vonHelmut Höge 16.02.2007

Hier spricht der Aushilfshausmeister!

Helmut Höge, taz-Kolumnist und Aushilfshausmeister, bloggt aus dem Biotop, dem die tägliche taz entspringt.

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Es kommt immer dicker. Bald muß man den “Elektroriesen” (Playboy) bzw. den “Global Prayer” (Penthouse) Siemens noch in Schutz nehmen – vor dieser ganzen Meute blutgieriger Journalisten, karrieristischer Staatsanwälte,  frustrierter Ex-Siemensianer und dreibeiniger Kampfzwerge (Spiegel). Was sich allein heute an Siemensia – Siemens-Scheißnachrichten – angesammelt hat, würde jeden normalen Unternehmer (gibt es so etwas überhaupt?) sofort in den Suizid treiben.  Namhafte Coca-Cola-Vertreter raten inzwischen dem “Münchner Konzern” (Praline), wenigstens seinen “Big Boß” (Pralle Möpse) Klaus Kleinfeld zurück nach Bremen-Walle zu schicken: “Da, wo er hergekommen ist!” (Wümme Kurier). Hier erst mal die “Top-News” (Yvonne Butterfield) aus der Weltpresse:
1. Siemens schmierte die CDU (Vanity Fair)!

2. Siemens schmierte die Gewerkschaft (europolitan)!

3. Siemens machte dicke Geschäfte mit der burmesischen Militärdiktatur – trotz eines weltweiten Wirtschaftsbokykotts (burma-news)!
(Das habe ich übrigens selbst vor einigen Jahren gesehen: In allen Telefonvermittlungszentralen Burmas befanden sich sündhafte teure Siemens-Schaltanlagen – die man uns stolz zeigte: “The best from Germany!”)

4.  Es gab mehrere Razzien in Siemens-Büros am Donnerstag – in Nürnberg, Erlangen und München. Die Fahnder gingen dem Verdacht nach, “dass es zu Zahlungen ohne den Nachweis einer konkreten Gegenleistung an einen Vertragspartner gekommen” sei, berichtet der Westberliner Tagesspitzel – wie üblich völlig korrupt – von seinen Wirtschaftsredakteuren, die natürlich beim Konzern (bei der “Wirtschaft”) nicht in Verschiß geraten wollen – und deswegen stets so berichten – objektiv! , dass kein Schwein was versteht, außer – in diesem Fall – irgendwelche Siemens-Manager. Es geht hierbei darum zu prüfen, “ob steuerliche Vorschriften verletzt worden seien” (tsp).

Kein Wort darüber, was für welche – stattdessen die Versicherung: “Der Fall stehe in keinem Zusammenhang mit dem Koruptionsskandal um schwarze Kassen”. Und ferner:  “Der Konzern sicherte  (in diesem neuerlichen Fall) der Staatsanwaltschaft Nürnberg die volle Unterstützung zu. Der Fall sei Siemens bekannt und bereits Gegenstand eigener Untersuchungen gewesen”. (tsp) Trotzdem wollte sich der Siemens-Konzern nun “zu Details nicht äußern” – meldete die SZ, die allerdings ebenso wie spiegel-online mehr als der Tagesspitzel weiß und auch prompt vermeldete: “Es soll dabei um einen  hochdotierten Beratervertrag mit einem  Geschäftspartner (GP)  aus Deutschland gehen…”  Na, das ist ja mal ein e “SZ-Information” an der man sich Hände und Füße wärmen kann.  Denn inzwischen weiß selbst der dümmste”Siemensianer”, dass Berater dazu da sind, die Siemensgeschäftswünsche gemäß den  IEA-Richtlinien  – schmieren, bestechen,  fertig machen, etc.  – zu exekutieren. In diesem Fall wurde dem Berater laut SZ “im Herbst bereits gekündigt”. Na dann ist ja alles in Ordnung. Aber glaube niemand, dass dies aus moralischen Gründen geschah – im Gegenteil! Im übrigen war der ominöse “Partner” (was für ein Schweinewort übrigens!) “mehr als ein Jahrzehnt für mehrere Sparten von Siemens tätig”. Geht man so mit einem armen Frontschwein um?

