vonHelmut Höge 17.05.2011

Hier spricht der Aushilfshausmeister!

Helmut Höge, taz-Kolumnist und Aushilfshausmeister, bloggt aus dem Biotop, dem die tägliche taz entspringt.

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Die trotzkistische Zeitschrift “Marx 21” hat für ihre neue Ausgabe, Nr. 20, den Schwerpunkt: “Arabiens Revolution in Gefahr”.

Wohingegen die frühere maoistische Zeitschrift “Arbeiterkampf (AK)”, die sich heute “Analyse & Kritik (AK)” nennt, folgenden Titel für ihre “Sonderseiten” gewählt hat: “Arabische Revolutionen – Die Proteste in arabischen Ländern breiten sich immer mehr aus”.

Diese beiden Old-School-Organe sehen natürlich die neoliberalen “Reformen” von IWF und Weltbank in den arabischen vom Westen finanzierten Diktaturen als Ursache für die Aufstände – d.h. die Arbeitslosigkeit, besonders unter Jugendlichen und die Verarmung breiter Massen. Motor der Geschichte und Träger der weitestgehenden Forderungen (Sozialismus) ist für sie nach wie vor die Arbeiterklasse, ihre Parteien und Gewerkschaften. Das historische Subjekt des arabischen Aufstands, die Frau, kämpft sich demnach immer noch an einem “Nebenwiderspruch” ab.

Die “Tagesschau” meldete live aus dem “Arabischen Frühling:

“Die Revolution verrinnt im Wüstensand.

Sie stehen vor dem Justizministerium – und sie sind wütend. Es sind vielleicht hundert, die sich hier versammelt haben. Sie rufen, was viele Tunesier denken. So zum Beispiel der Jurist Chokri Benaissa: “Wir sind mitten in einer Krise. Die Revolution wurde zum Scheitern gebracht, die Polizei zeigt sich wieder in alter Stärke. Wir kehren zur Gewalt, zur Diktatur zurück”, sagt er. Und ein Demonstrant pflichtet ihm bei: “Es ist immer noch das gleiche. Hier hat doch keiner aufgeräumt. Es sind immer noch die gleichen Leute im Amt, in den Ministerien, die mit Ben Ali zusammengearbeitet haben.” Vier Monate nach dem Abgang des Präsidenten sind viele ernüchtert. Sie befürchten, dass ihnen die Revolution zwischen den Fingern zerrinnt, dass die alten Kräfte wieder das Ruder übernehmen.”

Trotz Hinweis, dass “Aufrufe” mit Unterschriftenlisten nur wenig helfen, verbreitet die taz gerade einen solchen von Rafik Schami – den Aufstand in Syrien gegen das Saddad-Regime betreffend.. Der 1946 in Damaskus geborenene deutsch-syrische Schriftsteller schreibt:

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

es wäre eine große Geste der Solidarität, wenn Sie den Aufruf unterschreiben und per E-Mail (Rafik.schami@gmx.de) an mich zurückschicken würden. Da die Situation in Syrien eskaliert, eilt die Sache etwas und wir arbeiten auf Hochtouren. Ihre Solidarität wird von den freiheitsliebenden Syrern gebraucht.

Beste Grüße Rafik Schami

PS: es wäre wunderbar, wenn Sie einige Ihrer Freunde und Kollegen ansprechen und ermuntern würden, diese Erklärung zu unterschreiben. Danke

Aufruf deutschsprachiger Autorinnen, Autoren und Kulturschaffender,

Friedliche Demonstranten, die sich für Freiheit und Demokratie einsetzen, werden in Syrien von einem verbrecherischen Regime verhaftet, gefoltert oder auf der Straße ermordet. Seit mehr als zehn Tagen wird die Stadt Daraa von der Außenwelt
abgeschnitten und belagert.

Dieses gleiche Regime, das seit Jahrzehnten das Land ausgeraubt, seine politischen Kritiker inhaftiert und gefoltert hat, verhindert jetzt jede friedliche Reform und steuert das Land in einen Bürgerkrieg.

Wir, die UnterzeichnerInnen solidarisieren uns mit dem syrischen Volk und seinem Einsatz für Freiheit und Demokratie und verurteilen das brutale Vorgehen des Assad-Regimes gegen die Zivilbevölkerung.

Wir appellieren an die syrische Regierung, das Blutvergießen zu beenden und eine friedliche und demokratische Lösung des Konflikts herbeizuführen.

