Komischerweise geht das hinter 1986 zurückreichende taz-archiv, das bisher nur intern zu nutzen ist und noch viele Fehler hat, nur bis 1983 zurück. Die fehlenden mindestens vier Jahre – bis 78/79 – werden hoffentlich auch noch kommen… Zur Unterpflasterung der Rudi-Dutschke-Straße, die – wie ich heute sah – schon mit einem großen schwarz-weißen Transparent am taz-haus „begrüßt“ wird.
Hier ein taz-text vom 5.1. 1983, in dem es um die sich aus der Elektronbranche herausmendelnde Elektronikbranche in situ geht – konkret um das dabei auf der Strecke gebliebene Grundig-Werk…
Das gescheiterte Elektronik-Kartell
Nürnberg – 650 Beschäftigte des zum Grundig-Konzern gehörenden Video-Werkes in Nürnberg-Langwasser sollen demnächst entlassen werden. Wenn der Grundig-Konzern wie angekündigt an den französischen Multi Thomson-Brandt verkauft wird, dürfte diese Entlassungsaktion nur der Anfang sein. Ein “ Unternehmer alter Schule“ hat sich im Gewirr der real existierenden kapitalistischen Konkurrenz verheddert. Thomson-Brandt hat am Montag offiziell beim Bundeskartellamt in Berlin die Absicht angemeldet, eine Mehrheitsbeteiligung an der Grundig AG (Fürth) zu übernehmen.
Max Grundig’s Spruch: „Ich muß nicht, ich will verkaufen“, gehört zur Imagepflege eines souveränen Chefs alter Schule. Dabei ist die Lage der Firma alles andere als rosig. Nach Verlusten in den Geschäftsjahren 80/81 und 81/82 von 187 bzw. 35 Mio. in den offiziellen Bilanzen wäre eine Gewinn für dieses Geschäftsjahr bitter nötig.
Die rapide Entwicklung in der Mikro-Elektronik zwingt zu ständig neuen Investitionen. Durch die Verwendung von hochintegrierten Elektronik-Bausteinen werden Arbeitskräfte und Geld in der Produktion eingespart. Bei den Grundig-Farbfernsehern z.B., die im nächsten Frühjahr in Produktion gehen sollen, findet die gesamte Elektronik auf einer nur 10 cm x 5 cm großen Leiterplatte Platz. Für die Fertigung von zwei Millionen dieser Geräte werden nach Angaben des Vorstands 3.000 Arbeitskräfte weniger als bisher benötigt.
Die Einführung von neuen, arbeitssparenden Technologien kostet jedoch in der Anfangsphase viel Geld. Grundig hätte gerne größere Stückzahlen, um die Kosten schneller wieder hereinzuholen. Dafür wäre ein größerer Marktanteil recht. Mit dem Kauf der Firma Telefunken aus dem Nachlaß der AEG sollte dies erreicht werden. Grundig beabsichtigte, seine Geräte unter dem Markennamen Telefunken auf den Markt zu bringen. Gleichzeitig wäre Grundig billig an das Know How von Telefunken gekommen. Bei Telefunken würden dementsprechend Arbeitskräfte „freigestellt“.
Die Einführung von rationellen Produktionsverfahren größeren Stils, wie sie sich Max Grundig ausmalte, erfordert Forschungs- und‘ Entwicklungsaufwendungen, die die (finanziellen) Kräfte eines Unternehmers wie Max Grundig überfordern, i
In dieser Lage bot sich für Max Grundig eine elegante Lösung. Ihm schwebte eine EU-RO GmbH vor, ein Verbund der europäischen Hersteller von Unterhaltungselektronik, der sich die Forschungs- und Entwicklungsaufwendungen teilen und gemeinsame Vertriebswege beschreiten sollte. Der Markt sollte untereinander aufgeteilt werden, wobei man bereits die Anteile großzügig miteinbezog, die man der japanischen Konkurrenz abnehmen wollte.
Als Partner wurden Bosch, die ITT-Ableger in Europa, Philipps und Siemens sowie Thomson-Brandt anvisiert. Das Kartell sollte mit dem Hinweis auf die japanische Konkurrenz zusammengebracht werden und gegenüber der Öffentlichkeit mit der angeblichen Sicherung von Arbeitsplätzen begründet werden. Grundig wollte in diesem Superkartell die Branchenriesen gegeneinander ausspielen und sich selbst die ‚industrielle Führung‘ als Krönung seiner unternehmerischen Laufbahn zuschanzen.
