vonHelmut Höge 09.12.2008

Hier spricht der Aushilfshausmeister!

Helmut Höge, taz-Kolumnist und Aushilfshausmeister, bloggt aus dem Biotop, dem die tägliche taz entspringt. Gonzo-Journalismus der feinen Art.

Mehr über diesen Blog
verklemmt tür

Hier noch mal der selbe Poller im vierten Stock das taz-gebäudes – aber in Funktion. Man erkennt unschwer, auch wenn der blogwart das photo noch nicht umgedreht hat, dass seine Funktion nicht die Verkehrsabweisung, sondern durch Blockierung der Tür geradezu eine Einweisung des Verkehrs – zur Honorar- und Spesenabteilung im „Büro“ ist. Dies ist anders als bei den bürgerlichen Medien,  die sich durch demütigende Abhängigkeit vom Kapital (im Anzeigengeschäft) und durch peinliche Abonnementkampagnen (über Drückerkolonnen) finanzieren – und deswegen dieses sauer eingeworbene Geld mit jede Menge Barrieren (bei der FAZ sind es u.a. goldene Poller) gegen ihre allzu geldgierigen Mitarbeiter und Autoren schützen müssen. Die taz hat weder Kapitalanzeigen (nur Kleinanzeigen im Austausch) noch nennenswerte Abozahlen, dafür jedoch relativ freigiebige „Sponsoren“, die sie rührend altertümlich „Genossen“ nennt, was diese aber in finanzieller Hinsicht nur umso mehr anspornen soll. Die salomonische Formel für diese oder ähnliche aus der Tradition der Alternativbetriebe stammende „Finanzierungshebel“ lautet im Falle der taz: Sie ist eine Produktivgenossenschaft (ihrer armen Mitarbeiter), eingewickelt in einer Konsumgenossenschaft (ihrer wohlhabenden Leser). Deswegen ist sie auch in zwei Genossenschaftsverbänden Mitglied. Zu den Konsumgenossenschaften, so weit sie von Frauen geführt werden, veröffentlichte die taz-geno-abteilung gerade ein Buch: „Frauengenossenschaften – Genossenschaftsfrauen“, mit Porträts von Barbara Bollwahn – für 8 Euro.

Anzeige

Wenn dir der Artikel gefallen hat, dann teile ihn über Facebook oder Twitter. Falls du was zu sagen hast, freuen wir uns über Kommentare

https://blogs.taz.de/hausmeisterblog/2008/12/09/hausmeisterkunst_300/

aktuell auf taz.de

kommentare

  • Vielen Dank,
    die Antwort hat mir weitergeholfen. Kurt Vonnegut beschreibt in dem Roman „Slapstick, oder Nie wieder einsam“ unter anderem über Zustandswechsel der Schwerkraft:
    „An vier Tagen war die Schwerkraft normal- so wie früher. Gestern war sie so stark, daß ich kaum aus dem Bett gekommen bin, aus meinem zerlumpten Schlupfwinkel in der Vorhalle des Empire State Building. Als ich zum Aufzugsschacht mußte, der uns als Toieltte dient, kroch ich auf allen vieren durch das Dickicht von Kerzenhaltern, die ich mein eigen nenne.
    Hi ho.
    Am ersten Tag war die Schwerkraft nur gering, und gering ist sie auch heute wieder. Ich habe eine Erektion, wie auch Isidor, der Liebhaber meiner Enkelin Melody. Jeder Mann auf der Insel hat heute eine Erektion.“

    „Diese erste gräßliche Eskapade der Schwerkraft dauerte nicht einmal eine Minute, aber die Welt sollte danach nie wieder die alte sein.“

    „Ich weiß bis heute nicht, ob dieser furchtbare Ruck der Schwerkraft ein Werk der Natur oder ein Experiment der Chinesen war.“

    usw
    Ein lesenswertes Büchlein; wie alle von Herrn Vonnegut 🙂

  • Antwort auf Inas Frage:

