vonHelmut Höge 25.07.2008

Hier spricht der Aushilfshausmeister!

Helmut Höge, taz-Kolumnist und Aushilfshausmeister, bloggt aus dem Biotop, dem die tägliche taz entspringt. Gonzo-Journalismus der feinen Art.

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Wegen der Olympiade in Peking und drumherum rüsten alle dortigen Dienstleister auf, d.h. sie weisen ihre Hausmeister an, ihre Etablissements (Projekte) fit für die Fremden zu machen. Und dazu gehört auch, dass man für sie die wichtigsten chinesischen Hinweis-Schriftzeichen übersetzt – mindestens in Englische. Dazu scheinen die Hausmeister in der Mehrzahl auf Übersetzungsprogramme zurückzugreifen, wie auch die folgenden Beispiele zeigen…


„No Saliva“ heißt „Nicht Spucken!“


Die Photos mailte mir die wunderbare Jennifer Munro – ehemals niedersächsische Elternsprecherin und Biologin, die ihre Doktorarbeit über den DDT-Gehalt in Baumwolle im weltweiten Vergleich schrieb. Vor einiger Zeit erwähnte ich Jenny einmal in der taz auf der Wahrheit-Seite im Zusammenhang meiner dortigen Serie „Da lacht der/die“ (in diesem Fall „Inderin“):
Wilhelm Genazino definierte den Humor als „jegliches verbale Belustigungsgeschehen, dass von außen zu uns findet“ – etwa in Form eines Witzes mit oder ohne Pointe. Im Gegensatz dazu steht das Komische, das „in uns entsteht“ und „von niemandem erzählt“ wird. Ich möchte hier nun von dem seltenen Fall berichten, da beides zusammen kommt: bei Jennifer Munro, der Tochter meines früheren Zoochefs. Sie ist heute Biologielehrerin in Bremen, ihre Eltern leben in Belgien, wo sie ebenfalls einen Handelszoo haben. Die Mutter sucht gern im Internet nach Witzen, die sie ihrer Tochter schickt. Die wiederum leitet sie kommentarlos u.a. an mich weiter. Das geht schon seit Jahren so.

Leider sammelte ich diese Humorlieferungen erst, als mir „das Komische“ daran aufging – so stammt jetzt mein ältester Witz von Mutter und Tochter Munro vom 2. Februar 2002: Ein Amerikaner speist in einem spanischen Restaurant und sieht, wie jemand am Nachbartisch zwei große Kugeln isst. Man erklärt ihm, dass es sich dabei um die Hoden eines Stiers handele, den ein Torero am Morgen in der Arena abgestochen hat. Der Amerikaner möchte ebenfalls welche bestellen, ihm wird jedoch gesagt, er müsse sich bis nach dem nächsten Stierkampf gedulden. Als er dann am folgenden Tag Hoden serviert bekommt, ist er jedoch enttäuscht: „Die sind ja winzig!“ Verlegen meint der Kellner: „Manchmal gewinnt leider der Stier!“ Ab Januar 2003 schickte Jenny mir mehrere Aufrufe, um per Unterschrift bei der UNO gegen die Irakinvasion der Angloamerikaner zu protestieren. Im März kam wieder ein Witz – „Having a Bad Day?“ betitelt: Auf der Intensivstation eines Krankenhauses sterben jeden Sonntag um elf Uhr die frisch operierten Patienten. Die Ärzte sind ebenso entsetzt wie ratlos. Die einberufene Untersuchungskommission kann nur übernatürliche Ursachen ausmachen und versammelt sich schließlich an einem Sonntagmorgen vor der Station. Gespannt warten sie, was um elf Uhr passieren wird. Da kommt die Urlaubsvertretung der Putzfrau, zieht den Stecker des Beatmungsgerätes raus und schließt den Staubsauger an.

Am 29. März schickte Jenny mir ein Foto mit dem Titel „Civilians Fight Back“: Ein GI kniet schießend auf einer Treppenstufe, während ein fünfjähriger Iraker ihm vorm Hauseingang stehend auf den Helm pinkelt. Am 12. Juli bekam ich einen Sportwitz: Die städtischen Armen spielen Basketball; die kleinen Angestellten Bowling; die Arbeiter begeistern sich für Football; die Meister für Baseball; das mittlere Management spielt Tennis und die Führungskräfte Golf. Fazit: Je höher jemand in der Firmenhierarchie aufsteigt, desto kleiner werden seine Bälle. Am 7. Februar 2004 bekam ich zwölf Witze über die Blödheit von George W. Bush zugeschickt. Eine Woche später noch einen: „Bush and Powell Plan World War III“. Sie sitzen an einer Bar. Herein kommt ein Gast, er flüstert dem Barkeeper leise zu: „Die sehen ja aus wie Bush und Powell.“ – „Sie sind es“, bestätigt der Barkeeper. Der Mann geht auf die beiden zu und fragt: „Was macht ihr denn da?“ Bush sagt: „Wir planen gerade den dritten Weltkrieg.“ – „Wie wird er ausgehen?“ Bush antwortet: „Also, wir werden zehn Millionen Iraker töten und einen Fahrradreparateur.“ Erstaunt fragt der Mann: „Warum wollt ihr ausgerechnet einen Fahrradreparateur töten?“ Darauf wendet sich Bush Powell zu und sagt: „Siehst du, ich hab dir ja gesagt, kein Mensch wird sich um die zehn Millionen Iraker Gedanken machen!“

Am 29. Mai schickte sie mir einige „Funny Questions“: Warum wird Zitronensaft mit künstlichem Aromastoff angereichert, aber Geschirrspülmittel mit echten Zitronen? Warum heißt die Tageszeit mit dem zähfließendsten Verkehr ausgerechnet Rush-Hour? Warum wird bei der Todesspritze die Nadel sterilisiert? Wenn Fliegen so sicher ist, warum heißen dann Flughäfen terminal (Endstation)? Zuletzt bekam ich am 20. Juli einen Blondinenwitz von ihr zugeschickt: Wie kriegt man eine Blondine dazu, am Sonntag zu lachen? Indem man ihr am Mittwoch einen Witz erzählt! Das Komische an diesen ganzen Lieferungen ist die Fixierung auf schwarzen amerikanischen Humor: Einerseits die Regierung lächerlich machende Witze und andererseits hodige Zoten.

Ich finde diese Currymischung sehr indisch, gleichzeitig erstaunt sie mich aber auch, denn die sittenstrenge Mutter riss ihre Tochter einst quasi aus meinen Armen und steckte Jenny in ein englisches Internat, woraufhin ich schlagartig die Lust verlor, noch weiter für die Munros zu arbeiten. Ungeachtet ihrer Pointenschwäche sind mir Jennys regelmäßige Scherzsendungen aber lieb und wert, denn sie erinnern mich jedes Mal an unsere ersten und letzten schüchternen Küsse hinter den Vogel- und Flughundevolieren ihrer Eltern. Und das sollen sie vielleicht auch. Ich hoffe es jedenfalls.

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