vonHelmut Höge 16.05.2007

Hier spricht der Aushilfshausmeister!

Helmut Höge, taz-Kolumnist und Aushilfshausmeister, bloggt aus dem Biotop, dem die tägliche taz entspringt. Gonzo-Journalismus der feinen Art.

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Unter diesem Motto mobilisierten einige Leute aus dem Wrangel-Kiez eine Diskussions- und Protestveranstaltung im Altersheim Falckensteinerstraße gegen den Bau eines Mc Donald’s Drive-In an der Ecke Saklitzerstraße/Wrangelstraße. Es kamen über 100 Leute – und sie versprachen, mehr zu werden, außerdem eine breite und scharfe Anti-Mc Donald’s-Kampagne in S.O.36 (der autonome Teil Kreuzbergs – im Gegensatz zu 61, dem alternativen Teil Kreuzbergs, den man auch als die Futonficker vom Südstern bezeichnet). Der grüne Kreuzberger MdB Christian Ströbele sagte seine Unterstützung des Widerstands zu. Dafür mußte er sich heute im Tagesspiegel von einem Praktikanten, der zum ersten Mal ein fetziges Feuilleton und das auch noch auf Seite 1 schreiben durfte, ganz böse anti-alternative Worte gefallen lassen. Aber er brachte immerhin einige Leser darauf, auch noch die ganzen Döner-Anbieter in Kreuzberg zu agitieren.
Hier die Presseerklärung der Initiatoren der Kreuzberger Anti-Mc Donald’s-Kampagne:

Liebe aktive MitstreiterInnen,

sorry, dass die Mail so spät kommt....
Erstma super von Euch, dass Ihr alle gekommen seid gestern und wir hoffen,
ihr werdet euch auch nächsten Mittwoch wieder zum Treffen in der
Falckensteinstraße 6 einfinden!!!

Wir haben heute morgen eine PM (siehe unten) rausgegeben, und die Presse
ist schon gut aufgesprungen. Heute abend wird der rbb in der Abendschau
berichten sowie diverse Tageszeitungen morgen (BZ, Tagesspiegel,
Welt...)...

Philipp hat schon eine Mailingliste eingerichtet, werden euch da morgen
eintragen, dann haben wir ja schon mal eine Kommunikationsplattform (siehe
Infos morgen)... zudem hat er die Domains www.keinmcdoofinkreuzberg.de und
www.kein-mc-doof-in-kreuzberg. de für uns gesichert (vielen Dank dir!).

Alles weitere werden wir dann auf der Mailingliste besprechen.
Leitet die PM ruhig an alle weiter!

Mit kämpferischen Grüßen,
Sarah und Katrin


Sehr geehrte Damen und Herren,

wir möchten Sie auf folgende Pressemitteilung aufmerksam machen:


Pressemitteilung, 10.05.07

Kreuzberg muss Mc Donald's ? frei bleiben!

Gegen die geplante Mc Donald's Filiale in Verbindung mit einem Mc Drive in
der
Wrangelstr. Ecke Skalitzer Str. in Kreuzberg hat sich gestern eine
BürgerInneninitiative gegründet. Über 100 AnwohnerInnen, SchülerInnen,
Kiez-Initiativen und andere politisch Aktive fanden sich zusammen und
begannen mit den Planungen für eine bunte und laute Kampagne gegen den
Fast-Food Konzern.

Wir wenden uns aus politischen, ökonomischen, ökologischen und
ernährungstechnischen Gründen gegen eine Mc Donald's Filiale im Kiez.
Politisch, da für uns weder der Ansatz der kulturellen und gastronomischen
weltweiten Gleichschaltung, für den Mc Donald's mit seiner agressiven
Expansionstrategie steht, noch die Produktions- und Arbeitsbedingungen der
Kette akzeptabel sind.
Ökonomisch, da durch eine Kette, die durch Rationalisierungen Kampfpreise
anbieten kann, viele kleine Gewerbetreibende und eine gewachsene Struktur in
Kreuzberg gefährdet werden.
Ökologisch, da vor allem durch einen Mc Drive das ohnehin schon starke
Verkehrs­auf­kommen auf der Skalitzer Str. und den Anrainerstraßen noch
verstärkt wird, in denen sich auch mehrer Schulen befinden.
Hier liegt auch die besondere Bedeutung der ernährungstechnischen Kritik. Da
sich drei Schulen in direkter Nähe befinden, würde hier vor allem der
Fast-Food Konsum von Kindern und Jugendlichen gefördert und die Bemühungen
Berlins um ein gesundes und vollwertiges Schulessen konterkariert werden.

Das nächstes Treffen der BürgerInneninitiative ist am Mittwoch, den 16.Mai um
19 Uhr in der Falckensteinstraße 6. Alle Interessierten sind herzlich
willkommen!

Bei Fragen: keinmcdoofinkreuzberg@yahoo.de

Fastfood-Kettenreaktionen

Alle sechs Stunden eröffnet irgendwo auf der Welt ein neues McDonald’s-Restaurant. Und dann gibt es noch Burger King, gleich Pepsi – in seinem ewigen Ringen mit Coca-Cola – ein Me- too-Produkt, wie Unternehmensberater Firmen nennen, in denen Marketingleute die Entwicklungsabteilung ersetzen. Das heißt, der Burger-King-Konzern aus Miami macht alles, was auch beim Branchen-Ersten McDonald’s aus Illinois erfolgreich ist – vom Fleischklops mit Käse bis zur Kindergeburtstagsparty. Einziger Unterschied: Beim Fast-food-Ersten werden die Hamburger gebraten, beim -Zweiten gegrillt.

McDonald’s steigerte seinen globalen Umsatz 1994 von 7,4 auf 8,4 Milliarden Dollar – mit nunmehr 15.205 Restaurants und 745 „Satelliten-Lokalen“. Burger King erreichte zur selben Zeit mit weltweit 7.547 Restaurants (Company-eigen oder im Franchise-System) und 270.000 MitarbeiterInnen einen Umsatz von 7,5 Milliarden Dollar. Allein auf Hawaii gibt es 2.000 Burger-King-Restaurants, außerdem eine Burger-King-Universität. Seit der Wende hat Burger King, seit 1985 beim britischen Nahrungsmittelkonzern („Wimpy“) Grand Metropolitan PLC, in Ostdeutschland zwölf Restaurants eingerichtet. In Berlin gibt es bis jetzt 24 Lokale, in den Ostberliner Bezirken Pankow und Schöneweide erfreut sich ein Burger-King-Drive-thru großer Beliebtheit, das entsprechende McDonald’s-Drive-in befindet sich – wegen der dort ehemals stationierten U.S. Army – in Zehlendorf. Die McDonald’s Corporation eröffnete in Ostdeutschland bisher 25 Restaurants, in Berlin gibt es insgesamt zwölf Lokale.

