Araber im Schnee. Das war einmal: 2010. Photo: Dia-Archiv
Assemblea in der Antarktis. Photo: Friederike Sünderhauf
Wohl um den heißer werdenden Widerstand weltweit (*) abzukühlen sendet bzw. verkauft die deutsche Film- und Fernsehbranche zum Jahresende durchweg Eiskaltes.
Es gibt zwei Theorien über Filme, die in Eis & Schnee spielen. Eine alte: Sie erhöhen die Gemütlichkeit, wenn man sie sich im warmen Kino oder im gut geheizten Wohnzimmer ankuckt – besonders zum Jahresende hin. Diese Filmtheorie verliert jedoch langsam an Überzeugungskraft, da wegen der um sich greifenden Verarmung und des sich ausbreitenden Umweltbewußtseins im Verein mit den steigenden Heizkosten die Wohnzimmer und Kinos immer weniger gut beheizt werden, so dass einem bei Filmen, die in Eis & Schnee spielen, nur noch kälter wird.
Die neue Theorie kommt in Gänze aus der Ökoecke und besagt, dass wir gar keine richtigen Winter – mit Eis & Schnee – mehr kriegen: Die Kraniche bleiben ganzjährig hier und die Mädchen laufen auch im Winter in Miniröcken rum, die Pelz- und Glühweinhändler klagen ohne Ende, die Angoraunterwäscheläden machen reihenweise dicht und Europa vergreist zusehens, weil die Alten nicht mehr wie früher in der kalten Jahreszeit wegsterben. In dieser verfahrenen Situation gaukeln Kino und Fernsehen uns einfach Eis & Schnee vor.
Das ging heuer schon am 13. Dezember los, da sendete das ZDF erst den „Wettlauf zum Südpol“, in dem Amundsen und Scott sich ein eiskaltes Rennen liefern, bei dem letzterer samt seinen Begleitern erfriert; um danach mit einer fünfteiligen „Terra X“-Reihe namens „Eisige Welten“ nachzulegen, in der schon die erste Folge – „Von Pol zu Pol“ – in puncto Eis & Schnee kaum noch getoppt werden konnte.
Einen etwas anderen Kälteschauer dachten sich die Macher des Werkes „Game of Thrones – Das Lied von Eis und Feuer“ aus: Deren erste Video-Episode „Der Winter naht“ beginnt in einer vulvaähnlichen Eishöhle und steigert sich dann auf Bärenfellen mit immer mehr eiskalten nackten Blondinen. Die Kritik spricht von einem „Fantasy-Meisterwerk“. Liebhaber von Eis & Schnee waren dennoch gut beraten, heuer Arte einzuschalten: Der Semiintelligenzsender begann ab dem 22. bereits um 14 Uhr mit der Ausstrahlung einer täglich fortgesetzten Kälte-Serie: „Europas Hoher Norden“, in der auch nicht eine einzige frostige Ecke ungefilmt blieb. Am 23. kam dazu noch um 22 Uhr, wenn man gerade wieder etwas aufgetaut war: „Gesichter der Arktis“ – von einem etwas tumben aber dick eingemummelten Isländer (sic).
Heiligabend bebibberte uns der RBB zur besten Weihnachtsbaumbrennzeit mit dem Spielfilm „Das kalte Herz“. Am 25. und 26. zeigt der MDR dann eiskalt den russischen Märchenfilm „Die Schneekönigin“. Wer schon bei dem Wort Rußland eine Gänsehaut bekommt, der konnte sich preisgünstig eine Ami-Version der „Schneekönigin“ – als Video – reinziehen. Oder in den Friedrichstadt-Palast bzw. in die Komische Oper gehen, wo ebenfalls „Die Schneekönigin“ gegeben wurde.
Wem es am 2. Weihnachtstag nach dem „Hohen Norden“ auf Arte immer noch zu warm war, der konnte sich anschließend auf RTL 2 „Mein Partner mit der kalten Schnauze“ ankucken. Der darauffolgende 3.Weihnachtstag gehörte dann ganz dem MDR: Erst um 20 Uhr 15 mit den klammsten Szenen aus dem „Katastrophenwinter 1978/79 – als der Osten im Schnee versank“ und dann gleich anschließend mit der sturmheulenden „Winterschlacht in der DDR“.
Am 27. legte Arte allen Eis & Schnee-Wehmütigen, die sich mangels Geld und Piste keinen Skiurlaub mehr gönnen können, die Sendung „Extreme Landschaften – Leben am Limit“ ans eventuell immer noch allzu heiße Herz. Dies fand gestern und heute seine Fortsetzung mit dem „Wintersport“ auf nahezu allen Kanälen, was widerum am 1.1. 2012 in der ARD-Abenteuerreportage „8000 Meilen bis Alaska“ kulminiert. Danach soll es dann draußen – d.h. in Wirklichkeit – langsam kälter werden, so sagt man jedenfalls – aber so recht glauben kann das keiner mehr.
„Jeder Wetterbericht ist inzwischen Regimepropaganda – mittels eiskalt lächelnder Blondinen“ (Marshall McLuhmann). Photo: wetterpate.de (**)
Anmerkungen:
(*) Aus Syrien meldet AFP um 15 Uhr 16:
Ungeachtet der Präsenz von Beobachtern der Arabischen Liga gehen die syrischen Sicherheitskräfte nach Angaben von Menschenrechtsaktivisten weiter mit Gewalt gegen die Protestbewegung vor. Demnach wurden am Donnestag mindestens elf Menschen getötet, sechs von ihnen in Städten, in denen sich Beobachter befanden. Deutschland und die USA forderten vollkommene Bewegungsfreiheit für die Beobachter in dem Land.
Drei Menschen seien in Duma nahe der Hauptstadt Damaskus getötet und mehr als 20 weitere verletzt worden, als Sicherheitskräfte auf eine Demonstration mit zehntausenden Teilnehmern geschossen hätten, erklärte die in London ansässige Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte. Zu dem Zeitpunkt seien Mitglieder der Beobachtermission im Rathaus von Duma eingetroffen.
Im rund 210 Kilometer nördlich von Damaskus gelegenen Hama, wo ebenfalls Beobachter eingetroffen seien, hätten Sicherheitskräfte mindestens drei Menschen getötet, erklärte die Beobachtungsstelle. Zudem seien in einem Privatkrankenhaus Verletzte festgenommen worden. Drei weitere Menschen seien in zwei Ortschaften in der Provinz Damaskus getötet worden, in der nordwestlichen Provinz Idlib seien zwei auf einem Motorrad fahrende Zivilisten nahe einer Straßensperre erschossen worden.
Aus dem Jemen meldete AP:
Mehrere Hundert jemenitische Regierungsangestellte haben am Mittwoch in der Hauptstadt Sanaa gegen Korruption demonstriert. Die Teilnehmer der Kundgebung versammelten sich vor einem für das Verteidigungsministerium tätigen Wirtschaftsinstitut und forderten die Entlassung von dessen Manager Hafes Majad. Dieser steht in enger Verbindung zum scheidenden jemenitischen Präsidenten Ali Abdullah Saleh und gilt als einer der mächtigsten und zugleich korruptesten Vertreter des Regimes. Außerhalb Sanaas demonstrierten um die 150 Polizeibeamte für den Rücktritt des Chefs vom Sicherheitsdienst. Dabei kam es zu einem kurzen Zusammenstoß mit dessen Wachschutz.
Aus Libyen meldete AP:
Rund 200 Demonstranten haben am Montag stundenlang eine Autobahn in Tripolis blockiert und damit den Stadtteil Suk al Dschimaa abgeriegelt. Zuvor hatten sie bereits den Gemeinderat ihres Viertels gestürmt und das Gebäude verwüstet. Sie protestierten dagegen, dass der Tod von 15 Soldaten aus ihrem Stadtteil noch nicht gesühnt ist.
Die soldaten waren vorigen Monat bei Bani Walid von Anhängern des gestürzten Staatschefs Muammar al Gaddafi überfallen und getötet worden. Die Übergangsregierung habe ihr Versprechen nicht gehalten und die Schuldigen zur Rechenschaft gezogen, sagte der Vater eines der toten Soldaten. „Wenn sie es nicht können, tun wir es selbst.“
Aus Marokko meldete AFP zuletzt:
In Marokkohaben am Sonntag tausende Menschen für tiefgreifende demokratische Reformen demonstriert. Zum ersten Mal fanden die Proteste ohne die Teilnahme von Vertretern der gemäßigt islamistischen Partei für Gerechtigkeit und Entwicklung (PJD) statt. In der Wirtschaftsmetropole Casablanca versammelten sich nach Schätzungen eines AFP-Reporters zwischen 4000 und 5000 Menschen, in der Hauptstadt Rabat waren es etwa 300 bis 500 Menschen. Zu den Demonstrationen hatte die Jugend der Protestbewegung des 20. Februar aufgerufen.
Aus Tunesien meldete AFP gestern:
Die britische Zeitung „Times“ hat den tunesischen Straßenhändler Mohamed Bouazizi zur Person des Jahres 2011 gekürt. Bouazizi habe mit seinem „Kampf für Gerechtigkeit Geschichte geschrieben“, schrieb die „Times“. Der 26-Jährige hatte sich am 17. Dezember 2010 aus Protest gegen Behördenwillkür selbst angezündet und war wenig später an seinen Verletzungen gestorben. Seine Selbstverbrennung gab den Anstoß für die Proteste des Arabischen Frühlings.
„Der Mut eines Mannes hat die unterdrückten Massen in der arabischen Welt inspiriert“, sodass sie „Polizisten, Sicherheitskräfte, Regierungsbeamte und sogar lebenslängliche Präsidenten“ herausforderten, heißt es in dem „Times“-Bericht. Der Obsthändler habe eine „Revolte“ in der arabischen Welt hervorgerufen.
Bouazizis Mutter sagte der Zeitung, ihr Sohn habe sich nicht umbringen wollen. Er habe lediglich gegen die Beschlagnahmung seiner Waage bei einer Inspektion protestiert. Eine weibliche Behördenmitarbeiterin habe zudem sein Obst konfisziert und ihn geohrfeigt, wodurch sein Stolz verletzt gewesen sei. Was auch immer seine Motive gewesen seien, mit seiner Tat habe Bouazizi den Anstoß zu den Massenprotesten gegeben, schrieb die „Times“.
Aus der Türkei meldete AFP heute:
Bei einem Luftangriff der türkischen Armee im Grenzgebiet zum Iraksind mindestens 35 Menschen getötet worden. Ein weiterer sei verletzt worden, teilte die Verwaltung der türkischen Provinz Sirnak am Donnerstag mit. Kurden-Vertreter warfen der Armee einen Angriff auf auf Dorfbewohner aus der Türkei vor, das Militär sprach indes von einem Einsatz gegen kurdische Rebellen im Nordirak.
Der Gouverneur der Provinz Sirnak im Südosten der Türkei, Vahdettin Özkan, sagte, Ermittlungen seien eingeleitet worden. Die türkische Armee gab an, Rebellen der verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) im Norden des Irakbeschossen zu haben. In dem Gebiet gebe es keine Zivilbevölkerung, sondern nur „Basen der Terrororganisation“ PKK, hieß es auf der Internetseite des Militärs. Drohnen hätten in der Nacht eine Bewegung in Richtung der türkischen Grenze gemeldet, worauf der Einsatz der Luftwaffe angeordnet worden sei.
Kurdische Politiker bezweifelten die türkischen Angaben und warfen der Armee Fehlverhalten vor. Der Lokalpolitiker Ertan Eris von der Kurdenpartei BDP sprach zunächst von einem Vorfall auf der türkischen Seite der Grenze im Dorf Ortasu. Der Chef der türkischen Kurdenpartei BDP, Selahattin Demirtas, warf der Armee ein „Massaker“ vor, alle Getöteten seien Zivilisten. Der BDP-Abgeordnete von Sirnak, Hasip Kaplan, sagte, die Behörden wüssten, dass die Bewohner aus der Grenzregion ihren Lebensunterhalt durch Schmuggel verdienten und regelmäßig die Grenze überquerten, um im Irakgünstig Treibstoff und Zucker zu besorgen.
Aus dem Irak meldet Reuters:
Der Chef des sunnitischen Irakija-Blocks sieht den Irakam Rande des Abgrunds. Dem Land drohe eine konfessionelle Alleinherrschaft der Schiiten und damit ein Bürgerkrieg, schrieb Ijad Allawi in einem Beitrag für die „New York Times“ am Mittwoch. Darüber hinaus stellte er eine Reihe von Bedingungen, bevor sich Sunniten und Schiiten wieder an einen Tisch setzen könnten. Allawi forderte die Freilassung von „zu unrecht beschuldigten Gefangenen“. In den vergangenen Tagen wurden Hunderte ehemalige Mitglieder der sunnitischen Baath-Partei des gestürzten Machthaber Saddam Husseins verhaftet. Auch solle ein Komitee von Spitzenpolitikern über die Unabhängigkeit der Justiz wachen.
Die Regierung in Bagdad steckt in der schwersten Krise ihres rund einjährigen Bestehens. Der schiitische Ministerpräsident Nuri al-Maliki wirft dem sunnitischen Vizepräsidenten Tarek al-Haschemi vor, an Anschlägen und Tötungen beteiligt gewesen zu sein und will ihn festnehmen lassen. Zudem bat er das Parlament um die Entlassung seines sunnitischen Stellvertreters Saleh al-Mutlak, nachdem dieser Maliki in die Nähe des früheren Diktators Saddam Hussein gestellt hatte.
Das Vorgehen gegen sunnitische Politiker hat Anhänger der Gruppe aufhorchen lassen. Sie fürchten einen Machtverlust der Sunniten innerhalb der Regierung. Saddam, der selbst Sunnit war, hatte die schiitische Bevölkerungsmehrheit über Jahre unterdrückt. Seit dem Umsturz wiederum fühlen sich die Sunniten an den Rand gedrängt.
Aus Algerien meldete AP:
Medienberichten zufolge sollen rund 5.000 Sicherheitskräfte während Silvester und Neujahr die etwa 1.000 erwarteten europäischen Touristen im Süden des Landes schützen. Soldaten und Polizisten würden vor Hotels, touristischen Attraktionen und entlang der Hauptstraßen postiert, meldete die Tageszeitung „El Khabar“ am Samstag. Zum Ende des Jahres werden rund 1.000 Touristen aus Deutschland, Frankreich und Italien in der algerischen Sahara erwartet. Seit 2003 haben Kämpfer der Al-Kaida im Maghreb in der Region rund 50 ausländische Touristen entführt.
Aus Bahrain meldete AP zuletzt:
1. Mit Gummigeschossen und Tränengas bewaffnete Sicherheitskräfte haben in der Hauptstadt von Bahraindie Zentrale der wichtigsten schiitischen Oppositionspartei angegriffen. Zuvor hatte sich die Partei Al Wefak über ein Verbot der Regierung hinweggesetzt, das die wöchentlichen Proteste der Gruppe untersagt. Die Sicherheitskräfte gingen am Freitag auch mit Tränengas gegen hunderte Anhänger der Opposition vor, die sich zu einer Protestaktion in Manama versammelt hatten. Das Innenministerium teilte über Twitter mit, eine Gruppe von Randalierern habe die Polizeikräfte hinter dem Büro der Al Wefak mit Steinen beworfen.
Die Konflikte zwischen der sunnitischen Monarchie und der schiitischen Oppositionsbewegung in Bahraindauern bereits seit zehn Monaten an.
2. Mit Tränengas ist die Polizei am Sonntag in Bahrain gegen Tausende Demonstranten vorgegangen. Diese riefen regierungskritische Parolen, nachdem sie zuvor an der Beerdigung eines älteren Mannes teilgenommen haben, der Zeugen zufolge Tränengas eingeatmet hatte und anschließend gestorben war. Am Sonntag kam es den vierten Tag in Folge in der Hauptstadt Manama zu Zusammenstößen zwischen Unterstützern der Opposition und Sicherheitskräften der Regierung. Mindestens 40 Menschen wurden seit Februar bei Zusammenstößen getötet. Damals begannen die Demonstrationen der schiitischen Bevölkerungsmehrheit gegen das sunnitische Königshaus, von dem sie sich diskriminiert fühlt. Hunderte Oppositionelle wurden festgenommen und vor Sondergerichten angeklagt.
Die Le Monde Diplomatique schrieb:
Mitte März übernahm Riad dann auch noch die Führung bei der militärischen Intervention des GCC in Bahrain, wo es galt, einen demokratischen Aufstand niederzuschlagen, der sich die ketzerische Forderung nach einer konstitutionellen Monarchie auf die Fahnen geschrieben hatte. Den Vorwand für die Militäraktion, die gegen den Willen der USA stattfand und mit der die Saudis eine Verschärfung der schiitisch-sunnitischen Spannungen in der gesamten Region in Kauf nahmen, lieferte „die Bedrohung durch den Iran“ – ein Thema, das die Herrscher am Golf noch mehr beschäftigt als die israelische Führung.
Die Rivalität zwischen dem Iran und Saudi-Arabien gab es bereits vor der islamischen Revolution im Iran 1979, als beide Länder noch Verbündete der USA waren. Dass Ajatollah Chomeini dann zum Sturz des saudischen Herrscherhauses aufrief und Saudi-Arabien den Irak bei seinem Angriffskrieg gegen den Iran (1980-1988) unterstützte, verschlechterte die Beziehungen der beiden Länder weiter. Erst in den 1990er Jahren kam es zu einer Wiederannäherung. Doch der US-Einmarsch im Irak 2003 schuf neue Probleme: Eine schiitisch dominierte und folglich Teheran nahestehende Regierung in Bagdad, der Aufstieg des Iran zur Regionalmacht und die Proteste in Bahrain haben den Konflikt zwischen den beiden Mächten am Golf wiederaufleben lassen.
Der jüngste Schauplatz dieser Rivalität ist Syrien. Als die Arabische Liga im November beschloss, die Mitgliedschaft Syriens zu suspendieren, gab es viel Applaus aus Washington und den europäischen Hauptstädten. Endlich schien sich die Organisation zum Handeln entschlossen zu haben und für die Menschenrechte einzutreten. Zu den Unterzeichnern der Entschließung gegen Syrien gehörten auch Saudi-Arabien, Bahrain und der Sudan.
Dass Riads neuer Kronprinz Naif Bin Abdulasis, seit 1975 Saudi-Arabiens mächtiger Innenminister, die Aktivitäten der Religionspolizei wieder forciert hat, scheint die westlichen Claqueure nicht weiter zu stören. Ebenso wenig wie die Tatsache, dass die Herrscherdynastie in Bahrain Oppositionelle verhaftet und foltert oder dass der Internationale Strafgerichtshof gegen den sudanesische Präsidenten Omar al-Bashir wegen Völkermord ermittelt. Den westlichen Beobachtern war es egal: Endlich verbündete sich die Arabische Liga mit dem „Arabischen Frühling“.
„Der Liga geht es gar nicht um die schwierige Lage der arabischen Aufstandsbewegungen“, erklärt der libanesische Intellektuelle As’ad AbuKhalil, „sie hält sich bloß an die Vorgaben der USA. Außerdem spielt der wachsende politische Ehrgeiz des Emirats Katar eine Rolle, das sich als ebenso loyal gegenüber den imperialistischen Interessen der USA erweisen will wie Jordanien oder Saudi-Arabien. Katar möchte zeigen, wie nützlich es für die USA (und für Israel) sein kann. Die Arabische Liga hat uns vorgeführt, dass sie nur dann eine Rolle spielen darf, wenn sie sich strikt an die Weisungen aus Washington hält.“ „Unter solchen Bedingungen“, meint AbuKhalil abschließend, „wäre es besser, die Liga hielte sich ganz raus.“
Aus Afghanistan meldete dpa:
Ein Selbstmordattentäter hat bei einem Anschlag im nordafghanischen Einsatzgebiet der Bundeswehr mindestens 20 Menschen mit in den Tod gerissen. Etwa 50 weitere wurden verletzt, als sich der Täter während einer Trauerfeier in der Stadt Talokan in die Luft sprengte, wie die Polizei am Sonntag mitteilte. Unter den Todesopfern seien auch der Parlamentsabgeordnete Abdul Mutalib Beg sowie mehrere Angehörige des Provinzrates.
Talokan ist Hauptstadt der Provinz Tachar, die an die Unruheprovinzen Kundus und Baghlan grenzt. Zunächst bekannte sich niemand zu der Tat. Präsident Hamid Karsai verurteilte den Anschlag als „rücksichtslosen Akt des Terrors“. Auch der Kommandeur der Internationalen Schutztruppe Isaf, US-General John Allen, und Bundesaußenminister Guide Westerwelle zeigten sich bestürzt.
Zu der Trauerfeier am Stadtrand von Talokan hätten sich mehr als hundert Menschen versammelt, berichtete ein Augenzeuge. Der Täter habe seinen Sprengsatz in der Menge gezündet, als sich die Trauergäste gerade auf den Heimweg machen wollten. „Nun begraben die Menschen ihre getöteten Angehörigen auf demselben Friedhof.“
Der Abgeordnete Beg gehörte dem Unterhaus in der Hauptstadt Kabul an und amtierte auch als stellvertretender Minister in der Karsai-Regierung. In den 80er Jahren kommandierte er Aufständische im Kampf gegen die Rote Armee. Am Montag kamen in Talokan zahlreiche Menschen zu einem Trauermarsch für den Getöteten zusammen.
In der Stadt waren im Mai bei einem Anschlag auf den Gouverneurssitz zwei Bundeswehrsoldaten getötet worden. Der Regionalkommandeur der Internationalen Schutztruppe Isaf, der deutsche Generalmajor Markus Kneip, wurde verletzt. Der Anschlag forderte sieben Todesopfer.
Bereits am Heiligabend wurden bei einem Selbstmordanschlag im Nachbarland Pakistanmindestens acht Angehörige der paramilitärischen Grenztruppen getötet. Wie die Polizei mitteilte, gab es zudem mehr als ein Dutzend Verletzte, als ein Attentäter sein mit Sprengstoff beladenes Fahrzeug vor einem Stützpunkt in Bannu rund 190 Kilometer südlich von Peshawar in die Luft sprengte. Die Region Bannu grenzt an die halbautonome Stammesregion, die als Extremisten-Hochburg gilt.
(Die taz liebt es wie die widerlichsten Truppenkommandeure aus dem Westen, von „feigen terroristischen Anschlägen“ zu sprechen, wenn den bewaffneten Kräften der Afghanen mal wieder das Kriegsglück hold war. Und wie gehabt wird in der hiesigen Presse aus jedem getöteten Araber in Afghanistan, im Irak, im Jemen und in Pakistan sogleich ein unschädlich gemachter „Al Quaida-“ oder „Taliban-Terrorist“. Das hat sich seit dem Algerienkrieg hier so eingebürgert.)
Aus Jordanien meldete AP:
Ein Militärgericht in Jordanien hat 22 weitere mutmaßliche militante Islamisten gegen Kaution freigelassen. Das teilte ein Staatsanwalt mit. Die Entlassungen seien eine „Geste des Wohlwollens“ und Teil der Bemühungen der Regierung, die Beziehungen zur Opposition, auch zu den Islamisten, zu verbessern. Bei den Freigelassenen handelt es sich um Anhänger der ultrakonservativen Salafisten. Insgesamt wurden nun 80 Salafisten freigelassen. Weiter 25 sind noch in Haft. Die Beschuldigten waren während der Proteste im April mit Schwertern auf Polizisten losgegangen.
Aus dem Libanon meldete dpa:
Im Libanon haben Unbekannte einen Anschlag auf ein Restaurant verübt, in dem Alkohol ausgeschenkt wird. Nach Polizeiangaben explodierte eine Bombe in der Nähe des Gebäudes am Meer in der Hafenstadt Tyrus im Süden des Landes. Verletzt wurde niemand. Mitte November hatte es einen ähnlichen Anschlag auf ein Hotel gegeben, zu dem sich aber niemand bekannte.
Der Verkauf von Alkohol ist im Libanonprinzipiell erlaubt. In Regionen, die von Islamisten wie der schiitischen Hisbollah oder extremistischen sunnitischen Gruppen kontrolliert werden, wird das aber unterbunden. Das ist insbesondere im Süden des Landes der Fall. (1)
Aus Israel meldete AFP:
Mit verschiedenen Projekten will Israelseine umstrittenen Bauvorhaben im Westjordanland und in Ost-Jerusalem weiter vorantreiben. Die Stadtverwaltung von Jerusalem gab am Mittwoch grünes Licht für den Bau von 130 neuen Wohnungen sowie für den Bau eines Tourismuskomplexes in mehrheitlich arabischen Stadtteilen, wie ein Stadtrat mitteilte. Zudem beschloss die Regierung, einen Vorposten im Westjordanland zu legalisieren.
Für den Ausbau der Siedlung Gilo im Ostteil Jerusalems mit 130 neuen Wohnungen sei die Errichtung von drei Wohntürmen mit je zwölf Stockwerken geplant, sagte Pépé Alalu von den linksgerichteten Oppositionspartei Merez. Der palästinensische Chefunterhändler Sajeb Erakat erklärte nach der Ankündigung, dies sei „vermutlich die israelische Neujahrsbotschaft für 2012“, derzufolge Israelplane, „den Friedensprozess und die Zweistaatenlösung weiterhin zu zerstören“.
Wie Alalu weiter sagte, genehmigte die Stadtverwaltung zudem den Bau eines Tourismuskomplexes im palästinensischen Stadtteil Silwan, wo es immer wieder Spannungen mit jüdischen Siedlern gibt. Für den Tourismuskomplex sollen unter anderem 250 Parkplätze, ein Archäologiepark, Empfangsgebäude, Restaurants und eine Bibliothek entstehen. Die Ausgrabungsstätten aus der Zeit von König David würden jedes Jahr von hunderttausenden Touristen aus aller Welt besucht, sagte Rathaussprecher Stephan Miller. Die Entwicklung des Gebiets sei für die Stadtverwaltung daher von großer Bedeutung. In demselben Gebiet ist zudem der Bau eines rituellen Bads für jüdische Besucher geplant.
Beide Projekte gehen auf eine Initiative der nationalistischen Organisation Elad zurück, die die jüdische Präsenz in den arabischen Stadtteilen Ost-Jerusalems stärken will. Ein Vertreter des palästinensischen Verteidigungskomitees von Silwan, Fakhri Abu Diab, erklärte, es handele sich um ein politisches Projekt, mit dem die Idee von Jerusalem als Hauptstadt der Juden vorangetrieben werden solle.
Die Regierung von Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu beschloss am Mittwoch zudem, den Vorposten Ramat Gilad von jüdischen Siedlern im Westjordanland zu legalisieren. Wie die Siedlerorganisation Jescha erklärte, werde der südlich von Nablus gelegene Vorposten eine „dauerhafte Gemeinschaft im Staat Israel“.
Die Siedlungsfrage ist seit Jahren einer der Hauptstreitpunkte in den derzeit wieder auf Eis liegenden Verhandlungen zwischen Israelund den Palästinensern. Mehr als eine halbe Million Israelis leben in jüdischen Siedlungen in den von Israelbesetzten Gebieten. International stößt Israels Siedlungspolitik in den Palästinensergebieten auf scharfe Kritik.
Aus dem Iran meldet AFP:
Die USA habe den Iranvor einer angedrohten Blockade der für Öltransporte strategisch wichtigen Straße von Hormus gewarnt. „Wir werden keine Störungen des Schiffverkehrs in der Straße von Hormus hinnehmen“, sagte der Sprecher des Pentagon, George Little, am Mittwoch. Der iranische Vizepräsident Mohammed Resa Rahimi hatte zuvor mit einer Blockade der Meerenge zwischen dem Persischen Golf und dem Arabischen Meer gedroht, sollten die USA und ihre Verbündeten neue Sanktionen gegen Teheran beschließen. Der Chef der iranischen Marine, Habibollah Sajari, sagte zu Rahimis Drohung in einem Interview jedoch, ein solcher Schritt sei noch nicht notwendig.
Die iranische Marine hatte am Samstag mit einem zehntägigen Manöver an der Meerenge begonnen. Little sagte, dies komme häufig in der Region vor. Fälle von Feindseligkeiten der Iraner gegenüber US-Schiffen seien ihm indes nicht bekannt. Derweil passierten der US-Flugzeugträger „USS John Stennis“ und der Lenkwaffenkreuzer „USS Mobile Bay“ die Straße von Hormus in Richtung des Arabischen Meeres. Little zufolge handelte es sich dabei um ein im Vorfeld geplantes Manöver, um die Soldaten in Afghanistan zu unterstützen.
Die USA und einige europäische Länder denken derzeit über neue Sanktionen gegen den Irannach, insbesondere gegen den Öl- und Finanzsektor des Landes. Damit wollen sie die Regierung in Teheran zur Kooperation mit der internationalen Gemeinschaft beim umstrittenen iranischen Atomprogramm bewegen.
(Das wäre den Schweineregimen im Orient und im Okzident am Liebsten: Wenn es gelänge, aus den ausufernden Bürgerkriegen – dort wie möglicherweise bald auch hier – wieder anständige Nationalkriege zu machen, in denen man die zu großen Teilen völlig überflüssige „Facebook-Generation“ elegant (d.h. mit modernsten Waffen) und in allen Ehren verheizen könnte.
Über diese Generation und sein „soziales Netzwerk“ heißt es in der taz von morgen:
Das Wort „Facebook“ kam 2011 in der taz 840 Mal vor. Die Kapitalmedien führten sogar die „Arabellion“ (FAZ) auf dieses „soziale Netzwerk“ zurück – und sprachen von einer ganzen „Facebook-Generation“. Inzwischen hat der Wille zum Aufstand auch die russische und amerikanische Jugend erfasst. Hierzulande schämen sich jedoch besonders ältere Intellektuelle, „Facebook-Friends“ zu werden. Die Polemiken, etwa von Wiglaf Droste, gegen die dabei benutzten Simplizitäten – wie „Gefällt mir“ und „Anstupsen“ – hören nicht auf. Heuer kamen dazu noch Kritiken der Datenschützer. Viele „User“ meldeten sich deswegen ab, was nicht so einfach ist wie das Anmelden: „Es gibt da einen Link, mit dem das funktioniert. Man darf aber nicht kontrollieren, ob es geklappt hat, denn die Bedingung ist, dass man 14 Tage nicht auf Facebook geht, weil sonst die Einstellungen alle automatisch wieder aktiviert werden“, so eine Aussteigerin in der taz. Ich bin seit Beginn der arabischen Aufstände passives „Facebook-Member“, kriege seitdem in Kneipen Sätze wie „Ich muss unbedingt meinen Facebook-Auftritt verbessern“ mit und füge meinem „Facebook-Konto“ täglich neue „Friends“ hinzu. Mitunter wird das von alten kritisiert: „Warum gerade dieses Arschloch?“ Darauf kann ich keine Antwort geben, weil ich kaum eines kenne.
