50 Millionen Golfspieler und in Japan 12 Millionen – sie gaben 1988 etwa zehn Prozent des Bruttosozialprodukts für Clubgebühren aus. Die japanische Umweltagentur schätzt, daß “jährlich bis zu 5.000 Hektar Wald” dem Bau neuer Golfplätze zum Opfer fallen. Stellenweise führte dies bereits zu ernsten Wasserproblemen. Überdies werden auf US-Golfplätzen bis zu siebenmal mehr Pestizide eingesetzt als auf vergleichbaren Landwirtschaftsflächen.

Für die ehemalige grüne Senatorin für Stadtentwicklung und Umweltschutz, Michaele Schreyer, die sich durchaus für den Volxgolfplatz in Mitte begeistern kann, ist erst einmal der niedrige Pachtzins für die städtischen Golfplätze von Übel: “Solche Subventionen dürfen einfach nicht zu den ,Kernaufgaben des Staates’ zählen.” An den Golfplätzen im Umland mißfällt ihr vor allem, daß die Gemeinden von den Investoren zu oft “über den Tisch gezogen wurden: Die wollten nicht ihre ganzen Freiflächen versiegeln – also zu Gewerbeparks etwa umwidmen – und haben das Land deswegen gerne an Golfplatzbetreiber verkauft, für die das teilweise jedoch bloß Vorratsflächen sind, auf denen sie später Luxuswohnungen bauen. Da die Gemeinden das jedoch nicht als Bauland verkauft haben, sind sie schlichtweg angeschmiert worden.”

Ausgetrickst wurden oft auch die Finanzämter: Viele Golfclubs machten sich mit niedrigen Jahresbeiträgen “billig” – und damit körperschaftsteuerbefreit “gemeinnützig”, daneben trieben sie jedoch noch jede Menge Spenden und Umlagen ein. Nachdem der Bundesrechnungshof darin einen “Umgehungstatbestand” entdeckt hatte, beschloß die Bonner Regierung, sämtliche Golfplätze als “gemeinnützig” anzuerkennen. Das werden sie jedoch erst dann wirklich sein, wenn die Leute massenhaft, wie in Argentinien und Indonesien etwa, anfangen, die Golfplätze zu besetzen und umzupflügen, um daraus Ackerland für Landlose zu machen – meinen jedenfalls die linken Golfkritiker.

Nun werden hierzulande jedoch noch eher Stillegungsprämien für Ackerland bezahlt als dass es einen immer aggressiveren “Landhunger” gibt. Deswegen versuchen sich immer mehr Künstler und Intellektuelle für diesen “Sport” zu begeistern, meinte ein Greenkeeper in Motzen, wo die Restaurantbedienung im Golfclub aus ehemaligen LPG-Mitarbeitern besteht. Einer dieser Golffans ist Eugen Pletsch, Sänger vom Frankenschlag und hauptberuflich Handelsvertreter für diverse New-Age-Produkte. Er ist gleichzeitig ein begnadeter Redner und Gesprächsführer. Von daher hat er eine sozusagen natürliche Neigung zum Golfen, insofern man dabei – wie bei keiner anderen Freizeitbeschäftigung – Geschäftsanbahnung, Gespräch, Spaziergang und “sportlichen Wettkampf” miteinander verbinden kann. Im Internet heißt es über ihn:

“Der Golf Gonzo Autor (‘Der Weg der weißen Kugel’) hat in den letzten Jahren unter der Domain www.cybergolf.de eines der größten, deutschsprachigen Golfsport-Portale realisiert. In der Golf-Szene ist er durch seine ungeschminkten Kommentare zur Welt des Golf bekannt.”

Einem seiner golf-blogs entnahm ich folgende Eintragung: “Ich habe gestern beim AXA-Cup, einer Benefit-Veranstaltung anlässlich der “Tour der Hoffnung”, definitiv kein gutes Golf gespielt, aber “Walking Tree” summend ist es mir immerhin gelungen, sechs Stunden in der brennenden Sonne auszuharren, ohne ausfällig zu werden. Ich spielte mit einer sehr netten Dame und zwei Herren aus unserem Club, die Herren beide Italiener. Meine Befürchtung, dass das im Desaster enden könnte, wurde gleich am 1. Abschlag zerstreut. Enzo sagte: “Wir spielen italienisch, OK? Sechs spielen, fünf sagen und vier schreiben – alles klar?!” Diese Art Humor ist meine Wellenlänge — ich war erleichtert. Die Dame und Enzo gewannen beide schöne Preise in ihrer Nettogruppe, (wobei dann doch deutsch gezählt wurde). Ich summte mein Baum-Lied, blieb nett und ruhig und war stolz darauf, dass ich niemanden wegen langsamen Spiels beschimpfte.