5. Die Springerstiefelpresse – BILD – druckt heute statt eines weiteren Interviews mit dem Bremer Arbeitersohn Kleinfeld (“Siemens-Chef”) Jubeltexte und -photos von Jennifer Lopez ab, die ihren Arsch für sage und schreibe 340 Millionen Dollar versichert hat, weil sie sich sagte: Nicht big tits come everywhere (siehe A.N.Smith), sondern expansive asses! Und – sie hat recht behalten: Unser Berlinale-Chef Wowereit (Wowi) rollte ihr heute und/oder gestern prompt den roten Teppich aus!

Von gewöhnlich gut unterrichteten Greisen war dafür zu erfahren, dass der “Siemens-Chef” (Kleinfeld) gerne Amerikanisch dummquatscht – und dabei “Cola Light” trinkt! Das muß man sich mal vorstellen: Ein erwachsener Bremer oder Müchner – egal, der Cola Light trinkt! Eigentlich ist das verwerflicher als alle Korruptionstatbestände, -versuche und -geschichten. Es ist schon schlimm genug, dass jemand hierzulande “Coca Cola” trinkt. Aber “Cola Light”! Ein Getränk, dass die US-Topzuhälter Bob Guccione und Hugh Heffner hier eingeführt haben – immer dann nämlich, wenn sie mal wieder auf Blondinen- bzw German Fräuleinsuche in der BRD waren – und sich dazu – so vermeldete es regelmäßig die Springerstiefelpresse, “extra Cola Light aus den USA (o lala) einfliegen ließen”. Ohne Scheiß! Das haben sie wirklich und das hat tatsächlich dann auch diese Springerstiefelpresse so berichtet, sowie dann auch die deutschen Ausgaben von Playboy und Penthouse. Diese beiden Auto-Tittenmagazine verhalten sich zueinander wie McDonald’s und Burgerking bzw. wie Coca Cola und Pepsi Cola bzw. wie Starbucks Coffee und Balzac Coffee. Und natürlich hat unser Bremer Arbeiterkind – Kleinfeld – das sofort kopiert – von Hefner und Guccione. Gibt es etwas Jämmerlicheres und Blöderes auf der Welt, als “Cola Light” zu trinken – und das auch noch der Presse zu stecken?!

Wahrscheinlich hat der (adlige) Siemens-Pressesprecher extra Anweisungen bekommen, es “off the records” über seinen “Boß” den Journalisten nach einem “Briefing” mitzuteilen: “Human Touch! Cola Light!
6. Die SZ vermeldet überdies: “Nun will Siemens die interne Kontrolle verbessern”. Dazu liegt den investigativen Journalisten in München bereits ein “Programm” vor. Alle Achtung! Es ist ein “Sechs-Punkte-Programm”! Ein big fucking deal also! Und dabei geht es “um initiale Maßnahmen zur Sanierung von wesentlichen Schwächen”. Schwächen! Das schreiben diese Münchner Schnullis einfach so hin – unkommentiert, um sodann fortzufahren: “Als besonders wichtig erachtet der Konzern die Reduzierung  externer Bankkonten”, diese sollen zudem “langfristig” sogar  “zentral abgewickelt” werden. Dazu wird – nun schon völlig belämmert und von der ganzen Cola Light-Trinkerei geradezu lobotomisiert erklärt:

Beim IEA-Partner General Electric (GE) arbeiten “70%” der Prüfer in der Zentrale, während es bei Siemens bisher nur “25%” seien. Zusätzlich wird noch eine “kriminaltechnische Abteilung” aufgebaut, außerdem soll die “Compliance-Abteilung”, wo bisher nur Cola-Heavy getrunken wurde, direkt der Zentrale unterstellt werden, d.h. dem neuen “Ex-Staatsanwalt Daniel Noa”, den wir bereits aus der Treuhand kennen und schätzen gelernt haben, wo er superhart durchgriff und so manchen Schweinerei mit bzw. von in- und ausländischen Betrügern verhinderte! Kleiner Scherz!

Auch bei Siemens läuft sein segensreiches Wirken nun auf strikte Verhinderung hinaus – denn laut SZ “will Siemens offenbar verhindern, dass Hinweise auf illegale Praktiken in der Hierarchie hängenbleiben”. Das ist nun wieder so kryptisch bzw. doppeldeutig formuliert, dass es einem glatt die Schuhe ausziehen würde, wenn es sich bei diesem Satz nicht um die SZ und Siemens handeln würde. Oder sind die SZler in diesem Fall sogar NDmäßig scharfsinnig gewesen und wollten es nur nich so klar ausdrücken: Fürderhin soll nichts mehr “in der Hierarchie hängenbleiben”, also “die Hierarchie” sauber bleiben – und nur noch die Geldboten belangt werden, irgendwelche Aushilfshausmeister auf Honorarbasis?!

