vonHelmut Höge 08.09.2008

Hier spricht der Aushilfshausmeister!

Helmut Höge, taz-Kolumnist und Aushilfshausmeister, bloggt aus dem Biotop, dem die tägliche taz entspringt.

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Während die print-taz immer mehr zurückgeht, erblühen die anderen Erwerbszweige der “taz-Genossenschaft”, die demnächst ihre Mitgliederversammlung abhält, zugleich mit der Verleihung des diesjährigen Panterpreises, dem die Gründung einer “taz-Panterstiftung” folgt. Neben der Acquise von neuen Genossen kümmert sich die “Geno-Abtlg.” nun auch noch um neue Stifter. Bis Ende des Jahre soll dabei die Stiftungssumme von einer Mille bei rauskommen. Das Ganze dient der Errichtung einer “taz-Akademie” für die Praktikanten, aber auch wohl für die taz-Mitarbeiter, die dort als Dozenten wirken (werden).

Neben Genossenschaft und Stiftung hat sich aus dem Abonnenten-Prämien-Lager erst der “taz-Shop” und dann noch das “taz-Café” und zuletzt das “taz-Mobil” entwickelt, wenn man es mal so naturhaft sehen will. Und aus der “taz-Webpage” entstand währenddessen eine ganze “online-taz” – mit eigener, quasi outgesourcter Anzeigen-Acquise

Besonders zu Weihnachten brummt das taz-Shopgeschäft. Früher habe ich mich in dieser Zeit immer als Paketepacker verdingt, um “taz-Schulden” abzubauen, wie man so sagt. Früher, das war in den Jahren vor der Café-Eröffnung, als die “taz-Shop-abteilung” sich gerade aus der “taz-Abo-Abteilung” löste, die nun auf der anderen Straßenseite in angemieteten Räumen untergebracht ist. Dazu gehört dort auch noch ein riesiger Dachgarten, der jedoch erst noch richtig begrünt werden muß. Als die “taz-Shop-Abteilung” sich verselbständigte, übernahm sie noch die Telefonzentrale, den Fahrerdienst und die Kaffeeküche, dazu dann wie gesagt das neue “taz-Café” und den “taz-Empfang”. Nun haben sie so viele potentielle Packer, dass für mich vor Weihnachten keine Arbeit mehr da ist.

Aus dieser noch relativ frischen Distanz stellt sich mir die weitere Entwicklung des “Projekts tageszeitung” so dar, dass die Holzjournalisten, also die die eine Holzzeitung herstellen, das Geld verbraten, während die anderen Säulen des Projekts – Genossenschaft, Stiftung, Online-taz, taz-Shop und vielleicht bald auch noch “taz-Archiv/Doku” – das Geld einspielen. Irgendwann bekommt man zu den ganzen “taz-Produkten” und “taz-Dienstleistungen” die taz gratis dazu, wie die “Apotheken-Rundschau”, wenn man ein Medikament kauft. Der Holzjournalist Christian, der seinen Schreibtisch im Konferenzsaal zwischen den dortigen tropischen Zimmerpflanzen hat, war denn auch der erste, der sich vom “Holzjournalisten”-Dasein distanzierte bzw. emanzipierte, indem er seine Ausrüstung beim Kunstsammler Stiletto deponierte – und in die Politik ging.

Aber ich wollte vom SHOP sprechen. So bezeichnet nämlich auch der Ideator des Ausstellungsprojekts “Le Grand Magasin” in Neukölln, Karl-Marx-Straße – Andreas Wegner – das, was wir da seit Wochen und er seit Monaten aufbauen.

Einen Shop also, wobei wir u.a. auch mit dem taz-shop nicht konkurrieren, sondern kooperieren wollen, denn die mögen vielleicht das eine oder andere Objekt, das die Produktivgenossenschaften in Europa herstellten, in ihr Warenangebot aufnehmen. Die Abteilungsleiterin Siggi hat schon mal Interesse signalisiert.

Während ich noch mit der Projekt-“Dokumentation” beschäftigt war, die sich hier in den blog-eintragungen des Sommers wiederfinden – und sich zumeist dem Thema entsprechend mit den Genossenschaften und Genossenschaftstheoretikern in den verschiedenen Ländern und Kulturen befaßten, fiel mir ein, dass ich das Problem des “Shops”, um nicht zu sagen: des “Shoppings” – was ja das “Le Grand Magasin” auch war, vernachlässigt hatte.

Also ging ich los und stöberte in den Buchläden und Antiquariaten (ein Pawlowscher Reflex von mir, wenn es gilt, mehr über ein “Thema” zu erfahren – ich bin mir der Beschränktheit dieser “Methode” bewußt). Dabei stieß ich auf Erwin Strittmatters Roman “Der Laden”.
Der Loaden, der Loaden – schreibt Strittmatter immer wieder, wenn sich
alle in der Familie wieder mal um der Kundschaft willen nicht so geben
durften wie sie wollten…wenn sich alles um den Laden der Mutter dreht.

The shop, the shop – könnte Andreas sagen, wenn wieder mal mit dem
“Projekt” irgendwas nicht richtig rund läuft, wie man so sagt.

Strittmatters Roman hatte ich schon mal besessen, allerdings nie gelesen. Man hatte ihn mir in der LPG nahegelegt, wenn ich mehr über die Vergangenheit, die erste Zeit der Kolchosen in der DDR wissen wollte.
Nun kaufte ich mir gleich alle drei Bände “Der Laden”, den dritten Band bekam ich jedoch nur als Taschenausgabe – mit einem neumodischen Photo auf dem Cover: Ein Liebespaar aus einem ARD-Film, das sollte wohl der Ich-Erzähler, also Strittmatter, sein und eine seiner Geliebten, als er noch jung war und noch oder erneut bei seinen Eltern in seinem Niederlausitzer Heimatdorf Bossdom lebte. Strittmatters Roman hatte man Ende der Neunzigerjahre verfilmt – und der Aufbau-Verlag hatte sich nicht entblödet ihn nun zu einem “Buch zum Film” zu erklären – damit die Westdeutschen diesen Kommunistendreck wenn auch verspätet doch noch fraßen! Aber die Westdeutschen schissen auf das Cover, das genauso aussah wie alle billigen Amiromane – hintendrauf gleich schon mit den passenden Großkritikerstimmen “Aufregend” (Die Apotheken-Rundschau), “Noch nie habe ich etwas Bewegenderes gelesen!” (The New York Times).

Kurzum: Der dritte Band von Strittmatters “Der Laden” sah und sieht von außen so dermaßen Scheiße aus, dass ich mich schämte, damit nach draußen zu gehen, um in einem öffentlichen Café darin zu blättern, zu lesen und was reinzukritzeln.

Und sowieso war mir danach, erst mal alles andere von Strittmatter zu lesen bzw. noch mal zu lesen: zuerst Ole Bienkopp, dann die Erzählungen, die letzten Texte, die Briefe aus Schulzendorf, die Biographie seines ehemaligen Lektors, Gegoogeltes, in Archiven über ihn Verstreutes usw. Bald dominierte er auch meine Gespräche – thematisch. Die Ostler kannten natürlich alle Strittmatter: “Ach ja, wie schön – Detektiv Kaschwalla”, erinnerte sich die Korrekteurin Andrea. Den Laden hatte ich noch immer nicht angefangen, da drängte es mich schon, einen Text für die Junge Welt über den Autor zu schreiben, denn die Schweinepresse in Ost und West nahm ihn plötzlich ins Visier. Zwar zog ich dann den Text wieder zurück, d.h. ich rief Conny im Feuilleton an und bat sie, die mail mit dem Text zu löschen, ich wolle ihr einen neuen, kompetenteren, wissenderen, schicken. Conny löschte auch, aber wir vergaßen beide, dass ich ihr zwei Fassungen geschickt hatte – zwei mails…Und noch bevor ich ihr einen neuen geschickt hatte, druckte sie den übriggeblieben schon weg, d.h. ab:

Erwin Strittmatter – ein Fall von Verwandlungsfähigkeit

Für Elias Canetti ist der Dichter ein “Hüter der Verwandlungen”. Die Verwandlungsfähigkeit macht ihm das Menschliche aus. Ein Leben ohne eine fortwährende Verwandlung scheint ihm ein verarmtes, degeneriertes Leben zu sein, da es nur auf Leistung und Spezialisierung ausgerichtet ist. Zur Verantwortung des Schriftstellers gehöre es deswegen, sich gegen eine solche Verkümmerung zu stellen. Das erinnert an die “Blödigkeit”, die das aufstrebende Bürgertum bei seinen öffentlichen Auftritten zu überwinden trachtete – und die deswegen bei Hölderlin zum eigentlichen “Dichtermuth” wird oder umgekehrt: Die “Blödigkeit – ist nun die eigentliche Haltung des Dichters,” wie der Germanist Georg Stanitzek anmerkt.

Erwin Strittmatter war schon immer äußerst wandlungsfähig – nicht erst als Schriftsteller: “Halbsorbe aus der Niederlausitz”, wie er sich nannte. Und das, was er daraus an Texten machte, war so konkret, dass es den Sozialistischen Realismus gewissermaßen überholte ohne ihn einzuholen. Seine Protagonisten waren “realistische Gestalten im Kern”, deren “Weltsicht” von einem “plebejischen Wirklichkeitssinn bestimmt” wird, wie es im Klappentext über einen in der DDR erschienenen Roman von Bohumil Hrabal heißt. Der tschechische “Arbeiterschriftsteller” nennt sein Schreiben selbst “totalen Realismus”. Ähnliches könnte man auch über Strittmatters Romane und Erzählungen sagen. In der Lausitz, d.h. im Sorbischen meinten seine Leute anfänglich – über seine ersten Werke: “Das wird nich sere gekooft wern, was doa drinne steht, verstehn bloß wir.”

Strittmatter wollte eigentlich 1992, als sein letzter – neunter – Roman erschien, mit dem Schreiben aufhören – und fortan, d.h. für den ihm noch verbliebenen Rest seines Lebens “lieber durch die Wälder streifen”. sich am Wachsen und Gedeihen seiner kleinen Landwirtschaft erfreuen. Oder höchstens noch an den dritten Band seiner Dorf-Trilogie “Der Laden” einen über das “Vorwerk” hängen. Daraus wurde dann eine lose Erzählung über einige Leute aus seinem märkischen Ort Schulzenhof, wo er ab 1957 lebte. Dieses letzte Buch hat den Titel “Vor der Verwandlung”. Strittmatter war also noch nicht am Ende. Und in der Tat geschieht es gerade, dass sich sein Bild in der Öffentlichkeit wandelt, verwandelt wird. Jedenfalls wird alles darangesetzt – in den gesamtdeutschen Feuilletons.

Seine Lebensgefährtin Eva Strittmatter, die “im Gegensatz zu ihm nie an Verwandlung glaubte”, gab das Verwandlungs-Buch 1995 posthum heraus. Gleich am Anfang schrieb Erwin Strittmatter darin: “Als mich die erste Grasmücke begrüßte, wußte ich, dass ich mich dieses Jahr noch nicht verwandeln würde.” Dafür hatte er dann noch das Vergnügen, das Erscheinen des letzten Romans “Laden III” mit zu bekommen. Der Westberliner Kommunarde Fritz Teufel, der 1992 als Fahrradkurier arbeitete, stellte ihm die Druckfahnen zu. “Sie sind Schriftsteller, fragte er, ist damit denn noch was zu machen? Ich konnte ihm keine bündige Antwort geben,” schreibt Erwin Strittmatter über diese kurze Begegnung. Er war damals tatsächlich unsicher, wie das Publikum seinen neuen, letzten, Roman aufnehmen würde – drei Jahre nach der Wende im Osten. Im Westen war er nie verlegt worden, dafür gab es dort gleich mehrere Literaturkritiker, die jedes neue Buch von Strittmatter zuverlässig verrissen. Ende 1961 war der erste Band seiner Trilogie “Wundertäter”, 25.000 Exemplare, von einem Westverleger sogar kurz vor der Auslieferung eingestampft worden, weil Strittmatter sich partout nicht vom Mauerbau distanzieren wollte. Die Hälfte dieses Buches ist nebenbeibemerkt eine Verarbeitung seiner Kriegserlebnisse, wovon er eins aus Griechenland in einer seiner Nachtigall-Geschichten noch einmal ergänzte.

