vonHelmut Höge 13.02.2007

Hier spricht der Aushilfshausmeister!

Helmut Höge, taz-Kolumnist und Aushilfshausmeister, bloggt aus dem Biotop, dem die tägliche taz entspringt.

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Wieder das selbe Spiel – dpa meldet: Nach Verhängung eines Rekordbußgelds wegen illegaler Preisabsprachen durch die EU-Kommission droht dem Siemens- Konzern nun neuer Ärger aus Brüssel. Siemens gab heute bereits die Suspendierung von drei Mitarbeitern des Bereichs Energie-Übertragung und -Verteilung bekannt. Die Beschäftigten sollen sich laut internen Ermittlungen im Geschäft mit Leistungs-Transformatoren an illegalen Absprachen beteiligt haben.

Und nun kommts: “Solche Einzelfälle werfen ein schlechtes Licht auf die ordentlichen Leistungen aller anderen Mitarbeiter. Das kann nicht toleriert werden”, sagte Siemens-Manager Udo Niehage am Dienstag.

Hintergrund sind neue Erkenntnisse der EU-Kommission gegen Korruption, Kartellwesen und unerlaubte Konkurrenzkampfmittel – über “illegale Preisabsprachen bei Schaltsystemen für Stromnetze”. Siemens gab diesbezüglich bereits zu, “dass es auf dem deutschen Markt zu Absprachen zwischen insgesamt fünf Unternehmen gekommen” sei.

Die SZ meldet, dass heute auch die tschechischen Wettbewerbsbehörden (das dortige Kartellamt UOHS u.a.) eine “Kartellstrafe gegen Siemens verhängte”. Der Konzern soll mit 15 anderen Firmen (u.a. Alstom – altes  IEA-Mitglied, Areva, Fuji, Toshiba und Mitsubishi – ebenfalls IEA-Mitglied) die Preise für  “gasisolierte Schaltanlagen für Umspannstationen” abgesprochen haben. Sie müssen nun 34,7 Mio Euro Strafe zahlen, Siemens allein 12,4 Mio Euro. Das Unternehmen kündigte “Rechtsmittel” gegen die Entscheidung an – die Strafe sei “unverhältnismäßig hoch”.

Die Prager UOHS meint hingegen: “Die Firmen haben ein Kartell geschaffen, das an Raffinesse, Ausmaß und Dauer in der Geschichte der UOHS beispiellos ist”.

Die Strafe der EU-Kommission im Januar, 420 Mio Euro allein für Siemens, hatte sich laut SZ bereits “auf das gleiche Kartell” bezogen. Nicht sogar auf das selbe?  Hierbei  hatte Siemens zwar eingeräumt, dass sich  zwischen 2002 und 2004  drei  “damalige Siemens-Mitarbeiter” bei Ausschreibungen mit der Konkurrenz abgesprochen hätten, der Konzern bestreitet jedoch “ein weiter zurückreichendes Kartell”.

Demnach verhält es sich also genau umgekehrt wie bisher angenommen: Es gab nie ein Elektrokartell IEA, das sich demnach auch nicht laut eigener Angabe 1989 auflöste, nach anderen Angaben 1999 – im Gegenteil:  das Elektrokartell gibt es erst seit 2002!

Auch aus Norwegen, wo das Kartellamt wegen besonders schwerer Bestechung gegen Siemens ermittelt, gibt es Neues. Hier erwarten wir einen Bericht der Kartellexpertin Tone Avenstroup, die zuvor allerdings noch letzte Hand an ihr demnächst im Peter-Engstler-Verlag erscheinendes Buch legen muß, und, so viel ich weiß, heute abend erst mal im Kaffee Burger die neue Gegner/Myriapoda-Heftausgabe mit vorstellen soll. Aber Norwegen läuft uns ja nicht weg!

In der BILD-Zeitung setzt dafür der “Siemens.Chef Kleinfeld” sein Interview von gestern fort: “Atomkraft wird immer wichtiger” – ist heute seine Hauptsorge. Dabei scheint Siemens nun ein ganz legales Kartell zu seinen Gunsten zu wittern . Indem die Festlegung, wer in bezug auf AKWs nun ein “producing” und wer ein “non-producing country” sein soll/darf, nicht mehr – wie noch zu brasilianischen AKW-Bauzeiten – das Elektrokartell IEA in Pully entscheidet, sondern die nach dem Zerfall der Sowjetunion voll aufgeblühte Ami-Selbstherrlichkeit, zusammen mit ihren G-7-Heloten. U.a. den Iran daran zu hindern, eigene Kernkraftwerke zu errichten, das ist so ähnlich wie man damals lange Zeit verhinderte, dass irgendwo außerhalb der Glühbirnen-7-Länder Glühlampenfabriken gebaut wurden.
Der Bremer Arbeitersohn Klaus Kleinfeld begründet sein Votum für eine Ankurbelung der  Siemens-AKW-Produktion erst mal mit der “Umweltzerstörung” – wobei er als alter Siemens-Darwinist und  -Malthusianer natürlich sofort auf die heutige “Weltbevölkerung” zu sprechen kommt – 6 Milliarden: “Bis 2050 werden 3 Mia mehr Menschen hier leben. 2007 erstmals mehr Menschen in Städten als auf dem Land…” Aber daraus folgt für den Bremer Arbeitersohn: “Das ist eine extrem große Herausforderung”. Also doch vielleicht AKWs im Iran, im Irak, im Yemen, in Somalia, in Nordkorea – eben überall? Nein, wegen der wachsenden Bedeutung der Städte meint er wahrscheinlich, AKWs in Teheran, Bagdad, Mogadischu etc..

“Können wir die Katastrophe noch aufhalten?” fragen ihn daraufhin die Springerstiefeljournalisten.