Doch die künftigen Europartner zeigten sich spröde und die Verhandlungen zogen sich den ganzen Sommer 82 hin. Für Grundig aber begann die Zeit zu drängen. Die Japaner drückten nämlich im Sommer ihre z.T. jahrealten Überproduktionen auf den deutschen Markt -gezielt wie Max Grundig behauptet. Damit erwies sich Grundigs Kalkulation, im Videogeschäft den schnellen Reibach zu machen, den er braucht, um seine Position zu stärken, als tragischer Trugschluß. Seine profitträchtigen Luxusrecorder Video 2000 gingen immer schlechter gegenüber den japanischen Billigrecordern über die Ladentheken. Gerade rechtzeitig zum Weihnachtsfest boten Horten und Quelle Geräte unter 1000 DM an. Grundig wurde gezwungen, seine Preise zurückzunehmen, was ihm voraussichtlich Verluste in der Größenordnung von ca. 100 Millionen DM beschert. Auf seine Mitarbeiter im Videobereich kommt nun eine Bescherung anderer Art zu: Ihnen droht nämlich die Entlassung. Im Frühjahr, so wurde angekündigt, sollen 650 Mitarbeiter entlassen werden. Immer mehr geriet Grundig so gegenüber seinen künftigen Kartellbrüdern ins Hintertreffen.
An dieser Stelle bricht der Text ab und fährt quasi bruchlos mit Neuigkeiten über die Waffen-SS, die HIAG und andere postfaschistische Aktivitäten von Altnazis fort.
Einen Zusammenhang zwischen dem Unternehmer Grundig, der anscheinend nicht die Flucht nach hinten (wie der Westberliner Unternehmer Wolfgang Bogen) antrat, sondern nach vorne – ins IEA-Elektrokartell, zwischen dem Grundig-Ende und dem Rechtsradikalismus-Revival sehe ich erst mal noch nicht.
Sehr wohl sehe ich jedoch hier und da noch Grundig-Fernsehgeräte in irgendwelchen Kaufhäusern zum Verkauf stehen – sogar große moderne mit Plasma-Bildschirmen .
Hier, die Wikipedia-Eintragungen über Grundig – d.h. die Kapitel „Aufstieg, Niedergang, Zerschlagung“:
[Bearbeiten]
Die Geschichte des Konzerns begann 1930 mit der Gründung des Radio-Vertrieb Fürth, Grundig & Wurzer (RVF). Nach Kriegsende 1945 erkannte Max Grundig den Absatzmarkt für Radios und leitete die Produktion des Gerätebausatzes „Heinzelmann“ ein. 1947 wurde der Grundstein für ein Fabrik- und Verwaltungsgebäude an der Fürther Kurgartenstraße gelegt, das schon nach kurzer Bauzeit als Hauptfertigungsstandort fungierte. Ein sichtbares Zeichen für die Verbindung mit der Stadt Fürth war die Aufnahme des Fürther Kleeblatts in das Firmenlogo. 1951 wurden die ersten Fernsehempfänger in einer neuen Fabrikhalle gefertigt – der Standort und das Unternehmen wuchsen rasant. Grundig war zu dieser Zeit Europas größter Rundfunkgerätehersteller. Unternehmen aus Nürnberg, Frankfurt am Main und Karlsruhe wurden aufgekauft. 1960 entstand die erste Fertigung im Ausland – Tonbandgeräte wurden in Irland gefertigt. Auch auf der Fürther Hardhöhe und in Nürnberg-Langwasser entstanden neue Fertigungshallen. 1972 wurden die Grundig-Werke GmbH in eine Aktiengesellschaft umgewandelt.