Die Unterzeichner:…

AP berichtete heute aus Syrien:

Die syrische Polizei hat am Dienstag nach Angaben eines Menschenrechtlers mit Schlagstöcken eine Demonstration von Studenten in der Stadt Aleppo aufgelöst. Dutzende Menschen seien dabei verletzt worden, sagte Mustafa Osso. Regierungsgegner riefen über Facebook für Mittwoch zu einem Generalstreik in Syrien auf, um gegen das gewaltsame Vorgehen der Behörden zu protestieren.

Die Sicherheitskräfte hätten versucht, die 2.000 Teilnehmer einer Kundgebung gegen Präsident Baschar Assad auf dem Universitätscampus von Aleppo auseinanderzutreiben, berichtete Osso. Sie hätten einige der Studenten bis in ihre Wohnheime verfolgt und zusammengeschlagen. An der Universität kam es in den vergangenen Wochen schon zu mehreren regierungskritischen Demonstrationen. Nach Angaben von Osso wurde am Montag auch in der Stadt Homs eine Demonstration mit 3.000 Teilnehmern von den Sicherheitskräften aufgelöst.

Aus der westsyrischen Stadt Talkalach, die seit Donnerstag von den Streitkräften abgeriegelt ist, gebe es keine Neuigkeiten, sagte Osso. Bewohner angrenzender Gebiete hätten aber berichtet, es seien immer wieder Schüsse zu hören. Einige Menschen, die aus Talkalach in den Libanon fliehen konnten, berichteten über viele Tote. Bewaffnete hätten Menschen exekutiert. In den Straßen hänge der Geruch verwesender Leichen.

Aus dem Jemen meldete dpa gestern:

Zentausende Menschen haben am Montag in den wichtigsten Städten der Provinzen Aden und Saada gegen den jemenitischen Präsidenten Ali Abdullah Salih demonstriert. Sie verlangten erneut seinen sofortigen Rücktritt nach 32 Jahren an der Macht, berichteten Augenzeugen. Zwischenfälle wurden zunächst nicht bekannt. Bei den seit Februar andauernden Protesten gegen Salih töteten Sicherheitskräfte und bewaffnete Anhänger des Präsidenten bislang rund 170 Regimegegner. Mehr als 1000 weitere wurden verletzt.

In der südlichen Stadt Sindschibar griffen vermummte Al-Kaida-Terroristen auf einem Motorrad eine Gruppe von Regierungssoldaten an. Ein Uniformierter starb und ein weiterer erlitt Verletzungen, als sie unter Feuer gerieten, berichteten Augenzeugen.

Über das Vorgehen des ägyptischen Militärs gegen die “Demokratiebewegung im Land berichtet heute Cam McGrath aus Kairo in der Jungen Welt:

“In Ägypten geht die Übergangsregierung mit Tausenden Prozessen gegen Protestierende vor. Bis zu 50000 Verurteilte.
Nach dem Sturz des früheren Staatschefs Hosni Mubarak hat der als Übergangsregierung etablierte Militärrat (SCAF) eine eiserne Diktatur über Ägypten errichtet. Vor allem die Verfolgung von Zivilisten durch Militärgerichte stößt zunehmend auf den Protest von Menschenrechtsorganisationen. So wurden allein in den vergangenen drei Monaten in mehr als 7000 Prozessen häufig im Minutentakt Zivilpersonen von solchen Gerichten verurteilt. Die Anklagen lauteten auf Brandstiftung, Plünderung oder Verstöße gegen die nächtliche Ausgangssperre.

Auch politisch motivierte Proteste und Kritik an der amtierenden Regierung wurden geahndet. Der Anwalt und Rechtsaktivist Adel Ramadan von der Ägyptischen Initiative für Bürgerrechte (EIRP) spricht von einer Härte der Justiz in nie da gewesenem Ausmaß. »Da sich in einem einzigen Schnellverfahren bis zu 35 Beschuldigte zu verantworten hatten, schätzen wir die Zahl der verurteilten Zivilisten auf über 50000«, sagte er der Nachrichtenagentur IPS. Die Situation sei heute schlimmer als vor dem Regimewechsel: »Selbst unter Mubaraks Regierung gab es im Jahr kaum mehr als drei Militärprozesse.«