Kleinfeld deutet an, dass sich da langsam was bewegt – bei der AKW-Bremsung durch die Linken und Ökos, eben aus – wie oben angedeutet – ökologischen Gründen. Vor allem will er diesen Wandel auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos mitbekommen haben, wo “alle” begriffen hätten, “dass wir handeln müssen”.

“Auch die Chinesen?” fragen ihn daraufhin die Springerstiefeljournalisten.

“Absolut ja!”   “Aber was wird denn konkret getan?”

Kleinfeld: “Bleiben wir mal bei uns: Fast kein anderes Land beschäftigt sich so intensiv mit Umweltschutzthemen. Das Thema ist in der Bevölkerung voll akzeptiert und wird täglich umgesetzt…”

Ich breche hier das Interview mit ihm ab. Das ist ein derartiger Schwachsinn – wie ihr nur ein “Arbeiterkind aus Bremen” verzapfen kann! Ich weiß wovon ich rede, denn ich komme selbst aus Bremen. Das ist das Bundesland wo “täglich Umweltschutzthemen umgesetzt werden” und der Bürgermeister regelmäßig zur Kaffeeernte nach Nicaragua fährt, während der  größte Kaffeeröster Jacobs Reprints von seltenen Anachozeitschriften sammelt und seine Schwester Öko-Bauernhäuser mit Möglichkeiten zum Selberbacken für alleinerziehende Mütter baut.  Ohne Scheiß!

Die FAZ, die sich heute mal nicht mit dem Elektrokartell bzw. mit dem Kartellamtsärger von Siemens befaßt, vermeldet dafür – vorab! dass heute der Bundesumweltminister Gabriel zusammen mit dem Ex-Naturschutzbund-Präsidenten Flasbarth eine große Wolfskonferenz in Berlin veranstaltet. Das Tagungsthema lautet: “Wer hat Angst vorm bösen Wolf?” Die BILD-Zeitung lieferte dazu bereits seit Tagen “Meinungsmunition”, in dem sie den einen Tag in die Richtung und den anderen Tag in die andere Richtung Panik verbreitete: Die Wölfe (in der Lausitz) sind völlig harmlos! Die Wölfe sind eine zunehmende Gefahr! Heute war letzteres dran – mit einigen auf Wölfe erpichten Jägern als O-Töner: “Schießt die deutschen Wölfe ab!” lautete die Überschrift.
Während hierzulande – wie Thomas Pynchon beschrieb, die Wölfe sich nächtens in gutgekleidete Dandies verwandeln, zum Schrecken der ganzen Bevölkerung, ist es in Russland genau umgekehrt: Dort verwandeln sich nächtens Verbrecherbanden in Werwölfe,. wobei sie allerdings die Kommandostrukturen von kommunistischen Partisanen beibehalten. Das Wieder-Wölfisch-Werden in der Wirtschaft hier thematisierte vor einiger Zeit ein Matthias Glaubrecht im Tagesspiegel, nachdem er einmal an einer Geschäftsleute-Delegation teilgenommen hatte: “Wir beobachten, wie unsere Chefs mit den uns Unbekannten der anderen Gruppe umgehen und lernen,die interne Rangordnung unserer Gegenüber kennen. Das erspart Zeit und Auseinandersetzungen mit den Ranghohen der Gegenseite”. Soso! In seinem  Plädoyer für die “Alpha-Tiere” argumentierte der Autor ausschließlich biologisch – vor allem mit der Wölfischen “Rangordnungsstruktur” (Struktur! wie Komplex das klingt!), die er ob ihrer Effektivität tautologisch als erfolgreiche “evolutionäre Anpassung an die räuberisch-umherschweifende Lebensweise der Wölfe” bezeichnete. Es kam aber noch dicker: In der FAZ rezensierte ein Lorenz Jäger (!) die neu herausgegebenen Schriften von Herbert Marcuse – unter dem Titel “Traktat von der Friedlichkeit der Wölfe”. Damit bezog er sich auf Marcuses Meinung, die Sowjetunion müsse man zwar “theoretisch denunzieren”, der wahre Feind seien jedoch die USA. Der antikommunistische FAZ-Autor  geriet darüber geradezu in ein  metaphorologisches Delirium: “Dies war nun die Botschaft, die Marcuse in den sechziger Jahren verkündete. In der Epoche des Diskurses mußten die sieben Geißlein mit besserem theoretischen Rüstzeug von den friedlichen Absichten des Wolfs überzeugt werden, und da war es nützlich, auf eine Abhandlung zurückgreifen zu können, die bewies, dass man die Raubgier der Wölfe unterschätzt habe. Hinzu kam das bewährte Kreidefressen.” Was meint er damit bloß?! Ähnlich albern-antikommunistisch kommt der spanische Film “El Lobo” (Der Wolf) des französischen Regisseurs Courtois daher: Um die Terroristen der ETA zur Strecke zu bringen, schleust sich ein Spitzel namens Eguia über das Bett der schönen Kämpferin Amaia in die Organisation ein – und läßt schließlich die ganze ETA-Führung hochgehen. Das ist ein Film ganz auf dem Neivau von dicken Cochones.

So viel zum gemeinen Euro-Wolf, nun zum russischen, über den gerade Victor Pelewin “Das heilige Buch des Werwolfs” veröffentlichte. Wladimir Kaminer las die russische Originalfassung und schrieb anschließend:

“Das heilige Buch des Werwolfs” ist eine Gebrauchsanweisung für Nichts, eine Instruktion zum Überleben im Schwebezustand. Außerdem spricht Pelewin in diesem Buch noch ein anderes großes Problem unserer Zeit an, das nicht nur für Rußland aktuell zu sein scheint: die Existenz der Werwölfe. Inzwischen haben auch die Russen die Janusköpfigkeit des Kapitalismus erkannt. Es geht also doch: Privat ein großes Herz für Kinder, beruflich ein Halsabschneider unter Erwachsenen. Der zivilisierte Wolf im heutigen Wald spricht zuerst mit dem Hasen über die Gerechtigkeit und geißelt die soziale Kälte, bevor er ihn verputzt. Um diesen Spagat zu halten, benötigt der Wolf die Fähigkeit, sich zu verwandeln.