    Das hängt mit der sogenannten horizontalen Anziehungskraft (hA) zusammen, das kann man nicht filmen und schon gar nicht verlinken (ich dachte übrigens, das gilt nur zwischen Menschen, Linken – das Verlinken: d.h. wenn zwei Linke sich zusammentun), egal. Im neuesten blog-eintrag von Imma Harms fand ich Näheres über die Anziehungskraft. Ich setze es hier rein:

    Die Wirkung der Schwerkraft wird unterschätzt, glaube ich. Raumfahrt, Astronomie, Statik – da ist das klar. Aber was macht die Schwerkraft mit uns? Mit unserer Körpererfahrung, unseren sozialen Beziehungen, unserem Gefühl für Symmetrie und Ordndung?

    Schwerkraft ist ja die Anziehungskraft zwischen zwei Massen. Masse 1 mal Masse 2 geteilt durch das Quadrat des Abstandes und die Gravitationskonstante. Die kreisende Ordnung der Welt wird zwischen den Gravitationskräften und den Zentrifugalkräften aufgespannt. Nur weil die Erde sich groß und schwer und greifbar unter uns ausdehnt, vergessen wir, dass die Kräfte, die an unseren Körpern zerren, sehr komplex zusammengesetzt sind. Denn die Gravitation wirkt nicht nur im Großen sondern auch in unserer kleinen Alltagswelt – zwischen allem, was irgendwie Masse hat. Je kleiner der Abstand ist, umso mehr.

    Das sieht man an der Körperhaltung. Es gibt eine gute Haltung und eine schlechte. Eine gute Haltung ist die Auseinandersetzung des Körpers mit der Erdschwere, unbeeindruckt von den kleinen Störungen durch schwache Umgebungskräfte. Eine schlechte Haltung ist so eine, die den Körper nicht nur gegenüber der Schwerkraft der Erde ins Gleichgewicht zu bringen versucht, sondern auch noch gegenüber dem Schwerefeld eines Gegenübers, besonders dem eines imaginierten Gegenübers.

    Die Gravitationskraft ist eine Vereinigungskraft. Die Massen rücken bis auf ihre Körpergrenzen zusammen, wenn’s geht, sogar noch weiter. Vernunft-begabte Individuen reagieren darauf mit einer eigenen Intention. In ihrer Körperhaltung drücken sie aus, wie sie die Aussicht auf Verschwinden in der Vereinigung finden. Zum Beispiel so: die Haltung des Widerstandes (Hohlkreuz) , die Haltung der Bedürftigkeit (vorgeschobene Schultern), die Haltung der Angst (hochgezogene Schultern), die Haltung der Resignation (krummer Rücken). Das Gegenüber, das den Haltungsschaden erzeugt hat, müsste eigentlich auch einen Abdruck davon an sich tragen. Die Gravitation ist ja immer eine zweiseitige Angelegenheit. Genau genommen ziehen wir auch die Erde an. Ein ganz kleines bisschen zwar bloß, aber immerhin.

    Auch das Bewusstsein bildet sich unter der Erfahrung von Schwerkraft. Die eindeutige Gerichtetheit der auf den Körper wirkenden Kraft (und da spüren wir ja bewusst vor allem die Kraft der Erde) ordnet unsere Raumvorstellungen: oben und unten – und mit den Raumvorstellungen unsere Weltvorstellungen: Ordnung ist Hierarchie – und mit den Weltvorstellungen unsere Wertvorstellungen: oben ist gut, unten ist schlecht. Gott ist im Himmel, die Hölle ist irgendwo da unten in der Erde. Unterlegen und überlegen. Die oberen Zehntausend. An der Spitze stehen. Unterliegen. Die Schlange muss nach dem Sündenfall auf ihrem Bauch am Boden rumkriechen, der Mensch darf weiter aufrecht gehen, den Kopf oben behalten.