Genug! kommen wir zu dem deutschen US-Schweineblatt “Vanity Fair”, das weltweit die dämlichsten, unmoralischsten und verficktesten Promis featurt: Dabei geht es nur darum – groß aufgemacht natürlich, dass der Geldkofferträger Lüthje (wahrscheinlich auch ein Bremer Arbeiterkind) der CDU unter Kohl regelmäßig Geld von der Industrie überbrachte – “von Ende der 80er- bis Anfang der 90-Jahre” (also zwei bis drei mal!) auch von Siemens, insgesamt 5-6 Millionen Mark. In Deutschland müssen es bei schweinösen Summen immer 6 Mio sein – 6 Mio umgebrachte Juden, 6 Mio Arbgeitslose, 6 Mio Alkoholiker usw. – insgesamt 740.000 Eintragungen gibt es bei Google inzwischen zu “Sechs Millionen”.

Heinrich von Pierer (“Ex-Siemens-Chef”) gab dazumal zu Protokoll, “dass es möglich sei, im Unternehmen große Zahlungen ohne die Kenntnis des Siemens-Vorstandes abzuwickeln”. Mal ganz was Neues!

Und seitdem steht “Aussage (Lüthje) gegen Aussage (Pierer). Gründe für Spenden gab es genug – laut “Vanity Fair” (“Faire Eitelkeit” auf Deutsch – bei den Amis muß ja alles “fair” zugehen – selbst die größten Sauereien!): “Damals tobte der politische Streit, ob der deutsche Telekommunikations- und sichere Siemens-Heimatmarkt der Konkurrenz geöffnet werden solle. Siemens war Hoflieferant der Deutschen Bundespost. Der Elektroriese stemmte sich so erfolgreich gegen die Liberalisierung, dass die Kohl-Regierung das Monopol erst 1990 aufhob.” Das schreibt “Faire Eitelkeit” – und alles in einem Artikel, ohne sich des Widerspruchs bewußt zu sein, dass die CDU-Bestechungsgelder, die ja  angeblich “von Ende der 80er- bis Anfang der 90-Jahre” gezahlt wurden – genau in die Zeit fielen, da das Postmonopol und damit das “Hoflieferantentum” von Siemens  fiel. Die Frage stellt sich hier höchstens: Hat Siemens dem Kanzler Kohl vielleicht nicht genug gezahlt? Und auch das nur hypothetisch, denn die Zahlungen sind – wie ein SPDler bedauert: “nicht gerichtsfest”.
Nun zu den Gewerkschaften – auch da gibt es ein Fragezeichen (bei der europolitan-Meldung, die sich auf den Spiegel stützt):

“Die Nürnberger Staatsanwaltschaft hatte am gestrigen Mittwoch erneut mehrere Standorte des Siemens-Konzerns in München, Erlangen und Nürnberg durchsucht. Laut “Spiegel Online” waren die Schmiergeldzahlungen an den Gewerkschaftler der Grund für die neuerlichen Ermittlungen. Siemens soll demnach nicht astreine Zahlungen an den Bundesvorsitzenden der Arbeitsgemeinschaft Unabhängiger Betriebsangehöriger (AUB) getätigt haben. Die Organisation ist mit rund 19.000 Betriebsräten in einer Vielzahl von Unternehmen in Deutschland vertreten.

Mutmaßlicher Drahtzieher der Schmiergeldzahlungen an die AUB ist der ehemalige Siemens-Manager Wilhelm Schelsky. Nicht ersichtlich ist der Meldung zufolge der Verbleib eines Betrages in Höhe von 14,4 Millionen Euro.”

