Eine thailändische Freundin von mir heißt “Oy-Siemens”, weil sie mal ein Bordell in der Moabiter Siemensstraße besaß und die Thai-Scene ähnlich wie die Linke hierzulande bei kollektiven oder individuellen Existenzprojektgründungen die Gruppe bzw. den Einzelnen mit dem Ort, wo das geschieht, gleichsam identifiziert – und danach benennt: Die Wannseekommune, Die Konstanzer (Frauen-WG in der Konstanzerstraße), die Magelsener (eine Landkommune bei Hoya) usw. Analog dazu wird der AUB-Gründer nun der Schelsky-Siemens genannt.
Ein Artikel von Silvio Biblich, veröffentlicht auf www.likedeeler-online (sic), beschäftigt sich mit seinem Wirken im Osten – in Greifswald – und zwar damit, “wie die ‘Arbeitsgemeinschaft Unabhängiger Betriebsangehöriger’ AUB des Wilhelm Schelsky in Greifswald die Auslagerungsstrategien des Siemens-Konzerns beförderte”. Ich entnahm den Artikel gestern der Jungen Welt, die anscheinend mehr Bewegungsmelder nach Rostock entsandt hat, als sie täglich braucht, so dass einige sich reporterhaft im mecklenburg-vorpommerschen Umkreis herumgetrieben haben.
Auch die anderen Medien langweilen sich und uns mit dem G8-Scheiß. Die FAZ macht heute auf “Harmonie in Heiligendamm”. Zwar meint sie, die Staatsgewalt mache nun zu Lande, zu Wasser und aus der Luft Jagd auf “die Autonomen”, aber da sich dort “Uniformierte auf beiden Seiten” gegenüberstünden, sei das quasi ein – mit dem HUB-Kriegsforscher Mükler zu sprechen “symmetrischer Krieg”, und ein äußerst “gerechter” sowieso. Da das aber noch alles nicht genug “Harmonie” entbirgt, folgt noch ein fetter Artikel über das “G-8-Interieur”, das die Ehefrau des Heiligendamm-Investors August von Jagdfeld – Anna Maria – quasi eigenhändig aussuchte oder entwarf bzw. kombinierte. Sie kommt dann auch selbst in dem Artikel “Harmonie für Heiligendamm” ausführlich zu Wort: Es geht darum, das ringsum die martialische Inszenierung, bestehend aus primitivsten Waffen bis hin zu highestem Tech in einem wüsten Gemisch – für die Zaungäste bzw. die Weltöffentlichkeit, durch die “harmonische Gestaltung” des Inneren Circles – bei den 8 Regierungschefs und ihren unzähligen Helfershelfern – einen umso hübscheren Kontrast bildet.
Von einem gewissen “Kontrast” handelt auch der JW-Text aus dem nahen Greifswald – über Schelsky-Siemens:
Nun ist es amtlich: Wilhelm Schelsky, ehemaliger Chef der »Arbeitsgemeinschaft Unabhängiger Betriebsangehöriger« (AUB), hat selbst zugegeben, daß seine Organisation vom Siemens-Konzern als eine Art Gegengewerkschaft finanziert wurde. Der Geschäftsmann ist nicht nur Eigentümer einer Villa im vorpommerschen Lubmin, sondern hält auch Anteile an verschiedenen Unternehmen in der Region.
Schelsky besitzt etwa 41 Prozent der Greifswalder Firma »manufacturing, logistics and services GmbH und Co. KG« (ml&s), weitere Anteile gehören Siemens. Das Unternehmen entstand als Ausgliederung aus dem Konzern. 2002 drohte Siemens damit, die Fertigung zu schließen, weil die Kapazitäten in Deutschland nur zu 30 bis 40 Prozent ausgelastet seien. Das hätte 250 Menschen in Greifswald den Arbeitsplatz gekostet. Der damalige Betriebsratschef Klaus Bahl (AUB) befürwortete seinerzeit den Übergang von Arbeitskräften zu ml&s. »Die darauf folgenden fünf Wochen, in denen die Verhandlungen liefen, ließ der AUB-Betriebsratsvorsitzende Klaus Bahl keine Informationen an die Beschäftigten oder andere Betriebsräte durchsickern«, kritisierte hingegen die IG Metall. Thomas Möller vom DGB Greifswald erinnert sich: »Bahl hat damals IG-Metall-Betriebsratsmitgliedern Konsequenzen angedroht, wenn sie öffentlich auf Probleme bei Siemens aufmerksam machten.«
Ex-AUB-Chef Schelsky gehört auch die Greifswalder »Schema Unternehmens-Infrastruktur-Planung Nord GmbH«. Die Firma führte er bis 2006 zusammen mit Lothar Mahling, der laut Wirtschaftswoche wiederum unter Martin Bangemann Sprecher der FDP und zeitweilig auch Sprecher der AUB war. »Schema« ist Besitzer der Gaststätte im Volksstadion »Golden Goal« und stellte Arbeitskräfte für Siemens zur Verfügung. Die Zeitarbeitsfirma hat die Westanbieter in den letzten Jahren weitgehend verdrängt und war sehr eng in die inneren Abläufe eingebunden. Die Bezahlung ist, den Andeutungen von Mitarbeitern nach zu urteilen, nicht besonders gut, aber für hiesige Verhältnisse immerhin so lohnenswert, daß selbst aus Berlin, von der Insel Rügen, aus Anklam usw. Beschäftigte die Woche über nach Greifswald kommen, um hier zu arbeiten. Mittlerweile geht Nokia Siemens auf Distanz zu Schelsky und trennte sich von »Schema«. Die Beschäftigten wurden nach heftigen Protesten von der Zeitarbeitsfirma Manpower zu den gleichen Konditionen übernommen.