    Alle unsere Vorstellungen sind von einem Vektorensystem durchzogen, dessen Gerichtetheit eindeutig ist: y zeigt von der Erde weg, -y strebt ihr entgegen. Das ist interessant, weil das Ideal eben nicht in der Verschmelzung mit der großen Gravitante liegt, sondern in der Behauptung der Eigengravitation. Das gilt auch für die Bezüge in den sozialen Gravitationssystemen. Personen mit einer starken Eigengravitation (wie viel an fremder Masse müssen sie sich einverleibt haben, um so wirken zu können?) erzeugen ein sogartiges Feld von widerstrebenden Wünschen in ihrer Umgebung. Sie polarisieren. Das ist wie ein Magnetfeld, ein Spinnennetz aus Anziehung und Abstoßung, Hinwollen und Wegwollen.

    Vielleicht ist der Magnetismus, die zweite geheimnisvoll und universal wirksame Kraft, die emotionale Reaktion der Materie auf die Erfahrung der Gravitation? Die unendliche, unstillbare Sehnsucht nach Verschmelzung – durch eine leichte Drehung kippt sie in die gleichermaßen unendliche und unstillbare Sehnsucht nach Freiheit, Loslösung und bedingungslosem bei-sich-Sein. Vielleicht ist deshalb die Drehung – der Richtungswechsel, das Kreiseln um sich und andere – die Bewegung, die zwischen endgültigem Zusammenbruch und Auseinanderfallen so etwas wie einen dauerhaften Körper, ein System formt.

    Meine Beine schwanken. Sie wollen nach hinten überkippen. Ich straffe mich noch einmal, Haltung bewahren. Gleichgewicht ist die Anordnung, bei der der Schwerpunkt eines Gebildes unter dem Aufhängungspunkt liegt. Dann muss es aber etwas geben, was zur Aufhängung geeignet ist, und Haltung ist nichts als Halterung, nämlich an einem anderen, gegen die Schwerkraft errichteten System. Oder Gleichgewicht herrscht, wenn der Schwerpunkt eines Körpers genau über dem Auflagepunkt liegt. Mathematisch ausgedrückt: Die Gerade, die die Schwerpunkte der beiden Körper verbindet, muss ihre Berührungsfläche schneiden. Dann können sie, so wie die Dinge liegen, nicht weiter aneinanderrücken. Das nennt man „labiles Gleichgewicht“, weil es eben leicht kippen kann.

    Bei den meisten Gleichgewichtszuständen handelt es sich um labile Gleichgewichtszustände, die umso labiler sind, je kleiner die Auflagefläche ist. Ich stabilisiere den Kopfstand mit den Ellenbogen, die mittelmäßig groß sind, jedenfalls größer als meine Füße. Aber auf denen stehe ich eigentlich doch sicherer. Eine Frage der Gewohnheit und der Evolution. Es gibt Hilfsmittel zum Halten des Gleichgewichtes, zum Beispiel ein Drehmoment erzeugen wie beim Fahrrad-Fahren. Oder eine Massenträgheit, wie eine Balancierstange auf dem Seil. Oder die Pendelbewegung: immer kurz raus aus dem Gleichgewicht, auf den anderen Fuß stellen und dann wieder rüberkippen. Wie genial das eingerichtet ist mit dem Gehen!

    Aus der Gleichgewichtserfahrung kommt auch ein Sinn fürs Gleichgewicht, die Ästhetik der Ausgewogenheit.

    So weit Imma Harms. Vielleicht ist das mit der hA jetzt etwas klarer geworden? Daneben käme zur Erklärung natürlich auch noch die „statische Schläue“ der Dinge sowie das damit verwandte sich gegenseitig Stützen – so wie der Blinde und der Lahme, d.h. in diesem Fall der Poller und die Tür.

  • wie geht das?
    wie kann der poller die tür am zugehen hindern, der er im weg steht?
    bitte einen kleinen film drehen und verlinken!

    danke.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert