Der folgende Text ist quasi die Fortsetzung des blog-eintrags vom 14.7. – über Milchbauern, ich schrieb ihn für die heutige JW-Beilage von Jana Frielinghaus „Land & Wirtschaft“:
Unheilige Kühe
In diesem Jahr standen und stehen nicht die Erntehelfer, sondern die Milchbauern im Mittelpunkt der Agrar-Berichterstattung. Wegen des Milchpreisverfalls geht es ihnen besonders schlecht. So erwirtschaftet z.B. das Ehepaar Dammeyer, das in Sachsen-Anhalt eine LPG erwarb, mit ihren 240 Kühen derzeit laut FAZ 13.000 Euro Verlust im Monat. Dass ein einziger Familienbetrieb so viele Kühe hat, ist jedoch selbst schon eine Katastrophe, denn dazu braucht es einen Kuhstall, der eher dem Fließbetrieb einer Autofabrik ähnelt als einem Bauernhof, wie wir ihn kannten und wie er noch in der Werbung des Bauernverbandes, des Agrar-Tourismus und der Lebensmittelindustrie „lebt“.
Abgesehen davon, dass aus der „Klonkuh Uschi“ schon ganz viele geworden sind und von den „Turbokühen ‚Marlene‘, ‚Biene‘ und ‚Flittchen'“ künstlich befruchtete Eizellen in alle Welt exportiert werden, kann man auch die „normal“ hochgezüchteten 4,1 Millionen Kühe in Deutschland nur bedingt zur Natur zählen: Sie sind bald – enthornt und entherdet – bloß noch Einzelteile einer Maschinerie zur Produktion von Milch. Wenn nach 4-5 Kuhjahren der Stallcomputer wegen nachlassender Milchleistung bei gleichbleibendem Futterverbrauch ihre „Aussortierung“ anordnet, liefern sie auch noch Fleisch und Leder. Mit dem Bauern, der sie einst liebte, haben diese namenlosen Tiere kaum noch Kontakt. Stattdessen regeln Melkroboter, Futterautomaten, Lichtschranken, Responder am Körper und der Zentralcomputer ihr kurzes, hochproduktives Stall-Leben. Auch ihr Futter wird nicht mehr vom Bauern produziert, sondern in Lateinamerika, wo es ebenfalls hochtechnisiert angebaut wird. Unsere Holstein-Frisian-Kühe produzieren heute bis zu 80 Liter Milch am Tag, ab 40 Liter kann ihr Pansen die dafür notwendige Energie nicht mehr liefern, deswegen wird das mit Formaldehyd behandelte Soja-Kraftfutter „pansenstabil“ gemacht, damit dessen Verdauung erst im Dünndarm stattfindet. Man kann diese künstliche Ernährung riechen: Früher war der Kuhstall ein olfaktorischer Genuß – heute stinkt er. Und die Milch, die dort produziert wird, sollte man auch besser meiden – ebenso das Fleisch. Die ganze Anlage ist ein einziger Rinderwahnsinn! Ihr ist nur noch zu entnehmen, dass auch uns ein ähnlich durchkontrolliertes Hightech-Schicksal blüht. So lautet das Fazit von Bernhard Kathan – in seinem Buch „Schöne neue Kuhstallwelt“.
Der Vorarlberger Autor ist in der Landwirtschaft groß geworden und hat sich bereits in seinen früheren Büchern mit dem sich wandelnden Mensch-Tier-Verhältnis befaßt. Anders der Berliner Autor Florian Werner, den es – eher romantisch gestimmt – mit seinem Buch „Die Kuh“ in die entgegengesetzte Richtung trieb: „So wir nicht umkehren und werden wie die Kühe, so kommen wir nicht in das Himmelreich,“ lautet sein von Nietzsche entlehntes Motto dafür. Beide Autoren lieben die Kühe, deren „fromme Augen“ und „seliges Muhen“ sie auch in Zukunft nicht missen möchten. Aber während der norddeutsche Autor, Werner, dafür alle verfügbare Literatur – von Goethe über Gandhi bis Bertolt Brecht – nach Kuh-Zitaten durchforstet und daraus laut Klappentext eine „Fundgrube“ und ein „Nachschlagewerk“ gemacht hat, befaßte sich der Österreicher Kathan zum Verstehen dessen, was rings um ihn herum bei seinen bäuerlichen Nachbarn im Kuhstall geschieht, mit literarischen Utopien, in denen es bereits um die Mechanisierung und Automatisierung von Lebensläufen, Lust, Strafen usw. ging. Das reicht von de Sade über Èmile Zola und Frank Wedekind bis zu Franz Kafka und Max Brod.
Ungeachtet ihrer unterschiedlichen Herangehensweise dürften sich die beiden Kuhbuch-Autoren jedoch mit der ehemaligen grünen Landwirtschaftsministerin Renate Künast einig sein, die 2001 verkündete: „Der BSE-Skandal markiert das Ende der Landwirtschaftspolitik alten Typs. Wir stehen vor einem Scherbenhaufen.“ Es gehe nun darum, „mehr Klasse statt Masse“ zu produzieren. In Wahrheit wurde jedoch das unselige Prinzip „Wachse oder weiche!“ beibehalten. Der kämpferische Bauer und Agrarprofessor Onno Poppinga meint rückblickend: Es wurde versäumt, „unmittelbare Qualitätsunterschiede bei Lebensmitteln – z.B. Frischmilch statt pasteurisierte, und Milch auf der Grundlage von Weidegang statt aus Futterkonserven – als Ansatzpunkte für eine Transformation von ‚Masse zu Klasse‘ zu nutzen.“
Florian Werner spricht in seinem Kuhbuch von einer „ökologischen Fehlentwicklung“, für die er „jenes weltweite Geflecht aus Viehhaltern, Futtermittelproduzenten, Schlachtbetrieben, Lederverarbeitern, Rindfleischessern, Milchtrinkern und anderen am globalen Kuhhandel beteiligten Menschen“ moralisch verantwortlich macht, die der US-Soziologe Jeremy Rifkin als „Rinderkomplex“ bezeichnete. Mit Rifkins Bestseller „Das Imperium der Rinder“ begann 1994 das Genre „Kuhbuch“ populär zu werden, 2004 wurde es von dem Münchner Biologen Josef Reichholf mit seinem Werk „Der Tanz um das goldene Kalb“ noch einmal erweitert.
Diesen beiden Autoren ging es jedoch nicht um die Entmenschlichung der Kuhhaltung, sondern eher um die Verrinderung der irdischen Landmasse, wovon 1/4 bereits in Weideland umgewandelt wurde – zur Deckung des wachsenden Fleisch- und Milchbedarfs. Einem UN-Bericht zufolge belastet der globale Rinderbestand inzwischen das Weltklima genauso stark wie alle Menschen Indiens, Japans und Deutschlands zusammen.
Bernhard Kathan geht es in seinem Kuhbuch demgegenüber um die Belastung (Denaturalisierung) der Rinder durch das Nützlichkeitskalkül der Menschen: „Im Augenblick bewegen wir uns an jener historischen Schnittstelle,“ schreibt er, „an der das Maschinelle zunehmend lebendig und das als lebend Verstandene den Gesetzmäßigkeiten der Maschine unterworfen wird,“ d.h. der „Kuhstall als lebendiger Organismus“ wurde „keinem Lebewesen nachempfunden“, vielmehr zeige die „Geschichte der Landmaschinentechnik, dass sich technologische Durchbrüche der Abkehr von Mensch- oder Tiermodellen verdanken.“
Dieser „Abkehr“ möchten Kathan und Werner mit einer „Rückkehr“ entgegentreten – die sie jedoch in ihren Büchern nur noch im „Jenseits“ lokalisieren bzw. in der „Erinnerung“. An diesem Ende setzt eine Schweizer Publikation für eine Ausstellung ein, die 2008 im Talmuseum von Erlenbach stattfand und das Lebenswerk des Simmentaler Vieh- und Wanderfotografen Arthur Zeller zeigte. Er starb fünfzigjährig 1931. Der Ethnologe Markus Schürpf schreibt im Vorwort: „Der Milchbauer Zeller etablierte sich als Fotograf der Simmentaler Rasse und hielt im ganzen Kanton Bern die besten Tiere der damals führenden Züchter fest.“ Bei diesen Rindern stand neben der Milch- und Fleischleistung auch noch die „Zugkraft“ im Vordergrund. Bei ihren Porträtphotos ging es darum, ihre „Charakterzüge genau wieder zu geben“. Die reicheren Milchbauern hatten ihre besten Tiere zuvor in Öl malen lassen. Zeller fertigte seine Photographien vor allem für Kataloge von Landwirtschaftsausstellungen an. Auch heute gibt es noch solche Kuhfotografen: Wolfhard Schulze aus Niedersachsen z.B.. Während Zeller noch bemüht war, bei der Aufnahme „Schönheit und Nutzen“ der betreffenden Kuh zu zeigen, steht heute ihr Nutzen im Vordergrund. Für die Schönheit der meist preisgekrönten Hochleistungstiere sorgen Schulzes drei Assistenten mit allerlei Tricks und danach sein Computerprogramm „Photoshop“. Dergestalt wird der Kuh sogar noch bei ihrem Abbild der Naturalismus ausgetrieben. Umgekehrt werden den Computern vor Gericht immer mehr „Personenrechte“ zugestanden, seitdem wir bereit sind, mit Geld- und Fahrscheinautomaten sowie Computerprogrammen im Internet „faktische Verträge“ abzuschließen. Demnächst werden sogar „Computer auf beiden Seiten des Vertragsverhältnisses agieren,“ wie der Rechtssoziologe Gunther Teubner meint. Der Philosoph Andreas Matthias ließ sich davon bereits zu einem grundsätzlichen „Plädoyer für die Rechtsverantwortung von autonomen Maschinen“ inspirieren. Unsere Milchproduktionsmaschinen, die Kühe, werden von diesem Fortschritt jedoch nicht profitieren – im Gegenteil.
– Bernhard Kathan: „Schöne neue Kuhstallwelt“, Martin Schmitz Verlag Berlin 2009, 270 Seiten, 19 Euro 80.
– Florian Werner: „Die Kuh. Leben, Werk und Wirkung“, Nagel & Kimche im Hanser Verlag, München 2009, 235 Seiten, 19 Euro 90.
– Markus Schürpf (Hrsg.): „Arthur Zeller. Vieh- und Wanderfotograf im Simmental, Fotografien 1900-1930“, Limmat Verlag, Zürich 2008, 127 Seiten, 29 Euro 50.
(Den Kathan-Satz „Früher liebte der Bauer seine Kühe mehr als seine Frau,“ hat die Redakteurin mir rausgestrichen – mit der nicht ganz von der Hand zu weisenden Begründung „Was soll daran gut sein, mal abgesehen davon, dass ich bezweifel, ob das überhaupt stimmt“. Es stimmt auf alle Fälle, dass es seit den Achtzigerjahren immer öfter das Delikt „Viehverwarlosung“ gibt, was es früher bei den Bauern eigentlich nicht gab.)
Demo von Agrar-Konsumenten – mit Poller. Agrar-Produzenten würden nie vom Charlottenburger Schloß aus nach Brüssel gehen, sondern immer von der Brandenburger Torheit aus – mit dem Trecker losfahren. Photo: Peter Grosse
Ein Porträt des Fendt-Traktorfahrers, Bio-Milchbauern und Schriftstellers Matthias Stührwoldt sowie seines Dorfes Stolpe:
Der Biobauer Matthias Stührwoldt (41) aus Stolpe bei Plön, 107 Hektar, 60 Kühe, verheiratet, fünf Kinder, veröffentlicht, seitdem er den Hof von seinem Vater übernommen hat, regelmäßig Gedichte und Geschichten in der „unabhängigen Bauernstimme“. Daraus sind bisher vier Bücher entstanden, aus denen Stührwoldt auf meist ländlichen Veranstaltungen vorliest. Einige Hörbücher zeugen bereits davon. Es gibt nicht viele Bauern, die nebenbei noch Schriftsteller und Unterhalter sind, erst recht nicht solche, die ausschließlich von ihrem Hof, ihrer Familie, ihren Tieren und ihrem Ackergerät erzählen – und dabei doch die ganze Welt auf dem Kieker haben. Stührwoldt ist Milchbauer, den Milchbauern geht es derzeit schlecht, sie klagen und demonstrieren. Auch Stührwoldt klagt über den Preisverfall bei der Milch infolge des Überangebots – u.a. mit einem selbstverfaßten „Cattle Blues“ (er kann auch singen) und einer Geschichte über seine Lieblingskuh „Schwarzer“: Sie bringt zwar kaum Milchgeld ein, „auf der ‚Euro-Tier‘ wird sie jedoch mit Sicherheit Sieger werden,wenn die Kuh mit der niedrigsten Leistung und der flachsten Laktationskurve prämiert wird“!
Selbst aus noch gröberen Mißgeschicken im landwirtschaftlichen Alltag schnitzt Stührwoldt selbstironisch eine Kolumne nach der anderen. Dieser Bauer macht den Eindruck, als wäre er mit sich und der Welt im Reinen – jedenfalls im kleinen Ganzen. Seltsamerweise gehört er auch noch zu denen, die ihre Emails innerhalb von zehn Minuten beantworten. Es kam deswegen bereits der Verdacht auf, dass er ein Indoor-Bauer sei. Einer, der seine funk- und GPS-gesteuerten Geräte vom Büro aus mit dem Joystick über die Äcker schickt. Dagegen sprachen seine Geschichten – „Die Erfindung des Melkroboters“ und „Der Düngerstreuerkomplex“. Nein, die Wahrheit war technologisch einfacher, wie sich dann herausstellte: Stührwoldt sitzt oft und gerne auf seinem Trecker – ein Fendt: der Mercedes unter den Zugmaschinen. Früher ist er damit abends sogar zur Disco und auf die Parties der Landjugend gebrettert – mit einem Strohanhänger hintendran. In seinem ersten Buch „Verliebt Trecker fahren“ erzählt Stührwoldt, wie er einmal mit der jungen Buchhändlerin Frida nach einer Party darin übernachtete – und sie ihm mit dem Satz ‚Ach, dein Fendt ist soo stark‘ in die Arme sank.
Das war noch während seiner Lehrzeit – auf einem Biohof, von der sein Vater ihm schärfstens abgeraten hatte: „Die kommen vor Hunger nicht in den Schlaf“. Als eine Hofbesichtigung anstand, versuchte der Autor ihn dennoch zu überreden, sich das mal anzukucken: „Und was ist, wenn mich jemand erkennt?“ wich der aus, sein Sohn entgegnete: „Vater, du gehst nur auf einen Biohof, nicht in einen Sexshop!“ Nachdem Stührwoldt den Hof seines Vaters vor zehn Jahren übernahm, sitzt er auf seinem eigenen Fendt – und hört Deutschlandfunk: „Bloß keinen hirnlosen Privatsender, dabei kommt man nicht zum Denken. Zum Einfallenlassen neuer Texte gibt es ansonsten nichts Besseres als anspruchsarme Arbeiten auf dem Trecker.“ Anscheinend ist sein Fendt inzwischen auch noch mit einem iPhone ausgerüstet – um u.a. Emails zu beantworten. Es gibt darüber keine Geschichte von ihm, wahrscheinlich, weil er seinen elektronisierten Kindern gegenüber gerne den „naturverbundenen Landmann“ herauskehrt – mit Nackbaden im nahen See, Wollmütze auf dem Kopf bei der Arbeit, einem Hass auf Bewegungsmelder und dem Verdacht, dass alle (Rinder-) Züchter Rassisten sind. Von einem seiner Kinder bekam er zu Weihnachten einen „Gutschein für einmal Gameboy-Konfiszieren“ geschenkt. Seine älteste Tochter ist mittlerweile „selbsternannte Gleichstellungsbeauftragte“ auf dem Hof – seitdem werden auch die Bullenkälber benamt. Und weil er seine Frau Birte in seinen Büchern immer „Die Liebste“ nennt oder vielleicht auch trotzdem, trägt sie gerne ein T-Shirt mit dem Aufdruck „Die Liebste“ bei der Arbeit.