Nicht bestätigt wurde dagegen eine taz-interne Meldung, dass Siemens nicht nur die CDU, die Gewerkschaften und rund 150 Länderregierungen weltweit bestochen hat, sondern auch den neuen Bundesumweltminister – und zwar für seine vorgestrige Wolfskonferenz in Berlin. Danach soll er angeblich die tickets von Siemens bezahlt bekommen haben, um die weltberühmte französische Pianistin und Wolfsliebhaberin Hélèle Grimaud einzuladen. Dazu hieß es aus dem Ministerium:

“Im Anschluss an die Tagung “Wer hat Angst vorm bösen Wolf” (9.30 bis 18 Uhr) findet ein Abendempfang statt, in dessen Rahmen die Pianistin und Wolfschützerin Hélène Grimaud ein Gespräch mit Bundesumweltminister Sigmar Gabriel führen wird.”

In der taz – offline – hieß es 2006 über diese weltberühmte Pariser Sodomistin – in einer antiwölfischen Presseschau:

“Das wird ein gutes Wolfsjahr”, hatten wir nach den ersten einlaufenden Wolfsnachrichten noch frohlockt. Aber dann hielten sich Wolfsforschung und -feuilleton doch merklich zurück: Der auf die Auflösung der Nationalökonomien und der Transnationalisierung der Betriebsökonomien drängende Neoliberalismus gab sich selbst, sozusagen real, derart wölfisch – das der ideologische Überbau dagegen eher auszubalancieren versuchte. Die Nachrichtenspalten waren voll mit Foltergeschichten, Attentate, Überfälle – Jugendliche, die Ausländer oder Klassenkameraden ermordeten, Mütter, die ihre Kinder verkommen ließen, Väter, die sie erschlugen usw…. Und dagegen mobilisierte das Kapital die Massen nun nicht mehr zur Fabrikarbeit, sondern demobilisierte sie. Mit dem Zerfall von Familien, Belegschaften und sozialen Gewißheiten wird der Mensch dem Menschen langsam auch in den reichen Metropolen zum Wolf. Demgegenüber nehmen sich die abenteuertouristisch und – ökologisch motivierten Echtwolf-Wiederansiedlungsprojekte geradezu albern aus. Die wenigen Berichte darüber bemühten sich denn auch, diese Versuchswölfe in die allgemeine Regierungspropaganda einzuspannen, also ihre Nützlichkeit (als “Öko-Gesundheitspolizei” z.B.) herauszustreichen, oder, wie zuletzt die BZ, ihr vorbildlich militärisch-autoritäres Verhalten zu loben: “Nur der Boss hebt das Bein” – also nur von oben befohlene Gewalt ist natürlich und somit gut, ebenso wie demgegenüber ein “devotes Begrüßungsritual” von unten. Der Autor hat dabei jedoch eher an den  “Transatlantik-Pakt” seines eigenen (Springer-)Verlags  aus dem Jahr 2001 gedacht, als an neuere Erkenntnisse der Verhaltensforschung.

Dagegen hatte die Plus-Redaktion der  F.R. bereits am 27.Juli in einem, ironisch “Lob des Wölfischen” betitelten Artikel, Stellung genommen, wobei sie die sich auf Thomas Hobbes berufenden  deutschen Neocon-Ideologen Miegel, Schmitt und Steingart mit dem Historiker Paul Nolte kritisierten, der stattdessen Aristoteles empfahl: “da lernt man etwas über Bürgeridentität, über politische Solidarität und verantwortliche Gemeinschaft, statt über die Kontinuität des real existierenden Egoismus mit seiner wölfischen, auch von einem ausufernden Leviathan nicht mehr beherrschbaren Vorteilsnahme auf Kosten der Gemeinschaft.” (von der in Athen allerdings die Sklaven und Frauen ausgeschlossen waren!)

Auch hierbei wird noch politisch mit dem Wolf argumentiert – wenn auch pro und contra, wie es sich für ein Inntelligenzblatt gehört (dessen Plus-Beilage dann übrigens eingestellt wird). Umgekehrt war  man am 11.Juni in der F.R.-Redaktion Aus-aller-Welt verfahren: Dort meinten ausgerechnet polnische  Wolfsforscher aus Bialowieza, die wiederangesiedelten Wölfe hätten ohne “Blutsauffrischung” keine “Überlebenschance”: Das sächsische Rudel z.B. bräuchte unbedingt “Inzucht-Antidepressiva”, also neues Genmaterial aus dem Osten – und das sei nur mittels “Migrationskorridore” möglich. Diese Neuauflage eines diesmal nur für Wölfe gedachten “polnischen Korridors”  soll aus ununterbrochenen Waldstreifen – am Besten von Sibirien bis in die Pyrenäen  – bestehen: eine Art grüne Wolfsautobahn.

