„Es gibt immer zu viel Deutung und nie genug Fakten. Die Akte durch Deutung sind am gefährlichsten für die Freiheit.“ (Francois Ewald)
Erst interpretierte der Siemenskonzern Ende der Achtzigerjahre seine führende Rolle im internationalen Elektrokartell IEA um – zu einem auf freiberufliche Agenten beruhenden Schmiergeldsystem. Statt einer „Kriegskasse“ gab es nun „schwarze Kassen“ auf Geheimkonten. Festangestellte Mitarbeiter wurden, wenn sie aufflogen und gegen sie ermittelt wurde, entlassen, gleichzeitig aber mit einer „individuellen Pensionszusage“ beruhigt. Der vor kurzem entlassene Anti-Korruptionsbeauftragte von Siemens, Albrecht Schäfer, berichtete laut SZ am 20.Juni 2006 dem Prüfungsausschuss des Konzernvorstands über ein Liechtensteiner Verfahren „gegen einen ehemaligen Mitarbeiter“. Gleichzeitig legte er einen 40-seitigen Report über das im Haus praktizierte Schmiergeldsystem bei der Auftragseinholung vor.
In diesem Werk interpretierte er das „System“ noch einmal neu – und um: Danach hatten sich mehrere Mitarbeiter zu einer „Bande“ zusammengeschlossen – zum Nachteil von Siemens schwarze Kassen im Ausland eingerichtet und ein System entwickelt, um unauffällig Schmiergeld zahlen zu können. Die Mitglieder dieser Bande verstanden es lange Zeit, alle Bemühungen bei Siemens, die Vorgänge umfassend aufzuklären, systematisch zu verhindern. Laut SZ kam Albrecht Schäfer in seinem Bericht am Ende zu dem niederschmetternden Ergebnis: „Wir sind belogen und getäuscht worden.“
Exakt die selben Worte hatten 1989 auch Millionen DDR-Bürger in bezug auf ihre Regierung gebraucht, als sie sich von ihr (endgültig) abwendeten. Hier wie dort haben wir es denn auch mit einer Uminterpretation von „Systemen“ zu tun. Und wahrscheinlich werden viele DDR-Bürger ihre regierende Partei hernach ebenfalls als eine „Bande“ wahrgenommen haben. In Kreuzberg machte zuletzt die Parole „Bildet Banden!“ die Runde an den Hauswänden. Der FDP-Politiker und Mitbegründer der Künstlersozialversicherung Rolf Schroers schrieb beizeiten bereits in seinem Buch über den antiamerikanischen deutschen „Partisan“ und seines Systems: „Die Solidarität der Bande sichert die Unantastbarkeit der Würde des Einzelnen, die niemals der Tod, aber dauernd die Lebensgier selber gefährdet“.
Unter dem Druck der staatsanwaltlichen Maßnahmen haben jetzt aber doch einige Mitglieder der Siemens-Bande, wie sie schon bald im Haus genannt wurden, ausgesagt – trotz großzügiger Abfindungen. Damit wird nun eine weitere Interpretation des Schmiergeldsystems möglich. Die SZ, obwohl selbst zur Personalisierung neigend, hat dazu heute schon mal einige Aussagen gegen Aussagen gestellt. Der verhaftete Vorstand Thomas Ganswindt sagte demnach z.B., als die Ermittlungen nicht nachließen, habe ihn der Anti-Korruptionsbeauftragte Schäfer beruhigt, es könne nichts passieren, und selbst wenn, Siemens sei sauber. Es handele sich dabei bloß um Verfehlungen einzelner Leute. Diese beharren nun jedoch umgekehrt darauf, dass sie die Opfer einer systemischen Verfehlung – eines „Systemfehlers“ quasi seien. Wahrscheinlich ist es nur noch eine Frage der Zeit, bis wir wieder bei den Praktiken des internationalen Elektrokartells angekommen sind. Allerdings galt auch das IEA mit Sitz in Pully bei Lausanne den unabhängigen Elektrounternehmen seinerzeit schon als eine üble „Bande“. Und die (amerikanische) Staatsanwaltschaft ermittelte immer mal wieder.
Esto no me conviene en absoluto. http://nuevascarreras.com/cialis/ cialis Desidero incoraggiarvi a visitare il sito che vi sono molti articoli sul tema. http://nuevascarreras.com/tag/cialis/ – cialis efectos secundarios