Ein Gedicht handelt z.B. vom Spazierengehen mit ihr: „weit kucken kann man nicht/überall Mais/ doch die zarte Hand der Liebsten/fühlt sich gut an/in meiner Pranke/(…)/wir kommen beim Nachbarn vorbei/er mischt gerade Futter/’Na, haben sie dich zweckentfremdet?’/ruft er mir zu.“ Auf Mallorca notierte der Bauer: „Hier müsste man mal Steine sammeln/und herrje!/ um all die Mandel- und Olivenbäume/ rumzupflügen/macht bestimmt auch keinen Spaß/(…) „meine Kinder malen mir Bilder/mit Kühen drauf/ damit ich die Sehnsucht aushalten kann/(…)/ungeniert sitz ich auf einem Felsen/und seh den Bauern bei der Arbeit zu.“
In und um Stolpe
Das Stührwoldt-Dorf Stolpe bei Plön ist auf dem besten Weg, zu einem holsteinischen Look-Alike des Lausitzer Ortes Bohsdorf zu werden, wo „Der Laden“ der Mutter von Erwin Strittmatter bereits zu einem, dem halbsorbischen Dichter und Pferdezüchter gewidmeten Museum umgebaut wurde – flankiert von drei Hotels, vier Kneipen und einem Aussichtsturm am See.
Der Biobauer und Dichter Matthias Stührwoldt bewirtschaftet seinen „Loaden“ in Stolpe jedoch noch – für die Musealisierung seines Hofes ist es also noch zu früh.
Auf der webpage „stolpe-am-see.de“ findet sich der Eintrag: „Es ist ein offenes Geheimnis, dass Matthias Stührwoldt schon wieder Geschichten für ein neues Buch niederschreibt…“ Das wäre dann sein fünftes.
Die erste Seite auf der stolpe-am-see-webpage heißt „Stolper Landschaft“ und besteht aus einer kommentierten Photoserie „Wanderung rund um den Stolper See,“ in dem „Matti“, wie seine Frau Birte den Dichter nennt, nach der Arbeit zu schwimmen pflegt. Dazu gehört auch noch ein Photo vom „Stolper Moor“, wo Stührwoldts Jungvieh weidet, und eins von der „Grundschule Stolpe“, wo er zur Schule ging, damals gab es jedoch das „neue Spielgerät“ auf dem Schulhof noch nicht, das man nun auf dem Photo sieht.
Auch die nächste Seite „Stolper Ortsbild“ besteht aus einer Photo-Serie: Noch einmal sieht man hier die „Grundschule“, diesmal aus einer anderen Perspektive, sowie das „Dorfgemeinschaftshaus Stolpe“, wo Matthias Stührwoldt aus seinen Büchern vorlas .
Die Seite „Südliche Dorfstraße“ wirft einen „Blick auf die Feuchtwiese“ dort.
Die Seite „Oberdorf“ auch „Stolpes ‚wilder Westen'“ genannt, zeigt u.a. „Die ehemalige Bahnhofswirtschaft“, die der junge Stührwoldt seinerzeit noch gelegentlich frequentiert hat.
Die Seite „Kräuterpark Stolpe“ zeigt Details des dortigen Botanischen Gartens nebst Museum sowie das „Café re-natur“, wo die Stührwoldts ab und zu bestimmt mit ihren Kindern hingehen.
Auf der Seite „Spaziergang rund um Stolpe“ wird erneut die Grundschule gezeigt, sowie ein „Haus an der Autobahn“ – es ist aber ein anderes als das, in dem die Stührwoldts wohnen, außerdem ist da noch die „alte Meierei“ abgebildet, wo die Stührwoldts früher ihre Milch ablieferten, ferner der „Böttiger-Hof“, der in einem der Bücher von Matthias Stührwoldt vorkommt, wenn ich nicht irre, und schließlich eine „Reiterin auf dem Fußweg“. Sie könnte gut und gerne auf einem der Pferde vom Hof Stührwoldt sitzen.
Die Seite „Stolper See“ zeigt eben diesen See bei Sonnenuntergang; auf drei Extraseiten dann noch sein „Südende“, sein „Nordende“ sowie einige „aktuelle Bilder“.
Es folgt eine Seite über den „Drömlingsee“ und seine nähere Umgebung, sowie eine über den „Holzsee“.
Die nächste Seite ist dem durch den Stolper See fließenden und auch von Stührwoldt wiederholt erwähnten Flüsschen „Alte Schwentine – von der Quelle bis zur Mündung“ gewidmet.
Die nächste Seite – über den Fluß „Nettelau“ – zeigt bloß einen Plan ihres Verlaufs. Dazu heißt es: „Im Zuge des Ausbaus der B 404 zur A 21 wird die Nettelau-Niederung renaturiert. Das Land entlang der Nettelau soll mit Robustrindern extensiv beweidet und zu einer offenen Weidelandschaft entwickelt werden.“ Vielleicht hat der Schriftsteller dort bereits einige Hektar gepachtet, denn er hat nichts gegen ein bißchen Expansion, obwohl er natürlich die agrarpolitische EU-Maxime „Wachse oder weiche“ ablehnt.
Die darauffolgende Seite ist der „Hollenbek“ gewidmet, ebenfalls ein Flüßchen in der Gegend.
Dann die Seite „Stolper Moor“ – sie zeigt einige seltene Tiere und Pflanzen, die dort vorkommen sowie ein historisches Photo – als dort noch Torf abgebaut wurde.
Die darauffolgende Seite „Depenauer Hochmoor“ beginnt mit einem Photo des Moores „von der B 404 aus gesehen“ und zeigt dann einige schematische Zeichnungen, den Aufbau eines Hochmoores betreffend.
Auf der Seite „Mühlenberg und Depenauer Mühle“ findet man u.a. ein Photo vom Gemischtwarenladen Schmidt“ aus dem Jahr 1950, wo die Stührwoldts früher wahrscheinlich eingekauft haben.
Die Seite „Mißmaaßen“ zeigt einige der acht Bauernstellen (aus dem 18.Jhd.) am Mißmaaßener Weg.
Die Seite „Gut Depenau“ zeigt Gutsansichten nebst der Allee, die dort hinführt.
Die Seite „Grenzstein zwischen Gut Depenau und Löptin“ zeigt genau diesen.
Auf der Seite „Gut Bunthorst“ befinden sich neuere Photos vom Gut, das in den Neunzigerjahren renoviert wurde und auf dem man heute Ferienwohnungen mieten kann, ansonsten erfährt man auf der Seite, das seine Besitzer, die Familie Wandhoff, das Anwesen zu einer der größten Putenzuchtstationen in Schleswig-Holstein entwickelten.
Früher erwarben Hamburger Kaufleute gerne solche holsteinischen Gutshöfe – wie z.B. das „Gut Nettelau“, das sich auf der nächsten Seite befindet. In seinen umgebauten Ställen ist seit vielen Jahren bereits die Ökologische Tischlerei Nettelau domiziliert.