Zuletzt verwirrte ihn auch noch sein Ostverleger – nach dem Mauerfall, indem er die Buchhändler anläßlich des Erscheinens von “Laden III” zu einem “Schaufensterwettbewerb” aufrief, woraufhin man Strittmatters Bücher fortan mit Backstubengeräten, Pferdehalfter, Semmelkörbe, Gartengerät, Hauspantoffel und Strohballen zusammen ausstellte. So dass seine Werke, die von DDR-Bauern und -Dörfern handelten, gleichsam eine Epoche zurückverlagert wurden: in die gute alte Zeit. Womit sie auf ein Publikum, das nun angeblich auf “den großen neuen Berlinroman” wartete, doppelt und dreifach obsolet wirkten. Zu Strittmatters 80.Geburtstag rückte dennoch die gesamtdeutsche Presse bei ihm draußen “im Wald” an.

Nun, vierzehn Jahre nach seinem Tod, interessiert die Presse jedoch nur noch ein Aspekt an seiner Person: Ob er, der uns so üppig mit Details aus seinem Leben gefüttert hat, als ehemaliger Angehöriger einer SS-Gebirgsjäger-Einheit mögliche mörderische Einsätze, an denen er teilnahm, verschwieg. Strittmatters Fall ähnelt dem von Günter Grass, obwohl Strittmatter sich so gut wie nie als eine “moralische Instanz” aufspielte, eher das Gegenteil. Nach dem Besuch einiger “68er” mit “fester Anstellung in der Regierung”, die sich gegenüber Strittmatter abfällig über die Nachwendepolitik äußerten, notierte er: “Ich riet, man sollte sich der Wünsche nach einer Weltgerechtigkeit entschlagen und in dieser Hinsicht stolz und unangreifbar werden.” Dennoch konnte er sich gleichzeitig als “Kommunist” für eine strenge Unterscheidung zwischen wahren und falschen Bedürfnissen (im Volk) erwärmen – wenn auch nur einen Gedankengang lang.

Im großen Ganzen verließ er sich aber erkenntnispraktisch auf seine Verwandlungsfähigkeit. Das begann schon mit seinem ersten Text, den er kurz nach dem Krieg in einer Weimarer Zeitung veröffentlichte. Es ging darin um die Enteignung und Verteilung des Gutsbesitzes an Landlose, Heimkehrer und Vertriebene. Strittmatter arbeitete damals vermittelt über das Arbeitsamt als Gärtner in Thüringen und seine Mutter hatte ihm geschrieben, er möge doch nach Hause kommen und sich auch ein Stück Land nehmen, “es ist noch etwas Rest”. Der Brief der Mutter machte ihn nachdenklich: “Ich bin immer landhungrig gewesen.” Erst recht dann ihr zweiter Brief, in dem sie ihren Sohn zur Eile mahnte, “sonst wäre auch das letzte Stück Land aus dem Bodenfonds vergeben, und die Bossdomer Flure aufgeteilt. ‘Vom Bodenfonds’ – wie meine Mutter das hinschreibt, so als hätte es den schon immer gegeben wie Margarine oder Himbeermarmelade.” Statt nach Hause zu fahren schrieb Strittmatter erst einmal einen Text über “die Gefühle eines Menschen”, der nun ein Stück Land sein eigen nennt: “Noch ehe ich etwas von der Aktion, die man später die Bodenreform nennen wird, gesehen habe, schreibe ich über sie.”

Als der Gartenbesitzer, sein Chef, mit der Zeitung ankommt, in dem Strittmatters Artikel steht, und wissen will, wann er gemerkt habe, dass er ein Schriftsteller sei, erklärt ihm der Autor, “meine Verwandlung vom Hilfsarbeiter zum Schriftsteller hat sich plötzlich auf dem Arbeitsamt vollzogen.” Indem er sich dort als ein solcher deklarierte. An anderer Stelle ergänzt Strittmatter, dass sein Chef, Herr Höhler, “doch die Verwandlung eines gewöhnlichen Menschen in einen Schriftsteller im eigenen Garten und auf seinem Mist miterlebt” habe. Dem Obstgutsbesitzer gefiel der Artikel, merkwürdigerweise kam er aber nicht darauf, dass ihm selbst auch bald eine Verwandlung, die Enteignung seines Gutes nämlich, drohte. Für Strittmatter hält der Erfolg seiner Verwandlung nicht an: seine zwei nächsten Texte werden abgelehnt: “Meine Beziehungen zum Kulturredakteur in Weimar haben sich gelockert. Er hat mich bezichtigt, ein Feind der Zukunft zu sein. Das halte mal einer aus! Das nehme mal einer hin!” An anderer Stelle erklärt er dazu: “Ich war ein Glaubender in Sachen Politik geworden und ein Unsicherer, ein Ungesicherter in Sachen Kunst, und ich mußte erst wieder einer werden, der sich seiner Vergangenheit nicht schämt, sondern sich über sie wundert…” Der ein “Selbstdenker” (wieder) wird.

In seiner Trilogie “Der Wundertäter” thematisierte Strittmatter später seine Hinwendung zur Schriftstellerei ausführlich. Bertold Brecht, mit dem er vier Jahre zusammenarbeitete, und der sich gleich ihm besonders für die sozialistische Umgestaltung der ostelbischen Landwirtschaft interessierte, kritisierte daran: “Man schreibt nicht über Dichter, man schreibt über Arbeiter.” Strittmatter war nun aber ein Arbeiter – und der “Hauptmensch” in ihm, so behauptete er auch weiterhin, “treibt Handarbeit – und läßt sich knechten.” Der gelernte Bäcker, aus kleinbäuerlicher Elternhaus, war zuvor Kellner, Fahrer, Kaninchenzüchter, Hundedresseur, Soldat, Land- und Fabrikarbeiter gewesen.

Sein Stück “Katzengraben” verdankte sich bereits der Zusammenarbeit mit Brecht, der sich in Brandenburg ein “Laienspiel über die Landwirtschaft in der DDR” angesehen hatte – und dabei auf den Autor aufmerksam geworden war. Später vermittelte Strittmatter umgekehrt dem Regisseur Benno Besson einen Arbeits- und Studienplatz in der LPG seines Dorfes, wo man Strittmatter zum Ehrenvorsitzenden machte. Neben Bertolt Brecht hatte zunächst auch die offizielle DDR-Kritik “die Lebensgeschichte des Stanislaus Büdners, vom poetisierenden Bäckergesellen zum kritischen Schriftsteller” scharf kritisiert, aber dann erlebte der Autor doch noch “wie sein Protagonist – die Verwandlung vom Bäcker zum hofierten Romancier”.

Posthum kommt es nun wie erwähnt sogar noch zu einer weiteren Verwandlung: vom hofierten DDR-Schriftsteller zum verfemten Nazi und – fast noch schlimmer – zum Stasispitzel “IM Neupeter”.

In einer seiner “Nachtigallgeschichten” – hatte es über das Ende des Ersten Weltkriegs und den ersten “Heimkehrerball” bereits resümierend geheißen: und so “winselte [ich] mich in einer der ersten Verwandlungen meines Lebens hinein.” Das Ende der DDR tangierte Strittmatter weniger. Während es auch und gerade unter den Bauern und in den ostdeutschen Dörfern mächtig gärte, wie man so schön sagt. Die BRD hatte 1961 im Wiedervereinigungsplan des dafür einst zuständigen “Gesamtdeutschen Ministeriums”, festgelegt, dass die LPGen aufgelöst werden müßten. Der diese von der EU abgesegnete Bauernpolitik nun exekutierende Freiherr von Heeremann als Bauernpräsident und der Allgäuer Kleinbauer Ignaz Kiechle als BRD-Landwirtschaftsminister sprachen ganz offen auf DDR-Versammlungen von der Zerschlagung der kollektivierten Landwirtschaft. Hatten nicht sämtliche in den Westen geflüchteten ostelbischen Bauern davon berichtet, dass sie durch brutalen Zwang ins Werk gesetzt worden war? Der RIAS berichtete in seinen Brandenburg-Sendungen noch täglich davon.

Die meisten Bauern nahezu im gesamten Ostblock wollten jedoch nach 1989 ihre Landwirtschaftskollektive nicht mehr verlassen. In Russland lehnten sie sogar das ihnen geschenkte Land zur Vergrößerung ihrer eigenen kleinen Privatwirtschaft ab. Der zunehmende Druck von außen stieß auf das “Beharrungsvermögen” im Inneren und ließ das Leben auf dem Land auch in Ostelbien immer heterogener werden. Das wirklich Neue war jedoch mit der Bodenreform nach dem Krieg passiert. Die Kollektivierung der Landwirtschaft thematisierte Strittmatter in seinem tragikkomischen Roman “Ole Bienkopp”.

Dafür unternahm ich kleinere Landausflüge – u.a mit dem ehemaligen Kulaken Emil Kort aus Kampehl, der sich 1984 mit Pferd und Wagen durch die DDR aufgemacht hatte, und immer noch einige Pferde auf seinen nun restituierten Weiden in der Prignitz stehen hat. Einmal kamen wir an Strittmatters “Schulzenhof” im Ruppiner Land vorbei. Strittmatter, der dort 1994 starb und dann auch beerdigt wurde, war wie Kort ein Pferdenarr . “Den mußt du lesen,” meinte Emil Kort, “in seinem ‘Ole Bienkopp’ schildert er, wie die ‘Neue Bauerngemeinschaft’ am Starrsinn der Parteibürokratie zerbricht. Wie mich hat man ihn dafür der Sabotage bezichtigt.”

Emil Kort wurde mit etlichen Jahren Uranbergbau bestraft, Ernst Strittmatter bekam jedoch den Nationalpreis für seinen “Bestseller” und der Roman wurde Pflichtlektüre der 12.Klassenstufe. “Das Leben ist ja so spukhaft,” so kommentierte der Autor diese erneute Wendung in seinem Leben und in der Kulturpolitik der Partei.

Im Herbst 1993 war ich in der Lausitz unterwegs – ein bißchen auch auf den Spuren des Dichters. Ich kuckte mir “Den Laden” seiner Eltern an. Er wurde 1999 zu einem Museum ausgestaltet. Noch beeindruckender fand ich einen anderen, einen Fleischerladen ganz in der Nähe, der nun “Schlachtshop” hieß.

Eva Strittmatter schreibt, dass Erwin Strittmatter im Oktober 1993 ebenfalls in der Lausitz unterwegs war, zusammen mit der Bibliothekarin Sylvia B. aus Spremberg, “mit der er in den letzten Jahren die geheimen Plätze seiner Jugendlieben aufgesucht hatte, Erinnerungsfahrten in das Land, nach dem sein Heimweh ging.” Der halbsorbische Dorfdichter verarbeitete im “Wundertäter”, wie auch in fast allen anderen Büchern und Trilogien sowie Klein- und Kurzgeschichten die eigenen “Lebenserfahrungen”. Gerade in seinen Erzählungen erinnerte mich Strittmatter an Bohumil Hrabal, der sich seinerseits auf den Schwejk-Autor Hasek berief. Die beiden nahezu Gleichaltrigen, Strittmatter und Hrabal, eint überdies, dass sie sich in vielen Arbeiter-Berufen ausprobierten und ihre Bücher sich aus diesen Erfahrungen speisten. Ersterer meinte, bereits anhand seiner eigenen Lebensführung den Beweis führen zu können, “dass der Mensch unterderhand und oft, ohne sich selber von diesem Vorgang zu verständigen, ein anderer wird.”

Gleichzeitig bleibt jedoch immer etwas hängen, bei dem einstigen Jungkommunisten Strittmatter, den man 1947 zunächst zum Amtsvorsteher seines Heimatortes Bohsdorf machte, war es u.a. das “Zweitlächeln” bzw. “Kellnerlächeln”, das er auch späterhin noch manches Mal benötigte, “und obwohl wir unsere Gesellschaft doch revolutionieren, wird es heute noch dann und wann von mir verlangt,” klagte er – in “Die blaue Nachtigall”.