Jahreszeitenbedingt gaben dann auch die deutschen Wolfsforscher eine Pressemitteilung heraus: Nahe Schwarze Pumpe in der Neustädter Heide hätte wieder eine Wölfin gesunde Jungen zur Welt gebracht, womit sich das dortige Rudel auf zwölf erhöht habe. Der Tagesspiegel ergänzte am 16.Juli: Wegen der dadurch demnächst ansteigenden Verluste an Hühnern und vor allem Schafe verhandele die sächsische Regierung bereits mit dem Schafzüchterverband um die Höhe der Entschädigungssummen, die man rechnerisch mit den zu erwartenden  Einnahmen aus dem Wolfstourismus ausgleichen will. Um dafür “näher an Mensch und Tier zu sein” waren zuvor im märkischen Neustadt/Spree und im sächsischen Rietschen  “Wolfsbüros” eröffnet worden, wie der Tierrechtsverein Canis auf seiner Webpage berichtete – unter der die Sachsen düpierenden Überschrift: “Brandenburg ist Deutschlands Wolfs-Einwanderungsland Nummer eins”.

Zu allem Überfluß meldeten dann auch noch die Nachrichtenagenturen, dass quasi das ganze Wolfsrudel Ostsachsens spurlos verschwunden sei: “Ist es nach Polen ausgewandert?” fragte die F.R. am 15.Juli entsetzt. Die Boulevardzeitungen vermuteten dagegen, dass es von Jägern erschossen wurde. Dieser “Ente” trat jedoch sofort der “Wolfsexperte” des Dresdner  Umweltministeriums, Gruschwitz, entgegen: Das seien haltlose Spekulationen von Naturschützern – bar jeder Wolfskenntnis! Er bestritt sogar, dass die Tiere überhaupt verschwunden seien. Sie wären wahrscheinlich nur mal kurz nach Polen übergewechselt, um sich dort zu vermehren, dies würden jedenfalls Berichte nahelegen, die ihm kürzlich bei seinem Besuch drüben vorgelegt worden seien. Wie dem auch sei: “Sachsens Wolfrudel steht jedenfalls auf unsicheren Füßen,” so der CDU-Umweltminister Flath – durchaus besorgt. Aber mit der “schrumpfenden Bevölkerung” Ostelbiens würden sich die “Überlebenschancen für die Wölfe” doch langsam verbessern, beruhigte ihn der Präsident des Bundesamtes für Naturschutz in der “Zeit”.

Ende des Sommers kamen die Wolfsjäger noch einmal via dpa ins Spiel: der “passionierte Waidmann” Joachim Bachmann  scheiterte da nämlich mit einer Klage vor dem Dresdner Verwaltungsgericht – mit der er das Recht zum Abschuß von Wölfen erwirken  wollte: “Unsere Vorfahren waren ja wohl nicht verrückt, als sie die Wölfe ausrotteten,” argumentierte er (in der BILD). Die Richter hielten laut F.R. vom 12.Oktober dagegen: Die Anzahl der Wölfe in Ostsachsen (die sich zu der Zeit angeblich noch immer zu dreizehnt zwecks Genauffrischung in Polen herumtrieben) sei nicht besorgniserregend hoch. “Mit 16 vermuteten Tieren liege das  ‘Wolfsland’ [so der neue Name für die ehemalige Militär- und Tagebauregion], sprich mit 3,1 Wölfen pro Quadratkilometer, weltweit eher im Mittelfeld.” Ähnlich sahen auch die transnational operierenden Manager die Welt. Ein Siemensvorständler meinte im Handelsblatt: “Deutschland” müsse jetzt zügig die halb stecken gebliebenen “Reformen vorantreiben”. Wenig später setzte der Karstadt-Quelle-Chef Thomas Middelhoff in der FAZ noch einen drauf: “Wir haben uns bisher von 25.000 Mitarbeitern getrennt – das ist eine einzigartige Turn-around-Story”. – Deutsch-Betriebswirtschaftlich gesehen vielleicht, aber “weltweit” war das auch eher “Middelfeld”.