Die Photos auf der Seite „Gut Horst“ zeigen einen „Spaziergangs“-Weg dorthin sowie einige Gebäude. Über das „heutige Wohnhaus Gut Horst 1“ heißt es: Dort „war früher die Hengststation und zugleich Kneipe des Gutes. Früher fanden hier häufig Prügeleien statt.“
Die Seite „Wo liegt Stolpe“ – mit den verschiedenen Anfahrtswegen ist natürlich für Freund und Feind des Dichters besonders nützlich.
Wer über die Geschichte des Dorfes Nheres wissen will, wird mit der etwas knapp gehaltenen Seite „Stolper Geschichte – ein Entstehungsgeschichtlicher Rückblick“ bedient. Dazu gehört aber auch noch die nächste Seite „Die goldenen Schalen“. Sie wurden bei Stolpe gefunden, stammen aus der Bronzezeit und „befinden sich heute im Landesmuseum Schleswig, Schloss Gottorf“, sie zieren jedoch auch das Gemeindewappen von Stolpe. Die Seite „Limes Saxoniae“ zeigt einige Exponate des Museums des Kreises Plön in Plön. Die Seite „Sagen aus Stolpe“ befindet sich augenscheinlich noch im Aufbau, bisher findet man dort nur eine winzige Geschichte über „Das Irrlicht am Arbeitshaus in Stolpe“. Die Seite „Burg im Stolper See“ zeigt einige Überreste (u.a. Werkzeuge), die ein Kieler Professor 1985 dort fand, 2008 nahm ein anderer Kieler Professor die „unterwasser-archäologischen Untersuchungen“ wieder auf. Die Seite „Landesversammlung der Holsten“ zeigt einen Findling mit einer Inschrift, die besagt, dass dort im Spätmittelalter diese Versammlung tagte, dazu wird noch eine Urkunde „By der Vorde to Stolpe“ gezeigt, die sich heute im Rigsarkiv in Kopenhagen befindet.
Die Seite „Entwicklung der Landwirtschaft“ verdiente ebenfalls eine Erweiterung, nicht nur, weil Stühlwoldts moderner Biohof darauf nicht vorkommt. In der Gegend um Stolpe, ursprünglich eine sorbische Siedlung (Stolpe heißt so viel wie „Pfahl im See“) waren „die Bauern erst 1936 vollwertige Besitzer ihres Landes. In dieser Zeit seit 1805 entstand die heute so typische schleswig-holsteinische Knicklandschaft.“ Noch immer ist sie – abgesehen von immer mehr Scheißmais-Feldern – großteils Weidewirtschaft, dazu findet man auf der Seite „Heureigen“ ein Gedicht von Johann Heinrich Voß – dem Eutiner Rektor und Übersetzer der Odyssee und der Ilias, der von 1751 bis 1826 lebte.
Die Seite „Die Entstehung und Bedeutung der Knicks“ klärt über die selben auf. Dort heißt es u.a.: „Im Zuge des Siegeszuges des Tourismus besann man sich auf den landschaftsprägenden Charakter der Wallhecken. Indem sich der Naturschutzgedanke in breiteren Kreisen der Bevölkerung verankerte, erkannte man auch die ökologische Bedeutung der Knicks in unserem waldarmen Bundesland für Vögel, Kleinsäuger und viele Pflanzenarten, die in den Wallhecken ein Rückzugsgebiet gefunden haben. Im Landesnaturschutzgesetz wurde der Schutz der Knicks im § 15 b festgeschrieben, sodass seitdem der Bestand der Knicks im Großen und Ganzen gesichert ist.“
Die nächste Seite zeigt einen „Knickweg“ in verschiedenen Jahreszeiten sowie ein Gedicht von Margarete Weinhandl (1880 – 1975, eine österreichische Lyrikerin, die von 1921 bis 1942 mit ihrem Mann in Kiel lebte), das hier von ihr eingestellte Gedicht heißt „Knickweg“.
Die Seite „Die adligen Güter“ zeigt deren auf die Region bezogenen Stammbaum. Vielleicht unbeabsichtigt wird damit die Marxsche These erhärtet: „Das Geheimnis des Adels ist die Zoologie“. Darauf folgen noch einmal vier Seite mit den einzelnen Gütern: Depenau, Nettelau, Bundhorst und Horst.
Die nächste Seite ist den „Hexenverbrennungen“ in der Region gewidmet. Zu Beginn der Neuzeit „kam es zu mehreren Hexenverbrennungswellen in den Jahren 1590, 1630 und 1660. In die letztgenannte Zeit fallen die letzten Hexenverbrennungen in Stolpe.“
Die darauffolgende Seite handelt von der Geschichte der „Gaststätte ‚Zum Pfeifenkopf'“ in Stolpe. Und die nächste von einer achtköpfigen Räuberbande, die um 1850 Stolpe überfiel.
Sodann folgt eine Seite über „Die Kleinbahn Kiel-Segeberg“, die 1911 gebaut wurde: „Zu Beginn war ihre wichtigste Aufgabe, die aufstrebende Marinestadt Kiel mit Ton – und Ziegelwaren aus Stolpe, sowie mit landwirtschaftlichen Produkten aus der Region zu versorgen.“ Mit dieser Bahn pflegte auch der Westberliner Dichter Detlef Kuhlbrodt von Kiel über Stolpe nach Segeberg zu fahren, wo bis vor kurzem noch seine Eltern wohnten.
„Stimmt nicht,“ schrieb er mir jedoch am 6.8.2009 zurück, „ich bin immer getrampt, als ich zivildienst in kiel gemacht habe; von kiel über die B 404 an preetz und trappenkamp vorbei. trappenkamp besteht zu 90% aus vertriebenen. vielleicht sind es auch 95%.“ Aber als du klein warst, bist du da nicht mit deinen Eltern gelegentlich mit der „Kleinbahn Kiel-Segeberg und zurück“ gefahren? wollte ich ihn noch fragen, vergaß es dann aber, weil ich mit anderen Dingen beschäftigt war – mir war nämlich nach einer Grillparty im Prenzlauer Berg, wo eine österreichische „Funktionsband“ aufgespielt hatte, folgendes eingefallen:
Wenn Matthias Stührwoldt über sich, seine Familien- und Hof-Geschichten berichtet, sowie auch Gedichte über einzelne Kühe, Kälber, Kaninchen und andere Aktanten schreibt – dann versucht die Funktionsband „Pop Metzger“ die Sichtweise dieser und anderer Nutztiere in der Landwirtschaft selbst mit ihren Liedern und Auftritten zum Ausdruck zu bringen. Sie werden zumeist auf Grillpartys eingeladen (s.o.) – wo sie dann u.a. die einzelnen Fleischstücke und das einst dazugehörende Tier besingen. Aber auch den „Rinderwahnsinn“, den sie mit Originalprospekten aus der Landwirtschaftsindustrie und deren Verbänden belegen. Ihre neueste CD heißt Moderne Putenhaltung in Deutschland“, in einem der Lieder darauf geht es um die mürben/müden Gedanken von Hühnern in einer Legebatterie. Diese beiden Sichtweisen ergänzen sich. Ich will versuchen, eine Veranstaltung mit Stührwoldt und Pop Metzger im taz-café zu organisieren.
Aber um beim Internet-Dorf zu bleiben: Die folgende Stolpe-Seite „Torfgewinnung“ beschränkt sich auf die der Familie Bötticher im Stolper Moor in den Nachkriegsjahren.
Noch liebevoller ist die nächste Seite „Menschen in Stolpe“ gestaltet – beginnend mit der Behauptung „Landleben macht kreativ“, heißt es dort: „Städter unterschätzen häufig uns ‚Landeier‘ und schauen auf uns als etwas rückständig und wenig trendy herab. Vorsicht, der erste Eindruck täuscht häufig! So trifft man in Stolpe unter anderem einen Unternehmer, der sich mit der Geschichte des Dorfes beschäftigt einen Bankdirektor im Ruhestand, der sich mit der Chronik des Dorfes beschäftigte, einen pensionierten Briefträger, der das Wappen der Gemeinde Stolpe entwickelte, eine Lehrerin, die Gedichte über ihre Wahlheimat schreibt, einen Bio-Landwirt, der humorvolle Bücher über sein Leben als junger Bauer schreibt, einen kaufmännischen Angestellten, der sich für die Archäologie der Region interessiert…Sicher gibt es ihrer noch viele mehr.“
Darauf folgen sieben Seiten mit Porträts der Stolper Kreativen – beginnend mit einer Seite über Matthias Stührwoldt, die sich wiederum in sieben weitere Seiten untergliedert: 1. „Aus dem Moor“ – sie zeigt das Cover des Buches, das so heißt, zudem zwei Gedichte daraus. 2. „Das Schubkarrenrennen“ – sie zeigt ebenfalls das Cover des Buches, 3. „Wenn der Bauer zum Poeten wird“ – sie zeigt einen Artikel über den Autor aus den „Kieler Nachrichten“. 4. „Der Wollmützenmann“ – sie zeigt wieder das Buchcover. 5. „Verliebt Trecker fahren“ – das Cover des 2003 erschienenen ersten Buches von ihm. 6. „Sonnenblumenverkauf“ – die zwei Photos auf der Seite zeigen Sonnenblumen, dazu der Hinweis: „Auch in diesem Jahr verkauft Matthias Stührwoldt Sonnenblumen zu 50 Cent das Stück zum Selberschneiden. Das Geld wird in diesem Jahr für ein landwirtschaftliches Projekt im Senegal gespendet. 2005 kamen dabei 170 Euro zusammen“. 7. „Künast zu Besuch“ – 2004 besuchte die grüne Landwirtschaftsministerin zusammen mit ihrem lettischen Amtskollegen den Stührwoldtschen Biohof. Es wurden Geschenke ausgetauscht. Die Photos davon finden sich auf dieser Seite. Leider findet sich dort keines von Matthias Stührwoldt – als er auf der Grünen Woche in der „Künast-Halle“ auftrat, also ihr quasi einen Gegenbesuch abstattete.
Die nächste Seite ist „Karl-Heinz Kasch“ gewidmet: „So mancher, der mit dem Auto die A 21 verlässt und auf der K 41 nach Stolpe oder Wankendorf fährt, wird sich die Augen reiben, wenn er hinüber zum Rad- und Gehweg schaut: Denn dort steht häufig ein älterer Herr mit Schirmmütze und – einem Esel. Dieser Herr ist Herr Kasch.“ Auf seiner Seite geht es um ihn und seine Eselstute Laura.
Die nächste Seite ist Erwin Wendig gewidmet, einem Ostpreußen, der im Jahr 1966 die Wählergemeinschaft Stolpe (WGS) mitgründete und von 1970 bis 1994 ununterbrochen in der Gemeindevertretung tätig war, 12 Jahre als Bürgermeister der Gemeinde Stolpe und weitere 12 Jahre stellvertretender Bürgermeister. Auch Matthias Stührwoldts Vater war einige Jahre lang Bürgermeister.
Die folgende Seite ist dem Geschichtsforscher Günter Rave gewidmet, der „noch heute mit 67 Jahren in seinem Kleinunternehmen für Tiefbau und Gartengestaltung tätig ist.“ Und die darauffolgende dem „Chronisten“ Gerhard Hansen, er wurde 1938 in Stolpe als Sohn des Tagelöhners Rudolph Hansen geboren – und wuchs in Stolpe als Kind im Hause eines Sozialdemokraten auf.“ Der 2009 verstorbene Gerhard Hansen schrieb auch Gedichte – auf Plattdeutsch. Eins, „Dee Stolper See!“ ist auf seiner Seite zu lesen.
Als nächstes findet man eine Seite über den Lehrer Uwe-Jens-Brauer, auch er ein Regionalforscher: „Seit über drei Jahrzehnten arbeitet Uwe-Jens Brauer nun an den DEPENAUER HEFTEN. Akribisch hat er die Geschichte des Gutes Depenau und seiner Dörfer Stolpe und Wankendorf untersucht. Herausgekommen sind sechs Bücher mit einem Umfang von über 1000 DIN A4 – Seiten: 1. Das Bauernbuch Stolpe und Wankendorf, 2. Das Häuserbuch Stolpe, 3. Das Häuserbuch Wankendorf, 4. Das Handwerkerbuch 5. Die große Stolper Schulchronik, 6. Die Chronik des Gasthofs „Zum Pfeifenkopf“ in Stolpe, 7. Das Ortsfamilienbuch Wankendorf und Stolpe. Im Januar 2009 ehrte die Gemeinde Stolpe Herrn Uwe-Jens Brauer für seinen Einsatz zur Erforschung der Geschichte Stolpes mit einem Gesamtdruck seiner Bücher.“ Es ist zu hoffen, dass dies auch mit den Büchern von Matthias Stührwoldt geschieht – wenn er erst einmal seine siebte Geschichten- und Gedichte-Sammlung im Verlag ABL (Arbeitskreis bäuerliche Landwirtschaft) veröffentlicht hat.
Zuletzt gibt es noch eine Seite über Theresia Künstler, eine Dichterin, die „seit 1992 Mitglied des Stolper Gemeinderats für Bündnis 90 / Die Grünen ist. Von Beruf ist sie Hauptschullehrerin. Sie stammt aus Kassel und wohnt seit nunmehr 27 Jahren in Stolpe“, zusammen mit ihrem Mann Martin Künstler ist sie für die gesamte webpage „stolpe-am-see.de“ verantwortlich.“ Das erklärt vielleicht das Übergewicht der Kopf- über die Handarbeiter in Stolpe auf den Webseiten. Unter ihrer eigenen Seite findet man drei Unterseiten, die sich wiederum in weitere Seiten untergliedern. Beginnt man mit „Lyrischer Spaziergang“, dann kommt man von da aus auf die Seiten: „Der Böttger’sche Hof“, „Der alte Pfeifenkopf“ und „Mein toter Baum“ – alle jeweils mit Photo und Gedicht. Darauf folgt die Seite: „Seezyklus Stolper See“ – mit dem Cover des Buches der Dichterin, das den selben Titel trägt und 2006 erschienen ist. Von hier aus kommt man auf die dazugehörige Seite „Nebliger Morgen am See“ – ein Gedicht, das mit einem Photo illustriert wurde, auf dem man drei Badende im Stolper See sieht. Dabei handelt es sich aber wohl nicht um die Stührwoldts. Sowie dann auf die Seite „Die Glocke jenseits vom See“ – ebenfalls ein Gedicht, illustriert mit einem Photo vom Glockenturm auf dem Torhaus des Gutes Perdöl, das auch auf der Seite „Wanderung rund um den Stolper See“ zu finden ist – dort mit einer „Wegbeschreibung“.
Schließlich noch die Seite „Alte Schwentine“ – wir erinnern uns, ihr Quellgebiet liegt im Mühlenteich, sie fließt durch mehrere Seen, in Preetz vereinigt sie sich mit der sogenannten Bungsberg-Schwentine und fließt schließlich in die Kieler Förde. Die Alte Schwentine wird gerne mit der echten Schwentine verwechselt, das passierte bereits dem Kartographen Caspar Danckwerth 1652, die webpage-Gestalter (s.o.) meinen jedoch, das dies „dem Fremdenverkehr in Ostholstein dienlich war.“ Und schließlich noch die Seite „Die vier Schwestern“: Hier platzierte Theresia Künstler ein Photo von den vier Weiden am Kirchensteig und eine „moderne Sage“ – also ein Prosastück.