Seine halbe Verwandtschaft bestand aus Sorben. Die Sorben in der Lausitz sollten während der Nazizeit als “führerloses Arbeitsvolk” zum Straßenbau in den Osten deportiert werden, ihre Organisation, die Domowina, wurde verboten. Sie gehörte dann mit zu den ersten, die nach dem Einmarsch der Roten Armee wieder zugelassen wurden, später unterstützte die SED “ihre” Sorben großzügig. Strittmatter erwähnt in seinen Werken den einen und anderen sorbischen Verwandten, er selbst “war hingegen stets nur – wie soll ich mich charakterisieren? – ein Lebensverbraucher.” Nach dem Pistolenschuß eines betrunkenen sowjetischen Offiziers erlebte er aber doch einen der “kurzen Augenblicke, in dem er gewissermaßen in “Eigenleistung einen Richtungswechsel” vollbrachte.

Ein Kulturwissenschaftler, den er beim Kuren kennenlernte, fragte ihn einmal: “Wie’s mit dem Schreiben so” ginge. “Das eben versuche ich herauszukriegen,” erwiderte Strittmatter, woraufhin sein Freund meinte: “Mit Schreiben was über Schreiben rauskriegen? Is ja wohl reine Empirie!”

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Nachhaltige Literatur

Der Einschleichjournalist Oliver Jungen schreibt in der FAZ: Es sei eine “Tatsache, dass Erwin Strittmatters literarisches Schicksal längst besiegelt ist”. Reines Wunschdenken! So heißt es z.B. über die Amerikanisierung gleich im ersten Band seiner “Laden”-Trilogie: “Großvater Josef reist nach Kanada und teilt Großmutter im ersten Liebesbrief mit, er habe einen Job gefunden…das Wort fängt sogleich mächtig an, in unsere Familiensprache einzudringen.” Die Großmutter wird gefragt, was ihr Liebster denn drüben für eine Arbeit gefunden habe. Er habe einen Job, antwortet sie. Aber ein Job ist doch eine Arbeit, erwidert man ihr. Nein, sagt die Großmutter, “ein Job ist ein Job ist ein Job.” Nach einiger Zeit schickt der Großvater ihr money für die Überfahrt. Auch dieses Wort nistet sich in der “Familiensprache” ein, bei seinem sorbischen Onkel wird daraus jedoch Muni – “das ist eigentlich die Abkürzung für Munition, was tuts, sie sind ja verwandt – Geld und Munition.” Irgendwann bringt sich der Großvater in Amerika mit einer pocket-gun um, die Großmutter erzählt daheim die Story von seinem Tod jedoch anders. Wenn sie wütend ist, z.B. auf den Vater von Strittmatter, sagt sie: I kill you. Wenn er morgens nicht aufstehen will, ruft sie ihm zu: “Henry, go on! Der Vater wälzt sich herum und kehrt ihr den Rücken zu. Master must first out of bed in the morning, sagt die Amerikanische etwas lauter.” Den Kindern bringt sie “bit by bit bei, dass sie reich ist.” Strittmatters Mutter säubert ihr nach Ladenschluß die Fingernägel. Die andere Oma macht das wütend: “Amerikanische Moden, sagt sie. Zuogar für ihre Finger braucht se noch ne Moagd.”

In unserer nunmehrigen Dienstleistungs- und Selbständigkeitsgesellschaft aktueller denn je sind auch Strittmatters 1983er-Bemerkungen über das Einzelhandelsgeschäft seiner Mutter. So darf er z.B. nie etwas Kritisches über jemanden im Dorf sagen: “Alles unsere Kundschaft. Ich sehe, was ich sehe, aber Mutters Laden macht mich zum Parteigänger, ich soll nur sehen, was dem Geschäft nicht schadet. Diese Nötigung verfolgt mich mein Leben lang: Andere verlangen von mir, daß ich sehe, was sie wünschen.” In seinen jungen Jahren wurde es einmal so schlimm damit, dass er zu seiner Großtante Maika gehen mußte, damit diese ihm sein “Geschäftsgespenst” austrieb. Aber auch weiterhin heißt es: “Der Loaden, der Loaden” – geht vor. Selbst der jähzornige Vater darf seine Beschimpfungen nie “bis zur Feindschaft ausweiten. Der Laden! Der Laden!” Immer wieder muß Strittmatter dort die Mutter vertreten, und dann bringt ihm der Großvater auch noch den “Pferdehandel” bei. Bis zuletzt wird Strittmatter Pferde züchten – und dafür sorgen, dass dabei immer was abfällt. Die Eltern standen mit der Bäckerei und dem Laden in Konkurrenz zum Nachbarn – dem Mittelmüller. Eines Tages beschließt dieser, sein Brot den Kunden frei Haus zu liefern: “Siehe, der Service, den sich der Mittelmüller ausdachte, hat Erfolg.” Strittmatter und sein Großvater beginnen daraufhin ebenfalls, das Brot auszuliefern: “Wir gewinnen unsere Brotkunden auf den drei Vorwerken zurück und wir gaunern der Konkurrenz einige Kunden ab.” Strittmatter lernt Mundharmonika, sein Mutter beschäftigt ihn daraufhin im Laden als “Kundenservice: Jeder Schichtler, der jahrsüber sein Bier im Laden getrunken hat, erhält an seinem Geburtstag ein Sonderkonzert”. Als das Anschreiben überhand nimmt, muß er für seine Mutter ein Schild für den Laden malen: Borgen tun wir morgen. “Meine ausgezeichnete naive Mutter bedachte [jedoch] nicht, daß jemand, der ein Theaterplakat liest noch lange nicht ins Theater geht.” Die Jungs des Mittelmüllers kaufen mit von ihrem Vater geklauten Geld im Laden von Strittmatters Mutter Süßigkeiten und Getränke – und veranstalten bei ihr auf dem Hof ein Fest: “Meine Mutter steht hinter der gerafften Gardine, sieht unserem Treiben zu und ist nicht unglücklich über das schöne Sonntagsgeschäft. Ich muß an das denken, was Großtante Maika gesagt hat: Wer Geschäfte macht, den hat der Deibel schont am Ursche.” Dennoch gilt auch weiterhin: “Meine Schwester und ich knicksen und dienern, und wir grüßen jedermann im Dorfe, und tun wir es nicht, werden wir getadelt. Wir grüßen, grüßen: Der Loaden, der Loaden!” So machen ihn seine Eltern “zum Mitsklaven ihres Ladens” – und noch zu den Genossen später war er so “freudlich, auch wenn sie mich erniedrigten” – dass seine Geliebte ihn einen “niederschlesischen Neurotiker” nannte. Da “befreite” er sich endlich, schreibt er. Aber noch als er sich vom Nationalpreis-Geld den Schulzenhof im Ruppiner Land kauft – und danach im neuen Dorf herumgeht, nach allen Seiten nickend und sich bekannt machend, denkt er: Sei freundlich zu den Leuten, vielleicht kaufen sie deine Bücher…

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Nun bin ich schon beim dritten Band “Der Laden“, also das Lesevergnügen neigt sich bereits dem Ende zu…Obiger Text ist erst einmal nur eine Zitatenlese aus dem ersten Band. Weitere werden folgen – zum Thema “Shop/Laden“.

Zwischendurch hatte ich mir noch einige Materialien für das Drumherum copy-and-paste-mäßig rausgesucht:

1. DDR-Bauern

An die Bauernunruhen, die mit der Kollektivierung der Landwirtschaft in der DDR einsetzten, erinnert das frühe Stück “Die Bauern” von Heiner Müller, das dem Autor jedoch zunächst bloß ein mehrjähriges Schreibverbot einbrachte und über eine einmalige Aufführung in der DDR nicht hinauskam. Es gibt darin nebenbei bemerkt ebenfalls schon einen ganzen Treckerwortschatz, denn: “Das Dorf wird motorisiert…Traktoren kriegen wir und der Bürgermeister wird verhaftet – wenn das kein Feiertag ist”.

2. Fritz Marquardt zum 80.

Verdienter Mann des Arbeiter- und Bauerntheaters

Von Ricarda Bethke

Heute wird Fritz Marquardt 80 Jahre alt. Einer »seltenen Spezies« hat Heiner Müller diesen Theatermann zugeordnet, »einzigartig durch zornige Unbeugsamkeit und fast selbstzerstörerische Wahrhaftigkeit«. Eine Bestätigung der Legende von der Überlegenheit derer, die von unten kommen? Marquardt war Bauernkind, Landarbeiter, Traktorist, Lagerarbeiter, Neubauer im Oderbruch, Philosophiestudent, Dorfzeitungsredakteur, Kreissekretär für Jugendweihe in Seelow, Bauhilfsarbeiter im Erdölkombinat Schwedt, bevor er als Regisseur an die Volkbühne in Berlin kam. Diese Biographie hat was sehr Ungewöhnliches, Legendäres. Marquardt wirkte unscheinbarer als seine Mitstreiter Müller oder Besson. Rückblickend stellt sich heraus, daß er einige der wichtigsten Inszenierungen der Berliner Theatergeschichte gemacht hat. Arbeiten zu den großen gesellschaftlichen Konflikten des 20. Jahrhunderts; witzige, gewichtige Kunstwerke, die unvergessen sind bei denen, die daran mitgearbeitet haben und bei denen, die sie gesehen haben, z. B. 1970 »Avantgarde« von Walentin Katajew, 1976 »Bauern«, eine Neufassung der 1961 verbotenen »Umsiedlerin« von Heiner Müller. Und 1979 »Der Bau«, Müllers Stück nach dem Roman »Spur der Steine« von Erik Neutsch. Marquardt verweigerte Streichungen am Text, bestand etwa auf dem Satz des Arbeiters Barka: »Hätt ich gewußt, daß ich mein eignes Gefängnis bau hier, jede Wand hätt ich mit Dynamit geladen.« So sollten die eiternden Wunden des Sozialismus aufgerissen werden. Noch in der Hoffnung, daß sie dann heilen? Im Herbst 1989 gab es am Berliner Ensemble Müllers »Germania — Tod in Berlin«. Der Autor debattierte mit roten Revoluzzerinnen und aufgeregten NVA-Soldaten. Marquardt saß still lächelnd daneben. Er hatte gegen große Widerstände Müllers Idee durchgesetzt, Hitler und Stalin in einer Tragödie der Deutschen auf die Bühne zu bringen. Intendant war in dieser Zeit Manfred Wekwerth. Auf den folgte 1992 eine Fünferbande, der Marquardt und Müller angehörten, außerdem Peter Zadek, Peter Palitzsch und Matthias Langhoff. Als dieses überbesetzte Direktorium ohne besondere Verdienste zerfiel, floh Marquardt in die Uckermark. Im Dokfilm »Uckermark« von Volker Koepp (2002) tauchte er wieder auf, lächelte stumm — ein Bauer, der zurück aufs Land gegangen war, weise geworden? Die Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz hat ihm am Sonnabend ein großes Fest auf der Bühne gegeben. Über den geladenen Gästen schwebte ganz weltlich der Theatergeist. Ein gut aufgelegter Frank Castorf begrüßte den Jubilar am Anfang mit einem Stellenangebot: »Ich such’ einen Nachfolger. Wie ich dich in der Intendanz sitzen sah, dachte ich: Da ist ja der Nachfolger.« Einige Ehrenreden hatten denselben Nenner. Einer wie Odysseus sei da am Werk gewesen: hilfreich wirksam, listig, von sich selber absehend. Beispielhaft habe Marquardt etwa in Amsterdam zwischen lauter Somebodies als ein Nobody gearbeitet, dem es nur um die Sache ging. Thomas Heise zeigte Teile eines neuen Films: Aufnahmen von 1989, Marquardt auf den Proben zu »Germania — Tod in Berlin«. Enorm eine lange Nahaufnahme von Marquardt, tonlos Text mitsprechend. Der kleine Kopf mit der unvermeidlichen Schirmmütze bekommt antike Größe. Corinna Harfouch schließlich las einen Gruß von Lothar Trolle vor, Homers Odysseus zitierend. Am Ende rief sie dem Gefeierten zu, er solle wieder »Grieche« sein, kämpfen, Kunst machen, nicht resignieren. So wurde aus der Ehrung für den Freund kein Abschied, kein »du warst … «, sondern eine Aufforderung: »du sollst sein…!«