Nun war jedoch erst Mal wieder die Springerpresse dran. Sie griff noch einmal auf eine bereits mehrfach von ihr ausgewalzte “Story” über einen “im Dickicht der Lausitz” lebenden “Waldmensch” zurück: Dieser, ein Arbeitsloser namens “Jürgen (41)”, lebt dort in einer “Lehmhütte mit Frau und Baby” – und Bild fragte sich nun am 12.Oktober – nachdem das Dresdner Gericht die Jagd auf Wölfe abgeschmettert hatte: “Jäger in großer Sorge! Holen sich Lausitz-Wölfe bald das Wald-Baby?”  Tatsächlich passierte dann jedoch das Gegenteil, dass nämlich einige brutalisierte Männer in der Türkei einen jungen Wolf fingen und zu Tode quälten, wie das Internet-Wolfsinfo ‘Canis’ berichtete. Der Präsident des Animal Welfare Counsel von Izmir, Ozgun Ozturk, hatte ihm dazu fünf Beweisfotos sowie ein anklagendes Wolfsgedicht zur Verfügung gestellt. In letzterem argumentierte er ungefähr so: Wenn die Menschenrechte sogar für Neocons und Manager gelten sollen, dann doch wohl auch und erst recht für Wölfe – ihrem Totemtier quasi.

Noch einen Schritt weiter ging dann die Junge Welt, indem sie sogar einige “unabhängige Gewerkschafter” als “Wölfe im Schafspelz” bezeichnete: Gemeint waren damit von der CIA nach Kuba entsandte und dort dann inhaftierte “Delegierte” einer kubanischen “Arbeitervereinigung”, die zwar “vor Ort keine Anhänger haben – in Miami dafür umso mehr”. Und für diese Feinde des Sozialismus setzten sich nun mehrere “Menschenrechts-Organisationen” ein! Zuvor hatte die selbe Zeitung  bereits im Zusammenhang einer Aufführung von Lutz Hübners “Gotteskrieger” im Gorki-Theater vom “Internen Wolf” gesprochen. In dem Stück ging es um den selbstmörderischen Überfall auf das Moskauer Operettentheater. Die Hauptfigur ist ein Terrorist namens Zac, dessen Gewaltbereitschaft aus sich selbst erklärt wird: “Zacs interner Wolf rumort unter seiner Bauchdecke synchron mit vulkanischen Rockrythmen.”  Diese abgesehen von der Popmusik alle gesellschaftlichen Hintergründe ausklammernde Inszenierung wurde von der Jungen Welt ebenso verrissen wie dann Wes Cravens neuer  Horrorfilm “Verflucht” von der Jungle World:

Es geht darin um ein Geschwisterpaar, das von einem menschenfressenden Werwolf verletzt  wird und daraufhin selbst zu blutgierigen Monstern mutiert. Am Ende geht dieses “unerträglich sympathische Streberpärchen” sogar auf den “Urwerwolf” los, “der in seinem Dasein als Mensch im Grunde kein Bösewicht, sondern ein ebenso angepasster und fader Zeitgenosse wie seine Gegenspieler ist”. Es gelingt den beiden, ihn mit einem silbernen Tortenheber zu töten – und damit ihre eigene Verwerwolfung wieder rückgängig zu machen: Der Filmemacher habe mit diesem blöden Happyend jedoch “eines der wichtigsten Gesetze des Genres missachtet: Das Böse ist nicht aus der Welt zu schaffen!”  Wer den Werwolf endgültig zur Strecke  bringt, tut damit also in jeder Hinsicht unrecht.

Vor allem, weil “der Trend zum Wolf” ja doch unvermindert anhält, wie die Berliner Zeitung am 19.November fast erleichtert feststellte. In dem Artikel geht es ebenfalls um “vulkanische Rockrythmen” und um unseren “inneren Wolf”, der ebenso wenig ausgerottet werden kann wie der Echtwolf – da draußen in Ostsachsen z.B.: “Nach Howlin’ Wolf, Superwolf, Guitar Wolf, We Are Wolves und den großartigen Wolf Eyes durften wir nun eine weitere Rock’n’Roll-Band erleben, die ihr musikalisches Schaffen dem Lobpreis der wölfischen Wildheit gewidmet hat.” Gemeint ist damit die kanadische Band “Wolf Parade” und ihr Konzert in der “Arena”, auf dem ihr “mehrstimmiges Geheul, die euphorische Hymne und das schmerzhafte Jubeln” zu hören waren, wobei ein Teil ihrer Wolfstöne von einem Therminvox herrührte. Dieses Instrument wurde 1920 von dem russischen Elektronikpionier Leo Thermin erfunden, der es sogleich Lenin vorführte – und dieser war natürlich begeistert, dass man mit reiner Elektrizität sogar Musik machen kann. Dass es nur zu Wolfgeheul taugt, hat er dabei überhört. Für uns ist daran jetzt interessant, dass es sich bei den Wolfsforschern an Oder und Neiße ebenso ausschließlich um  Frauen handelt wie bei den professionellen Thermenvox-Spielern (sechs sind es weltweit).