Ich als großer Fan der traurigen Literatur aus Rußland habe das heilige Buch des Werwolfs buchstäblich verschluckt. Meine Frau weigerte sich, es zu lesen. Mehr noch, sie versteckte das Buch in der hintersten Reihe des Bücherregals. Ich fasse die Geschichte kurz zusammen, wohl wissend, daß ich damit dem zukünftigen Selbstleser den Spaß verderbe, aber ich kann nicht anders. Es geht darin um zwei Werwölfe. Der eine ist ein Fuchs und weiblich. Sie heißt Ahuli und arbeitet als Prostituierte in Moskau, obwohl sie keine wirklichen Geschlechtsorgane besitzt. Sie ist eine Jungfrau mit einem Fuchsschwanz, der sich augenblicklich von klein zu riesengroß entfalten kann. Als eine herausragende Gesprächspartnerin wird Ahuli von ihrer erlesenen Kundschaft hochgeschätzt. Sie kann über Finanzen, Kunst und Politik, Religion und Philosophie parlieren, obwohl sie keine eigenen Gedanken dafür braucht, nur ein gutes Gedächtnis. Als Fuchs erzählt sie den Leuten das, was sie von anderen gehört hat und alle sind begeistert von ihrem Charme und ihrem Scharfsinn. Dann laden ihre Kunden den Werwolf aufs Zimmer ein. Sie verschwindet kurz im Badezimmer, befreit ihren Fuchsschwanz aus der Hose und benutzt ihn als Sender. Mit Hilfe dieses Schwanzes versetzt Ahuli ihre Kunden in einen Trancezustand. Unter Hypnose haben die Kunden eine Vision – in der ihre verwegendsten Träume wahr werden, sie vollziehen ihre Liebesspiele allein im Bett, wobei der Fuchs sich mit ihren Energien auflädt und anschließend sogar noch Geld von ihnen dafür bekommt. Wenn aber der Kunde zu früh aus dem Trancezustand erwacht und die Wahrheit sieht, bleibt ihm das Herz stehen oder er springt aus dem Fenster. Denn ein Mensch darf einen Werwolf nicht bei der Arbeit erblicken. In diesem Fall wird ihm statt eines schönen Traums eine nicht auszuhaltende Wahrheit über sein Leben zuteil, die kein Menschenherz erträgt.  Der Werwolf ist jedoch eine christliche Gestalt, ohne Geschlechtsorgane, aber mit einem Gewissen. Seine Mission ist es, die Menschen zu verwirren, nicht sie zu töten. Deswegen leidet der Werwolf fürchterlich, wenn er einen Kunden auf diese Weise verliert.

Eines Tages lernt der Fuchs einen jungen Mann namens Alexander kennen, der sich nicht hypnotisieren läßt.  Alexander ist Generalleutnant bei der Staatssicherheit und selbst ein Werwolf. Als solcher leitet er eine Werwolf-Abteilung des Dienstes, die eine wichtige Aufgabe zu erledigen hat. Im Auftrag der Regierung heulen die Werwölfe seiner Abteilung die Öl-Pipelines an. Jedesmal, wenn der Druck in einer Öl-Leitung nachläßt, werden die Offiziere nach Sibirien geflogen. Dort betteln sie Mutter Erde an, ihnen noch ein wenig vom schwarzen Gold zu geben. Sie müssen das Herz der Erde erweichen. Das gelingt aber auf Dauer nicht jedem. Die meisten Offiziere können sich nur mit starken Drogen zur Verwandlung zwingen, dadurch verliert ihr Heulen an Glaubwürdigkeit, das Herz der Erde bleibt hart – und die Ölquelle versiegt. Der junge Werwolf Alexander kann sich jedoch ohne wenn und aber verwandeln – immer wenn sein Land ihn ruft. Als Generalleutnant und Patriot ist ihm die anarchistische Sicht von Ahuli zuwider, er verliebt sich aber um so heftiger in das Mädchen. Beide Werwölfe diskutieren ausgiebig über das Schicksal Rußlands, sie vertreten dabei zwei entgegengesetzte Positionen. Alexander ist für die Ordnung und einen starken Staat , Ahuli besteht auf persönliche Freiheit. Beide wissen aber , daß sie der anderen Welt, der Welt der Werwölfe, angehören. Und ihre Welt wartet bereits seit zweitausend Jahren auf den Erlöser, den Überwerwolf, der kommen und allen aus der Patsche helfen wird, wie es die alten Schriften prophezeien. Doch was oder wer der Überwerwolf sein soll, verraten die alten Schriften nicht. Ahuli als progressiver Werwolf hält die Erscheinung des Überwerwolfes für okkultistischen Unsinn, sie ist davon überzeugt, das der Überwerwolf in jedem einfachen Werwolf steckt. Man muß nur eine gewisse seelische Vorarbeit leisten, um den Überwerwolf in sich zu entwickeln. Der junge Generalleutnant Alexander glaubt dagegen an eine magische Verwandlung. Er geht davon aus, dass der Stärkste zu einem Superwerwolf mutieren kann. Wer das sein wird, ist für ihn keine philosophische, sondern eine politische Frage. Ein Russe oder ein Amerikaner? Alexander hofft sehr, dass er selbst es sein wird. Ahuli lacht ihn aus. Sie streiten und lieben sich. Dann küssen sich die beiden. Dabei verwandelt sich Alexander in einen kleinen schwarzen Hund mit fünf Beinen. Ein Schock für alle. Seine Karriere ist zu Ende, er kann nicht mehr heulen, er wird entlassen und bekommt sogar vorsichtshalber drei silberne Kugeln in den Bauch, die ihm jedoch nichts anhaben können. Ahuli hilft ihm, sich zu seiner neuen zivilen Existenz zu bekennen.

Durch einen Zufall erkennt der geschasste Generalleutnant aber, das er als Hund eine noch wertvollere Fähigkeit besitzt: Er kann mit einem bloßen Gedanken allem Lebendigen ein Ende bereiten. Daraufhin wird er wieder bei der Staatssicherheit eingestellt – und nun ist er noch mehr davon überzeugt, er sei der Überwerwolf. In Wirklichkeit aber ist es seine Freundin Ahuli, zufrieden löst sie sich in einen Regenbogen auf.

Zum heiligen Buch des Werwolfs von Pelewin gehört auch ein Soundtrack: Mit einem Lied der holländischen Band “Shocking Blue”, dem alten Latinoschlager “Quezas”, mit dem Lied “Wolodja”, gespielt von einem Kollektiv aus Angola, in dem sie anscheinend Wladimir Lenin besingen und den Imperialismus geißeln, mit einer russischen Romanze und außerdem noch drei Tracks aus dem Lieblingsfilm meiner Frau, einer chinesischen Serie namens “China Ghoststory”. Ich glaube diese CD kann helfen, die Werwölfe auszumachen. Deswegen möchte ich sie zukünftig während unserer Tanzveranstaltung Russendisko  auflegen. Wir haben es dort ständig mit einem verwandlungsfähigen Publikum zu tun. Besonders klar wird mir das immer am Tag danach. Da kommen sie alle an und erkundigen sich am Tresen höflich nach ihren Klamotten.. “Ich hatte gestern bei Ihnen meine Jacke vergessen.. dann noch so ne Hose und solche Schuhe…” In der ganzen zivilisierten Welt haben die Verwölfe immer eine Plastiktüte bei sich, in der sie ihre Sachen unmittelbar nach der Verwandlung verstauen, nur in Berlin sind es solche Chaoten…

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https://blogs.taz.de/hausmeisterblog/2007/02/13/kartellaerger-ohne-ende-fuer-siemens/

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kommentare

  • […] > Ja und wer sich Windows XP wirklich einmal von nahem angesehen hat > (haben hier eh die wenigsten MS-Basher, also was solls), der weiss, > dass eine Windows XP Installation durchaus 10 > Windows-98-Neuinstallationen überstehen kann. Das ist allerdings stark. Linux verträgt nicht eine Windows-Neuinstallation, weil da alles gnadenlos geplättet wird. > Weisst Du, die meisten > Pinguin-Popper hier, besitzen nämlich gerne mal die Frechheit, Linux > KDE (natürlich so aktuell wie möglich) mit Windows 9x zu > vergleichen. Was an FUD kaum zu übertreffen ist! Ach komm. Es gibt nur einen FUD-Master. Alles andere sind Waisenknaben. > Zwangsaktivierung? Hatten Shareware-Autoren schon Jahre vor > Microsoft. Ja, was meinst Du wohl, was manche > Nicht-Microsoft-Software nervig sein kann, wenn es um das Thema > Produktregistrierung geht. Da ist MS noch ein Unschuldslamm gegen, > aber 100pro! So schlimm ist es doch schon in der Szene? > MS hat immerhin nicht umsonst auch ein > Datenschutzabkommen mit der EU abgeschlossen. Liest man das bei > irgendeinem anderen Hersteller? Nein. Die PR ist eine der Stärken der Firma. > Im übrigen geht Microsoft damit gegen Raubkopierer vor – was deren > gutes Recht ist. Oder soll Microsoft dieses Recht auch noch > abgesprochen werden? Die wollen halt mit Windows auch verdienen. Gibt es noch einen weiteren Grund? > Ich stelle nämlich mal die These auf: die meisten, die hier so > ausgiebig über Windows und MSOffice motzen, haben mindestens ein > Produkt davon von einem Freund/Bekannten “ausgeliehen”. Braucht man gar nicht. Man lernt die Programme schon dadurch kennen, dass die Nachbarn immer nach Hilfe schreien. […]

  • Noch mal ein Erinnerungsstück:

    “Uns gehört das Öl! schreien die Perser”

    Schon dieser Titel ist eine Unverschämtheit. Dabei ist Erich Kuby, der Autor des nachfolgenden Artikels, der 1951 in der Süddeutschen Zeitung erschien, eigentlich alles andere als ein elitärer eurozentristischer Kalter Krieger. Er flog im Juli 1951 nach Teheran, um über den “Hinauswurf” der Anglo Iranian Oil Companie (AIOC) in Abadan und über die Verstaatlichung der persischen Ölindustrie zu berichten. 1989 nahm er diesen Text in eine Sammlung von Artikeln auf, die er zwischen 1946 und 1989 geschrieben hatte und die dann der BRD-Verlag Hanser sowie ein Jahr später der DDR-Verlag Volk und Welt unter dem Titel “Mein ärgerliches Vaterland” veröffentlichten.

    Wenig später wurde er Kolumnist des aus der DDR-Wochenzeitung “Sonntag” hervorgegangenen “Freitag”. Bereits 1957 hatte Erich Kuby eine Recherchetour durch die DDR unternommen, wobei er diese mit der BRD verglich. Seine Eindrücke und Überlegungen veröffentlichte er damals als Buch. U.a. kam er darin zu dem Schluss, dass es nur im Osten eine politisierte, zu “Unruhen” fähige, studentische Jugend gäbe: “Westdeutsche Jugend findet politisch nicht statt”; dies galt auch und erst recht für die in Westberlin, die er damals noch als “bürgerlich” und antikommunistisch verhetzt einschätzte. Dieser Befund sollte sich jedoch bald und nicht zuletzt durch sein eigenes Wirken geradezu umdrehen, wofür ihn die Freie Universität in Westberlin im Sommersemester 1965, das als “Kuby-Semester” in ihre Geschichte einging, mit einem Haus- und Redeverbot ehrte.