Das Stück »Die Umsiedlerin« (1960) griff das Tabu der Bodenreform auf, zeigte einen ländlichen Bilderbogen ohne sozialistische Heldenpose, dramaturgisch geschult an Strittmatter, Büchner und Schnitzler. Die Uraufführung kurz nach dem Mauerbau wurde zur Machtprobe. Die Funktionäre verstanden und verteilten Parteistrafen. Müller sollte vor dem Parteiaktiv des Schriftstellerverbandes Abbitte leisten und ging nicht hin. Helene Weigel diktierte ihm mütterlich sorgend seine verspätete Stellungnahme. Nur wenige hielten ihm danach die Treue. Paul Dessau, Ruth Berghaus und Hans Mayer gehörten dazu. Der Komponist und Dramatiker Hanns Eisler tröstete ihn lakonisch: »Ich hätte das Stück wegen Schönfärberei verboten.« Die Zeit danach war schwierig. Mehr als zehn Jahre durfte Müller nicht publizieren, schlug sich mit kleinen Auftragsarbeiten durch und bekam Besuch vom Gerichtsvollzieher. (Von Christoph Woldt, JW 9.1.2004)

3. B.K. Tragelehn inszenierte 1961 Müllers »Umsiedlerin«

und wurde dafür einen Winter lang im Braunkohlentagebau von Klettwitz beschäftigt (Alexander Reich, JW 12.11.2002)

Konflikte über Konflikte barg das Leben Heiner Müllers, auch das macht diese Ausstellung deutlich. Was ihn besonders tief traf, dürfte der Ausschluß aus dem Schriftstellerverband im Jahre 1961 gewesen sein. Man stelle sich vor: ausgeschlossen mit nur zwei Gegenstimmen. Da muß er sich auch von Freunden verlassen gefühlt haben. Und das geschah wegen der politischen Brisanz einer Komödie. Mehrere Jahre lebte er dann am Rande des Existenzminimums, sogar der Gerichtsvollzieher suchte ihn des öfteren auf, dann durchlitt er im Jahre 1966 den Selbstmord seiner Frau Inge. Die Ausstellung zeigt aber auch seinen Widerstand. So schrieb Müller zwar die ihm offiziell abverlangte Selbstkritik, aber er weigerte sich beharrlich, seine Komödie umzuschreiben. Schließlich durfte sie seit Mitte der siebziger Jahre wieder aufgeführt werden, wenn auch unter einem neuen Titel; erst ab Mitte der achtziger Jahre wurde der alte wieder erlaubt: »Die Umsiedlerin oder das Leben auf dem Lande«. Achim Engelberg, 18.12.1998

4. Lebensdaten Erwin Strittmatter:

1912 Wird am 14. August in Spremberg geboren

1919 Einschulung in Graustein Im Juni Übersiedlung nach Bohsdorf

1924 Kommt an Realgymnasium von Spremberg

1925 Schrieb erste Erzählung (,,Flock”)

1926 Veröffentlichung von ,,Flock”

1927 Einsegnung in Spremberg am 27. März

1929 Geht nach Auseinandersetzung mit Lehrer von der Schule ab

1930 Ab 1. April Bäckerlehre in Spremberg

1931 Ab 15. April Fortsetzung Bäckerlehre in Pretzsch an der Elbe

1932 Am 15. April Beendigung der Bäckerlehre mit bestandener Gesellenprüfung Arbeit als Bäckergeselle in Kahren(nähe Cottbus)

1933 Wird in Döbern aufgrund von sozialdemokratischen Aktivitäten verhaftet, Begründung: Liebesbeziehung zu einer ,,Nichtsesshaften” Mitarbeit in väterlichem Krämerladen, danach Tierzüchterlehre und Arbeit in Landwirtschaftlichen Betrieben

1935 vom 1. Mai bis 31. Oktober Zuchtleiter der Angora-Zuchtfarm im Tierpark Diwa in Dinslaken 31. November bis 31. Januar

1936 Volontär in den Gräflich zu Ortenburgschen Zuchtbetrieben in Tambach(Oberfranken)

1936 1. September bis 1. Juni 1937 Haus- und Gartenarbeit (Kleintierzüchter) in privatem Haushalt von Hedwig Ruetz

1937 Pferdezüchter bei Heeresstandortsverwaltung Saalfeld Hilfsarbeiter in der ,,Thüringischen Zellwolle Schwarza” Ab 1. November Kleintierzüchter im Mühlgut Reschwitz bei Saalfeld Erste Heirat

1938 Erster Sohn wird geboren Verlässt Mühlgut Reschwitz und wird Hilfsarbeiter in Optischer Anstalt Saalfeld Montagehelfer in Zweigstelle der Maschinenbauanstalt Darmstadt Ab 17. Oktober wieder Zellwollarbeiter in Schwarza

1939 Zweiter Sohn wird geboren

1942 Von Wehrmacht eingezogen Stationiert in Jugoslawien, Karelien und Griechenland

1944 Abkommandierung nach Berlin(Heeresdienststelle) Inzwischen geschieden, lernt zweite Ehefrau kennen Selbstentlassung aus der Wehrmacht mit einigen Kameraden nach Oberplan in Böhmen

1945 Kehrt nach Saalfeld zurück. Wird dort Arbeiter auf Obstgut Gehlen Erste Veröffentlichungen in der ,,Thüringischen Landeszeitung” Dritter Sohn wird geboren Kehrt nach Bohsdorf zurück und bekommt ein paar Morgen Land. Wird daraufhin Neubauer

1946 Heiratet zum zweiten Mal Intensive Arbeit an ,,Ochsenkutscher” , seinem ersten Roman

1947 Nimmt an Lehrgang der Kreisparteischule der SED teil.(war Mitglied in selbiger) Übernahme von Amt als Amtsvorsteher und Standesbeamter für 7 Gemeinden(Sitz in Bohsdorf) Ab 1. Dezember Anstellung beim ,,Märkischen Druck- und Verlagshaus Potsdam” in Lokalredaktion der ,,Märkischen Volksstimme” in Senftenberg

1949 Vierter Sohn wird geboren Erhält am 27. Dezember durch Ministerium Förderungsbeitrag von 200,-DM und Anerkennung ,,Für gute Leistungen im 2. Preisausschreiben für Kurzgeschichten und Reportagen”

1950 ,,Ochsenkutscher” erscheint in ,,Märkischer Volksstimme” als Vorabdruck Kündigt bei selbiger. Hält erste öffentliche Lesungen

1951 ,,Ochsenkutscher” kommt als Buch auf den Markt Generalvertrag mit dem Aufbau-Verlag in Berlin über alle künftigen Werke. Veröffentlichungen von Gedichten und Erzählungen in zwei Anthologien Reicht bei FDJ-Bezirksleitung in Potsdam verschiedene literarisch-dramatische Arbeiten für die Weltfestspiele der Jugend und Studenten in Berlin ein. Ein Sketch ist die Urfassung des ,,Katzengraben” Stückes

1952 Lernt am 24. Februar spätere dritte Frau, Eva Braun kennen Wird mit Bertolt Brecht bekannt und arbeitet mit ihm gemeinsam an ,,Katzengraben” Im Oktober mit Brecht und dem ,,Berliner Ensemble” in Klein Körzig

1953 Lebt als Gast in Wohnung von Helene Weigel und Brecht Zieht im Mai in Berliner Neubau-Wohnung in Stalinallee Am 23. Mai Premiere von ,,Katzengraben” am ,,Berliner Ensemble”. Verfasst kritischen Bericht über Geschehnisse auf Berliner Straßen, der nicht im ,,Neuen Deutschland” veröffentlicht wird Unter dem Titel ,,Eine Mauer fällt” eine Reihe von Erzählungen Bekommt auf Brechts Betreiben den Nationalpreis 3. Klasse

1954 Premiere von ,,Katzengraben”(Neufassung) am ,,Berliner Ensemble” Fünfter Sohn(Erwin) wird geboren Zieht mit Eva Braun in Haus am Gransee Reist mit Brecht zu PEN-Tagung nach Amsterdam und dann weiter zu Gastspiel des ,,Berliner Ensemble” nach Paris Reist außerdem mit Loest nach Ungarn und dann alleine zum Sowjetischen Schriftstellerkongress nach Moskau Der Roman ,,Tinko” erscheint

1955 Im Oktober Nationalpreis 3. Klasse für ,,Tinko”

1956 Heiratet Eva Braun Wahl zum selbstvertretenden Vorsitzenden des Schriftstellerverbandes der DDR. Später bis 78 Vizepräsident

1957 Erster Band von ,,Der Wundertäter” erscheint Reist mit Willi Bredel und Helmut Hauptmann nach Ungarn

1958 Sohn Matthes wird geboren

1959 Kinderbuch ,,Pony Pedro” erscheint Wahl zum Sekretär des Schriftstellerverbandes der DDR, in diesem Amt bis 1960 Bekommt Vaterländischen Verdienstorden in Silber

1960 Reise in Sowjetunion Bekommt Urkunde ,,Hervorragender Genossenschenschafter”

1961 ,,Die Holländerbraut” wird unter der Regie von Benno Besson in Berlin aufgeführt. Bekommt für dieses Drama den Lessingpreis

1963 Jakob, sein jüngster Sohn wird geboren ,,Ole Bienkopp” erscheint und bringt heftige Reaktionen mit sich

1964 Nationalpreis 3. Klasse für ,,Ole Bienkopp”

1969 ,,Ein Dienstag im September. 16 Romane im Stenogramm” erscheint

1970 erhält Johannes-R.-Becher- Medaille

1971 Wahl zum Mitglied der Akademie der Künste der DDR Wird Ehrenmitglied der LPG in Dollgow Premiere von dramatisiertem Roman ,,Tinko”

1973 zweiter Band von ,,Der Wundertäter” erscheint

1974 Karl-Marx-Orden

1976 Nationalpreis 1. Klasse für Gesamtwerk

1978 Kunstpreis des FDGB(Freier Deutscher Gewerkschaftsbund)

1980 dritter Band des Romans ,,Der Wundertäter” erscheint

1981 Notizenband ,,Selbstermunterungen” erscheint

1982 Erhält Vaterländischen Verdienstorden in Gold und Ehrenmedaille des Schriftstellerverbandes der DDR

1983 Erster Teil von ,,Der Laden” erscheint

1984 Nationalpreis 1. Klasse

1985 zweiter Teil des Romans ,,Der Laden” erscheint

1986 Wird Ehrenbürger des Kreises Spremberg-Land

1987 dritter Teil von ,,Der Laden” erscheint(wurde zensiert)

1994 6. Januar: sein Sohn Matthes stirbt

31. Januar: Er selbst verstirbt in Schulzenhof und wird am 5. Februar beigesetzt
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5. Werke Erwin Strittmatter

Ochsenkutscher 1950 · Eine Mauer fällt 1953 ·

Tinko 1954 · Katzengraben Szenen aus dem Bauernleben 1955 ·

Der Wundertäter (1) 1957 ·

Katzengraben Szenen aus dem Bauernleben mit einem Nachspiel 1958 ·

Pony Pedro 1959 ·

Ole Bienkopp 1963 ·

Schulzenhofer Kramkalender 1966 · Die Holländerbraut Schauspiel in fünf Akten 1967 ·

3/4 hundert Kleingeschichten 1971 ·

Die blaue Nachtigall oder Der Anfang von etwas 1972 ·

Der Wundertäter (2) 1973 ·

Sulamith Mingedö, der Doktor und die Laus Geschichten vom Schreiben 1977 ·

Meine Freundin Tina Babe Drei Nachtigall-Geschichten 1977 ·

Die alte Hofpumpe 1979 ·

Der Wundertäter (3) 1980 ·

Selbstermunterungen 1981 ·

Grüner Juni Eine Nachtigall Geschichte 1982 ·

Wahre Geschichten aller Ard(t) Aus Tagebüchern 1982 ·

Der Laden Erster Teil. 1983 ·

Ponyweihnacht 1984 ·

Der Laden Zweiter Teil. 1987

· Der Laden Dritter Teil 1993 ·

Vor der Verwandlung 1995 (Herausgeberin Eva Strittmatter)
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6. Biographie des Autors (aus einer wissenschaftlichen Hausarbeit):

Am 14. August im Jahre 1912 bekam die Familie Strittmatter Zuwachs durch einen kleinen Jungen, den sie Erwin nannten. Seine Eltern besaßen einen Krämerladen in seinem Geburtsort Spremberg, sein Vater war außerdem ein Kleinbauer. Strittmatter, der 1919 in Graunstein eingeschult wurde, siedelte noch im gleichen Jahr nach Bohsdorf über und ging dort in die dreiklassige Volksschule. Fünf Jahre später, 1924 wurde er dann an das Realgymnasium in Spremberg überwiesen. Schon früh begeisterte sich Strittmatter für das Schreiben, und so schrieb er in seinem dreizehnten Lebensjahr bereits seine erste Erzählung, die den Namen “Flock” trug. Ein Jahr später wurde diese sogar veröffentlicht. Dass er etwas Besonderes war, merkte man spätestens, als er im Jahre 1929 nach einer Streitigkeit mit einem seiner Lehrer. Diese Streitigkeit hatte für ihn enorme Folgen, er wurde von der Schule verwiesen. Im Abgangszeugnis der Schule findet sich eine Bemerkung hierzu: ,,Auf Grund einer Schulkonferenz vom 31.März mit Wirkung vom 1.April [1930] von der Schule gegangen. Begründung: Er will “Bäckermeister” werden.” Dies wird er dann auch. Am 1. April 1930 beginnt er seine Bäckerlehre bei Hermann Jurk in seinem Geburtsort Spremberg. Doch dort sollte er nicht lange bleiben. Am 15. April 1931 setzte er seine Lehre in Pretzsch an der Elbe unter den Händen von Karl Knötzsch fort. Genau ein Jahr später besteht Strittmatter seine Gesellenprüfung und war von nun an ein richtiger Bäckergeselle und arbeitete auch als solcher. Seine erste Anstellung bekam er in Kahren bei Cottbus. Zu Anfangszeiten des Nationalsozialismus wurde Strittmatter 1934 in Döbern verhaftet. Der Grund hierfür lag darin, dass er eine Liebesbeziehung zu einer Nichtssesshaften hatte, was damals vom Gesetz nicht gestattet wurde. Strittmatter probierte in seinem Leben viel mit Berufen herum. Er arbeitete zuerst als Bäcker, doch dann fragte er sich, [Zitat 1:,,Teig kneten, Brot backen, es den Leuten verkaufen – war?s das, was ich mir wirklich wünschte? War?s das für ein Leben lang?”]. Nach kurzer Zeit verließ er dann seinen Arbeitsplatz in Kahren und half in der väterlichen Bäckerei. Doch noch im gleichen Jahr wechselte er den Beruf, er begann mit einer Tierzüchterlehre und arbeitete in Betrieben der Landwirtschaft. Vom 31. Mai bis 31. Oktober des darauf folgenden Jahres wurde er sogar Zuchtleiter der Angorazuchtfarm im Tierpark Diwa in Dinslaken. Danach arbeitete er als Volontär in den Gräflich zu Ortenburgschen Zuchtbetrieben, einer Pelztierfarm in Tambach in Oberfranken. Doch auch dieser Beruf schien nicht der richtige für ihn zu sein, denn im September 1936 arbeitete er in dem Privathaushalt von Hedwig Ruetz und erledigte dort Haus- und Gartenarbeiten (Kleintierzucht). Im Sommer `37 war Strittmatter dann Pferdepfleger bei der Heeresstandortverwaltung Saalfeld. In demselben Jahr arbeitete er auch noch als Hilfsarbeiter in der ,,Thüringischen Zellwolle Schwarza” und als Kleintierzüchter in Reschwitz bei Saalfeld. Außerdem war 1937 auch noch das Jahr, in dem Strittmatter die erste von letztendlich 3 Ehen einging. Seine erste Frau wird in der Biographie ,,Des Lebens Spiel” von Günter Drommer immer nur als ,,Heckenbraunelle” bezeichnet. Schon im Vorfeld stand kein guter Stern über der Ehe von Strittmatter und seiner ,,Heckenbraunelle”, da sie ihn schon vor ihrer Hochzeit für kurze Zeit verlassen hat und mit einem Verkäufer für Herrenmode und einem Fliegeroffizier zusammen war. Doch Strittmatter konnte einfach nicht von ihr lassen, verzieh ihr und heiratete sie.[Zitat2 ,,Plötzlich ist die ,,Heckenbraunelle” wieder da, und es zeigt sich, dass Strittmatter nicht von ihr losgekommen ist und noch lange nicht von ihr loskommen wird.”] Im März 1938 kam Strittmatters erster Sohn von acht (sieben eigene und einen bringt Eva mit in die Familie) zur Welt. Kurze Zeit später erblickt dann sein zweiter Sohn das Licht der Welt. Kurz nach dessen Geburt lebt das Ehepaar getrennt, welches sich ,,lange vor Kriegsende” wieder scheiden lässt. Dies war der schlimmste Abschnitt seines Lebens, denn auch er wurde von Naziherrschaft eingeholt. Er konnte nicht mehr einfach den Arbeitsplatz wechseln wie seine Schuhe, sondern musste dort bleiben, wo er war, da er kriegswichtige Arbeit in einer für den Krieg notwendigen Fabrik leistete, der Zellwollfabrik Schwarze in Thüringen. Er verdiente auch nicht gerade viel Geld bei dieser Art von Arbeit, so dass nach dem Notwendigsten nicht mehr gerade viel für etwas anderes übrig blieb. Zu alledem machte ihm auch seine Gesundheit zu schaffen, da er es gewöhnt war an frischer Luft zu arbeiten. Erst die Einberufung in den Krieg 1942 konnte hier Abhilfe schaffen, so merkwürdig es klingt. Eines gab er jedoch während dieser schrecklichen Zeit nicht auf, das Schreiben und das sich weiterbilden. In diesem Punkt erinnert er ein wenig an den Faust von Goethe, der einen unstillbaren Wissensdurst hatte, genau wie Strittmatter, doch nur nicht ganz so extrem. Strittmatter war zuerst in den Karelien stationiert, wo die Wehrmacht den Überfall auf Schweden vorbereitete, der jedoch nie stattfand. Danach war er im Partisanenkrieg in Jugoslawien. Dann wurde Strittmatter, welcher der Kavallerie angehörte, [Zitat3 ,,[..]?auf die glückseligen Inseln des Odysseus?[..]”] versetzt. Strittmatter war ein Schriftsteller, welcher seine enorme Lebenserfahrung, die er durch unzählige verschiedene Arbeiten, drei Ehen und den Krieg gemacht in seinen Romanen und Erzählungen einbindet und den Leser somit davon profitieren lässt. Seine Erfahrungen und Erlebnisse zum Beispiel hat er im ersten Band des ,,Wundertäter” dem Leser vermittelt. Nach zwei Jahren, 1944, wurde er dann nach Berlin in eine Heeresdienststelle abkommandiert. Im selben Jahr entließ er sich mit einigen Kameraden nach dem Oberplan in Böhmen selber aus der Wehrmacht. 1944 war auch das Jahr, in dem er seine zweite Ehefrau Maria treffen sollte. Sie war acht Jahre jünger, kam aus dem Emsland, hatte ein sehr großes Herz und hatte lange Zöpfe und blaue Augen. Doch auch diese Ehe ist kein Musterbeispiel. Sie dauerte zwar acht Jahre, doch die Eheleute entfremden sich immer mehr. Auch der gemeinsame Sohn, der 1949 geboren wurde bringt die Eheleute nicht wieder näher zusammen. Er heiratete Maria 1946. In diesem Jahr begann er auch intensiv an seinem ersten Roman ,,Ochsenkutscher” zu arbeiten. In dieser Zeit war er Neubauer, durch die Bodenreform, die ihm einige Morgen Land bescherte. Außerdem hatte er einige Veröffentlichungen in der ,,Thüringischen Landeszeitung”. Ein Jahr später trat er der SED bei und wurde Amtsvorsteher und Standesbeamter. Gleichzeitig neben diesen Ämtern war er in der Lokalredaktion der ,,Märkischen Volksstimme” beschäftigt. Seine erste ,,literarische” Anerkennung bekommt Strittmatter 1949 für Kurzgeschichten und Reportagen die das Thema eines Preisausschreibens waren, an dem er sich beteiligt hatte. Diese Anerkennung war mit einem Förderungsbetrag von 200,- DM verbunden. 1950 war es dann so weit, das erste ,,richtige” Werk von Strittmatter war vollendet und wurde in der ,,Märkischen Volksstimme” abgedruckt. Im Handel erschien es Anfang März des darauf folgenden Jahres. Strittmatter war von nun an kein kleiner Hilfsarbeiter mehr, der in anderer Leute Haushalt die Arbeit machen musste, sondern er war das, was er sein ganzes Leben lang immer werden wollte, er war Schriftsteller. Es war seine große Leidenschaft, das Schreiben, er tat es sein Leben lang, und nun war es zu seinem Beruf geworden. Es interessierte sich sogar schon ein Verlag für ihn, der Aufbau-Verlag in Berlin. Dieser Verlag wollte nicht die Rechte an seinem ,,Ochsenkutscher”, sondern sie wollten alles, den kompletten Strittmatter. Dieses Jahr war ein sehr bedeutendes für ihn, da er in demselbigen auch literarisch-dramatische Arbeiten für die Weltfestspiele der Jugend und Studenten bei der FDJ-Bezirksleitung in Berlin einreichte. Ein Sketch hiervon ist die Urfassung des bekannten Stückes ,,Katzengraben”. Ein Jahr später lernt er dann nach mehreren fehlgeschlagenen Versuchen(zwei gescheiterte Ehen zuvor) seine dritte und auch letzte Ehefrau Eva Braun kennen. In diesem Jahr hat er keinen wirklich festen Wohnsitz. Er verlässt Spremberg und nimmt sich ein Zimmer in einer Försterei. Dieses Jahr ist auch das Jahr, in dem er seinen Schriftstellerkollegen Bertolt Brecht kennen lernt und mit ihm zusammen beginnt das Stück ,,Katzengraben” zu schreiben. Auch im Anfang des darauf folgenden Jahres hat Strittmatter immer noch keinen festen Wohnsitz. Er wohnt eine Zeitlang sogar als Gast bei Brecht und Helene Weigel. Erst Mitte des Jahres bezieht er eine Neubau-Wohnung an der Berliner Stalinallee. Im selben Monat findet die Premiere des von Strittmatter und Brecht gemeinsam geschriebenen Stückes ,,Katzengraben” am ,,Berliner Ensemble” statt. Brecht ist inzwischen ein Freund für Strittmatter geworden, der ihm sogar den Nationalpreis dritter Klasse für ,,Katzengraben” durch sein Betreiben dazu verhilft. Langsam wurde Strittmatter älter und suchte somit auch einen Platz, wo er sesshaft werden wollen würde. Er kaufte ein Haus in Schulzenhof/Dollgow bei Gransee und bezog dieses mit seiner Lebensgefährtin Eva Braun. Im selben Jahr wurde die Neufassung des ,,Katzengraben” am ,,Berliner Ensemble” präsentiert. 1954 war außerdem ein Jahr, in dem Strittmatter viel unterwegs war. Er reiste fast ausschließlich mit Begleitung, doch es war nicht Eva, sondern seine Schriftstellerkollegen Brecht und Erich Loest. Am Ende das Jahres veröffentlichte Strittmatter seinen zweiten Roman ,,Tinko”, für den er im darauf folgenden Jahr ebenfalls den Nationalpreis dritter Klasse erhielt. 1956 war es dann soweit, Strittmatter und Eva Braun gehörten jetzt nicht nur in guten sondern auch in schlechten Zeiten zueinander, sie heirateten. In demselben Jahr wurde Strittmatter, der von allen anerkannt wurde zum stellvertretenden Vorsitzenden des Schriftstellerverbandes der DDR gewählt. Später wird er bis 1978 Vizepräsident des Verbandes sein. Der erste Band zu seinem mehrteiligen Roman ,,Der Wundertäter” erscheint 1957, ein Jahr bevor sein Sohn Matthes geboren wird. Seine Schriftstellerische Vielfalt bewies Strittmatter spätestens als er das Kinderbuch ,,Pony Pedro” veröffentlichte. Er zeigte das er nicht nur von Bauern oder anderen ,,normalen” Mitmenschen und ihren Problemen schreiben konnte, sondern das er auch Sinn für Familie und ein Herz für Kinder hat. Noch im selben Jahr verleiht man ihm den Vaterländischen Verdienstorden in Silber. Zwei Jahre Später bekommt Strittmatter dann die nächste Auszeichnung für eines seiner Werke, diesmal war dieses Werk ein Schauspiel und kein Roman, wie es die meisten seiner Werke waren. Es hieß ,,Die Holländerbraut” und wurde im selben Jahr am Deutschen Theater Berlin unter der Regie von Benno Besson uraufgeführt. Für dieses Werk bekam er den Lessingpreis. Das nächste Jahr war ein turbulentes Jahr, erstens wird sein Sohn Jakob geboren und zweitens erscheint sein Roman ,,Ole Bienkopp” und mit ihm heftige Diskussionen über dieses Werk. Doch eben dieser kritischen Funktion des Buches wegen bekommt Strittmatter wiederum den Nationalpreis dritter Klasse dafür. Dies wird wie folgt begründet: [Zitat4 “[..]?für den Roman ?Ole Bienkopp?, indem er mit poetischer Kraft Probleme und Widersprüche bei der Entwicklung der sozialistischen Landwirtschaft in unserer Republik gestaltet?[..]”]. 1966 erscheint der ,,Schulzenhofer Kramkalender”, wofür Strittmatter wiederum ausgezeichnet, diesmal bekommt der den Fontane-Preis des Bezirkes Potsdam. In den nächsten Jahren(1966-1972) veröffentlicht Strittmatter dann eine Reihe von Kurzgeschichten oder Romane in Stenographie. 1973 jedoch erscheint dann der zweite Band des Romans ,,Der Wundertäter”. [Zitat5 ,,[..]?In Annerkennung hervorragender Leistungen und Ergebnisse im Sozialistischen Wettbewerb zur Erfüllung und Überfüllung des Volkswirtschaftsplanes?[..]”] erhält Strittmatter den Karl-Marx-Orden. Seine nächste Auszeichnung bekommt er 1978. Es ist der Kunstpreis des FDGB(Freier Deutscher Gewerkschaftsbund). Zwei Jahre später erscheint dann der dritte Band des Romans ,,Der Wundertäter”. ,,Der Wundertäter” zählt mit ,,Ole Bienkopp” und ,,Der Laden”, dessen erster Teil 1983 erscheint, zu den bekanntesten Werken Strittmatters. Im Jahre 1984 bekommt Strittmatter erstmals den Nationalpreis erster Klasse für sein Gesamtwerk. 1987 wurde Strittmatter gleich zwei mal geehrt, einmal mit einer Ehrenurkunde des Rates der Stadt Spremberg und zum zweiten mit dem Ehrendoktorat der Hochschule für Landwirtschaft in Meißen. Ein Jahr später wird er sogar zum Ehrenbürger des Kreises Spremberg-Land. 1990 folgt dann der dritte und Letzte Teil des Romans ,,Der Wundertäter”. Dieser Teil wurde allerdings zensiert. Diese Zensur rekonstruiert er aber mit Hilfe von Tagebucheinträgen in ,,Die Lage in den Lüften”.