Auf der nächsten Seite geht es um „Aktuelle Geschichten aus Stolpe“ – beginnend mit „Ansichten der Kopflindenreihe am Gärtnersteg“. Als ich die Photos dort – mit gestutzten und ungestutzten Bäumen zu verschiedenen Jahreszeiten – sah, dachte ich, das wäre ein Schreibfehler: es müßte Kopfweidenreihe heißen, aber dann machte ich mich über google kundig: „Die Linde war eine wichtige Nutzpflanze. Alles, was sie lieferte, wurde verwendet, das Holz zum Bauen, Schnitzen und als Brennstoff. Austriebe und Laub dienten als Viehfutter. Die Blüten wurden für Tee und Aufgüsse genutzt. Als man noch keinen Zucker kannte, süßte man z.B. mit Lindenblütenhonig. Unbeschnittene Linden beschatteten Wege und Plätze…Nach dem 1. Weltkrieg kam es jedoch aus der Mode, Kopflinden vor dem Haus anzupflanzen! Seit den vierziger Jahren wurden viele Linden gefällt.“ Aber anscheinend nicht in Stolpe!
Zur Seite mit den aktuellen Geschichten gehören noch 13 weitere Seiten: „Die neue Photovoltaikanlage“ (auf dem Dach des Dorfgemeinschaftshauses), „Singschwäne auf dem Stolper See“ (die „in meinen Ohren einer der wunderbarsten Gesänge der Natur“ anstimmen – in Stolpe, wo sie aber nur eine Zwischenrast einlegen auf ihrem Weg nach Sibirien), „Die Restaurierung der Depenauer Mühle“ (sie bekam u.a. einen neuen Dachstuhl verpaßt), „Erdölsuche in Stolpe“ („Man wollte sogar eine Sprengung im Stolper See durchführen, aber der Landessportfischereiverband stemmte sich dagegen“), „Anbaden an Neujahr 2009“ (die Stührwoldts sind auf den Photos nicht mit drauf, dafür aber „Nick Maurer mit seinen beinharten Töchtern“ – im See stehend), „Weihnachtsbaum-Monokulturen am See“ (2008 „Die Idylle ist vorüber – am Wanderweg Gärtnersteg. Es fing an im Spätherbst, als auf einmal das Gras der Weiden am See merkwürdig gelb wurde. Herbizide – das kennt man schon vom Energiemaisanbau im letzten Jahr!“ Und nun wachsen dort schon dämliche Weihnachtsbäume heran.), „Höckerschildkröte am Stolper See“ (William fand sie auf der Badewiese am Stolper See – und gab ihr den Namen seiner polnischen Freudin: Snajda), „Schlangenfrevel“ („Als vor einigen Jahren der Landschaftsplan der Gemeinde Stolpe aufgestellt wurde, waren die Biologen begeistert, dass sie ein paar Exemplare am Stolper See gesichtet hatten, denn der Bestand an Schlangen geht weiterhin zurück. Wir haben in Stolpe jedoch das große Glück, dass es bei den Teichen der Firma ‚re-natur‘ sowohl Frösche als auch Ringelnattern in Hülle und Fülle gibt, die als erwachsene Tiere in den Schilfgürtel und die Fechtwiesen am See abwandern.“), „Abschied vom alten Melkstand“ (dabei könnte es sich um den von Stührwoldt handeln, es ist aber der von Bauer Böttiger und inzwischen hat man ihn auch abgerissen“), „Die alte Kaisereiche“ (sie ist mindestens so dorfgeschichtsträchtig und auch so alt – über 92 Jahre – wie die „Unter Eechen“ von Bohnsdorf, wo in der „Stunde Null“ 1945 der Kommunismus eingeführt wurde, aber auch sie wurde inzwischen gefällt: am 4.1.2006, um genau zu sein; jedoch nicht, um einem Bauprojekt Platz machen wie in Bohnsdorf, sondern weil sie von einem heimtückischen Pilz befallen war: „Es ist tröstlich, dass viele Menschen im Dorf den Verlust der Kaisereiche betrauern. Aber häufig ist es so, dass man erst dann etwas richtig schätzen lernt, wenn es vergangen ist,“ schreiben die webpage-Gestalter), „Bagger im Depenauer Moor versunken“ (dort hat Matthias Stührwoldt seine Jungviehweide und der Bagger bretterte zunächst über diese Wiese – bevor er im Moor versank. Stührwoldt schrieb darüber eine lange Geschichte, auf der „stolpe-am-see“-Seite heißt es zu dem Vorfall nun – lapidar: „Am Mittwoch den 5. Oktober 2005 wollte eine Hamburger Firma für Landschaftsbau die Entwässerungsgräben in den Wiesen am Depenauer Moor von Sand und Bewuchs reinigen Dabei geriet der 3 m hohe Bagger in eine ca. 16 m tiefe Moorlinse und begann zu sinken. Der Versuch, den sinkenden Bagger mit einem zweiten Bagger zu retten, schlug fehl.“), „Brand auf Gut Bundhorst“ (das war 2005 – das Gebäude einer Putenfarm in Bundhorst, Gemeinde Stolpe, wurde dabei zerstört.), „Die Geschichte von der verschwundenen Bank“ (sie ist wirklich mysteriös: Lange Jahre stand die Bank am Wanderweg vom Gärtnersteg zum Mühlenberg, „sie stand da, man setzte sich darauf, schaute am rostigen Blechschuppen vorbei zum Stolper See hinunter. Und wenn die kleine Kuhherde mit Bullen, Muttertieren und Kälbern gerade auf der Weide war, hatte man Gesellschaft beim Gucken. Und der See lag mal blau, mal grau, mal spiegelnd vor einem, sozusagen vor den Füßen. Eines Tages war die Idylle verflogen. Die Bank war weg“. Schließlich fand man sie unten am See. Man beschuldigte die Angler, sie dorthin geschleppt zu haben. Die stritten das ab. „So ging das eine ganze Zeit. Die Geschichte beschäftigte sogar den Bau-, Wege- und Umweltausschuss der Gemeinde. Diplomatische Verwicklungen mit dem Angelverein drohten.“ Aber plötzlich war die Bank ganz verschwunden. „Doch dann, eines Tages, zum Erstaunen aller Betroffenen, stand die Bank wieder an ihrem alten Platz. Jeder suchte den Erfolg beim Anderen. Aber niemand wusste Genaues…“).
Die nächste Hauptseite heißt „Wander- und Fahrradtouren in Stolpe und Umgebung“, sie gliedert sich in folgende Unterseiten: „Spaziergang rund um den Totenberg“, „Fahrradtour durch das Depenauer Hochmoor“, „Spaziergang über Witmaaßen und Mühlenberg“, „Wanderung zum Holzsee“ und „Wanderung auf dem Arskaar über Mißmaaßen“.
Darauf folgt die Seite „Service für Gäste“ und „Gewerbe“. Auf letzterer befindet sich erst einmal nur ein Photo von einem Bauschild – mit der Bemerkung: „Stolpe hat ein eigenes kleines Gewerbegebiet an der A 21“. Aber es gibt zwei Unterseiten: „KFZ-Meister Möller“ (er hat auch einen Abschleppdienst) und „Tischlerei Riecken“ (er bietet auch Bestattungen an).
Als letztes enthält die stolpe-am-see.de-webpage noch ein „Gästebuch“ – leider kann man dort keine Eintragungen lesen, nur selber welche schreiben.
Und dann gibt es noch eine weitere webpage „Urlaub in Stolpe und am Stolper See“, auf der dieses Gewässer wie folgt beworben wird: „Öffentliche Badestelle, WC Anlage. Große Liegewiese, Beachballanlage, Sandkiste, Spielgeräte, im See – Schwimmplatow. Surfscheine : Am Kiosk bei Ehepaar Michelsen.“ Interessant ist an dieser Eintragung, dass das moderne französische „Schwimmplateau“ hier noch auf Altsorbisch mit „ow“ endet.
Am Stolper See gibt es außerdem noch einen „Hovawart-Zwinger“ – von Wiebke und Wilfried Hempe (www.hovawarte-vom-stolper-see.de). Die letzte Aktualisierung der Seite ist anscheinend schon etwas her: „Am 1.06.08 wurde unsere Fila von Akki vom Fechenbacher Schloss gedeckt. Endlich ist er da, unser B-Wurf!!“ Wenn das sofort nach der Geburt der Welpen geschrieben wurde, dann stammt diese Eintragung etwa vom August 2008, denn eine Hundeschwangerschaft dauert 60 Tage.
Dann ist da ferner noch der LSFV (Landessportfischerverband Schleswig-Holstein), der zusammen mit dem lokalen Angelverein im Besitz des 150 Hektar großen Stolper Sees ist. Er wirbt mit den darin lebenden „Aalen, Brassen, Barschen, Hechten, Schleien, Zander, Karpfen, Plötzen und großen Maränen“. Für Mitglieder im Verband Deutscher Sportfischer kostet der Spaß: Erwachsene – 8,00 Euro pro Tag/ 25,00 Euro pro Woche/ 50,00 Euro pro Monat. Jugendliche zahlen 6,00 Euro pro Tag/ 20,00 Euro pro Woche und 40,00 Euro pro Monat (siehe: home.arcor.de/gutbiss/erlaubnisscheine).
In und um Stolpe gibt es auch noch einige Reiterhöfe bzw. Möglichkeiten für „Ferien auf dem Bauernhof“ (siehe dazu: www.urlaub-wankendorfer-seengebiet.de), Matthias Stührwoldt erwähnt in einem Gedicht, dass abends einige Reiter zurück auf seinen Hof kamen. Daraus folgerte ich, dass er a) Pferde hat, die er b) auch vermietet und c) somit die Stührwoldts irgendwie auf Feriengäste eingestellt sind. Das scheint jedoch nicht der Fall zu sein oder jedenfalls gibt es diesbezüglich keine Internet-Eintragungen von ihnen. Dafür fand ich jedoch – unter „www.keine-a39.de“ (einer Webpage der Gegner der A39) – einen Text von ihm. Die A 39 ist laut Wikipedia „eine Bundesautobahn in Niedersachsen zwischen den Städten Salzgitter, Braunschweig und Wolfsburg. Für den geplanten Weiterbau ab Wolfsburg in Richtung Lüneburg wurde am 25. August 2007 das Raumordnungsverfahren (ROV) abgeschlossen. Es sieht vor, die A 39 im Lüneburger Stadtgebiet auf der Bundesstraße 4 (so genannte Ostumgehung) laufen zu lassen und die Trassenführung im weiteren Verlauf mit dem Elbeseitenkanal zu bündeln. Die Linienbestimmung erfolgte im Oktober 2008. Nach der Entwurfsplanung sollen die Planfeststellungsverfahren eingeleitet werden.“ Zu der Geschichte von Stührwoldt merken die A39-Gegner an: „Den folgenden Text ‚Die Autobahn‘ hat der schleswig-holsteinische Bauer Matthias Stührwoldt über das Leben seiner Familie an der Autobahn geschrieben.“ Und hier ist er:
Die Autobahn
Es ist laut bei uns. Kein Wunder, liegt die A 21 doch nur etwa zwanzig Meter von unserem Wohnzimmer entfernt. Die Autobahn geht so dicht an unserem Haus vorbei, dass in der Baugenehmigung unseres Wintergartens, den wir vor einigen Jahren erstellten, folgender schöner Satz zu lesen war: „Das Bauvorhaben ist so auszubilden, dass eine Blendung der Verkehrsteilnehmer auf der Bundesautobahn nicht erfolgt. Weiterhin ist das Bauvorhaben so zu gestalten, dass es durch seine Form, Farbe und Größe nicht zu Verwechslungen mit Verkehrszeichen und -einrichtungen Anlass gibt.“ Das Leben an der Autobahn hat aber auch etwas Gutes. Es bildet die Stimme. Wenn wir im Sommer mit Freunden auf der Terrasse sitzen, dann müssen wir uns anschreien, wenn wir einander verstehen wollen. Das schult die Lungen und spült Luft und Kohlenmonoxid bis in die letzten kleinen Bläschen. Das ist gesund. Und wir lernen, lautstark zu brüllen. Schon heute verzichten wir bei Ortsgesprächen auf das Telefon. Außerdem leben wir im Einklang mit der Natur. Der Wechsel der Jahreszeiten bestimmt den Rhythmus unseres Lebens. Wir sind die ersten, die wissen, dass der Frühling da ist. Denn dann erwachen die Motorradfahrer aus dem Winterschlaf und beschleunigen oder motorbremsen mit einem Höllenlärm, je nachdem, aus welcher Richtung sie kommen; denn zweihundert Meter hinter unserem Hof endet die Autobahn. Oder sie beginnt, je nach Sichtweise und Blickrichtung; denn jedem Ende wohnt auch ein Anfang inne. Jedenfalls ist das bei Autobahnen so. Unsere Kinder entwickelten mit Hilfe der Autobahn ganz schnell ein ganz natürliches Verhältnis zum Tod. Zuerst war es immer ein großer Schock, wenn eine kleine Katze plötzlich verschwunden war. Stunden- und tagelang wurde gesucht, bis eins der Kinder die breitgefahrene Mieze von unserer Autobahnbrücke aus entdeckte, von Tausenden von Autos auf die Fahrbahn gebepscht. Verschwindet mal wieder ein Tier, dann heißt es bei uns nicht: Zottel ist jetzt im Meerschweinchenhimmel. Oder: Zottel weilt in den ewigen Jagdgründen. Nein, bei uns heißt es: Zottel fährt jetzt auf dem unendlich langen, unendlich breiten Highway. Nun wird inzwischen auch schon nicht mehr lange gesucht. Wir wissen ja, wo unsere kleinen pelzigen Lieblinge sind. Auf diese Weise komme ich neuerdings sogar ums Beerdigen herum. Trotzdem nervt die Autobahn. Das fängt an damit, dass ständig die Polizei anruft und behauptet, irgend jemand habe sie verständigt, bei uns liefen Kühe auf der Autobahn. Zuerst glaubte ich das sogar und rannte raus, in großer Sorge. Aber es war immer alles in Ordnung. Ich habe nur eine Erklärung für diese ständigen Anrufe: Die Leute knallen dermaßen schnell die Straße entlang, dass sie zwar unsere Kühe sehen können, die neben der Fahrbahn grasen, nicht aber den stabilen Zaun, der zwischen ihnen und der Autobahn verläuft. Da diese Businessfredis während des Abwickelns von Unternehmen im Auto sowieso ständig telefonieren, rufen diese Arschgeigen zwischendurch mal eben bei der Polizei an; die klingelt bei mir durch, und ich muss wieder hin und gucken, ob meine Viecher noch da sind. Zwei Mal waren tatsächlich Tiere von mir auf der Autobahn. Beide Male habe ich es selbst bemerkt. Einmal floh ein Kalb vor mir, und auf dem Weg von unserem Hof bis in die Schaufensterscheibe eines Schlachterladens kreuzten wir auch die Autobahn, glücklicherweise ohne Schaden zu machen. Und einmal suchte Wilhelmina, eine Kuh, die auf der Hofkoppel gekalbt hatte, ihr Kalb, welches ich schon in den Kälberstall verbracht hatte. Sie stieg über den Zaun, rannte um die Hofkoppel herum, über die Autobahnbrücke, an der Leitplanke entlang. Dann rauschte sie durch das Straßenbegleitgrün die Böschung hinunter und blieb am Fahrbahnrand stehen. Dort graste sie friedlich, als ich sie entdeckte. Mit einem Eimer Schrot und einem Strick ging ich hin und fing sie ein, freundlich den vorbeifahrenden Autos winkend. Eines hielt an. Ein älteres Touristenehepaar stieg aus und fotografierte mich. Ich hörte noch, wie die Frau sagte: „Schau mal, wie ursprünglich die Eingeborenen hier noch leben! Ein echter Kuhhirte! Wie idyllisch!“ Derweil knipste ihr Mann mich, steckte mir dann fünf Euro zu und sagte: „Foto gut. Nix Gefahr! Nix Seele jetzt in Kasten hier! Du gesund! Alles Gute!“ Und sie stiegen in ihr Auto und fuhren wieder, und ich ging heim, mit Wilhelmina im Schlepptau. Insgesamt überwiegen die negativen Aspekte der Nähe zur Autobahn. Also freute ich mich, als unser Freund Baude eines Tages bei uns im Garten saß und sagte: „Ist ja scheiße, dieser Lärm hier! Das hält ja kein Schwein aus. Die Autobahnen sollen doch privatisiert werden. Ich kauf dieses Teilstück und schenk es euch! Und dann legen wir es still! Versprochen: Zur Silberhochzeit kriegt ihr die Autobahn von mir!“ Was für ein reizvoller Gedanke! Acht Kilometer asphaltierter Fahrsilo direkt am Stall! Klasse! Und am Nachmittag stand Baude auf, zog los und gründete ein Internetunternehmen, um die erforderlichen Millionen zu scheffeln. Inzwischen aber hat er seine Firma verkloppt und ist in die USA ausgewandert, um sich unserem Zugriff zu entziehen. Noch hat er elf Jahre Zeit. Im Jahre 2016 will ich den ersten Schnitt auf die Autobahn knallen! Darauf freue ich mich heute schon! Und ich lasse keine Gelegenheit aus, Baude an sein Versprechen zu erinnern. Bis nach Wisconsin bin ich ihm gefolgt, um ihn aufzuspüren!
Wenn es einst soweit sein sollte: Ich glaube, ich werde die Autobahn vermissen, trotz allem. Keine Autos mehr, die bei Schneeglätte in unseren Garten rauschen. Keine Scheinwerfer mehr, die über den wunderbar weißen Körper der Liebsten huschen, wenn wir beieinander liegen. Und keine Gelegenheit mehr, ein liebgewonnenes Ritual auszuführen. Noch heute halte ich auf dem Heimweg von Feten immer auf der Brücke an, um in hohem Bogen von ihr herunter zu pinkeln, stets darauf hoffend, ein Cabrio möge drunterherfahren. Noch nie habe ich eins getroffen. Aber ich habe ja noch elf Jahre Zeit…
Diese Stührwoldt-Geschichte klingt wie der authentische Fall für das Drehbuch zum belgischen Autobahn-Film „Home“ – von Ursula Meier, mit Isabelle Huppert und Olivier Gourmet in den Hauptrollen. Hier ein Szenenphoto, das die Tochter des Ehepaars zeigt, die sich auf einer Liege im Vorgarten sonnt:
Über Matthias Stührwoldts Hoflage gibt es bisher noch keinen Film, so viel ich weiß, dafür aber zwei Hörbücher, auch Audio-CDs genannt, sie bestehen aus Mitschnitten seiner Lesungen:
2005: „Matthias Stührwoldt – Live im Lutterbecker“
2008: „Ein Bauer erzählt“
Beide CDs sind wie auch seine bisherigen vier Bücher im ABL Verlag, Bahnhofstr. 31, 59065 Hamm, erschienen.
P.S.:
Die Regionalkrimis werden in regionaler Hinsicht immer kleinteiliger – bis dahin, dass mindestens die seriellen in immer dem selben Dorf spielen, was natürlich bei Krimis mit vielen Morden bevölkerungspolitische Probleme aufwirft (bei den Worpswede-Krimis, den Hemmoor-Krimis, aber auch den Ostfriesen-Krimis beispielsweise, deren Region inzwischen schon fast menschenentleert sein müßte).
Dem Kehdinger Krimiautor Thomas B. Morgenstern droht das selbe, wenn er seine Morde weiter wie bisher in der unmittelbaren Umgebung seines Milchkontrolleurs platziert.
Aber interessant ist in seinem Fall, er ist von Beruf Biobauer, vielleicht noch die Frage: Fangen jetzt auch immer mehr Nichtjournalisten, Nichtdrehbuchschreiber, Nichtrechtsanwälte usw. an, Krimis zu schreiben, die in ihrem unmittelbaren Lebens- und Arbeits-Umfeld spielen? Das dürfte diesem populären Genre einen enormen Professionalitätsschub geben, denn diese Autoren wüßten, wovon sie reden/schreiben.
Es geht hier aber um Milchkühe und Milchbauern. Und in diesem Zusammenhang seien noch zwei weitere Krimis erwähnt:
„Milchgeld“ ein „Allgäu-Krimi“ von Volker Klüpfel und Michael Kobr. Der erste ist Redakteur bei der Memminger Zeitung, der zweite Realschullehrer für Deutsch und Französisch. Ihr immer wiederkehrender Ermittler ist ein Kommissar der Kemptener Polizei namens Kluftinger. Der Roman „Milchgeld“ spielt in einer Käserei und es geht wie in „Vom Winde verweht“ um einen alten – humanen – Unternehmer gegen seinen Sohn, ein junger BWL-Schnulli.
Der zweite Regionalkrimi, in dem es um Milchkühe geht und der in einem schwäbischen Dorf spielt, heißt „Kuhdoo“. Der Autor, Sobo Swobodnik, ist Rundfunkredakteur und Filmemacher, aufgewachsen auf der schwäbischen Alb, lebt jetzt jedoch in Berlin.
„Kuhdoo“ ist sein fünfter Krimi um und mit „Paul Plotek“, ein arbeitsloser Schauspieler.
Leider gibt es noch kein Dorfkrimi in dem eine Kuh ein oder mehrere Verbrechen ermittelt, wohl aber einen in Irland spielenden Schafskrimi „Glenkill“ von Leonie Swann, in dem eine kleine Schafherde den Mörder ihres Schäfers ermittelt. Die Autorin hat jetzt einen weiteren Schafskrimi veröffentlicht, wobei sie die Herde nach Frankreich verlegt hat: „Garou“.
Dazu sei gesagt: 1. dass es sich bei den Ermittlern nicht um Milchschafe handelt und 2. dass dieses Verfahren, eine kleine Schafherde ermitteln zu lassen, vorbereitet wurde von einer Schafforscherin: die Biologin der Universität Berkeley Thelma Rowell. Sie lebt jetzt mit einer kleinen Schafherde in Kanada.
Die feministischen US-Anthropologen Shirley C. Strum und Linda M. Fedigan organisierten 1996 im brasilianischen Teresopolis einen Kongreß mit Primatenforschern und Wissenschaftssoziologen. Zu letzteren gehörte u.a. Bruno Latour, zu den ersteren die Schafforscherin Rowell – ihr Vortrag hieß „“A Few Peculiar Primates” – gemeint waren damit die von ihr untersuchten Schafe, denn – so Rowell – “I tried to give my sheep the opportunity to behave like chimps, not that I believe that they would be like chimps, but because I am sure that if you take sheep for boring sheep by opposition to intelligent chimps they would not have a chance”.
In anderen Worten – frei nach der Krimiautorin Leonie Swann: Man kann (und muß vielleicht sogar) jedem die Chance geben, in einem Kriminalfall zu ermitteln – selbst einem Schaf oder einem Spatz. Und sind nicht unsere deutschen „Bullen“ bereits das beste Beispiel dafür, dass man wirklich jedem eine Chance geben muß?