    In seinem Persien-Text aus dem Jahr 1951 ist von einer solchen Sicht auf die Dinge nichts zu spüren, im Gegenteil: Dieser strotzt vor Arroganz gegenüber den zerlumpten und unausgebildeten persischen Arbeitern, die sich anheischig machten, die klugen, hochorganisierten Engländer an der Öltechnik abzulösen:

    “Es ist ein Proletariat gezüchtet worden, dem ein Knochen hingeworfen werden mußte. Dieser Knochen ist die Nationalisierung des Öls, und es ist Mussadeq wirklich gelungen, in dieser Frage das Volk vor seinen Karren zu spannen,” schreibt Kuby an einer Stelle, und an anderer: “Es ist in der Tat alles so, daß man sich fragt, ob man an den Folgen eines Hitzschlags verrückt geworden ist oder ob dies Wirklichkeit ist: hier ein kaum noch atmendes Werk, eine der größten, höchst organisierten und technisierten Verwirklichungen des Kapitalismus, dort Menschen, die darüber sprechen, als ob es sich darum handelt, einen Milchladen zu übernehmen…”

    Heute haben wir eine ähnliche Situation in Venezuela, wo der Mussadeq Hugo Chavez heißt, und so wie Kuby damals argumentiert jetzt und in diesem Fall die FAZ, die auch schon mal einen Berichterstatter zu den umkämpften nigerianischen Ölfeldern schickte, dem dafür die britische Ölgesellschaft BP ihr Flugzeug zur Verfügung stellte.

    Es geht auch ganz anders, wie sich am Beispiel des Hinauswurfs der englischen Ölgesellschaft (Burma Oil Company) in Burma zeigen läßt – wenn man sich dabei auf burmesische statt britische Berichterstatter verläßt.

    Die Briten hatten die burmesischen Ölfelder in drei Kriegen gegen das Land und sein Königshaus zwischen 1824 und 1885 erobert und sie dann sukzessive modernisiert, außerdem erschlossen sie sich dort weitere Ölfelder, wobei sie ein einheimisches Proletariat “heranzüchteten” – und zusätzlich noch indische Ölarbeiter ins Land holten. Als diese sich organisierten und für bessere Arbeits- und Lebensbedingungen kämpften, gelang es der englischen Ölgesellschaft, sie rassistisch gegeneinander auszuspielen – mit dem intendierten Erfolg, dass es zu schweren Pogromen unter ihnen kam.

    Zu diesem Zeitpunkt hatte die BOC bereits Konkurrenz im burmesischen Ölgeschäft bekommen – u. a. durch die »Indo-Burma-« und die »British Burma-« Petroleum Companies. Und es begann eine systematische geologische Erforschung Zentralburmas. Für das Land, das zunächst von Indien mitregiert wurde, erließ man spezielle »Mining Rules«, außerdem nahm eine »Oilfield Commission« ihre Arbeit auf, deren Aufsichtsrat sich aus Vertretern der verschiedenen Öl-Gesellschaften zusammensetzte.

    Hintergrund des schon einige Jahre vor Beginn des Ersten Weltkriegs gestiegenen Interesses der englischen Regierung an Burma-Öl war die Aufrüstung der deutschen Flotte zur Sicherung und Ausweitung deutscher Übersee-Besitzungen. Sie bewog den damaligen Innenminister Winston Churchill zu einem Meinungswechsel in bezug auf die Modernisierung der englischen Marine. Nachdem man ihn 1911 zum Ersten Lord der Admiralität emannt hatte, setzte der später geadelte Churchill eine Umrüstung der Flotte von Kohle auf Öl durch. Damit war England zwar von den unsicheren Öllieferungen – vor allem aus Persien – abhängig, aber laut Churchill gab es keine andere Wahl für das Einpire. Mit der Erschließung und Modernisierung der Ölfelder in Burma und Indonesien versuchten die englischen Ölfirmen die Abhängigkeit von Persien zu mindern.

    Ein anonym gebliebener englischer Öl-Manager schrieb über die »Burma Petroleum Industry«: »Steady development of the oilfields continued until 1939« – in jenem Jahr wurde Churchill emeut zum Ersten Lord der Admiralität ernannt. Mit dem Zweiten Weltkrieg kam jedoch langsam der Nachschub an englischer Öl-Technik und Ersatzteilen ins Stocken, bis die Invasion der Japaner in Burma sogar die komplette Zerstörung der Öl-Anlagen notwendig machte. Das geschah im März 1942.

    Der anonyme Ölmanager gibt an, daß die in die Luft gesprengten Anlagen einen Wert von 40 Millionen Pfund Sterling hatten. Sein Bericht darüber erschien 1946 in Bombay, wohin sich etliche der in Burma arbeitenden englischen Ölleute zurückgezogen hatten. Obwohl die englische Luftwaffe anschließend noch einmal mehrere der zerstörten Öl-Anlagen und -Einrichtungen bombardierte, gelang es den Japanern während ihrer zweijährigen Besatzungszeit, wieder 80 000 Barrels in Burma zu fördern.

    Um die Produktion zu forcieren, hatten die dafür abkommandierten japanischen Armeeoffiziere zusammen mit den wenigen noch vorhandenen burmesischen Fachkräften zunächst ein »Oilfield Rehabilitation Committee« gebildet, aus dem dann mit der englischen Rückeroberung des Territoriums die »Burma Oilfield Rehabilitation Unit« hervorging.

    Diese Zentralinstanz »Unit« war dann nach der Rückeroberung Burmas durch die Engländer u.a. auch für die Einstellung von Ölarbeitern zuständig. Zunächst fanden jedoch nur sehr wenige beim Wiederaufbau Arbeit, außerdem erkannten die Engländer das zuvor von den Japanern ausgegebene Besatzungsgeld nicht an: Es kam zu Demonstrationen und anti-britischen Kampagnen. Die Zahl der Ölarbeiter hatte zuletzt – 1940 – etwa 15 000 betragen: davon waren 9000 waren burmesischer und 6 000 indischer Herkunft. Sie bildeten die Avantgarde der Industriearbeiterschaft im bis heute agrarisch geprägten Burma.

    1939 ging aus den Arbeitskämpfen der Ölarbeiter ein Generalstreik aller burmesischen Arbeiter und Studenten hervor, der sich zu einer breiten Unabhängigkeitsbewegung ausweitete. Bis zur tatsächlichen Unabhängigkeit Burmas, 1948, sank die Erdölförderung im Land von 7,7 Millionen Barrel 1941 auf unter 200 000 Barrel 1947.

    Die erste demokratisch gewählte Regierung Burmas, das U Nu Government, hatte sich schon bald mit den Ansprüchen der Alteigentümer der Ölquellen zu befassen, die von den Ölgesellschaften die Herausgabe ihrer Brunnen verlangten, eine Minderzahl, die bereits wieder über ihre Brunnen verfügte, erbat sich von der Regierung finanzielle Unterstützung bei den Reparaturen. Auch die “Petroleum Workers Association Yenangyaung” und die “Oilfields All Employees Association Chauk and up-river fields” wandten sich hilfesuchend an ihre Regierung in Rangoon. Gleichzeitig wurde versucht, den Absatz von Petroleum über lokale Märkte wieder in Gang zu bringen. In dieser Situation ließ die BOC die Produktion in Yenangyaung stilllegen: “aus Sicherheitsgründen”.

    Als der Druck der dadurch arbeitslos gewordenen Ölarbeiter sich in der Forderung nach Verstaatlichung der Ölindustrie niederschlug, gründete die Regierung mit der BOC ein “Joint Oil Venture” (JOV), in dem sie später Mehrheitsgesellschafter wurde. Die Fördermengen fielen jedoch weiterhin. Hauptabnehmer für sämtliche Petroleumprodukte war eine Handelstochter der BOC, die nicht in den Joint-Venture-Vertrag eingebunden war, aber nun die Preise bestimmte: die “British Merger Co”.

    1962 wurde die Regierung U Nu durch einen Putsch des Militärs gestürzt, das Programm des Generals Ne Win hieß “Burmas Way to Socialism” Im darauffolgenden Jahr wurde die gesamte burmesische Ölindustrie verstaatlicht. Zu dem Zeitpunkt produzierte sie noch 5000 Barrel täglich (1 Barrel entspricht 43 Gallonen).

    Aber das Engagement der bei der “nationalen Rekonstruktion” der Ölproduktion tätigen Arbeiter war groß: Es mußte improvisiert, gebastelt und zusammengearbeitet werden und jeder verfügbare nur irgendwie fahrbare Untersatz wurde eingesetzt, um zumeist gebrauchte Ausrüstungs- und Ersatzteile heranzuschaffen. Sechs neue Ölfelder konnten bis 1978 erschlossen werden, mit Bohrungen bis zu 3000 Metern. Auf der heutigen 45-Kyat-Banknote befindet sich ein Porträt des revolutionären Ölarbeiters Bo Hla Gyi, auf der Rückseite ist ein alter handgegrabener Ölbrunnen neben einigen modernen Fördertürmen abgebildet.

    Darum ging es mir mit meinem Beispiel: Daß die Verstaatlichung der Ölquellen unausweichlich war und daß die burmesischen Arbeiter dann den fehlenden Technik-Nachschub aus Europa und die abgezogenen ausländischen Techniker durch Enthusiasmus und Engagement ersetzten – mit Erfolg.

    Ähnliches geschah bereits kurz nach der russischen Revolution und dem darauffolgenden Bürgerkrieg in Baku und 1945 in der DDR – beim Wiederaufbau der zerstörten Industrieanlagen. Einige alte burmesische Veteranen bekommen noch heute leuchtende Augen, wenn sie an die Zeit des Wiederaufbaus zurückdenken: “Damals war alles möglich! Es herrschte eine ungeheure Aufbrauchstimmung. Und ‘geht nicht’ – gab es nicht!” Ich nehme an, solche O-Töne hätte Erich Kuby 1951 auch bei persischen Ölarbeitern einsammeln können, er zog es jedoch vor, der überheblichen Empörung der englischen Öl-Techniker und -Manager über ihren “Hinauswurf” deutschen Ausdruck zu verleihen.

  • Ergänzung zur “Wer hat Angst vorm Bösen Wolf?”-Veranstaltung des deutschen Umweltministers:

    Kürzlich lief im Fernsehen ein Mehrteiler über “Wolfskinder”- das sind die Kinder von sogenannten “Waldmenschen” – deutsche Landser, die 1944 versprengt wurden in Litauen und sich in den Wald flüchteten, wo sie antikommunistische Partisanengruppen bildeten, von der litauischen Landbevölkerung teilweise unterstützt. Die Waldmenschen wurden erst Mitte der Fünfzigerjahre vom KGB liquidiert, woraufhin die “Wolfskinder”, über die es ein ganzes Buch im Basisdruck-Verlag gibt, weiter in der Gegend dort herumirrten. In dem deutschen Drecks-TVfilm nun sind es vor allem süße kleine Kinder, die von ganz realen Wölfen bedroht werden. Also eine Neuauflage von “So weit die Füße tragen” – wo die Wölfe aus Sibirien geflüchtete deutsche Kriegsgefangene verfolgten. Nun sind die Flüchtlinge noch hilfloser und süßer – nämlich Kinder – und die Wölfe, da farbig, noch blutgieriger.
    Das Ergebnis – nach Ausstrahlung dieses Scheißfilms – eine Spiegelnotiz:

    Keine Hilfe für deutsche “Wolfskinder”