1992 wird “Der Laden” dann veröffentlicht und schließt somit die Trilogie von Strittmatter ab. 1994 verstirbt sein Sohn Matthes im Alter von 36 Jahren. 25 Tage später, am 31. Januar verstirbt auch Strittmatter. Mit Strittmatter ist nicht nur ein Familienvater und Ehemann gestorben, sondern auch einer der besten Schriftsteller der DDR.
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7. Ole Bienkopp – Entstehungs- und Druckgeschichte (aus einer wissenschaftlichen Hausarbeit):

Strittmatters Roman ,,Ole Bienkopp” hat möglicherweise in einer Postkarte eines Bauern an Strittmatter seinen Ursprung. Dieser Bauer war Züchter von ,,Hochbrut-Flugenten” und lebte in Friesack an der Mark. Eigentlich bot der Züchter Strittmatter nur an, dass er sich einmal seine Zucht anschauen könne, doch zugleich machte er ihn auch auf etwas aufmerksam. Und zwar wies er auf einen Artikel in der ,,Deutschen Geflügelzeitung” drittes Juli-Heft 1961 hin. Der Artikel handelte von besagter Entenart. Strittmatter war ein Befürworter der Gründung von landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften(LPG). Dann wird er direkt in seinem Dorfe(Dollgow) auf die Praxis dieser Veränderung aufmerksam und bemerkt zahlreiche Widersprüche, die sich dabei auftun. Die SED(Sozialistische Einheitspartei Deutschland) sah Strittmatter sozusagen als Quelle dieser Widersprüche. Diese Widersprüche kritisierte er in seinem Roman ,,Ole Bienkopp”. Dies stieß allerdings auf heftige Kritiken. In einem Brief an Strittmatter schildert einmal ein Freund seine Gedanken zu diesem Buch. [Zitat7 ,,?Du krummer Hund hast das schönste, tiefste, ehrlichste(hol mich der grasgrüne Teufel, aber es ist so) Buch über die DDR geschrieben, das je geschrieben wurde, und es wird wohl lange Zeit übers Land gehen, eh auch nur ein gleiches an seiner Seite stehen steht. [..] Laß dir die Hand drücken. Ich hörte, dass einige Trottel oder Bösartige diesem Buch zu Leibe wollen. Ich bin schreib- und maulfaul, dass weißt Du, aber für dieses Buch bin ich zu jedem Kampf bereit.?”].

Dieser Brief schilderte nicht nur die Meinung eines einzelnen Bürgers, sondern die Meinung, die der Großteil der Bevölkerung hatte, die das Werk gelesen haben. Es waren nur die Parteivorsitzenden und Abgeordneten, denen der Roman nicht in den Kram passte.

Form Äußere Form

Das Werk ist in zwei Teile aufgespalten. Jeder dieser Teile enthält in etwa 200 Seiten. Diese Teile sind jeweils auch noch in Kapitel unterteilt. Jedoch besitzt der erste Teil 78 Kapitel während der zweite Teil nur 57 Kapitel aufweist. Die Kapitel haben keine exakte Bezeichnung, sondern sind durchnummeriert. In diesem Buch wird eine Hervorhebung der Schrift nur bei Wörtern verwendet, die eine erklärende Funktion haben oder Eigennamen sind.

Innere Form

Strittmatter schreibt in diesem Roman aus der Erzählperspektive, die sich mit Ole Bienkopp als lyrisches Ich abwechselt. Das Werk ist unterschiedlich in Zeitraffung und Zeitdeckung geschrieben, da er besondere Momente besonders lange schildert. Der Leser nimmt sehr viele ,,Sprünge” in der Zeit vor, da manchmal ein Zeitunterschied von mehreren Jahren zwischen den Kapiteln herrscht. Ein anderer Punkt, der beim Lesen des Buches zum Vorschein kommt, ist, dass Strittmatter heftige Kritik an der Art und Weise der damaligen Politik übt. Dieses Werk ist in Prosa geschrieben, was das Lesen und Verstehen für den Leser wesentlich vereinfacht.

Personenensemble Wichtige Personen: Ole Hansen(Ole Bienkopp), Anton Dürr, Anngret Anken(Bienkopps Frau), Frieda Simson, Julian Ramsch, Emma Dürr

Hauptperson:

Ole Bienkopp(Ole Hansen) ist ein Bauer, der nach dem Krieg, durch die Bodenreform, die in Deutschland stattfindet, ein paar Morgen Land bekommt und Kleinbauer wird. Schnell entwickelt er die Idee von einer Bauerngemeinschaft, die den Kleinbauern hilft, mit den Großbauern konkurrieren zu können. Bienkopp ist ein sehr gutgläubiger, fast schon naiver Mensch, der immer nur das beste für jeden will. Er ist sehr sozial und gibt jedem eine Chance. Für das Wohl anderer Leute würde er alles tun. In seiner Ehe mit Anngret ist sie ,,der Mann im Haus”. Bienkopp ordnet sich ihrem dominanten Wesen unter.