Bei den Verhandlungen bleiben die Beschuldigten ohne juristischen Beistand und werden schnell zu hohen Strafen verurteilt. Selbst gegen Todesurteile gibt es keine Revision. Dies sei besonders bedenklich, meinte Ramadan, da Offiziere dafür bekannt seien, Geständnisse auch durch Folter zu erpressen. »Als Verteidiger sind nur dem SCAF genehme Anwälte zugelassen, die lediglich eine juristische Show abliefern«, berichtete er. »Sie können höchstens fünf Minuten mit ihrem Klienten sprechen und die Anklageschrift einsehen, bevor sie den Fall einem Militärrichter vorlegen.«

Viele Ägypter hatten die Soldaten bejubelt, die während der Massendemonstrationen gegen Mubaraks Regime ausgerückt waren. »Das Volk und die Armee sind eins«, sangen sie damals. Doch der von Mubaraks ehemaligem Verteidigungsminister Mohammed Hussein Tantawi geführte SCAF hat dieses Vertrauen schnell verspielt. Als ehemaliger Militärgefangener klagte der Journalist Rasta Azab gegen den Beschluß der Übergangsregierung, Zivilisten vor Militärgerichte zu stellen. Die Behörden schmetterten die Anklage jedoch als »Versuch, die Beziehungen zwischen Volk und Militär zu zerstören« ab.

Dagegen macht jetzt die Menschenrechtsgruppe »No to Military Tribunals« mobil. Zu den Initiatoren gehört Mona Seif, die im Februar gemeinsam mit ihrer Mutter erlebt hatte, wie brutal das Militär auf dem Tahrir-Platz in Kairo gegen friedliche Demonstranten vorgegangen war. Sie mischten sich ein und erreichten, daß die Soldaten einen verhafteten 33jährigen Demonstranten freiließen. Seif berichtete IPS, der Mann sei später wieder festgenommen, gefoltert und von einem Militärgericht zu fünf Jahren Gefängnis verurteilt worden. Erst auf Druck der Medien nehme die Öffentlichkeit von solchen Fällen Notiz, betonte die Aktivistin. Allerdings seien die großen Menschenrechtsgruppen und Medien mehr am Schicksal weithin bekannter politisch profilierter Aktivisten interessiert als an den kriminellen Übergriffen, die viele Menschen seit dem Sturz Mubaraks erleiden mußten. »Wir wollen mit unserer Kampagne auch erreichen, daß sich das öffentliche Interesse nicht nur auf die wenigen hundert Demonstranten richtet, die das Militär festgenommen hat, sondern auch auf die übrigen Zehntausenden, die aus anderen Gründen verhaftet wurden«, erklärte Seif.”

AP und dpa meldeten gestern aus Ägypten:

1. Eine wütende Menge hat in der Nacht zum Sonntag in Kairo christliche Demonstranten mit Steinen und Brandsätzen angegriffen. Es gab nach Angaben aus Sicherheitskreisen vom Sonntag 65 Verletzte. 15 Personen seien festgenommen worden. Der Angriff richtete sich auf Demonstranten, die sich seit einer Woche vor dem Gebäude des staatlichen Fernsehens in einem Sit-in für Maßnahmen gegen religiöse Gewalt einsetzen. Sie reagierten damit auf Ausschreitungen zwischen Christen und Muslimen, bei denen 15 Menschen umkamen und eine Kirche niedergebrannt wurde.Aus Sicherheitskreisen verlautete, mehr als 100 Personen hätten die Demonstranten angegriffen.

2. Bei Krawallen vor der israelischen Botschaft in Kairo sind in der Nacht zum Montag 350 Menschen verletzt worden. 45 von ihnen befanden sich am Montag immer noch in Krankenhäusern, teilte das Gesundheitsministerium in Kairo mit. Zu den Ausschreitungen kam es, als eine Gruppe von Demonstranten nach einer Palästinenser-Solidaritätskundgebung das Gebäude stürmen wollte und die Polizei die Menge mit Tränengas und Gummigeschossen zurückdrängte. 150 Demonstranten wurden festgenommen, gab das ägyptische Innenministerium am Montag bekannt.  Zunächst hatten tausende Ägypter friedlich vor der israelischen Botschaft demonstriert. Sie hatten ihre Solidarität mit den Palästinensern bekundet, die am Sonntag weltweit ihrer Flucht und Vertreibung im Folge der israelischen Staatsgründung im Jahr 1948 gedachten.

Um nicht die Militärregierung in Burma zu unterstützen, riefen vor etlichen Jahren alle möglichen Initiativgruppen dazu auf, das Land zu boykottieren, auch als Tourist. Es gab Gegenmeinungen: Gerade Touristen könnten zu einer Liberalisierung des Regimes beitragen. Das war nicht ganz falsch, mindestens die intellektuellen Oppositionellen nutzten Besuche von Ausländern, um mit ihnen über die Situation im Land zu diskutieren. Bei diesen Ausländern mußten sie keine Angst haben, dass es Staatsspitzel waren. Die taz veröffentlichte heute einen Artikel über den Tourismus in Ägypten:

“Freie Sicht auf die Pyramiden

Bis August will er durchhalten. Wenn dann die Gästezahl nicht endlich steigt und die ägyptischen Behörden bis dahin keine finanziellen Hilfen in Aussicht gestellt haben, sieht Urs Umbricht schwarz für seine Ferienanlage “Jolie Ville” auf Kings Island, einer Nil-Insel vor Luxor. Geplante und bereits begonnene Investitionen liegen vorerst auf Eis, sagt der Schweizer Generalmanager.

Er hat Pech mit der Eigentümerin der Anlage, einer Investmentgruppe mit mehrheitlich ägyptischem Kapital. Es stammt nicht nur von Ministern der geschassten Regierung, die jetzt teils im Gefängnis sitzen, sondern vor allem von der Hussein-Salem-Gruppe.

Salem selbst, ein sehr umtriebiger Geschäftsmann, der seit den umwälzenden Ereignissen spurlos verschwunden ist, war ein enger Vertrauter der Mubarak-Familie und soll im Februar in Dubai aufgegriffen worden sein mit 500 Millionen Dollar Bargeld.

Noch können sie auf Kings Island den 600 Mitarbeitern die Löhne zahlen. Und trotz des Gästeschwunds sei niemand entlassen worden.

Das beteuern auch die Manager anderer edler Hotelanlagen wie das Kempinski in Kairo und in Soma Bay am Roten Meer, das historische Mena House Oberoi vor den Pyramiden von Gizeh und das Sofitel Winter Palace in Luxor, auf dessen Terrasse Agatha Christie ihren Kriminalroman “Tod auf dem Nil” geschrieben haben soll.

“Wir schicken unsere Mitarbeiter im Augenblick auf Schulungen oder in den Urlaub”, sagt Hany Abdelmoneim, Generalmanager von Kempinski am Roten Meer.

Man will auch nicht riskieren, dass das gut ausgebildete Personal später die Konkurrenz bedient, wenn die Gäste wieder reichlich kommen.

Drei Millionen Arbeitsstellen hängen im 80-Millionen-Einwohner-Land Ägypten direkt und indirekt vom Tourismus ab. Allein aus Deutschland reisten im zurückliegenden Jahr rund zwei Millionen Urlauber an.

Doch ins “neue Ägypten”, wie sich das Land nach den umwälzenden Aufständen vom Januar und Februar gerne selbst bezeichnet, finden bislang nur wenige.

Und das trotz der mittlerweile aufgehobenen Reisewarnungen vieler Regierungen und der wieder aktivierten Billigflugverbindungen – in das “Land, wo alles beginnt”, so die PR-Kampagne in vorrevolutionären Zeiten. Jetzt fragt die neue Touristikwerbung Ägypten: “Sind wir noch auf der Erde?”

Noch wissen es nicht alle. Leere Cafés und verwaiste Strandliegen, festgezurrte Kreuzfahrtschiffe am Ufer des Nil und freie Sicht auf Pyramiden und Gräber im Tal der Könige schlagen der ägyptischen Tourismusbranche schwer auf den Magen.

In den Flughäfen am Roten Meer und in Luxor erinnert wenig an die übliche Hektik. Hotels melden 25 bis 35 Prozent der sonst üblichen Belegung. Das Überleben sichern vielerorts nur treue Stammgäste.

Deutsche Reiseveranstalter sehen die Entwicklung optimistischer. Rewe Touristik (ITS, Jahn Reisen und Tjaereborg) glaubt, Ägypten habe etwa 40 Prozent des Sommergeschäfts verloren.

Anfang März hätten die Buchungen wieder stark angezogen. In den Osterferien (“Urlauber profitieren von günstigen Angeboten”) waren ihre Veranstalter sogar ausgebucht.

Der Ägypten-Spezialist “Stern-Tours” meldet dagegen nur geringe Nachfrage. Gerade einmal ein Drittel der Vorjahreszahlen sei erreicht worden.

Bei “Studiosus” kommen, wenngleich auf niedrigem Niveau, neue Buchungen herein, heißt es dort. Ab September werde sich die Nachfrage wohl wieder normalisieren. Auch bei Thomas Cook und Neckermann sollen die Buchungen zunehmen.

“Es hat sich was verändert”, sagt der Vorsitzende der Ägyptischen Tourismusbehörde, Amr al-Ezabi in Kairo: “Die Reiseveranstalter suchen jetzt stärker den Kontakt zur Stimmung im Land.”

Die Internetseite “suedostschweiz.ch” berichtet via Kairo und Abu Dhabi, wie man in den Golf-Emiraten von Gaddafi lernen will:

“Erik Prince, Milliardär und Gründer der skandalumwitterten amerikanischen Sicherheitsfirma Blackwater, baut im Golf-Emirat Abu Dhabi eine geheime Söldner-Armee auf.

Der auf 800 Mann angelegte Trupp mit Männern hauptsächlich aus Kolumbien und Südafrika sei eine fixe Idee des Kronprinzen von Abu Dhabi, Scheich Mohammed bin Said al-Nahjan, schreibt die «New York Times» in ihrer Sonntagsausgabe. Scheich Mohammed ist zugleich auch der stellvertretende Kommandierende der Streitkräfte der Vereinigten Arabischen Emirate (VAE), zu denen Abu Dhabi gehört.

Die Geheim-Armee soll Kommandoaktionen im In- und Ausland ausführen, Öl-Pipelines und Wolkenkratzer vor Terrorangriffen schützen und Bürger- und Gastarbeiter-Revolten niederschlagen, berichtete die Zeitung unter Berufung auf Dokumente, die ihr zugespielt wurden, und Aussagen ehemaliger Angehöriger des Trupps.

Sie soll auch bei einem eventuellen Konflikt mit dem Iran zur Verfügung stehen. Kronprinz Mohammed und andere VAE-Führer hätten demnach wenig Vertrauen in die Schlagkraft der eigenen Streitkräfte.

Prince selbst taucht in offiziellen Verträgen und anderen Dokumenten nicht auf, sei aber eindeutig die treibende Kraft hinter dem im Vorjahr begonnenen, 529 Millionen Dollar schweren Projekt. Seine Sicherheitsfirma Blackwater hatte sich als Vertragspartner der US-Armee im besetzten Irak einen zweifelhaften Ruhm erworben.

Ihre Söldner gingen häufig mit äusserster Brutalität vor. Ihre Aktionen schienen sich auch jeglicher Kontrolle und juristischer Ahndung zu entziehen. Beim schlimmsten Zwischenfall dieser Art erschossen Blackwater-Männer im Jahr 2007 in Bagdad 17 irakische Zivilisten. Prince verkaufte in der Folge das Unternehmen, das sich in Xe umbenannte.”

Eine geheime Macht wird anscheinend auch bei den libyschen Rebellen in Benghasi aufgebaut, mit westlichen Geheimdienstoffizieren, die eine “Zentralbank” dort mitaufbauen halfen und einen “Chicago-Boy” zu ihrem Chef machten. Dorthin sollen die 30 Milliarden Dollar transferiert werden, die jetzt noch vom Westen eingefroren  sind – als “Gaddafi-Vermögen”, das Gaddafi jedoch eigentlich für den “African Monetary Funds” spenden wollte. Was die Verhaftung von IWF-Chef Strauss-Kahn damit zu tun hat und ob sie überhaupt etwas damit zu tun hat – ist noch nicht klar. In Benghasi wurde ein französischer Geheimdienstoffizier erschossen, der sich mit einer Söldnerfirma selbständig gemacht hatte und dort Aufträge acquirieren wollte.