    Das Schicksal von rund hundert in Litauen lebenden Deutschen beschäftigt den Petitionsausschuss des Deutschen Bundestags. Die auch als “Wolfskinder” bekannte Gruppe erbat soziale Unterstützung – übereinstimmend lehnten drei Ministerien jedoch aus formalen Gründen jedwede Hilfe ab. Schätzungsweise 5000 elternlose deutsche Kinder hatten sich zwischen 1944 und 1947 in litauischen und ostpreußischen Wäldern in Rudeln (deshalb “Wolfskinder”) durchgeschlagen. Sie lebten noch Jahrzehnte bei litauischen Familien mit einer falschen Identität. Heute beziehen sie Renten zwischen 28 und 200 Euro im Monat. Bis 2005 ließ das Bundesinnenministerium jedes Jahr Weihnachtspakete an die Hilfsbedürftigen schicken. Mit dem EU-Beitritt Litauens stoppte die Behörde die Lieferungen. Sozialhilfe könne seit 2005 nicht einmal ausnahmsweise an die früheren Flüchtlinge im Baltikum gezahlt werden, argumentiert das Ministerium für Arbeit und Soziales. Schließlich ginge es den Deutschen nicht schlechter als den Litauern, und Sozialhilfe dürfe nicht “zu einer materiellen Besserstellung im Vergleich zu den Mitmenschen der Wolfskinder führen”. Auch das Auswärtige Amt bekräftigte, “bei einem Verbleib in Litauen ist eine Gewährung von Sozialhilfe nicht möglich”. Aber die betagten Leute wollen oder können nicht nach Deutschland: “Alte Bäume verpflanzt man nicht, sie gehen ein”, schrieb die Vorsitzende des Vereins Edelweiß-Wolfskinder in Vilnius, Luise Quitsch-Kazukauskiene, nach Berlin, “nur wenige von uns sprechen noch Deutsch. Viele sind alt und gebrechlich.” Immerhin könnte die Gruppe ihr “Vereinsleben pflegen”, schrieb das Bundesinnenministerium, und “kostenlos Veranstaltungen und Versammlungen” in der mit deutschen Geldern unterstützten Begegnungsstätte in Klaipeda durchführen. Jedoch werde die Förderung der deutschen Minderheit im Baltikum “voraussichtlich 2008 auslaufen”.

  • Zur Erinnerung:

    In den Siebzigerjahren baute Siemens in Buschir im Iran ein Atomkraftwerk für den Schah. 1995 übernahm Russland die Wartung und die Lieferung neuer Bauteile. Im selben Jahr warnte laut taz der US-Außenminister Warren Christopher erneut vor einer “nuklearen Zusammenarbeit” zwischen Rußland und Iran. Kurz zuvor – bei der Privatisierung des DDR-Edelelektrokonzerns Elpro – geriet Siemens mit GE aneinander: GW wollte die Elpro AG von der Treuhand kaufen, doch Siemens pochte in bezug auf die DDR auf “Heimatschutz” (ein IEA-Item). Einen Tag vor Vertragsunterzeichnung einigten sich die Siemens- und GE-Manager in Belgien: GE trat vom Kauf der Elpro AG zurück und Siemens half dafür GE, wieder ins Iran-Geschäft reinzukommen.

    Über das iranische AKW hieß es in der taz 1995:

    Der vor 20 Jahren von der Siemens- Tochter KWU begonnene Bau eines Atomkraftwerks im Süden Irans soll von Rußland zu Ende gebracht werden. Das staatliche iranische Fernsehen berichtete am Samstag abend, bei Verhandlungen mit dem russischen Atomminister Viktor Michailow in Teheran sei vereinbart worden, die Anlage in Buschir für 800 Millionen Dollar (1,25 Milliarden Mark) fertigzustellen. Beide Seiten wollten am Wochenende die noch offenen Fragen klären und ein formelles Abkommen schließen. Der erste der beiden Reaktorblöcke solle in vier Jahren fertiggestellt werden, erklärte der stellvertretende Direktor des Atomkraftwerks, Chabir. An dem Projekt würden auch etwa 40 iranische Firmen beteiligt.

    Die KWU (Kraftwerk Union AG), seit 1977 eine hundertprozentige Siemens-Tochter, hatte 1975 mit dem Bau der zwei 1.200-Megawatt-Reaktoren am Persischen Golf begonnen. Nach der Islamischen Revolution von 1979 wurde das Projekt zunächst aufgegeben. Das zu 80 Prozent fertiggestellte AKW wurde dann im iranisch-irakischen Krieg von 1980 bis 1988 mehrfach bombardiert.

    Der Iran hatte versucht, auf der Erfüllung der Verträge durch Siemens zu bestehen, und auch Siemens hätte gerne das AKW fertiggebaut. Doch 1991 erklärte das Bundeswirtschaftsministerium unmißverständlich, daß der Münchner Konzern keine Ausfuhrgenehmigung für den Weiterbau erhalten würde. Die Regierung in Teheran suchte sich daher andere Verbündete. Im April vergangenen Jahres unterzeichnete sie ein Abkommen mit China und Rußland über die Zusammenarbeit bei der friedlichen Nutzung der Atomkraft.

    In jüngster Zeit häuften sich die Berichte, wonach Iran die Entwicklung einer Atombombe weiter vorangetrieben haben könnte als bisher vermutet. US-Verteidigungsminister William Perry sagte am vergangenen Donnerstag, Iran werde vermutlich in spätestens fünf Jahren über Kernwaffen verfügen. Exiliraner beschuldigen die Regierung in Teheran, das Kraftwerk in Buschir sei ein wesentlicher Bestandteil in der militärischen Planung. Der Präsident der Iranischen Atomenergieorganisation, Resa Amrollahi, hat diese Vorwürfe bestritten.