Die AUB ist in Greifswald relativ stark. Bei ml&s stellt sie zwei Drittel der Betriebsratssitze und mit Gudrun Haseloh die Vorsitzende der Beschäftigtenvertretung. Diese schätzt die Mitgliederzahl der AUB in Greifswald auf insgesamt etwa 100 bis 120. In der AUB seien vor allem Betriebsratsmitglieder organisiert, so Haseloh, die die Unterschiede zu den DGB-Gewerkschaften betont: Im Gegensatz zu diesen erhebe die AUB keine branchenbezogenen Forderungen. Man sei keine Tarifpartei – und wolle das auch nicht sein. »Natürlich fordere ich als Betriebsrätin Lohnerhöhungen und Arbeitszeitverkürzung – vorausgesetzt, die Situation meines Betriebes erfordert es«, wirft sie ein. Die Beschäftigtenvertretung solle aber nur im einzelnen Betrieb erfolgen. Als Organisation, die sich auf Betriebsratsarbeit konzentriere, gebe es für Tarifpolitik auch keinen gesetzlichen Spielraum: Tarifliche Regelungen dürfen von Vereinbarungen zwischen Unternehmern und Betriebsräten nicht unterlaufen werden, schreibt das Betriebsverfassungsgesetz vor. Diesen Paragraphen würde die AUB gerne ändern: »Regionale Anpassungen« – sprich: die Öffnung der Flächentarifverträge – befürwortet der Verein. Dem Druck eines Konzerns wie z. B. Siemens, der mit Standortverlagerung und Ausgliederungen die Belegschaften gegeneinander ausspielen kann, wird man so kaum standhalten können. Haseloh meint dennoch, ohne den gewerkschaftlichen Hintergrund auszukommen, und möchte »eine Vertretung, die Arbeitnehmerinteressen berücksichtigt, ohne das Wohl des Betriebes aus dem Auge zu verlieren«.
In Greifswald hatte diese Strategie offensichtlich bislang Erfolg. Nicht nur bei ml&s, sondern auch bei Nokia Siemens stellte die AUB bisher die Mehrheit der Betriebsräte. Ob dieser Trend indes anhält, bleibt abzuwarten. Die AUB ist 2002 in ein gut gelegenes Büro am Marktplatz eingezogen. Mit Margrit Schuldt fungierte als Ansprechpartnerin der AUB die ehemalige Sekretärin des Greifswalder Siemens- Standortleiters. Ein schickes Auto mit Nürnberger Kennzeichen – die Zentrale der AUB befindet sich in der Frankenmetropole – sorgte für Aufsehen. DGB-Mann Möller fragte sich da schon, »wie das mit acht Euro Mitgliedsbeitrag funktioniert«. Haseloh gibt freimütig zu, daß die AUB ein Lieblingskind von Schelsky war: »Er war vielfältig tätig, als Unternehmer und Unternehmensberater. Es steht ihm natürlich frei, Vereinigungen zu fördern, die die Arbeit der Betriebsräte unterstützen.« Schelsky hat den Vorsitz der AUB mittlerweile niedergelegt. Die Landesgeschäftsstelle der AUB in Greifswald wurde aufgelöst. Auf den Internetseiten ist nur noch die Bundesgeschäftsstelle Nürnberg zu finden. Die Arbeit der AUB soll laut Gudrun Haseloh in Zukunft »stärker ehrenamtlich erfolgen«.
In Berlin tut sich auch was bei Schelsky-Siemens. Hier zeigte der Konzern – im Zusammenhang eines “Verschmelzungsvertrages” an, dass die opto-control Elektronik Prüfsysteme mbH Bochum durch Übertragung ihres Vermögens unter Auflösung ohne Abwciklung als Ganzes auf die Gesellschaft verschmolzen ist.
So weit so gut. Aber dann wird als “nicht eingetragen” noch Folgendes veröffentlicht:
“Den Gläubigern der an der Verschmelzung beteiligten Rechtsträger ist, wenn sie binnen sechs Monaten nach dem Tag, an dem die Eintragung der Verschmelzung in das Register des Sitzes desjenigen Rechtsträgers, dessen Gläubiger sie sind, als bekannt gemacht gilt, ihren Anspruch nach Grund und Höhe schriftlich anmelden, Sicherheit zu leisten, soweit sie nicht Befriedigung verlangen können.”
Wenn das keine Sauerei ist…Schon allein der Satzbau…