Inhaltsabgabe

Das Werk ,,Ole Bienkopp” dreht sich um Ole Hansen, der von allen aber nur Bienkopp genannt wird, da er als Jugendlicher Bienen fing und sie auch züchtete. Bienkopp ist der Sohn des Waldarbeiters Paule Hansen, der seine Jugend in Blumenau als Hütejunge und Waldarbeiter bei dem Gutsherrn Baron von Wedelstedt. Ole, der schon in frühen Jahren seiner Eigenwilligkeit und seiner enormen Entschlusskraft Ausdruck verleiht, träumt von einem freien Leben. So gibt er auch, gegen den Willen seines Vaters seine Arbeit auf um mit seinem selbstgebauten Bienenwagen durch die Welt zu ziehen. Bienkopp war im Großen und Ganzen ein Sonderling, der immer seinen eigenen Weg ging. Doch Anton Dürr, der beste Freund und auch fast einziger, von Ole versuchte ihn immer wieder auf den ,,Weg der Vernunft” zu führen. Er wollte ihm verdeutlichen das er sich nicht von der ,,normalen” arbeitenden Bevölkerung zurückwenden muss, sondern dass er bei ihr sein Glück suchen soll. Doch Ole konnte in der kommunistischen Lebensart Antons nichts für sich entdecken. Dann gab es da noch die schöne Tochter des Fischers aus Blumenau, Anngret Anken mit Namen. Sie war viel umworben, doch ihr Herz hatte sie an Julian Ramsch, den Sohn des Sägemüllers, verloren. Dieser ging jedoch nach Amerika um dort Medizin zu studieren. Anngret wollte warten, doch irgendwann hatte ihre Geduld ein Ende. Sie fand Gefallen an dem sturköpfigen Ole, der sich in sie verliebte. Sie hingegen liebte nur Julian Ramsch. Ole aber ließ sich davon nicht zurückschrecken und heiratete Anngret, obwohl in Anton stark davon abgeraten hatte. Die Nazis waren an der Macht und die dadurch hervorgerufenen Veränderungen bekümmerten Ole nicht im geringsten. Dies hielt sogar an, als Anton von den Nazis gesucht wird und Blumenau verlassen muss. Doch als Ole selber an dem Zweiten Weltkrieg teilnehmen musste, entwickelte sich in ihm ein Denken, welches gegen den Nationalsozialismus und seine Anhänger gerichtet war. Diesen Krieg erlebt er aus zwei unterschiedlichen Perspektiven, einmal als Soldat und einmal als Gefangener. Er kam ins Gefangenenlager, weil er seinen Vorgesetzten, den Leutnant, mit seinem Feldspaten niedergeschlagen hatte. Dies geschah aber mehr oder weniger unfreiwillig, da er aus dem Schreck heraus gehandelt hatte und außerdem nichts in der Dunkelheit erkennen konnte. Allerdings wäre es ohne die Konserven, die er als eine Art Alarmanlage ausgelegt hatte, gar nicht so weit gekommen, da der Leutnant auf seinem Rundgang direkt in diese Falle tappte. Er kam in ein Zuchthaus in Niederschlesien. Doch dort mussten sie Bald vor der Russischen Armee fliehen. Sie (Ole und seine Mitgefangenen) machten sich auf den Weg in die Niederlausitz, wo sie, als sie dort angekommen sind, an der Neiße kampierten. Die Häftlinge brüteten gerade Fluchtpläne aus, als sie ein lautes Rattern von der Russischen Armee vernahmen, die mit ihren Panzern anrückten. Es kam zu einem Gefecht bei dem auch einige Gefangenen ihr Leben ließen. Doch nicht Ole. Er war nach diesem Gefecht frei. Befreit von der Roten Armee. Da er jetzt wieder frei war, machte er sich auf den Weg in seine Heimatstadt Blumenau. Als er dort ankam, war es total zerstört. Er durchkämmte den Ort nach überlebenden und stieß dabei auf 6 sowjetische Soldaten. Für einen Abend waren sie wie eine Familie. Am nächsten Morgen machte Ole sich auf zu der alten Kate seiner Eltern. Sie war fast vollkommen zerstört. Als er hineinging traf er auf seinen Vater, der mit einem Gewehr lauernd in der Ecke stand. Er war tot. Bienkopp begann das Haus wieder aufzubauen. Eines Tages, als er gerade dabei war die Grundmauern zu erneuern, kamen einige Frauen Vorbei, die im Wald Holz sammelten. Eine von ihnen war seine Frau Anngret, die er aber erst auf den zweiten Blick erkannte. Die Bienkopps bauten sich die alte Kate von Oles Eltern wieder auf und der Krieg ging zu Ende. Erst die Bodenreform, die jedem Bauern Land vom Staate zukommen ließ, sorgte wieder für Aufschwung in Oles Leben. Um Kleinbauern, die nicht die Mittel(Bullen, Werkzeuge, Arbeiter usw.) haben um ihre Felder zu bestellen setzt sich Bienkopp als Vorsitzender Bauernhilfe für sie ein. Sein Ziel ist es mit vereinten Kräften die Grenzen der Kleinbauern zu durchbrechen und die Großen(Serno) zu schwächen. Anton Dürr, der nicht mehr fliehen muss, ist Parteisekretär von Blumenau und Ole zudem noch ein sehr guter Berater der für die Demokratie im Dorfe kämpft. Anton wird von vielen im Dorf als Gerechtigkeitsfanatiker bezeichnet. Diese Leute sind die großen ,,Tiere” im Dorf und haben das sagen. Doch Anton kämpft gegen diese Personen, von denen eine der ehemalige Geliebte Anngrets, Julian Ramsch ist. Er kehrte nach vielen Jahren wieder aus Amerika zurück und übernahm die Sägemühle seines Vaters. Er war ein reicher und angesehener Mann im Dorf, der nicht wollte das Anton daran etwas ändert. Anton und Ramsch hatten eine gemeinsame Meinungsverschiedenheit, die Ramsch aus dem Weg räumen wollte. Doch dazu sollte es nicht kommen. Bienkopp hatte Anton bei der Arbeit im Wald besucht, und ein Streit war ausgebrochen. Sturköpfig wie beide waren, wollte keiner von beiden sich entschuldigen. Anton ging zu seinen Kollegen zurück um zu frühstücken. Ramsch war in der Zeit, in der Anton mit Ole stritt, dabei mit den anderen Waldarbeitern zu frühstücken. Dabei schob er Antons Frühstückszeug beiseite. Als Anton kam fingen seine Kollegen wieder an zu arbeiten. Dann griff der Zufall ein, denn der Baum den die Waldarbeiter gerade zu Fall brachten, Stürzte genau auf Anton. Er überlebte diesen Unfall nicht. Ole, der mit ihm zuvor gestritten hatte war außer sich vor Wut und Trauer. Wut auf sich weil er sich nicht bei Anton entschuldigt hatte, und Trauer um seinen besten Freund. Anton hinterließ eine Frau, Emma Dürr, und zwei Kinder, die wie ihre Eltern Emma und Anton hießen. Nach der Beerdigung von Anton ging Ole mit anderen Dorfbewohnern in eine Kneipe um von Anton Abschied zu nehmen. Ole betrank sich. Nach einer Weile brach ein Streit zwischen Ole und Ramsch aus. Sie prügelten sich und Ramsch richtete Ole übel zu. Antons Vermächtnis an Ole war, seinen Sinn für Gerechtigkeit umzusetzen. Dies wollte Ole mit der Bauerngemeinschaft erreichen. Gerechtigkeit auf dem Acker und im Stall, das war das Ziel, welches Ole von nun an verfolgte. Ole wurde von kaum jemandem verstanden, nicht einmal Anngret hatte Verständnis für das, was er tat. Sie wollte nur den großen Bauern ebenbürtig sein. In ihren Augen zählte nicht die Menschlichkeit oder Gerechtigkeit, sondern nur das Geld und der sachliche Reichtum. So waren auch die Streitigkeiten zwischen Anngret und Ole vorprogrammiert. Sie stritten sich Tage lang. Irgendwann begann Anngret dann ihr altes Verhältnis mit Julian Ramsch, der jetzt der Besitzer der Sägemühle seines Vaters war, wieder aufzunehmen. Er konnte ihr all das bieten, was Ole ihr vielleicht hätte bieten können, aber nicht wollte. Er investierte lieber all seine Zeit, sein Geld und seine Ausdauer in die Bauerngemeinschaft. Dies machte sich nach einer Weile dann aber auch bemerkbar. Anngret und Ole ,,trennten” sich, sie ließen sich aber weder scheiden noch zogen sie von einander weg. Sie lebten in ihrer alten Kate, die Ole nach dem Krieg wieder aufbaute. Sie teilten die Kate in zwei gleich große hälften, da war Streit vorausbestimmt. Ole steigerte sich nun immer mehr in seine Bauerngemeinschaft, doch er konnte kaum Bauern auf seine Seite ziehen. Nur wenige waren bereit ihr Geld und ihr Land in einen großen Topf zu werfen, da nicht sicher war, ob man auf diese Weise Gewinn erzielen würde. Die ,,Junge Bauerngemeinschaft” hat immer wieder mit schwerwiegenden Problemen zu kämpfen, so fehlten in einem Jahr beispielsweise die Saatkartoffeln um die Felder zu bestellen. Zu diesen Problemen kam noch, dass die Arbeitsmoral von einigen Mitarbeitern sehr zu wünschen übrig ließ. Diese wollten nur etwas vom ,,großen Kuchen” abbekommen ohne dafür zu arbeiten. Doch Ole bleibt hart und die Bauerngemeinschaft bekommt langsam Wind in die Segel, was Serno und Ramsch, die beiden höchstangesehensten Männer in dem Dorf, gar nicht in den Kram passt. Sie sehen sich durch die aufstrebendenden Bauern in ihrer wichtigen Position(wirtschaftlich) im Dorf gefährdet. Zu alledem bekommt Ole auch noch Ärger mit der Parteivorsitzenden, die Oles Drang nach einer unabhängigen Gemeinschaft für Bauern nicht teilen kann. Ole war auch in dieser Partei, doch als auf einer Versammlung gesagt wurde, dass das Vorhaben Oles der Partei schaden zufügen würde, trat er aus dieser aus. Ramsch und Serno fühlten sich schon als Triumphatoren, doch dann wurde Oles Arbeit doch noch gewürdigt. Die SED gründete die landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaft(LPG). Da die Partei nun ihre Vorurteile niederlegen musste, trat Bienkopp ihr wieder bei. Die Jahre vergingen und aus der ,,Neuen Bauerngemeinschaft” wurde die Produktionsgenossenschaft ,,Blühendes Feld”. Ole gelang es mit seiner LPG dem Grossbauern Serno immer mehr an Einfluss abzuringen und ihn schließlich von seinem Thron zu stoßen, da die Arbeiter, die für ihn arbeiteten, plötzlich von ihren Rechten Gebrauch machten. Sie ließen sich nicht mehr einfach nur ausnutzen, sondern sie bestanden auf Gehälter nach Tarif und Arbeitszeiten, wie es das Gesetz vorgesehen hatte. Einige, die gar nicht mehr für Serno arbeiten wollen, gehen einfach zu Ole und treten seiner Genossenschaft bei. Ramsch, der aus Angst wegen eines Verfahrens, das ihm drohen würde, wenn jemand den Tod Anton Dürrs näher untersuchen, und herausfinden würde, dass er an allem schuld gewesen ist, nach Westberlin flieht, lässt Anngret vorerst schon wieder allein. Doch Anngret folgt ihm wenige Tage Später, kehrt aber bald wieder in ihre wahre Heimat Blumenau zurück. Sie versucht Bienkopp wieder für sich zu gewinnen, doch dieser hat in Märtke Mattusch seine passende Frau gefunden. Märkte kam zur Verstärkung nach Blumenau, sie sollte die Geflügelzucht übernehmen. Dies tat sie auch. Doch es blieb nicht nur bei dem Geflügel, sie verliebte sich in Ole genau wie er sich auch in sie. Doch Anngret war verzweifelt, sie sah nur noch einen Ausweg, den Selbstmord. Ole zeigte, dass er von dieser Tat nicht sehr betroffen war. Märtke war Bienkopp sehr ähnlich, sie war beispielsweise genauso selbstlos und ehrgeizig wie er. Die Probleme blieben aber trotzdem nicht aus, doch der ununterdrückbare Ehrgeiz Bienkopps ließ ihn immer wieder nach Lösungen der Probleme suchen. Bienkopp wollte aber auch mehr, als er bekommen konnte. So ließ er im Winter am Kuhsee das Schilf schneiden und Matten daraus flechten, um diese zu verkaufen. Im Sommer wollte er den Kuhsee dann zur Entenaufzucht nutzen. Doch die Enten flogen weg, Bienkopp hatte ihnen die Nahrung(das Schilf) weggenommen und es verkauft. Ole nutzte alles, was man nur nutzen konnte. Er wusste, das unter dem Land der Genossenschaft Kalkmergel lagert, den man als billigen Dünger für die Felder nutzen könnte. Diese Aktion erforderte aber einen Bagger den die Genossenschaft nicht besaß. Sie mussten sich einen leihen. Doch durch Nachlässigkeit und vor allem Verständnislosigkeit musste sich Bienkopp selber um einen Bagger bemühen. Hinter seinem Rücken stallten die Bürgermeisterin und der Kreissekretär wertvolle Importkühe ein, die den Winter aber nicht überstehen. Dies ist ein heftiger Rückschlag für die Genossenschaft. Simson und Kraushaar versuchen nun Ole diesen Verlust in die Schuhe zu schieben. Ole muss vor den beiden Bürokraten kapitulieren und wird von seinem Posten als Vorsitzender der Genossenschaft beurlaubt, obwohl die Genossenschaftsbauern dagegen protestieren. Bienkopp sieht ein, dass es zwecklos wäre, wenn er versuchen würde sich zu wehren. Er verschwindet daraufhin und wird erst nach drei Tagen von der schon völlig verzweifelten Märtke halb tot vor Erschöpfung gefunden. Er war verzweifelt dabei den Mergel unter den Wiesen mit einem Spaten zu fördern. Während dessen hat Wunschgetreu den Bagger besorgt, doch Ole nützt dieser nichts mehr, da er an den Folgen der Erschöpfung stirbt. Ole hinterließ seine geliebte Märtke, die ein Kind von ihm erwartet. Außerdem hinterließ er noch sein Lebenswerk, die Genossenschaft, die von Märtke und ihren Angestellten weiter geleitet wird.

Literaturverzeichnis

Primär-Literatur

Erwin Strittmatter: Ole Bienkopp; 1. Auflage 1999 der Aufbau Taschenbuch Verlag GmbH, Berlin

Sekundär-Literatur

Günther Drommer: Erwin Strittmatter Des Lebens Spiel; 1. Auflage 2000 der Aufbau Taschenbuch Verlag GmbH, Berlin

Epochen der Deutschen Literatur: 1. Auflage 1993 der Ernst Klett Verlage GmbH u. Co. KG, Stuttgart 1989

http://www.hausarbeiten.de/rd/archiv/deutsch/deutsch-strittmattererwin.shtml http://www.hausarbeiten.de/rd/faecher/del_23.html http://www.berlin-ehrungen.de/Lesezei/Blz00_08/text34.htm
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8. Rezension der Strittmatter-Biographie

Günther Drommer: Erwin Strittmatter
Des Lebens Spiel.
Aufbau Taschenbuch Verlag, Berlin 2000, 254 S.

„Teig kneten, Brot backen, es den Leuten verkaufen – war’s das, was ich mir wirklich wünschte? War’s das für ein Leben lang?“ Das war’s nicht! Das genügte dem Bäckerge-sellen, Ladenschwengel und Konditor-Kellner Erwin Strittmatter nicht. Der Bengel aus Bohnsdorf in der Lausitz hatte anderes im Sinn. Das sogenannte Höhere, Bessere. Einen Spleen, wie die Familie meinte. Wie konnte einer so blöde sein, dem sicheren Brotgewerbe den Rücken zu kehren, um sich brotloser Kunst hinzugeben? Nicht zum Bäcker berufen, machte Erwin Strittmatter seinen Wunsch wahr. Er wurde Erzähler. Und was für einer!

