Der autodidaktische Tierforscher und Dichter Wiglaf Droste hat sich gerade in der Süddeutschen Zeitung über die taz geäußert – und dazu über die dortigen Hausmeister:
sueddeutsche.de: Herr Droste, was war schlecht in den letzten 30 Jahren taz?
Wiglaf Droste: Es ist das Geschäft des Marketings, jeden Niedergang als Fortschritt zu verkaufen. Die taz investiert in Werbung statt in Talent und Können. So produziert sie einerseits marktkompatiblen Medienbetriebsnachwuchs, der seine Arbeit als Sprungbrett sieht, Texte schreibt, um für sich Reklame zu machen und dabei noch mit einer Gesinnung prahlt, die es bei der taz gratis gibt, zum Ausgleich für die Selbstausbeutung. Andererseits schafft die taz durch diese Fluktuation einen Gnadenhof für all die Zurückbleibenden, die trotz aller Bewerbungsschreiben kein anderer haben will. So entsteht ein notorisch pestlauniges Arbeitsklima, in dem Heuchelei, Intriganz, Schlampigkeit und Desinteresse an der Sache gedeihen. Das strahlt die Zeitung auch aus: Lustlose Hausmeister sehen dich an.
Helmut Höge: Der letzte Satz spielt an auf den Bestseller „Wilde Tiere sehen Dich an“ von Kurt Knaak bzw. auf den Bestseller „Tiere sehen Dich an“ von Paul Eipper. Nun verhält es sich jedoch mit Drostes Abbremser so, dass der taz-hausmeister ein engagierter Betriebsverfassungsgesetzler ist (als Betriebsrat) und der taz-aushilfshausmeister ist nicht minder engagiert – vor allem wenn es um das Öffnen von Briefen und um das Entsorgen von „Blauen Tonnen“ geht. In letztere landen die gedruckten tazzen und werden – wegen der Anzeigenpreisermittlung – noch einmal gezählt. Was man da zählt, ist die sogenannte „Auflage“. Diese rechnet sich in gedruckten Exemplaren, deren Zahl man anschließend den Anzeigenkunden schickt, damit sie wissen: Ahhh! Jetzt erscheint meine Annonce in soundsovielen Ausgaben – und damit Haushalten, wobei im Falle der taz noch hinzukommt, dass diese meist WGs sind. Man kann also die in den Blauen Tonnen ermittelte Auflage gut und gerne noch mal fünf nehmen. Die Redakteure schummeln natürlich gerne – und schmuggeln fast täglich ausgelesene FAZ-, FR-, SZ- und Nürnberger Nachrichten-Ausgaben in die Blauen Tonnen, damit sie schneller voll werden.
Der Hausmeister (Wolf) läßt das nicht zu, wenn er es merkt, weigert er sich, die jeweilige Tonne aus den Redaktionsräumen zu entfernen. Sie bleibt dann dort manchmal wochenlang stehen und wird immer mehr vollgemüllt. Als Aushilfshausmeister sehe ich mich nicht befugt, derart kritisch bei der Arbeit zu sein – und entsorge einfach alle Blauen Tonnen wie sie mir unterkommen. Es geht dabei ja um die Nachhaltigkeit der Wälder – und 1. bin ich kein Öko, Loha schon gar nicht, 2. habe ich mir Joschka Fischer Credo nie zu eigen gemacht „Die Mehrkomponentenwertstofftonne ist eine völlige Sackgasse“, 3. sehe ich das alles nicht so eng, es geht mir bei allen Tätigkeiten eher um das Soziale.
Aus Wäldern wird Papier und aus Papier die taz, die von Öko-Redakteuren vollgeschrieben wird, um anschließend recycelt zu werden – nicht zu Wäldern aber zu taz-kugelschreibern (die übrigens kein Mensch benutzt – sie bleiben quasi wie die taz-inhalte im Ideologischen stecken): Es gibt sie zwar, aber alle benutzen hier plastikkugelschreiber (sehr gute übrigens) – wenn sie überhaupt noch ein Handschreibgerät anfassen. Wenn Droste mit „lustlos“ dieses Steckenbleiben meint, dann hat er natürlich recht. Im übrigen kommt da aber nun auch „Bewegung“ (wieder) rein. Ich rede nicht von dem neuen Forum „bewegung,taz.de.“, sondern von der langsamen Umschulung der restlichen Wald- oder Baum- bzw. Holzjournalisten im Haus, die entweder Online gehen oder bald nur noch taz-shop-beilagen produzieren. Zugegeben, dadurch ändert sich nicht viel – in ihrer alten wie in ihrer neuen Arbeitsplatzbeschreibung bleiben sie am Bildschirm kleben. Das gilt nun aber für die taz-hausmeister gerade nicht – ihre Einschreibfläche, das sind quasi die Zwischenräume (zwischen den Bildschirmen)im Haus.
Herr Droste wäre noch als Eigenbauchpfleger zu nennen.