Seit der Wende sprießen außerdem die vom Kettengedanken inspirierten „Mc“-Läden aus dem Boden: von McPaper über McShirt, McSport, McKraft, McMaxiMumm, McTrödel und McBillig bis zu McHair. Falls sich solche Unternehmensgründer in der selben Branche wie McDonald’s tummeln, haben sie schlechte Karten: McFish, McPommes, McReis, McDöner – alle mußten sich einen neuen Namen – ohne „Mc“ – suchen. Jüngst erwischte es ein serbisches Lokal, „McJugo“, dessen Wirt sich teuer unterwerfen und das Geschäft in „Mr. Jugo“ umbenennen mußte.

Genau umgekehrt versuchen nationale Me-too-Ketten, sich an den Erfolg von McDonald’s und Burger King anzuhängen: Sie kopieren das Angebot, nennen sich aber anders. In Hongkong und Macau heißt die chinesische Fast- food-Kette „Gemeinsame Freude“, in Manila „Fröhliche Biene“, und im Norden der USA ist die „Weiße Burg“ weit verbreitet. Sie verkauft winzige Hamburger, über die insbesondere Südstaatler gerne ihre Witze machen, einer geht so: Kommt ein Texaner ins White Castle und verlangt einen Hamburger. Als das kleine Ding vor ihm liegt, dreht er sich um und
sagt: „O.k., wo ist die versteckte Kamera?!“

Es gibt auch Konsumentenstrategien, die geschäftsschädigend sind, zumal sie nicht juristisch eingedämmt werden können. So werden die auf schnellen Kundendurchlauf bedachten Lokale zum Beispiel gerne von Pennern und Fixern angesteuert. Um letztere zu vertreiben, hat man in den Berliner Burger-King-Klos jetzt Schwarzlichtlampen installiert, damit finden die Fixer ihre Venen nicht. Eher machtlos sind die Konzerne gegen üble Nachrede: In São Paulo und Rio de Janeiro hält sich
zum Beispiel hartnäckig das Gerücht, kleine Plantagenbesitzer würden im Auftrag von McDonald’s Riesenregenwürmer züchten, die dem Rindfleisch als Quantitätsverstärker beigegeben würden. In Manila wiederum sollen aus dem selben Grund immer mehr Katzenfänger einträgliche Nebengeschäfte mit der Fast-food-Kette zu laufen haben (vgl. dazu die volkskundlichen Sammlungen von R.W. Brednich). Und in Istanbul kursiert das böse Gerücht, die Fleischklopse enthielten Impotenzmittel.

Ebenso interessant wie der lokale Widerstand gegen globale Konzernketten mittels solcher „Urban Tales“ sind die regionalen Differenzen bei den Fast-food- Ketten selbst: In Istanbul und Manila sind die McDonald’s- und Burger-King-Filialen stark unterkühlt, die Klimaanlagen auf volle Kraft gestellt. Die Lokale werden vornehmlich von Schülern und Studenten der oberen Mittelschicht frequentiert. Im Universitätsviertel von Manila, Quezon-City, ist McDonald’s der Treffpunkt junger Schwuler, die einen dezent-teuren Tuntenschick kreieren. Die Lokale werden von schwerbewaffneten Wächtern in Phantasieuniformen geschützt. Dazu gibt es dort eine Motoguzzi-Staffel, die telefonische Bestellungen erledigt. An Allerheiligen liefern sie die Hamburger sogar bis zu den Grabsteinen auf den Friedhöfen, wo an diesem Tag Millionen von Menschen Picknick machen. In Bangkok hängt in fast jedem Fast-food-Lokal ein buddhistischer Altar an der Wand. In Japan treffen sich derzeit in den McDonald’s-Läden junge Leute, die Original-NVA-Klamotten tragen, und bei Burger King die Flower-power-Modeträger. Die drei McDonald’s-Restaurants in Moskau sind überheizt. Warme Stuben strahlen dort Wohlhabenheit aus. Der McDonald’s- Manager residiert übrigens in der ehemaligen Luxuswohnung Dimitroffs. Jewgeni Jewtuschenko erwähnt in seinem neuen Roman das 5.000-Plätze-McDonald’s am Puschkinplatz, das nicht einmal während des Putsches 1991 geschlossen hatte: „Hunderte von Menschen standen Schlange. Ihnen war alles egal, wenn sie nur auf einem BigMac herumkauen konnten, der mit Ketchup wie mit Hollywood-Blut beschmiert war.“

Anders sieht es in dem einst von Andy Warhol besonders gepriesenen McDonald’s-Restaurant in Peking aus, das trotz Pachtvertrag gerade einem einheimischen Restaurant-Investor weichen soll. Dort bedienen vornehmlich Studentinnen, die begeistert sind vom neuen westlichen Teamgeist und Führungsstil, der Initiativen von unten mehr entgegenkommt als der in den Staatsbetrieben. Trotzdem haben auch sie sich jetzt gegenüber einer Jugendzeitung über die allzu niedrigen Löhne beschwert. Stündlich gibt eine uniformierte Fege-Brigade eine Sondervorstellung, indem sie zum Rhythmus lauter Popmusik saubermacht. Im eher von Arbeitskräftemangel gekennzeichneten Hongkong versuchen die McDonald’s- und Burger-King-Lokale, an die noch nicht ausgelasteten Bevölkerungsteile heranzukommen, indem sie beispielsweise Zwei- Stunden-Jobs (für Schüler und Hausfrauen) anbieten, die mit dem Versprechen schneller Aufstiegschancen verbunden sind.

Einen Berliner Restaurant-Besitzer, Fang Yu, brachte das auf die Idee, über eine Kombination aus McBurger und chinesischer Garküche nachzudenken. Er kam dabei einem Gedanken des tschechisch-brasilianischen Philosophen Vilém Flusser nahe: „Seit das Menü ein Wort im Computing wurde, beginnen wir überhaupt erst zu begreifen, was Freiheit ist.“ Laut Flusser gab es einen Übergang von der mediterranen Küche, „in der für den Teller kalkuliert wird“, zum amerikanischen „Deep Freeze, wo auf dem Tisch kombiniert wird“. Auch käme eine „Synthese aus McDonald’s und tragbarer chinesischer Küche“ nun in den Bereich des Möglichen.

Nicht zuletzt um dem wachsenden Konsumentenprotest zuvorzukommen, der sich in Parolen wie: „Keine Rinderzucht auf Regenwaldböden! Boykottiert McBurger!“ äußert, bemühen sich die Fast-food-Konzerne in letzter Zeit vor allem um Regionalisierung ihrer Zulieferer unter Beibehaltung der Qualitätsstandards. Mitunter ohne Erfolg: So scheiterten einige Kibbuzim in Israel jahrelang am Anbau bestimmter Kartoffelsorten, die McDonald’s ihnen abzunehmen versprach. Erst 1994 war ein neuer Kibbuz erfolgreich, und seitdem gibt es auch ein McDonald’s-Restaurant in Tel Aviv, das einem Lizenznehmer gehört. Diesen Franchisern räumen beide Fast-food-Konzerne bei der Lokaleinrichtung „gewisse Gestaltungsmöglichkeiten“ ein, ebenso die Entscheidung für oder gegen Bierausschank und Raucherecke.

In Gesamtdeutschland hat allein McDonald’s täglich 1,3 Millionen Gäste. 1990 berichtete der letzte DDR-Minister für Handel und Versorgung, Manfred Flegel: „Ich habe mit den BRD-Vertretungen von McDonald’s verhandelt. Sie möchten gerne ihre Ketten hier auch aufbauen, Burger King ebenso. Natürlich ist unsere Forderung dabei, daß dann die Vorprodukte und Halbprodukte bitteschön maximal aus der eigenen Landwirtschaft kommen.“ Mit der Auflösung der DDR übernahmen die „BRD-Vertretungen“ die Expansion in den Osten, mit der Folge, daß die ostdeutschen Burger-King-Lokale heute das Rindfleisch von der Aschaffenburger Firma Salomon/Hitburger, die Kartoffeln von Lemb Westan aus Holland und die Brötchen von der Firma Weber aus Stuttgart bekommen – also komplett aus dem Westen. Ähnlich sieht es bei McDonald’s aus: Auch dort kommen die Brötchen von der Firma Weber, das Rindfleisch liefert eine Allgäuer Kooperative, und die Pommes frites stammen von Stöver- Agrarfrost – der allerdings mittlerweile auf bestem ostdeutschem Boden, bei Magdeburg, etliche Bauern unter Subunternehmer- Vertrag genommen hat.

Das Bedienungspersonal in den Fast-food-Lokalen kommt dagegen schon eher aus dem Osten. Wie eine Blitzumfrage ergab, bleiben sie jedoch meist nicht lange: zuviel Arbeit, zu wenig Lohn und kaum Kontakt zu den ausländischen Kollegen, die oft die Mehrheit bilden. In Westdeutschland werden die US-Fast-food-Konzerne immer wieder von der Gewerkschaft Nahrung, Genuß und Gaststätten (NGG) wegen ihrer „ungeschützten Arbeitsbedingungen“ kritisiert. Bei Burger King gibt es immerhin seit 15 Jahren einen Betriebsrat, während McDonald’s seinen Mitarbeitern bis heute einredet: „Die NGG braucht ihr doch nicht!“ (Miese Arbeit nennt man neuerdings „McJobs“.) In den USA haben die Gewerkschaften die Geschäfte von McDonald’s und Burger King eher beflügelt, indem sie zum Beispiel in vielen Branchen regelmäßige Pausen erzwangen. Die Arbeitgeber offerierten ihren Mitarbeitern dann meist Coca-Cola und Hamburger. Selbst Schüler und Studenten sind oft auf die nächstgelegenen Fast-food-Lokale angewiesen. Während der philippinischen „Edsa-Revolution“ 1986 mieteten die US-Fernsehgesellschaften als erstes die Motorradstaffeln der Polizei samt Fahrern an. Die Maschinen wurden mit Kühlboxen für Hamburger und Cola ausgerüstet, weil die US- Journalistengewerkschaft auch dort auf regelmäßigen Pausen mit Verpflegung bestand.

Der Widerstand gegen die Arbeitsbedingungen in den Hamburger-Lokalen selbst ist in den USA meist subtil und individualisiert. „Der Anteil von Fast-food-Arbeiterinnen, die zugeben, absichtlich ,langsam und nachlässig‘ zu arbeiten, liegt bei 22 Prozent“, schrieb Harper’s Index, und das Security Management Magazine konstatierte: „Manchmal schafft die Firmenleitung es nicht, die Angestellten zu kontrollieren, tatsächlich ist oft das Gegenteil der Fall.“ Ein Reader zum Thema „Sabotage“ erwähnt einen Fall, wo sämtliche Mitarbeiter sich an einem Tag privat trafen: „Wir verbrannten unsere kleinen Mützen und entschieden dann, alle gleichzeitig zu kündigen, und zwar noch am gleichen Tag, an Silvester. Wir ließen den Chef regelrecht hängen.“ In einem anderen Fall nahm ein rachsüchtiger Angestellter die Musikkassetten, die im Lokal abgespielt wurden, mit nach Hause: „Ich ließ zehn Minuten Musik durchlaufen, nahm dann zwei Sekunden Radiogeräusche in voller Lautstärke auf und ließ wieder fünf Minuten durchlaufen. Dann nahm ich noch ein richtig aggressives Lied auf, das richtig einschlagen würde.“ Anschließend brachte er die Kassetten zurück, kündigte und freute sich auf das, was passieren würde.

Als der Kulturkritiker Michael Rutschky nachts in den USA landete, müde, hungrig und zerschlagen, und er nur noch in einem McDonald’s-Lokal was zu essen fand, konstatierte er anschließend: „Amerika, du magst mich nicht!“ Das würden junge Ostdeutsche wahrscheinlich ganz anders sehen. Jedenfalls gibt es bereits mehrere Fast-food-Lokale in der Ex-DDR, die sich zu regelrechten „Kultstätten“ gemausert haben: beispielsweise jenes in Neubrandenburg, das sogar von motorisierten Jugendlichen aus Usedom, Greifswald, Anklam und Wolgast umlagert wird. Ebenso McDonald’s in Magdeburg, das sich zu einem regelrechten „Lungerplatz“ entwickelt hat, der von normalen älteren Bürgern gemieden wird. Am Herrentag 1994 fand dort die Skinhead-Randale statt. Seitdem fragen einen viele junge Leute, die aus den umliegenden Dörfern kommen, schon am Bahnhof: „Wo ist denn McDonald’s?“

Bei den Bediensteten deutscher Fast-food-Lokale treffen meist Unterprivilegierte aufeinander. Das gilt in Westdeutschland selbst für das Management: Meist gescheiterte Selbständige mit einem Hang zu Aufschneiderei mit Cognac. Stadtplaner halten es mittlerweile für bedeutsam, daß all diese Filialleiter – von Fast-food-Lokalen, Sparkassen, Super- und Möbelmärkten – abends in den westdeutschen Fußgängerzonen traurige Haufen bilden, getröstet meist nur von Pub-Wirten, die sich nicht selten ebenfalls mehr vom Leben erhofft hatten, in jungen Jahren.

(Dieser taz-text ist schon einige Jahre alt, inzwischen gibt es ein sehr gut recherchiertes Buch über Mc Donald’s und den Einfluß, den dieser Konzern auf die US-Landwirtschaft genommen hat und nimmt – von einem amerikanischen Autor, dessen Namen mir gerade entfallen ist.) 

 

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https://blogs.taz.de/hausmeisterblog/2007/05/16/kreuzberg-muss-mc-donalds-frei-bleiben/

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kommentare

  • Hier ist der Artikel von Dr. Sabine Vogel aus der Berliner Zeitung vom 30.4.2007:

    Sirenen in der Nacht/Zwanzig Jahre Hönkel: Die 750-Jahrfeier Westberlins und der 1. Mai 1987

    Mythos Berlin“ hieß die Ausstellung am Anhalter Bahnhof. Mit einem
    Budget von sechs Millionen Mark war sie eher ein mittleres Projekt der
    mit Wasserkorso und Kunstbombast protzenden 750-Jahrfeier West-Berlins
    1987. Ein historisches Ereignis sollte es werden, verkündete
    CDU-Bürgermeister Eberhard Diepgen. Es war ein Erfolg. 17 Prozent mehr
    Touristen kamen und sorgten für Umsatz.

    „Die Inszenierung der Macht“ titelten wir damals großmäulig in der taz.
    Berlin, das von Macht und Hauptstadtexistenz unvorstellbar weit entfernt
    war, wollte sich als „geistiges und kulturelles Zentrum“ darstellen. Was
    sonst konnte das alimentierte Schaufenster des Westens ohne Sperrstunde
    bieten? Etwa Studenten, die weniger Revolte als faulen Entzug vorm Bund
    im Sinn hatten; Emanzen und dazu Jungs, die sich als Frauen verkleideten?

    Arbeitsbeschaffungsmaßnahme

    Die inzwischen auch in New York gehandelten Maler der „Neuen Wilden“,
    die in Berlin Neoexpressionisten hießen und aus dem Kreis der
    Moritzboys, der Selbsthilfe-Galerie am Moritzplatz, kamen, posierten
    aufgedonnert wie Nina Hagen in den Werbekampagnen des Senats. Der
    aufgeschlossene Kultursenator Volker Hassemer (CDU) hatte das
    Marketingpotenzial des Schrägen und Schrillen erkannt. „Kunst muss
    provozieren“, verkündete er tapfer, als das Volk gegen seinen
    Skulpturen-Boulevard am Kurfürstendamm protestierte. Die meisten der
    sieben dort aufgestellten Kunstwerke waren dekorativ und störten nicht,
    doch als der Fluxuskünstler Wolf Vostell auf der Verkehrsinsel am
    Rathenauplatz einen Cadillac – Protest gegen die Konsumgesellschaft! –
    einbetonieren ließ, ging dem Bund der Steuerzahler der Hut hoch.
    Aufgeschreckte Bürger bildeten mitten im Berufsverkehr, etwa um halb
    sieben Uhr morgens, eine Menschenkette gegen die Verschwendung von 1,8
    Millionen West-Mark Steuergeldern für „Schrottkunst“. Die Protestformen
    der Anti-AKW-Bewegung waren bei den Wilmersdorfer Witwen angekommen.

    Ein fast noch giftigerer Dorn im Auge des Steuerzahlers war das Werk
    gegenüber vom Kranzlereck. Dort hatte Olaf Metzel aus Absperrgittern,
    Einkaufswagen und Pflastersteinen eine Skulptur aufgetürmt. Das sperrige
    Kunstwerk „13. 4. 1981“ sollte an eine Demonstration erinnern, bei der
    es auf Grund einer Falschmeldung der Springerpresse über den angeblichen
    Hungertod eines RAF-Häftlings zu Krawallen kam. Im Kern der
    Kunst-Pflastersteine, den „Berliner Argumenten“, waren Styroporreste aus
    der „Zeitgeist“-Installation von Joseph Beuys (1981 im Gropiusbau)
    verarbeitet. Metzel hätte sich über die Bewachung seines Kunstobjekts
    durch einen Polizisten sehr gefreut. Stattdessen stand dann da ein
    Student, der den Passanten das Kunstwerk erklärte.

    Die gigantische Arbeitsbeschaffungsmaßnahme der 750-Jahrfeier (1,8
    Milliarden Mark Gesamtbudget) integrierte noch den letzten
    überqualifizierten 68er mit einem Werkvertrag als Stehgeiger für den
    Festakt. Nichts war verblasen oder albern genug, als dass es sich nicht
    in den erweiterten Erlebnisbegriff Berlins integrieren ließe. Das
    Gestapo-Gelände wurde vom Brachland-Autodrom zur Topografie des Terrors
    umgestaltet, im Gropius-Bau wurde die Ausstellung „Berlin. Berlin“
    inszeniert, im frisch renovierten Hamburger Bahnhof gab’s literarische
    Lektionen zur „Reise nach Berlin“, und die Redaktion des linken Magazins
    „Ästhetik und Kommunikation“ unter dem intellektuellen Eisenbahnfan
    Eberhard Knödler-Bunte lancierte „Mythos Berlin“ ins offizielle
    Festprogramm.

    In Wellblechcontainern wurde dort ein „Hinterzimmer der deutschen Seele“
    oder die „Hassstube der Großstadt“ inszeniert. Inszenierung war ohnehin
    das Wichtigste der Zeit. Im Rahmen von „Mythos Berlin“ gaben auch die
    Krachmusiker „Notorische Reflexe“ einen „Bunkerkonvent“ mit dem Titel,
    „Wenn alles egal ist“. Zwei benachbarte Hochhäuser funkten einander
    Lichtsignale zu, unter großem Pathosgetue flog ein Fernseher vom Dach.
    50 000 Mark Produktionshonorar – das war damals schon eine Hausnummer.
    („Ich lasse mich von niemandem gängeln, auch wenn ich Geld vom Senat
    nehme!“) Weil die umherschweifenden Performance-Besucher das museale
    Rauchverbot unter freiem Himmel missachteten, begann die
    Mythen-schwangere Installation eines „Torf-Forums“ zu kokeln.

    Kurzum: Nahezu jede Interessengruppe, die in der Lage war,
    Projektbewilligungsanträge zu formulieren, konnte damit rechnen, sich
    staatsgefördert verwirklichen zu dürfen. Jede noch so subversive
    Systemkritik ließ sich in die Sozialpartnerschaft einer „pluralistischen
    Gesellschaft“ einbinden. Selbst Robert Musils Beschreibung des „großen
    Ereignisses“ ohne Gehalt wird schon im Katalog der Eröffnungsausstellung
    „Momentaufnahmen“ zitiert.

    Es wäre billig, daraus zu schließen, dass dann nur die abgehängte
    kulturelle und soziale Unterschicht in Kreuzberg am 1. Mai die Sau
    rausgelassen hätte. Einer der Autonomen von damals ist heute mein
    Anwalt, der Dealer verkauft jetzt Immobilien. Aus den Hausbesetzern
    waren längst öko-avantgardistische Instandbesetzer geworden, die
    Solarzellen installierten und das Konzept der behutsamen Stadtsanierung
    vorwegnahmen. Die Spekulanten agierten doch genauso illegal wie die
    Besetzer, sagt der Polizist Klitzing in Dorothee Hackenbergs Kreuzberger
    Porträtbuch „Keine Atempause“.

    Inzwischen besitzen die Besetzer ihre Häuser als Genossenschaft; sie
    haben alle Balkone und eine kollektive Dachterrasse, und in der
    langjährigen Müllgrube daneben gibt es einen „Bürgergarten“ mit
    Liegestühlen und Bierbude. So paradox es klingt – die Rebellen von
    damals haben dafür gesorgt, dass Kreuzberg so blieb, wie es war. Sie
    haben Kahlschlag-Modernisierungen verhindert und das alte Herz des
    Stadtteils erhalten. Bis heute hat das Sushi-Bistro den türkischen
    Imbiss nicht vertrieben. Nur bietet der inzwischen auch vegetarischen
    Döner an. Der Inder blockiert zwar mit fast 50 weißeingedeckten Tischen
    den Bürgersteig, aber er wirbt mit „Fusionsküche“.

    Von Subversion zur Subvention

    Natürlich war es nicht ganz so niedlich in der Nacht des 1. Mai 1987.
    Aber schön schon. Das Signal dafür, dass plötzlich das echte
    „historische Ereignis“ eingetreten war, war die Stille. Die Dunkelheit.
    Ein Kabelbrand hatte die Elektrizität im Umkreis des Görlitzer Bahnhofs
    ausgeknipst. Die Feuerwehr stand wie eine Geisterarmee wenige Meter
    entfernt an der dunklen Wache in der Wiener Straße. Es dauerte ein
    wenig, bis man realisierte, dass „bullenfreie Zone“ war. Langsam setzten
    Trommeln auf Müllcontainern und allem möglichen ein. Ein Radioreporter
    nahm den Sound auf, der als „Hönkel“ mit dem neuen „Mythos Berlin“
    assoziiert wird. Auf die Frage, warum die Situation urplötzlich zu einer
    anarchistischen Krawallfeier eskalierte, blieb auch die unmittelbar
    einsetzende „Hönkel-Forschung“ die Antwort schuldig. Vielleicht
    explodierte nur das rumorende Bedürfnis, beim großen Ereignis eine Rolle
    zu spielen zu wollen. Geplant war nichts. Das konstatierten auch die
    Einsatzleiter der Polizei im Nachhinein. Ein Prinzip der spontanen
    Revolte ist eben ihre Unplanbarkeit.

    Ästhetik und Kommunikation

    Zeitzeugen sprechen hinterher mit heiligem Augenschimmern von
    friedlicher Stimmung. Vernünftig und effektiv werden die Waren aus Bolle
    (siehe auch Seite 20) herausgeschafft. Kartonweise fliegen Schokoriegel
    in die Menge der Schlachtenbummler. Ein Punker fragt eine entsetzte
    Dame, was sie bräuchte. Waschpulver. Kurz danach überreicht er es ihr.
    Wenn dieser höfliche Mob das Proletariat ist, bin ich für dessen Diktatur.

    Schnaps und Champagner sind zuerst weg. Der Getränke-Discounter an der
    Manteuffelstraße hat keine Chance. Es geht um den totalen Rausch. Beim
    Rotzheulen in der ersten Tränengassalve hört mein Heuschnupfen auf. Für
    Wochen. Adrenalin pulsiert durch alle wie ein Aphrodisiakum. Beim
    Plus-Markt am Oranienplatz zerbersten die Scheiben – das Motto „Prima
    leben und sparen“ wird in aktionistische Praxis umgesetzt. Im zweiten
    Stock gibt es einen Billardsalon. Jetzt ist das Gebäude zu verkaufen.
    Gegenüber werden „klassische Lofts“ angeboten.

    Von multikulturellem Dialog zu sprechen, wäre zu viel. Aber was bringt
    einen näher als das gemeinsame Erlebnis einer außerordentlichen
    Situation? Die Ordnungskräfte waren draußen. „In der Türkei würden wir
    dafür erschossen“, so formuliert ein euphorisierter Türke sein
    Bekenntnis zur Demokratie, als eine vorbeijagende Polizeiwanne in
    Steinhagel gerät.

    Als der aktions- und diskursorientierte Kunstverein ngbk schon im August
    ’87 die Ausstellung „Schlaglichter, Schlagstöcke“ realisiert (4 500 Mark
    Budget), werden Dias von der Morgendämmerung nach jener Nacht gezeigt.

    Ist es okay, Gewalt zu ästhetisieren? Klar, sagte sich ein Künstler und
    stellte die provisorisch geflickten Glasscheiben des Görlitzer Bahnhofs
    in seiner Selbsthilfe-Galerie aus. Und die Schaubühne am Kudamm kaufte die Cassette mit dem Hönkelsound vom Görlitzer-Bahnhof, um damit ihre Brechtinszenierung zu aktualisieren. So entstand der Mythos Berlin doch noch im Sinn von „Ästhetik und Kommunikation“.

  • Heide Warnke:

    In der aktuellen Jungle World hat Doris Akrap ebenfalls was über die drohende McDonald’s-Ansiedlung in Kreuzberg geschrieben:

    GEGEN McDonald’s,FÜR die Brache

    Einer der langlebigsten Wandsprüche im Kreuzberger Wrangelkiez lautet »This is not America«. Man mag diesen Sachverhalt bedauern, doch ist er eine unumstöß­liche Tatsache von der Sorte, dass der Ball rund und Sizilien eine Insel ist.

    Was aber ist Kreuzberg dann? Für Nichtkiezbewohner stellt der Bezirk im Allgemeinen und der Wrangelkiez im Besonderen wahl­weise eine Art Bronx, Banlieue oder die hippste Partymeile der Stadt dar. Für die türkischen und linken Bewohner aber ist der aus neun Stra­ßen bestehende und nach einem preußischen General benannte Wrangel-Block die heimat­liche Scholle, in der die meisten Kioske, Bäckereien und Gemüseläden min­destens in der zweiten Generationen im Familienbesitz geführt werden, bzw. der Ort, wo schon der militante Papa und die alternative Mama Häuser instandbesetzt haben, in denen man nun selber billig wohnt und neue Kinder zeugt.

    Dieses Viertel bietet eine einzigartig pittoreske Landschaft: Wo sonst findet man ein internationales Flugblattarchiv in der Nachbarschaft eines öffentlichen Designerklos für Hunde? Wo sonst vernebelt der dichte Rauch von Grillfleisch dem Mediendesigner die Aussicht aus seinem Loft auf den benachbarten Park? Welche andere Metropole kann sich rühmen, Schauplatz des »größten europäischen Suppenfestes« zu sein? Wo sonst kann man eine so florierende Kultur von Anwohnerinitiativen beobachten, die noch wegen jedem neu aufzustellenden Straßenpoller gleich mehrere Anwohnerbefragungen und bunte Aktionen veranstalten und die selbstredend auch den Bau eines Schnellrestaurants nicht unkommentiert hinnimmt?

    Wo sonst gibt es von der öffentlichen Hand bezahlte Nachhilfekurse in Schaufenstergestaltung? Wo sonst kommentiert die Kassiererin im Supermarkt den Klau einer Flasche Schnaps nur mit den Worten »Der hat sowieso schon Hausverbot«, während sich vor dem Eingang des Supermarktes Prachtexemplare der deutschen Unterschichten mit griechischen Altkommunisten und fränkischen Altautonomen zum Bier treffen, die im Sommer sogar ihre Gar­ten­stühle mitbringen und ihren Treffpunkt an der Straßenecke liebevoll »Harald-Juhnke-Platz« nennen?

    Doch der unter politischen Aspekten wertvollste Besitz dieses Viertels ist die Brache, das im Verschwinden begriffenen Wahrzeichen des postfaschistischen Berlin. Jenes große, seit der Bombardierung im Zweiten Weltkrieg unbebaute Ödland, das in diesem Fall von dem alten Backsteingebäude der Post und dem Lidl-Neubau eingerahmt wird und das und nur ein paar hundert Meter vom Regierungsbezirk Mitte entfernt liegt.

    Auf diese Brache will McDonald’s eine Filiale bauen, sogar ein Drive-In ist geplant. Aber nicht der amerikanische Burger ist das Problem, schließlich ist der einzigartige Papp­geschmack eines echten Big Mäc in der charakteristischen Leicht­ver­packung ein Erlebnis, das man sich hin und wieder gönnen muss. Doch dieser Genuss sollte Anlass sein, mal wieder einen Ausflug in den für Plaste und Elaste bekannten Ostteil der Stadt zu unternehmen, wo noch jede Brache von McDonald’s kultiviert wurde.

    Und es ist längst nicht so, dass jede Filiale von McDonald’s zu begrüßen wäre, nur weil sie an die Niederlage der deutschen Kultur erinnert und das Missfallen der Anti­imperialisten erregt. Und es muss auch kein alternatives Jugendzentrum auf die Fläche gebaut werden, in dem Punks mit durchgestrichenem Hakenkreuz am Revers Amerika-Flaggen verbrennen, sich von Blähungen verursachender Linsenpampe ernähren und vor lauter Glück über das neue Eigenheim Hans-Christian Ströbele das nächste Direktmandat sichern.

    Der Erhalt der Brache ist Grund genug. Sie ist ein eindeutiges und eindrucksvolles antifaschistisches Mahnmal. Nichts verdeutlicht die Niederlage der Deutschen im Zweiten Weltkrieg besser als die verödeten Brachen inmitten ihrer Hauptstadt. Doch auf der einst größten Brache stehen inzwischen drei Hochhäuser, die den Berliner glauben machen, zur Metropole von Weltrang aufgestiegen zu sein, und auch Kreuzberg hat seine bekannteste Brache an eine Moschee verloren. (Gut, ihre Entstehung durch eine professionelle Brand­stiftung am Rande eines Volksfestes taugte auch nicht wirklich dazu, um als antifaschistisches Mahnmal ins Weltkulturerbe aufgenommen zu werden.)

    Wer also nach einem guten politischen Grund gegen McDonald’s sucht, findet ihn weder in der Außenpolitik der USA noch in der Klimakatastrophe oder bei den Existenzsorgen der türkischen Mittelschicht. Die politisch angemessene Losung gegen das Drive-In kann nur lauten: Rettet die Brache! Wider das Vergessen!

    P.S.: Mir hat dieser Artikel gefallen, weil ich im Heinrichplatzkiez wohne und mich nicht im Wrangelkiez auskenne, also viel Neues im Text erfahren habe. Umgekehrt scheint die Autorin sich jedoch im Heinrichplatz nicht gut auszukennen, denn das was sie über die Bolle-Moschee am Görlitzer U-Bahnhof schreibt, ist grober Unfug: Sicher, ein Pyromane hat gestanden, der Brandstifter gewesen zu sein – am 1.Mai 1987, aber wir waren doch alle da drin – im Supermarkt und haben uns mitschuldig gemacht, wenn man so will. Es war also eine wirklich kollektive Aktion gewesen – und sie war sehr schön. Das mit dem Einzeltäter hat schon die Historische Kommission zu Berlin in ihrem Kreuzberg-Band breit getreten und zuletzt Plutonia Plarre in einem taz-Interview mit dem Pyromanen – es wird dadurch aber nicht wahrer. Und weder die Historiker noch die taz-reporterin waren im übrigen bei der Bolle-Plünderung dabei. Kurz vor dem 1.Mai 2007 hat Dr.Sabine Vogel in der Berliner Zeitung – als Beteiligte – das richtig gestellt. Den Artikel müßt ihr euch mal googeln…
    gruß

  • Inka Meyer-Buhr (Spandau):

    Das o.e.erwähnte Buch über McDonald’s, dessen Autor Sie vergessen haben, heißt „Fast Food-Gesellschaft – Die dunkle Seite von McFood und Co.“ und geschrieben hat es Eric Schlosser, der dazu jetzt auch noch einen Film sowie ein Buch für Kinder veröffentlicht hat. Neulich hat ihn Die Zeit zu seiner Anti-McDonald’s-Kampagne interviewt. In seinem ersten Buch über McDonald’s verfolgt er die Nahrungskette bis zu den Produzenten, u.a. Kartoffelanbauer und Rinderzüchter – und was dieser Fast Food-Konzern als Großabnehmer für sie bedeutet.

    Eric Schlosser wird seit Erscheinen seiner zwei Bücher und seines Films von McDonald’s attackiert. Der Zeit sagte er:

    „Schon vor einem Monat hat das Wall Street Journal über interne McDonald’s-Dokumente berichtet, laut denen Aktionen gegen Buch und Film geplant seien. Und jetzt passiert es: Überall, wo ich Chew On This vorstelle, tauchen merkwürdige Gruppen auf, die versuchen, mich als Person zu diffamieren. Obskure Vereine wie Junge Amerikaner für die Freiheit oder Zentrum für Konsumentenfreiheit gehen gegen mich vor, aber auch der kalifornische Restaurant-Verband oder die kalifornische Handelskammer.
    Manche Gruppen schwärzen mich bei Schulen und Radiosendern an: Ich sei eine »ungeeignete Persönlichkeit«, um mit Kindern zu diskutieren; ich ermutigte sie dazu, Drogen zu nehmen. Oder diese Leute verteilen Flugblätter bei den Lesungen und behaupten, ich sei Sozialist und Ausländerfeind.
    Offiziell hat McDonald’s jeden Zusammenhang bestritten.
    McDonald’s war ein Pionier für vieles, was in der Lebensmittelbranche passiert. Nach wie vor ist der Konzern der größte Aufkäufer von Rindfleisch, Huhn, Schweinefleisch und Kartoffeln in den USA. Wenn seine Manager morgen beschließen würden, von riesigen, zentralen Produktionsstätten auf lokale Zulieferer umzusteigen und auf frische Zutaten, dann hätte das fundamentale Auswirkungen auf die gesamte amerikanische Landwirtschaft. McDonald’s hat auch in Frankreich und Deutschland eine immense Nachfragemacht. Das heißt nicht, dass andere Ketten weniger problematisch wären.
    In den USA werden zum Beispiel mittlerweile bis zu 100.000 Kühe dicht nebeneinander auf den Weiden gehalten und gefüttert, und man verarbeitet sie in Schlachthäusern von nie gekannter Größe. Eine derartige Konzentration der Fleischproduktion bekommt nicht nur den Tieren schlecht, sie ist zugleich die perfekte Voraussetzung für die Ausbreitung gefährlicher Keime. Ich weiß nicht, ob die Vogelgrippe auch Menschen krank macht. Doch ohne Zweifel hat die asiatische Geflügelproduktion nach US-Vorbild dem Virus perfekte Entfaltungsmöglichkeiten geboten. Die Fabriklandwirtschaft hat das Essen verbilligt. Aber die potenziellen Kosten für Tiere, Konsumenten und Umwelt muss man zum Lebensmittelpreis dazurechnen.“

  • Klaus Steinfeld (Schöneberg):

    Warum wir McDonald’s notfalls wegkübeln müssen:
    Der türkische Gastronom Haydar Narin hat einen Döner-Imbiß im U-Bahnhof Alexanderplatz nahe am neuen Einkaufs-Megacenter „Alexa“ – und der stört McDonald’s, sie wollen ihn dort weghaben – und beschwerten sich deswegen bei der BVG über ihn.

    So wird es auch an der Ecke Wrangelstraße mit McDonald’s passieren, wenn wir diesen Schweinekonzern dort nicht stoppen – dass sie langsam aber sicher alle einzelhändlerischen Imbisse dort wegzumobben versuchen.

    Ähnliches gilt für die anderen US-Schweinekonzerne – wie Starbucks Coffee z.B.Im Londoner Alternativbezirk Stokenewington gelang es unlängst einer Bürgerinitiative , die Ansiedlung eines Starbucks Coffeeshops dort zu verhindern.

    Nach Bekanntwerden der Anti-McDonald’s-Initiative in Kreuzberg überbot sich die Spießerpresse – allen voran der Tagesspiegel – mit Meinungsäußerungen dazu, wobei sie zumeist auf die „Qualität“ der McDonald’s-Produkte abhoben, die doch im Gegensatz zur Currywurst und vor allem zum Döner (Stichwort Gammelfleisch) nur eine Verbesserung des gastronomischen Angebots in Kreuzberg bedeuten könne. Keiner dieser komischen Meinungsmacher kam darauf, dass der „Drive-In“ dieses US-Schweinekonzerns an der Stelle ein G-8-Pfahl im Fleische wäre – und weil das so ist, deswegen kämpfen wir dort gegen „Heiligendamm“: Global denken – lokal handeln!

    P.S.: Am Mittwoch haben die indischen Geschäftsführer der Amrit-Etablissements in der Oranienstraße schon wieder zwei neue Riesen-Buddhastatuen gekauft und dort aufgestellt. Jetzt ist aber mal langsam Schluß! Der Amrit-Fraß wird immer scheißiger und die Buddhastatuen immer mehr bzw. immer größer. Die haben doch eine Meise – diese Inder! Völlig größenwahnsinnig wollen sie anscheinend ganz Europa mit ihren überkandidelten Amrit-Läden pflastern, dabei haben sie mal ganz bescheiden und vernünftig angefangen, nachdem sie beim Inder auf der anderen Seite der Oranienstraße nach einem Streit gekündigt hatten und sich – bei ihm direkt gegenüber – mit einem eigenen Restaurant selbständig gemacht hatten. Sie wollten ihm wahrscheinlich zeigen, was eine Harke ist. Das haben sie auch sehr erfolgreich geschafft. Nun muß aber auch gut sein!

  • Desaströse auswirkungen würde McDeath für meinen geliebten Kiez haben die gesamten Asos der Umgebung werden sich dort Stauen/Ansaufen und dann auf zerstörungstour durch die linke Gegend ziehen im Auto oder womöglich gar zufuß.
    Die Kriminalität, Verkehrsaufkommen und Armut (kulturell und finanziell) würde beflügelt, letzteres wegen dem wegfall von Umstaz für viele kleine Imbißläden in der gegend und durch den Zulauf von ,im Kiez, unerwünschten unkreativen Einflüssen durch die skrupellose Globalisierungs Ethik dieses Konzern’s welcher sich nicht nur auf somatischer Ebene in Konsumkrankheiten für seine Kunden, McJobs für seine Angestellten und Streß für die Umgebung aüssert, sondern sich leider auch in die Psyche der Kreuzberger einschluesen und das Idyll der Alternativen korruptieren wird.
    Das ist kein neuer Imbiß das ist eine Kirche für Globalisierungsgläubige!

  • Burger-King-Universitaet auf Hawaii?
    Werden dort die Manager vom Konzern ausgebildet? Oder ist das eine Universitaet, wo man studiert, um moeglicherweise seinen kreitischen Geist auszubilden…? Kann ich mir bei dem Namen nicht vorstellen!

  • Immer neue No-Go-Areas in Berlin:

    Das erste Berliner Starbuck’s Coffee am Hackeschen Markt eröffnete mit einer Prominentenparty. Seitdem machten in Berlin weitere Filialen auf, und sie laufen sich langsam ein, wie man so sagt.

    Ein gescheiterter Dotcom-Unternehmer, der dann in Mitte ins Café-Geschäft einstieg, meint: „Man glaubt gar nicht, wie viel Geld mit Kaffee zu machen ist.“ Immobilienmakler gehen jedoch eher davon aus, dass es der Standort ist, der die Musik macht, insbesondere die „Eins-a-Lagen“ in den Groß- und Hauptstädten, die „dynamisch“ gehalten werden können. Die Starbuck’s-Kette arbeitet dabei – ähnlich wie die Hard-Rock-Café- und Planet-Hollywood-Kette – mit internationalen Immobilienmaklern zusammen, die sich auf Objekte in Toplagen spezialisiert haben.

    Gleiches gilt auch für Nike und McDonald’s. Letztere setzen bei ihrer permanenten Standortsuche ausgefeilteste Rasterfahndungsmittel ein – bis hin zu Satellitenaufnahmen. Bei ihrer Globalexpansion können sie sich daneben auch noch auf den US-Patriotismus verlassen: Während die dortigen neoliberalen Politiker und Banker in Eurasien für die Zerschlagung der großen Wirtschaftseinheiten plädieren – und zum Beispiel der Ukraine rieten, ihre Kolchosen komplett zu zerschlagen (mit der Folge, dass man dort jetzt trotz der besten Schwarzerdeböden der Welt Grundnahrungsmittel aus Polen bezieht) -, setzen dieselben Globalisierungsakteure wie etwa die US-Landwirtschaftsministerin Ann Veneman bei sich zu Hause eine genau entgegengesetzte Politik durch. Hier können ihnen nämlich die industrialisierten landwirtschaftlichen Betriebe gar nicht groß genug sein – inzwischen produzieren nur noch vier Agrarunternehmen 80 Prozent des amerikanischen Rindfleischs. Im Heimatland also Konzentration des Kapitals, aber draußen Zersplitterung der Kräfte, damit sich diese Bereiche umso leichter kapitalisieren lassen.

    Zurück zur Starbuck’s-Filiale und dem Umfeld Hackescher Markt: Es ist ein Touristen-Hotspot geworden – mit denselben Läden und Waren wie in Prag, Krakau, Madrid etc., zudem überteuert und aufdringlich. Trotzdem gibt es auch für diese Multis noch ein Restrisiko: Das Berliner Planet Hollywood machte wieder dicht, und auch die vielen Hard Rock Cafés dümpeln hierzulande vor sich hin. Während McDonald’s in Europa und USA eher Billig-Fastfood verkauft, zählen dieselben Läden in Russland und Asien zu den teuren Restaurants. Hier werden die Planet Hollywoods und Hard Rock Cafés von jungen Facharbeitern aufgesucht, in Indonesien und auf den Philippinen sind sie dagegen Künstler- und Studentenclubs.

    Auch der mit über einer Million Beschäftigten allein in den USA größte private Arbeitgeber der Welt, die antigewerkschaftliche Wal-Mart-Kette, hat bisweilen noch mit den Tücken des Objekts zu kämpfen. Obwohl sie es geschafft hat, Amerika in weiten Teilen fast konkurrenzlos flächendeckend zu verschandeln, gibt es immer noch Flecken, wo man die Wal-Mart-Billigkäufhäuser links liegen lässt: im Berliner „Problembezirk“ Neukölln etwa, so dass sich der Konzern nun ganz aus Deutschland zurückzog. Und obwohl Starbuck’s fast ganz London problemlos mit einem dichten Filialnetz überziehen konnte, gelang es dort neulich einer Bürgerinitiative, im gemütlichen Intellektuellenviertel Stoke Newington bereits die erste Filialeröffnung zu verhindern.

    Die am Berliner Touristenparcours in Mitte platzierten Starbuck’s-Filialen passen dagegen in das dortige „internationale Flair“ wie die Faust aufs Auge. Die amüsierwütigen Besucher aus Nah und Fern verlangen geradezu nach überall gleichen Angeboten und Atmos, um sich auch in scheinbar fremder Umgebung sofort orientieren zu können. Deswegen sehen alle großen Hotellobbys und Flughäfen der Welt gleich aus. Vor der Wende gab es hier zum Beispiel eine große Gruppe von regelmäßig mehrtägig nach Westberlin reisenden Westdeutschen, die nichts anderes taten, als sich im und am Europa-Center aufzuhalten. Im Kleinen galt das auch für den Neuköllner Hermannplatz, den die Bewohner von Britz, Buckow und Rudow ansteuerten, wenn sie in die „Stadt“ wollten, um was zu erleben. Dort hing schrilles Volk herum. Viele Hermannplatz-Geschäftsleute meinten, die Punker, Fixer und Jugendgangs würden ihnen die Kunden vergraulen. Das Gegenteil bewies die Stadtplanungsforscherin Toni Sachs-Pfeiffer: „Die alten Leute kamen von weither, um sie sich einmal aus der Nähe anzugucken, dabei haben sie dann auch was eingekauft.“ Diese Erkenntnis hat sich bis nach Bremen herumgesprochen, wo die vor den Supermärkten herumlungernden Punker fast alle von der Stadt auf ABM-Basis angestellt wurden.

    To cut a long capitalistic shitstory short: An den Hackeschen Markt und was dazugehört geht man als Einheimischer eigentlich nur noch, um Touristen anzugucken. Es ist entseeltes Terrain, aber nur dieses Niemandsland ermöglicht optimale Renditen. Und den Touristen garantieren die Starbuck’s-Filialen dort eine gewisse Qualitätsnorm – bis hin zu den Toiletten, die den überall auf der Welt gleichen Duft des internationalen Kammerjägerkonzerns Rentokill ausströmen.

    Letzte Meldung: Nun hat ein Starbuck’s-Café auch an der U-Bahn Kochstraße neben dem taz-café aufgemacht…Sauerei!

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