Es gibt hier einen immer stärker werdenden Wunsch, mehr über die arabischen Länder und ihre “Transition” zu erfahren,  gestern lief im Berliner Kino “Hackesche Höfe” der Film “Microphone” des ägyptischen Regisseurs Ahmed Abdallah. Der Publikumsandrang war groß. Die taz schrieb vorab:

“Der 32-jährige Filmemacher wurde vom Verein “Afrika Venir” nach Berlin eingeladen. Heute Abend präsentiert er “Microphone” in einer einmaligen Aufführung und wird sich den Fragen des Publikums stellen. Unter der Überschrift “Soziale Bewegungen in Afrika” soll sein Film die Beweggründe einer Jugend illustrieren, die, obwohl mit allerlei materiellen Freiheiten ausgestattet, permanent gegen eine Wand aus Verboten rannte.”

Leider konnte der Film nicht halten was die Rezension versprach: Er war ähnlich kitschig-verlogen wie Fatih Akins Istanbul-Musik-Filme, nur dass es hier um Alexandria ging, das der ägyptische Regisseur uns partout schmackhaft machen wollte. Eigentlich also auch ein Projekt zur Wiederankurbelung des Tourismus.

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https://blogs.taz.de/hausmeisterblog/2011/05/17/kairo-virus_72/

aktuell auf taz.de

kommentare

  • In dem in Alexandria (noch vor der Revolution) spielenden Film “Microphone” geht es u.a. auch um die Unmöglichkeit, das Verbot, auf öffentlichen Plätzen oder in Straßen als Musikgruppe (Rapper in diesem Fall) aufzutreten.

    Die taz veröffentlicht morgen, Di. 24.5., einen Text von Elisabeth Wellershaus über ein Tanzfestival in Alexandria, dabei geht es ebenfalls um öffentliche Auftritte – jetzt, während der Revolution:

    Die klapprigen Taxis scheuchen einander hupend durch den Abendverkehr. Die übrigen Autofahrer sehen zu, dass sie unfallfrei nach Hause kommen. Ein paar Fußgänger riskieren ihr Leben beim Überqueren der mehrspurigen Straße zur Strandpromenade. Alles scheint seinen gewohnten Gang zu gehen in Alexandria. Die alltägliche Hektik ist bester Beweis dafür, dass wieder Normalität einkehrt. Eine Normalität, die in postrevolutionären Zeiten fast schon wieder an den alten Trott erinnert.

    Mohamed Fouad steht auf dem Dach eines alten Kinos, raucht und blickt auf den Verkehr unter sich. “Ich möchte die Revolution in meinem neuen Stück zumindest für einen kurzen Moment mal ausblenden können”, sagt der kahl rasierte Choreograf. Ein paar Schweißtropfen kullern ihm über die Stirn, während er nervös den Probenplan für die Performance am kommenden Abend überfliegt. Fouad hatte nicht viel Zeit für die Vorbereitungen. Hastig zieht er an seiner Zigarette. “So ist das eben im Moment. Wenn einer eine Idee hat, springt man auf den Zug mit auf.”

    Öffentliche Orte

    Die Idee hatten in diesem Falle das Goethe-Institut, das Institut français und zwei lokale Partner. Zwar hatten sie ihr Tanzfestival schon vor der Revolution geplant. Die aber legte das Projekt erst einmal auf Eis. Wenige Monate später scheint es nun umso einleuchtender, dass “Nassim el Raqs” stattfindet. Denn die drei ägyptischen Choreografen, der Franzose Frédéric Gies und die Tänzer aus der Region sollen nicht etwa Bühnen bespielen, sondern mit ihren Stücken auf die Straße gehen. So etwas hat es in Alexandria bislang noch nicht gegeben. Doch der Ansatz kommt zur rechten Zeit. Schließlich wären öffentliche Orte, wie das Dach eines Kinos oder der Strand, noch vor wenigen Monaten nur unter Schwierigkeiten bespielbar gewesen.

    Fouad findet es angemessen, den Menschen auf der Straße mit den Choreografien etwas zurückzugeben. “Ich habe wirklich nicht daran geglaubt, dass die Ägypter so einen langen Atem haben würden”, erzählt er und lacht. “Ich war am ersten Revolutionstag ja selbst erst mal nur Kaffee trinken und hab mich um eine Reise in die Niederlande gekümmert.” Irgendwann hat er dann auch auf dem Tahrirplatz vorbeigeschaut. Aber erst als er in Amsterdam die Nachrichten sah, wurde ihm klar, was gerade in seinem Land passiert.

    Längst ist Mohamed Fouad wieder zu Hause, und die Euphorie der vergangenen Monate ist einer gewissen Ratlosigkeit gewichen. Sicher, er war bei den Demonstrationen dabei, die auf den 25. Januar folgten. Er beteiligte sich am Sturm auf das Gebäude des Inlandsgeheimdienstes und freute sich über die Entschlossenheit und den Zusammenhalt seiner Landsleute. Aber was jetzt? Jetzt gehen ihm langsam die Themen aus. “Ich habe gedacht, ich würde mich immer an den Zuständen unter der alten Regierung abarbeiten”, sagt Fouad. “Aber auf einmal ist alles anders. Auf einmal gibt es all diese neuen Möglichkeiten.” Und zur Revolution ist ja auch schon alles gesagt worden. “Die Medienleute waren dabei die eigentlichen Künstler. Was können wir noch hinzufügen?”

    Offensichtlich genug, um am folgenden Abend 200 neugierige Zuschauer aufs Dach des Kinos zu locken. Auf der großen Freiluftbühne sitzt ein traditionelles Orchester, das Publikum wippt im Takt der Musik mit, die Stimmung ist großartig. Plötzlich springt Fouad auf die Bühne. Er stellt sich ans Mikrofon und reißt den Mund auf. Fünf Minuten lang macht er das, jedoch ohne ein Wort zu sagen oder gar zu singen. Die angedeutete Sprachlosigkeit vor den neuen Möglichkeiten zieht sich auf amüsante Weise durch “Falling Bodies”. Durch ein Stück, in dem Tänzerinnen mit Goldfischen kommunizieren, mit denen sie einen Wasserbehälter teilen. In dem rauchende, glucksende und kichernde Tänzer immer wieder versuchen, sich einander mitzuteilen. Und in dem schließlich auch ein paar Zuschauer schweigend zum Tanz aufgefordert werden.

    Die Choreografin Shaymaa Shoukry wird ihr Publikum am nächsten Abend ebenfalls auffordern, sich einzubringen. Zumindest möge man sich dort am Strand, wo sie ein Stück über die komplexe Sozialstruktur Alexandrias zeigt, doch mal seinen Nachbarn ansehen. Denn Shoukry tanzt nicht nur vor der städtischen Kulturschickeria. Sondern auch vor Fischern und Jugendlichen aus der Gegend.

    Um 21 Uhr des letzten Abends versammeln sich die Zuschauer dann noch einmal am Strand. In einer Werft in Anfoushi warten sie zwischen riesigen Schiffsbäuchen auf das letzte Stück. Nicht jeder scheint sich wohlzufühlen in dem ärmlichen Vorort, wo die Militärpräsenz zum ersten Mal seit Beginn des Festivals spürbar ist. Um 22 Uhr breitet sich langsam Unruhe aus, weil das Stück noch immer nicht beginnt. Die studentischen Hilfskräfte der Veranstaltung drängen das Publikum immer weiter Richtung Straße zurück. Und schließlich klettert Mohamed Shafik auf ein kleines Podest und erklärt aufgebracht, dass seine Performance nicht stattfinden kann. Weil die Genehmigung fehlt.

    Die Ungewissheit

    “Ich wollte ohnehin ein Stück über das Warten zeigen”, sagt er später. “Es sollte um die Ungewissheit dieser Tage gehen.” Ein paar Dutzend Studenten des Theaterinstituts sollten Shafik beim performativen Warten auf die Zukunft unterstützen. Tatsächlich sitzen einige von ihnen wie geplant am Wasser. Jeder hält eine Fackel, und alle blicken schweigend auf den dunklen Horizont. Aber das Publikum wird sie nicht mehr zu sehen bekommen.

    Als Künstler ist man heute immer noch der Willkür von Behörden und Militär ausgesetzt. Zum Beispiel, wenn der Blick auf nahe gelegene Militärgebäude auf einmal doch zu frei scheint. Der Grat zwischen neu gewonnener Freiheit und alten Kontrollmechanismen erscheint schmal. “Ehrlich gesagt, verstehen wir das Militärregime genauso wenig wie das vorherige”, sagt Mohamed Fouad am Ende des Festivals. “Da sitzt doch immer noch eine kleine Diktatur innerhalb einer künstlichen Demokratie.” Klingt fast so, als gebe es doch noch ein bisschen Stoff für ihn und die Kollegen.

    (Die Unterschrift zu dem dazugehörigen Bild von Amr El Sawah lautet: “Warten auf das Stück des Choreografen Mohamed Shafik am Strand von Alexandria, das nicht genehmigt wurde.)

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