“Warum Frauen Wölfe lieben?” fragte sich die Welt denn auch am 15. Dezember: Früher sorgten die “Märchen des Patriachats” dafür, dass Mädchen und junge Frauen besonders große Angst vor Wölfen hatten und “Staat, Kirche und Familienoberhaupt” vorgaben, sie vor diesen Bestien zu beschützen. Heute sind die Frauen dagegen weitgehend auf sich allein gestellt – und was passiert? Prompt laufen sie den erstbesten Wölfen sozusagen in die Arme. Aber statt sich zu wehren, “verfallen sie ihnen”, wie der Welt-Meister Eckhard Fuhr schreibt, der sich dabei auf drei neue Bücher von und über “Wolfsfrauen” stützt: auf die Autobiographie “Wolfssonate” der französischen Pianistin Hélène Grimaud, die ein Wolfsgehege besitzt und immer wieder gerne mit ihrem Alphatier um die Wette heult;  auf den Text- und Bildband “Wölfe in Deutschland” von Beatrix Stoepel, in dem es um die Biologin Gesa Kluth geht, die in der Lausitz für das  “Monitoring” von Wölfen zuständig ist; und auf die Autobiographie der tschechischen Zootechnikerin Tanja Askani, die als Falknerin im Tierpark Lüneburger Heide arbeitet und einmal einen “kleinen Wolf” geschenkt bekam, den sie ihrer Drahthaarhündin Senta unterschob, die gerade “scheinträchtig, mit prallem Gesäuge” darniederlag, ihr Buch heißt “Wolfsspuren – Die Frau, die mit den Wölfen lebt”.

Als  “Schlüsselszene” für seine These hat der Rezensent die Beschreibung des ersten Wolfskontakts der Französin Grimaud ausgemacht: Nachdem eine zahme Wölfin ihren Kopf an die hingehaltene Handfläche der Autorin geschmiegt hatte, “spürte ich augenblicklich einen stechenden Funken, eine Entladung im ganzen Körper, einen einzigartigen Kontakt, der meinen ganzen Arm und meine Brust bestrahlte…” Desungeachtet – d.h. obwohl es sich dabei um eine “französische Erfahrung” handelt – schlußfolgert der leidenschaftliche Jäger Fuhr daraus: “Wölfe sind in Deutschland Frauensache geworden” – spätestens seit “dem Tod des legendären Wolfsforschers Erik Ziemen”, dessen Frau bereits einige Jungwölfe quasi eigenbrüstig aufgezogen hatte, so will es jedenfalls die Legende, und Ziemens eigene daraus geschlussfolgerte Theorie, dass auf diese Weise die Frauen einst aus wilden Wölfe unterwürfige (d.h. treue) Hunde machten. Jetzt geht aber dieser ganze zivilisatorisch-verzähmte Prozeß aus der Zeit des Übergangs von der Jagd zur Viehzucht noch einmal wieder von vorne los. Die Weihnachtsnummer von Emma  handelt davon, dass immer mehr Männer keine Kinder haben bzw. wollen: Sie werden als “einsame Wölfe” bezeichnet, doch das schade ihrem sozialen Ansehen keinesfalls – im Gegensatz dazu sei aber “das Image der kinderlosen Frau miserabel”. Die deutsche Wolfsforschung ist demnach nur ein Aspekt der Gender-Studies. (Finanziert von der Siemens-Stiftung?)