    Nach einem Bericht der New York Times sorgt das iranische Atomwaffenprogramm jedoch in Israel für Befürchtungen und könnte zu einem israelischen Präventivschlag gegen die Nuklearanlagen des Iran führen. Israel war schon 1981 gegen das Atomwaffenprogramm eines verfeindeten Staates vorgegangen und hatte mit seiner Luftwaffe eine Atomanlage im Irak zerstört.

    2006 kündigte Israel eine ähnliche Zerstörungsaktion gegenüber dem Iran an. Und auch die USA machten sich anheischig, im Iran zu intervenieren, um dessen Atomprogramm zu zerstören.

    Zuvor – 2003 – schrieb die taz:

    Der Iranische Staatspräsident hat die Weltöffentlichkeit mit neuen Einzelheiten des Atomprogramms seines Landes überrascht: Mohammed Chatami erklärte jetzt, die Regierung habe die Herstellung von Kernbrennstäben und die Urananreicherung im eigenen Land beschlossen. Sie sollen in zwei Atomanlagen in Isfahan und Kashan aus eigenen Uranvorkommen produziert werden. Die Internationale Atomenergiebehörde (IAEO) sei schon 2002 darüber informiert worden, so der Leiter der iranischen Atombehörde, Gholam-Resa Aghasadeh.

    Damit ist das Land einen Schritt weiter auf dem Weg zu einer geschlossenen inländischen Herstellungskette vom Uranabbau bis zum AKW. Laut gültigen Verträgen will der Iran für sein bisher einziges AKW Buschir den Brennstoff aus Russland importieren. Auch wurde laut Chatami eine Uranmine entdeckt. Sie liege rund 200 Kilometer von der Stadt Jasd entfernt, der Abbau habe bereits begonnen.

    Iranische Offizielle betonen immer wieder, dass sie keineswegs ein atomares Rüstungsprogramm verfolgen. Wegen des rasant wachsenden Bedarfs an Strom dürfe sich das Land nicht nur auf seine Erdgas- und Ölvorräte verlassen, so die Argumentation. In den nächsten 20 Jahren werde der Iran 6.000 Megawatt Strom mehr brauchen, den Kernkraftwerke liefern sollten, sagte im Dezember der iranische Außenminister Kamal Charrasi.

    Eric Arnett vom schwedischen Friedensforschungsinstitut Sipri wies schon vor Jahren darauf hin, dass sich der Iran hüten werde, Israel und den USA einen Vorwand für ein militärisches Eingreifen oder einen Luftangriff auf Atombetriebe zu liefern. Andererseits arbeitet der Iran an einem Raketenprogramm. Er kaufte Know-how und Technik aus Nordkorea und Russland. Die daraus resultierende iranische Eigenproduktion “Schihab 3” erziele “zufrieden stellende” Resultate und eine Reichweite von 1.600 Kilometern”, so der Direktor des Moskauer Instituts für Strategische Studien (PIR), Wladimir Orlow, im Dezember letzten Jahres. Die ballistische Rakete kann mit dieser Reichweite den als Hauptfeind eingestuften Irak, aber auch Israel erreichen.

    Wenn auf die Schihab Atomsprengköpfe montiert werden sollen, ist ein ganzes Spektrum aufwändiger Technik nötig: von hochreinem Plutonium oder stark angereichertem Uran bis zu komplizierter Elektronik.

    Die USA beschuldigen den Iran schon lange, unter anderem das AKW in der südiranischen Hafenstadt Buschir (häufig auch nach englischer Art “Bushehr” geschrieben) für die Erzeugung von Plutonium zu nutzen. Dieses AKW wurde in den Siebzigerjahren unter dem Schah von der deutschen Siemens/KWU begonnen, 1979 nach der islamischen Revolution aber gestoppt. Mit Hilfe russischer Technik wird der Rohbau seit Jahren zum AKW aufgerüstet und soll als 1.000-Megawatt-Reaktor des Typs WWER-1000 schon Ende dieses Jahres in Betrieb gehen. Ein zweiter Reaktor ist mit den Russen bereits vertraglich vereinbart.

    Beim Betrieb eines solchen Atomkraftwerks entsteht Plutonium. Das müsste jedoch für einen Bombenbau in einer aufwändigen Wiederaufbereitungsanlage aus den Brennstäben gewonnen werden. Eine solche WAA hat das Land nach westlichem Kenntnisstand jedoch nicht.

    Inspektoren sollen nun die Unschuld des Iran beweisen: “Wir haben für Ende Februar den IAEO-Chef Mohammed al-Baradei selbst eingeladen, unser Land zu besuchen und auch unsere Atomprojekte zu besichtigen, damit jegliche Fehldeutung ausgeräumt wird”, sagte gestern Gholam-Resa Aghasadeh von der Atombehörde.

    Der Spiegel berichtete 2007:

    Derzeit speisen 435 Reaktoren in 31 Staaten Atomstrom in die Netze. Sie decken 6,5 Prozent des globalen Energiebedarfs und verbrauchen im Jahr an die 70 000 Tonnen Uranbrennstoff. Ein Sechstel des produzierten Stroms stammt aus Atomkraftwerken (AKW), ähnlich viel wird mit Wasserkraft erzeugt.

    29 zivile Anlagen befinden sich im Bau, 64 in konkreter Planung, und weitere 158 sind zumindest im Gespräch. Nur sechs werden zurückgefahren und langsam abgeschaltet. Der Preis von Uran hat sich seit 2002 versiebenfacht und betrug zuletzt 72 Dollar pro englisches Pfund (454 Gramm). Dass bisher kein Endlager für stark strahlenden Müll existiert, wird als nachgeordnetes Problem erachtet. Nur im finnischen Eurajoki ist ein politisch offenbar kaum umstrittenes Endlager im Bau; dort soll der Nuklearabfall am Grund von maximal 520 Meter tiefen Schächten im Granit gelagert werden.

    Haupthindernis für den Meilerbau sind nicht mehr wie früher die Atomkraftgegner, sondern die nach wie vor immensen Kosten.

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