Einen Erzähler wie Strittmatter hatte die ost-deutsche Literatur kein zweites Mal. Und die west-deutsche? Mit dem Blick auf Böll und Grass, Lenz und Walser wurde die westdeutsche Literaturwelt blind für den Erzähler aus dem Brandenburgischen und Märkischen. Da tausendfache Übertreibungen nicht die tägliche Praxis der DDR waren, galt Strittmatter als Strittmatter und wurde nicht als der Fontane des 20. Jahrhunderts ausgerufen. War er der? Wer ist Erwin Strittmatter? Es scheint so, als wüßten alle alles über den Erzähler aus Passion. Seine Bücher führen durch seine Biographie. Die bringen Zweifler zum Schweigen. Der Märker verstand sein Handwerk. Als Pferdezüchter ebenso wie als Parade-Reiter des Pegasus. Eindeutiger noch als in den Trilogien Der Wundertäter und Der Laden sind in den „kleinen Stücken“ Sätze zur Autobiographie des Autors. Der Status, den sich Strittmatter in der DDR erschrieben hatte, genügt, auch genug Material für Monographien zu Leben und Werk zu liefern. Für DDR-Verhältnisse waren derartige Publikationen ausreichend. Weiteres war kaum gewünscht. Am wenigsten Biographien. Neugier an der Person Strittmatter befriedigte Strittmatter durch seine Literatur. Wer sich mit der indirekten Form nicht zufriedengab, hielt sich an Ehefrau Eva, die mit Selbstzeugnissen vom Schulzenhof, dem märkischen Wohnort der Familie, nicht geizte.

Der Hof war keine Insel der Seeligen. Frau Eva offenbarte gelegentlich einiges. Hof-Herr Erwin lebte sein strikt geregeltes Leben. Die Haus-Ordnung für die sich mehrenden Häuser hatte etwas von der, die im Hause des Thomas Mann eingeübt war. Manns Motto gemäß, nahm sich Erwin Strittmatter in die tägliche Pflicht. Die war nur durch das kategorische Reglement möglich, das Jahrzehnte verbindlich blieb. Das Reglement des einsamen Schreibers machte das Leben der Mitlebenden, sprich der Familie, nicht vergnüglicher. Im Schreiben ist der Schreiber immer Opfer und einer, der Opfer verlangt.

Strittmatter, Ehrenmitglied einer landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaft, schuf sich auf seinem Hof ein „Dichter-Refugium … – eine isolierte Tabu-Welt des Nachdenkens und Schreibens“. Erklärend, nicht kaschierend, beschreibt so Günther Drommer die Arbeitsbedingungen des Schriftstellers. Drommer ist der erste Strittmatter-Biograph. Er ist kein Besserwisser, der auspackt, kein Konjunkturritter, der ausnutzt, kein Eitler, der sich spreizt. Drommer war lange Lektor im Aufbau-Verlag, in dem Strittmatters Bücher erschienen. Der Lektor kennt manche Blockadeversuche staatlicher Institutionen, wenn es um die Veröffentlichung der Bücher von Erwin Strittmatter ging. Es konnte geschehen, daß Drommer mehr als Strittmatter wußte, wenn das Gerangel um die Publizierung im Gange war. Die Nähe zum Strittmatter-Leben garantierte dem Lektor mehr Einblicke als jenen, die sich auf ihre Annäherung an Strittmatter berufen. Die Vorzugsstellung bedacht, könnte Drommer auch skeptisch begegnet werden. Den Biographen wegen Befangenheit ablehnen? Tatsächlich ist er ein Befangener. Günther Drommer hat eine Biographie geschrieben, um „einen großen deutschen Dichter“ zu ehren. Den Dichter ehren heißt, sein Werk zu ehren. Das tut Drommer weidlich. Wesentliche und weite Teile der Lebens-Chronik sind zwangsläufig eine Werk-Chronik. Als Werk-Chronist ist der Biograph den Autoren der Strittmatter-Monographien näher als seinem Auftrag, Biograph zu sein. Nähe und Verehrung, die der Verfasser niemals leugnet, fordern zugleich Distanzierung, um die angestrebte Sachlichkeit der Biographie nicht zu verletzen. So selbstverständlich es war, Strittmatter nicht zu einem Spekulationsobjekt zu machen, der Biographie hätte es nicht geschadet, der verehrende Autor hätte mehr Abstand gehalten. Kräftig kritischere Würdigung hätte die Ehre keineswegs angekratzt. Ohne Strittmatter etwas vom stetig gewachsenen Ruhm zu rauben, hätte Drommer auf manchen Diener verzichten können.

Wer die Biographie mit der Ahnung aufschlägt, daß der Erwin Strittmatter menschlich nicht so toll war wie die menschlich tollen Figuren seiner Romane, schließt die Strittmatter-Biographie mit der Gewißheit, daß die Ahnung gar nicht so trügerisch war. Daß die Biographie so witzig, erzählerisch, spannend ist wie die Bücher Strittmatters, wird ohnehin niemand erwartet haben. Nicht mal Günther Drommer, der mit größter Sorgfalt Leben und Werk des Erwin Strittmatter publizistisch begutachtete. Er hat’s auch für die vielen „Leser“ getan, die noch keine Zeile des Schriftstellers gelesen haben, doch dessen Namen kennen, seit sie den dreiteiligen Fernsehfilm „Der Laden“ gesehen haben, für den der Bücher-Bäcker das epische Mehl lieferte. Günther Drommers Strittmatter-Biographie Des Lebens Spiel ist zudem für die westdeutschen Länder Nachhilfeunterricht in deutscher Literatur. Nötig, nützlich, nicht anödend!

Berliner LeseZeichen, Ausgabe 08+09/00 (c) Edition Luisenstadt, 2000
http://www.berliner-lesezeichen.de www.berliner-lesezeichen.de Berliner LeseZeichen, Ausgabe 08+09/00 (c) Edition Luisenstadt, 2000
http://www.berliner-lesezeichen.de www.berliner-lesezeichen.de

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9. Der dreiteilige Roman Der Laden als dreiteiliger ARD-Film “Der Laden”:

Für diese hervorragende Produktion wird es Preise regnen, die ARD wird sich mit ihr brüsten. Dabei werden die Fragen, warum es nicht öfter Fernsehen in dieser Qualität geben kann und warum Regisseur Jo Baier 5 Jahre für die Verwirklichung dieser Erwin Strittmatter-Adaption kämpfen musste, in den Hintergrund treten. Gewiss, elf Millionen Mark Budget – bei ursprünglich veranschlagten 1,5 Millionen – sind kein Klacks, aber die Investition hat sich sichtbar gelohnt: von der sorgsamen Licht- und Farbgestaltung, der eigenwilligen Musik über die sensible Kamera bis hin zu den ausnahmslos vorzüglich und auch vorzüglich geführten Darstellern überzeugte alles. Ein wenig Sozialkitsch, etwas Sentimentalität und ein Schuss Theatralik störten da kaum in der Inszenierung, die eine vergessene Welt wiederauferstehen ließ: Die Abenteuer des neunjährigen Esau Matt, der im Sommer 1919 mit Eltern und Großeltern in die Niederlausitz nahe der polnischen Grenze zieht, spiegeln unaufdringlich die sozialen Strukturen zwischen den beiden Weltkriegen wider. (Quelle: AZ, 27.11.1998)

Magischer Dreh- und Angelpunkt ist der kleine Laden der Familie Matt in Bossdom, der die deutschen Verhältnisse von der Weimarer Republik bis zur Gegenwart widerspiegelt. Die Schicksale der Menschen und ihre Entwicklung werden rund um die Geschichte des kleinen Dorfjungen Esau gesponnen. Im Dorf halten sie den Jungen für einen, “bei dem was nicht stimmt”. Der Film erzählt seine Schmerzen und Freuden, seine Lebens- und Menschenerfahrungen und wie auf dem kleinen Dorfjungen ein großer Schriftsteller wird… (Quelle: Pressetext)

Willkommen in Bossdom! Das kleine Dorf Bossdom im Herzen der Mark Brandenburg steht im Mittelpunkt von Erwin Strittmatters autobiographischem Roman. Das kleine Dorf ist die ganze große Welt – und im Mittelpunkt steht “Der Laden”. Hier treffen sich die Frauen zum Tratsch und die Männer zum Bier. Er ist der Schauplatz von Komödien, Tragödien, Lebensgeschichten und Schicksalen. Um ihn ranken sich viele kleine Anekdoten, die einen zum schmunzeln bringen, aber auch nachdenklich stimmen.

Mit der Filmtrilogie Der Laden ist ein großes Fernsehepos entstanden – ein Stück deutscher Geschichte zwischen Weimarer Republik und der Nachkriegszeit mit großartigen Schauspielern, die diese oft nicht einfachen Zeit authentisch wiederbeleben.In einem TV-Dreiteiler nach der Romanvorlage Erwin Strittmatters beschreibt Regisseur Jo Baier behutsam das Schicksal des späteren Schriftstellers Esau Matt. Baier verfaßte das Drehbuch gemeinsam mit Autor Ulrich Plenzdorf und verpflichtete mit Gernot Roll einen der besten Kameramänner Deutschlands. Zusammen gelang ihnen eine fesselnde und äußerst aufwendig inszenierte Fernsehfassung. Mehr als 900 Komparsen unterstützten dabei die überzeugend agierenden Schauspieler bei der Reise durch die Weimarer Republik bis zur Gegenwart. (Quelle: prisma tv-guide)

Bei Wikipedia heißt es über den Film – lapidar:

Im Mittelpunkt des Geschehens stehen Esau Matt und dessen Familie, die einen Krämerladen besitzt und sich mit diesem durch die Zeiten “schlägt”.

Genau! Man kann daraus lernen, aus dem Büchern noch mehr als aus ihrer Verfilmung, was man dabei alles falsch machen kann und was man alles richtig machen muß – um mit dem Laden/Shop durch alle Zeiten wohlmöglich zu kommen.

Bei Wapedia heißt es aber,

dass wir eigentlich schon weiter sind – beim Shop-in-Shop:

Ein Laden war ursprünglich ein Brett (Laden) oder ein mobiler Tisch, auf dem Waren unterschiedlichster Art feilgeboten wurden. In erweiterter Bedeutung ist Laden ein Geschäft mit Räumlichkeiten, in denen Waren oder Dienstleistungen zum Verkauf angeboten werden.

Spielzeugnachbildungen von Läden werden meist Kaufladen genannt. Ein Laden kann auch virtuell existieren. Heute gibt es auch den Laden im Laden (shop in shop). Im Fachjargon spricht man dann von Rackjobbing.

Unter Rackjobbing versteht man Verkaufsförderung am Verkaufsort POS (Point Of Sale). “Point of Sale – so hieß das Wiener Ausstellungsprojekt von Andreas Wegner – vor dem “Le Grand Magasin”-Projekt, das ihn finanziell erst einmal zurückwarf. Nicht zu verwechseln mit dem “Point Of Sail” der Kieler Segelregatta. Das Rackjobbing wird heute von den meisten Herstellern und Großhändlern an darauf spezialisierte Agenturen outgesourct. In einem taz-Artikel habe ich 1997 oder so einen Berliner Siemens-Repräsentanten als Son of a bitch am Point of Sale bezeichnet – und wußte gar nicht, wie recht ich damit hatte…

Nunmehr gibt es aber auch noch einen Wikishop, sowie einen Shopwiki: “ShopWiki is an Internet shopping search engine founded in 2005 and launched in early 2006. It was founded by the former DoubleClick CEO Kevin P. Ryan.” Whoeverthatis oder was. Und schließlich nicht zu vergessen “www.magasin.dk”: Webshop med forretningens produkter. Desuden forretningernes åbningstider, jobs, aktuelle fondsbørs- og pressemeddelelser. Sowie “www.magasin.at”: ein “urbaner generator zivilgesellschaftlicher prozesse und kultureller kooperation”. Und “www.socialatlemagasin.com” : So.Cial at Le Magasin is a full service restaurant featuring contemporary regional Canadian cuisine. Das konnte Strittmatter noch nicht wissen.

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https://blogs.taz.de/hausmeisterblog/2008/09/08/genossenschaftenneukoelln_23/

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kommentare

  • Ob das etwas mit Strittmatters letztem Buch hin zu seiner letzten “Verwandlung” zu tun hat, weiß ich nicht, auf alle Fälle haben die Verantwortlichen für die Umwandlung der hässlichen ostdeutschen Braunkohlelöcher in profitable Erholungslandschaften für Wessis – die “EXPO 2000 Sachsen-Anhalt GmbH Dessau” – ihren Rechenschaftsbericht, der sich “Projektkatalog” (adressiert an die unselige EXPO-Chefin Birgit Breuel) schimpft – “Verwandlungen” genannt.

    Es geht darin, wie der Name schon sagt, um ihre ABMgestützten Bemühungen, dort alles schöner zu machen. Und dort, das ist schwerpunktmäßig die Gegend um Bitterfeld, Wolfen und Dessau.

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