Niedergang [Bearbeiten]
1984 verkaufte der Firmengründer Max Grundig das Unternehmen an den niederländischen Elektrokonzern Philips, der es 1998 aufgrund unbefriedigender Entwicklung an ein bayrisches Konsortium unter Führung von Anton Kathrein (persönlich haftender Gesellschafter der Kathrein Werke KG) abgab. Ende Juni 2000 wurde der Firmensitz von Fürth in das benachbarte Nürnberg verlegt. Das Unternehmen erwirtschaftete 2001 einen Umsatz in Höhe von 1.281 Millionen Euro, machte dabei jedoch 150 Millionen Euro Verlust. Die Banken verlängerten daher im Herbst 2002 die Kreditlinien nicht mehr, und der Konzern musste Mitte April 2003 Insolvenz anmelden.
Zerschlagung [Bearbeiten]
Ende der 80er Jahre hatte Grundig noch über 38.000 Beschäftigte, 2003 waren bei dem Unternehmen noch rund 3.500 Mitarbeiter angestellt. Die hohen Pensionsbelastungen stellten bei den Verhandlungen um einen potentiellen Investor eines der entscheidenden Probleme dar.
Anteilseigner an der Grundig AG waren BEB Bayerische Elektronik-Beteiligungs GmbH & Co. KG (Kathrein, Bayerische Landesbank Girozentrale, Bayerischer Sparkassen- und Giroverband, HypoVereinsbank AG, Bayerische Landesbank für Aufbaufinanzierung).
Im Januar 2004 wurde der Bereich Home Intermedia System (HIS) der Grundig AG von dem türkischen Elektronikhersteller Beko Electronic A.S. und dem britischen Unternehmen Alba Radio Ltd. zu einem Kaufpreis von rund 80 Millionen Euro übernommen.
Der Bereich Bürogeräte wird von der jetzt selbständigen Grundig Business Systems GmbH weitergeführt.
Der ehemalige Geschäftsbereich Grundig Car InterMedia System wurde am 17. November 2003 von der Delphi Corporation übernommen. Neben den Bereichen Autoradio usw. zählen auch OnBoard-Units für Mauterfassungssysteme zum Produktspektrum (Toll Collect).
Zum 1. Mai 2004 wurde die Grundig SAT Systems (GSS) GmbH als Management-Buy-out gegründet. Sie übernimmt die Tätigkeiten des ehemaligen Grundig-Bereichs „Kopfstationen und Satelliten-Systeme“.
Auf der webpage „grundig.de“ findet sich der Hinweis auf die neuen Plasmabildschirme:
„Großformatige Plasma-TV’s – eine Zierde für jedes Wohnzimmer und eine Wohltat für die Augen. Mit dem Tharus 110 präsentiert Grundig einen äußerst flachen Plasma-TV mit einer 106cm-Bildschirmdiagonale, bei der sofort Kino-Flair aufkommt: Gestochen scharfe Bilder, leuchtkräftige Farben, eine hohe Plastizität und ein faszinierender Klang, dank Magic-Fidelity System, machen Fernsehen so zu einem aufregenden und unvergleichlichen Erlebnis.“
Zur weiteren Firmengeschichte steht dort:
Am 1. Mai 2004 nimmt die Grundig Intermedia GmbH ihren Geschäftbetrieb auf. Sitz der Gesellschaft ist Nürnberg.
Damit ist eine viel versprechende Zukunft des Bereichs Home Intermedia System der Grundig AG, zu dem vor allem die klassischen Sparten der Unterhaltungselektronik, der Bereich Forschung und Entwicklung, sowie die Service Aktivitäten gehören, nach intensiven Verhandlungen gesichert – Zurück zu alter Stärke lautet nun das Motto!
Aber auch die anderen Bereiche der Traditionsunternehmen überleben die Insolvenz und führen noch heute die Marke Grundig im Namen:
Delphi Grundig Grundig Car InterMedia System GmbH
GBS Grundig Business Systems GmbH
So oder so ähnlich endeten auch die o.e. Konzerne AEG und Telefunken, die heute vor allem für Unternehmenshistoriker interessant sind – und so gibt es denn auch zwei dicke Bücher über diese Firmen – vom Anfang bis zu ihrem So-gut-wie-Ende. Auch über das Werk für Fernsehelektronik in Oberschöneweide, dass nach der Wende von Samsung weitergeführt und ausgebaut wurde, dann jedoch 2006 überraschend stillgelegt wurde (sie stellten keine Plasmabildschirme her), gibt es noch keine Firmenchronik von Anfang bis Ende. Wohl aber das Gewerkschaftsgerücht, dass Samsung es mit seinem Vorstoß auf den deutschen Markt, wo sogar – in Oberschöneweide – die Europa-Zentrale des koreanischen Mischkonzerns entstehen sollte – bis in die Aufnahme im Elektrokartell IEA schaffte, dafür sich jedoch dann sukzessive von dem von Siemens als „home country“ beanspruchten deutschen Markt zurückziehen mußte – und nun in Polen groß auftrumpft – mit Firmenzentralen, Fabriken, Verkaufshauptquartieren, Wohnvierteln etc. . Ähnliches hatten zuvor auch die Generel Electric Manager „einsehen“ müssen, als sie die Elpro AG übernehmen wollten. Bis heute gibt es in Deutschland keine GE-Kühlschränke, Glühbirnen etc. zu kaufen – hat schon mal jemand darüber nachgedacht oder geschrieben, warum das so ist?
Um es mit den leicht abgewandelten Worten von Till Necker, mit denen er uns 1992 auf der Rostocker Betriebsrätekonferenz überraschte, zu sagen: „In der Elektrobranche hat es nie eine Marktwirtschaft gegeben – Ende der Durchsage!“
Der Kartellexperte Rudolf Mirow schrieb im selben Jahr der Treuhandchefin Birgit Breuel in einem Brief:
„Es besteht der Verdacht, daß dieses Kartell sich jetzt den Markt der Neuen Deutschen Bundesländer untereinander aufgeteilt hat… und daß Mitglieder der IEA erneut mit ‚combat-‚ auch ‚fighting proceedings‘ genannt, gegen sogenannte ’non- members‘ vorgehen… Es wäre bedauerlich, wenn auf Grund der Unkenntnis der Organisationsformen der Elektroindustrie jetzt möglicherweise veraltete, aber doch sanierungsfähige Betriebe geschlossen würden, die Mitgliedern der IEA einmal Paroli und Wettbewerb bieten könnten. Da alle Untersuchungen zeigen, daß es in der Elektroindustrie nie eine Marktwirtschaft gegeben hat, werden sich die Probleme der ostdeutschen Unternehmen akso auch vorerst nicht mit reinen marktwirtschaftlichen Instrumenten lösen lassen“.
Malte-Ogger Brandt (Husum)
Bis übermorgen wird allen Unkenrufen zum Trotz die Siemensaktie „neutral“ bleiben. Der finanztreff.de meldet:
Siemens werde am 25. Januar vor Handelsbeginn die Ergebnisse des ersten Fiskalquartals 2007 bekannt geben. Des Weiteren werde an diesem Tag die Jahreshauptversammlung des Unternehmens stattfinden. Nach Einschätzung der Analysten sei mit Auftragseingängen in Höhe von 22,4 Mrd. EUR sowie einem Umsatz von 18,2 Mrd. EUR zu rechnen. Den Nettoerlös (inklusive der Sparte COM) sehe man bei 1,1 Mrd. EUR.
Die Analysten hätten ihre Gewinnprognosen für Siemens überarbeitet und infolgedessen das Kursziel für die Unternehmensaktie von bisher 83,00 EUR auf nun 84,00 EUR heraufgesetzt. Nachdem Siemens im Fiskaljahr 2006 ein EPS von 3,38 EUR erzielt habe, liege die EPS-Schätzung der Analysten für das Fiskaljahr 2007 bei 5,33 EUR. Auf dieser Grundlage lasse sich ein 2007-KGV von 14,5 ermitteln. Für das Fiskaljahr 2008 erwarte man ein EPS-Wachstum auf 6,25 EUR (KGV: 12,4).
Vor diesem Hintergrund vergeben die Analysten von J.P. Morgan Securities das Rating „neutral“ für die Siemens-Aktie. (16.01.2007/ac/a/d) Analyse-Datum: 16.01.2007
Gut analysiert – kann man da nur sagen, wobei allein schon das Wort Analyse auf Amerikanisch ein fieser Fausthieb gegen alles Aufklärerische ist. Das kommt, weil die amerikanische Revolution gar keine war, sondern einzig die vorher herschenden Eliten dort gestärkt hat. Wozu also noch Aufklärung?!