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https://blogs.taz.de/hausmeisterblog/2007/02/16/siemenswoelfe-muss-man-langsam-gegensteuern/

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kommentare

  • Noch mal Rüdiger Klapproth (Wolfsburg)

    Ein Kommentar zu dem türkischen Wolf:

    Im türkischen Fernsehen lief eine Serie “Tal der Wölfe”, in der der Serienheld – mit Kontakten zur Unterwelt – rambomäßig und reihenweise kurdische Widerstandskämpfer der PKK erledigte. Daraus wurde dann ein Spielfilm – quasi als Fortsetzung im Kino. Und nun hat man auch die TV-Serie fortgesetzt. Doch es gab tausende von Anrufer, die sich gegen diese rassistisch-faschistische und gewaltverherrlichende Scheiße wehrten.

    Die FAZ schreibt: “Zudem setze die TV-Serie ins Bild, was für die Türken immer mehr zu einer schrecklichen Gewissheit geworden ist: dass es einen ‘tiefen Staat’ gibt, in dem Mitglieder des Staats und der Sicherheitsapparate jenseits des Gesetzes mit der organisierten Kriminalität zusammenarbeiten und sich dabei auf die Rettung der türkischen Nation und deren Staat berufen.

    Nicht wenige türkische Jugendliche hätten begonnen, sich wie der Hauptdarsteller zu kleiden und in ihrer Umgebung Angst zu verbreiten, beobachtet die regierungsnahe Zeitung ‘Zaman’. Für die Zunahme der Gewalt an den Schulen macht sie das ‘Tal der Wölfe’ mitverantwortlich. ‘Hürriyet’ zitiert Mitglieder der Medienaufsichtsbehörde, die fürchten, Vorbilder wie Alemdar könnten neue ‘Ogün Samasts’ hervorbringen. Der siebzehn Jahre alte Arbeitslose Samast hatte am 19. Januar den armenisch-türkischen Intellektuellen Hrant Dink kaltblütig erschossen.”

    Dies als Ergänzung zu den Wolfs-Meldungen.

  • Rüdiger Klapproth (Wolfsburg)

    Ein Kommentar zur AUB: In Wolfsburger IG-Metall- und VW-Kreisen geht man davon aus, dass es sich bei der AUB, die im Zusammenhang der Schmiergeld-Ermittlungen gegen Siemens gestern heimgesucht wurde, um ein etwas anderes Korruptionsmodell als das bei VW handelt: Statt mit “Nutten” und Reisen wurde hier mit Überweisungen gearbeitet – mit “Zahlungen von Siemens ohne erkennbare Gegenleistung”. Erkennbar ist aber wohl, dass hiermit nicht wie bei VW einzelne Gewerkschafter und Betriebsräte zu Arbeiterverätern gemacht wurden, sondern eine Siemens-Fake-Gewerkschaft gegründet wurde, die die DGB-Gewerkschaften aus dem Konzern verdrängen sollte. AUB heißt “Arbeitsgemeinschaft unabhängiger Betriebsangehöriger”. Unabhängig! Wenn man nicht der IG-Metall angehört – ist man als Arbeitnehmer unabhängig! Was für eine verlogene Bande! Bundesvorsitzender der AUB ist ein Ex-Siemensmitarbeiter namens Wilhelm Schelsky.

    “Wir sind über diese Ermittlungen erschrocken, aber es geht dabei um vermutete Beziehungen zwischen Herrn Schelsky als Privatmann und Siemens”, sagte eine AUB-Sprecherin der FAZ von heute. Die AUB selbst stehe nicht im Zentrum der Untersuchung. Allerdings seien auch Büros von AUB-Betriebsräten am Siemens-Standort Erlangen durchsucht worden.Von Schelsky und Siemens waren am Donnerstag keine weiteren Auskünfte zu erhalten. Die AUB ist mit Hildegard Cornudet auch im Siemens-Konzernaufsichtsrat vertreten!

    Die seit 1986 bundesweit tätige branchenübergreifende Arbeitnehmervereinigung hat nach eigenen Angaben 32 000 Mitglieder und stellt rund 10 Prozent der deutschen Betriebsräte. (Wahrscheinlich sind alle in Siemensfirmen tätig).

    Schelsky selbst ist ein früherer Mitarbeiter von Siemens. Die AUB gilt als im Konzern stark verwurzelt. Die Vereinigung versteht sich als Alternative zum Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) und zur IG Metall. Im Internet empfiehlt sich die AUB als Institution, die “ideologiegeprägte Grabenkämpfe” mit der Arbeitgeberseite ablehne und stattdessen “eine konstruktive Auseinandersetzung” anstrebe.

    Dieser Satz könnte auch von Peter Hartz stammen.

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