Na gut: Am Halfway-House entfuhr mir die Bemerkung (der vorhergehende Flight kaute noch am Würstchen), dass man einen solchen Platz in England in drei Stunden spielen würde, im Turnier meinetwegen in viereinhalb Stunden. Sofort wurde ich von einem weltgereisten Bronzegesicht belehrt, dass man in Portugal und Spanien heutzutage grundsätzlich mit sechs Stunden Spielzeit rechnen müsste, in der Türkei mittlerweile mit sieben Stunden. Ich weiß nicht, ob das am hiesigen Exportschlager, dem DGV-zertifizierten deutschen Krampfgolfer liegt, oder daran, dass man alle sieben Minuten Menschen auf die Runde schickt, die in den letzten vierzig Jahre auf dem Tennisplatz eine geile Zeit hatten und dieses hin-und-herspielen einfach nicht missen möchten. Wie dem auch sei: Meine NO GO — Zonen sind für die Saison geklärt.
Deshalb werde ich ein paar Tage im Sporthotel Ellmau in Österreich zu Gast sein und fahre dann weiter nach Italien, um im herrlichen Golfclub Toskana “Il Pelagone” ein paar (hoffentlich) schöne Geschichten zu schreiben — weshalb ich mich hiermit bis Anfang Juli verabschieden möchte. Ich werde offline sein, keine Mails beantworten, aber brummen und summen, den Baumtanz tanzen, vielleicht einen Ball durchs Abendlicht treiben und ein paar Bilder malen.”

Ich kenne Eugen Pletsch schon Jahrzehnte, dennoch ist es mir ein Rätsel, womit er jetzt eigentlich sein Geld verdient, um sich derart vergnügen zu können: “einen Ball durchs Abendlicht treiben und ein paar Bilder malen”. Aber ich gönne es ihm natürlich. Auch wenn mir an sich die Greenkeeper geistig näher stehen als die Golfballtreiber.

Über sein Buch “Der Weg der weißen Kugel schreibt der Managementtrainer und gelegentliche Buchhändler Frank Pyko: “Ich möchte Ihnen, liebe Leser, gerne erzählen, warum ich den ‘Weg der weißen Kugel’ – sozusagen als Zweitbuch — vertreibe: Eugen Pletsch, ein virtuoser Geschichtenerzähler, hat den Golfsport in einer ungewöhnlichen, ganz eigenen Betrachtungsweise darstellt. Sein Buch ‘Der Weg der weißen Kugel’, lebendig und rasant geschrieben, passt in kein herkömmliches Genre, denn es ist:

– Satire – also wirklich lustig, wobei es dem Leser durchaus neue Sichtweisen (nicht nur zum Golf) eröffnet,

– Ratgeber – insofern, als sich der Autor als unabhängiger Berater zeigt,

– Hintergrundinformation – über die Entwicklung im Golfsport der letzten Jahre und aktuelle Ereignisse,

– Roman – die lebendigen Figuren, die in den Geschichten auftauchen, lassen uns so manche Spielertypen besser verstehen,

– Kompendium – denn das Glossar mit seinen humorvollen Interpretationen, sowie hilfreiche Erläuterungen im Text geben dem Golfeinsteiger eine Vielzahl von brauchbaren Informationen an die Hand,

– Fantasy – verrückte, abstruse Geschichten, wie die des Alter Ego “Hol Lin Wan”, oder “Golf auf anderen Planeten” führen in tiefere Mysterien des Spiel.

Dieses Buch schafft es auf rund 250 Seiten, Ihnen einen so vielschichtigen und unterhaltsamen Einblick in das Golfspiel zu liefern, wie sonst mehrere Bücher zusammen. Das alles macht das Buch zu einem wirklichen Kauftipp.”

Ein Rezensent des Bayrischen Rundfunks, Carl-Ludwig Reichert, schrieb über “Der Weg der weißen Kugel”: “Spielt Gott Golf? Ist die Welt ein Golfball? Wir wissen es (noch) nicht sicher, aber dieses Buch steuert viele neue Verdachtsmomente bei!”

Das mag reichen. Als Rinderpfleger und Aushilfshausmeister geht mir eher das Schicksal der einst reichen LPG Fresdorf ans Herz, die eine nagelneue große Milchviehanlage besaß. Die LPG wurde bereits kurz nach der Wende liquidiert, die Milchviehanlage gehört jetzt einem Viehzüchter aus dem Rheinland. Eine arbeitslose Melkerin erklärte mir dort das Scheitern ihrer Muster-LPG so: “Als die Wende kam, haben wir gedacht, jetzt können wir richtig loslegen. Aber von unserem Vorsitzenden kam nichts, gar nichts”. Ein früherer Produktionsleiter, der vom neuen Besitzer mitübernommen wurde, meint: “Das hätten wir auch alleine so hingekriegt”.

Ihr alter LPG- Vorsitzender, Jürgen Krebs, äußerte jedoch bereits am 10. August 1990 – gegenüber der Frankfurter Rundschau: “An der Liquidation führt kein Weg vorbei – mit sechs Millionen DM Altschulden.” Heute erklärt Krebs, der inzwischen Bürgermeister in Wildenbruch ist: “Es fehlte uns damals auch an den intellektuellen Kapazitäten in der LPG.”

Als Bürgermeister setzte er dann mit durch, dass an Stelle der früheren LPG “Fortschritt” in Wildenbruch Berlins reichster “Golf- und Country-Club” entstehen konnte. Für ihre 230-Hektar- Golfanlage am Seddin-See mußten die Investoren F. von Bismarck und A. Siddig164 Grundstücke von Altund Neu-Eigentümern erwerben. Dafür dass der Bürgermeister Jürgen Krebs ihnen dabei half, stellten sie seinen Sohn, einen arbeitslosen Melker, als Aushilfshausmeister/Greenkeeper an.

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https://blogs.taz.de/hausmeisterblog/2006/09/13/greenfee-macht-auch-mist/

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