Wenn ich mir die täglich etwa 80 eingehenden „Posts“ und „Statusmeldungen“ sowie ihre „Kommentierungen“ und „Teilungen“ angucke, fällt sofort ein Unterschied zur arabischen Facebook-Kommunikation auf: Dort wird Tacheles geredet, weil die Leute in den brunzdummen und korrupten Medien ihrer Schweineregimes in keiner Weise Berücksichtigung finden und sich ihre Aufstände auch und gerade gegen diese richten. Hier postet man dagegen ausschließlich Waren des täglichen Bedarfs in der neosexuellen Vergnügungsgesellschaft: Filme, Clips, Photos, Bücher, Platten etc. Selbst da, wo man über das soziale Netzwerk zusammenkommt und Scheiße baut, das heißt aktiv und vielleicht sogar revolutionär wird, nimmt das die Form eines Warenspektakels an: nämlich auf „Facebook-Partys“, die jedesmal einen irren Schaden anrichten, weswegen irgendwelche Politikerärsche sie auch prompt unter Strafe stellen wollen.)
Aus Ägypten meldeten die Nachrichtenagenturen:
1. Die in Ägypten und weit darüberhinaus als „Nackt-Bloggerin“ bekannt gewordene Alia al-Mahdi sorgt mit einer neuen Aktion gegen Kopftücher für Aufsehen. In ihrem Blog „Tagebuch einer Rebellin“ rief sie am Montag Frauen auf, ihr Fotos mit und ohne Kopftuch zu schicken. Dann sollten sie dazu erklären, warum sie sich für die Verschleierung entschieden haben und warum sie das Tuch nun wieder ablegen wollen. Sie werde dann alles zusammen in ihrem Blog veröffentlichen.
2. Den ägyptischen Streitkräften sind sogenannte Jungfräulichkeitstests an weiblichen Gefangenen künftig untersagt. Am Dienstag entschied ein ziviles Verwaltungsgericht, dass derartige Tests unzulässig seien und forderte den regierenden Militärrat auf, sie in Zukunft zu verhindern. Eine Frau hatte gegen die Tests geklagt, über die nach der blutig verlaufenden Demonstration auf dem Kairoer Tahrir-Platz am 9. März berichtet worden war. Der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch zufolge wurden sieben Frauen auf ihre Jungfräulichkeit untersucht. Vertreter der Streitkräfte bestritten die Vorwürfe zunächst, sicherten jedoch später zu, der Sache nachzugehen.
3. In der ägyptischen Hauptstadt Kairo haben sich am vergangenen Freitag erneut tausende Menschen auf dem Tahrir-Platz versammelt. Unter dem Motto „Freitag für die Wiederherstellung der Ehre“ hatten pro-demokratische Aktivisten zu der Demonstration aufgerufen. Ein Imam, der das Gebet auf dem Platz abhielt, forderte die Einsetzung einer unabhängigen Untersuchungskommission und die Strafverfolgung der Verantwortlichen für die Gewalt gegen die Demonstranten. „Falls sie glauben, dass das Schlagen von Frauen die Demonstranten zum Schweigen bringt, haben sie sich geirrt“, sagte eine Frau. „Der Militärrat ist die Verlängerung des alten Regimes, er hat die selbe Mentalität und wendet die gleichen Mittel an“, sagte ein Demonstrant.
Die Demonstranten auf dem Tahrir-Platz fordern die Ablösung des vom Obersten Militärrat eingesetzten Ministerpräsidenten Kamal el Gansuri und die Machtübergabe an eine demokratisch legitimierte Zivilregierung. Seit Freitag wurden bei den Protesten nach jüngsten Angaben mindestens 17 Menschen getötet und hunderte weitere verletzt. Für Empörung hatte zuletzt ein Video im Internetportal YouTube gesorgt, in dem zu sehen ist, wie Soldaten eine verschleierte Frau schlagen und treten, über den Boden schleifen und sie dabei bis auf den BH entblößen.
4. Eine islamistische Gruppe in Ägyptenhat das Verschicken von Weihnachtsgrüßen an Christen scharf verurteilt. Dies sei „gegen unseren Glauben“, erklärte ein Sprecher der ultrakonservative Nur-Partei am Mittwoch. Muslime sollten Grüße nur aus „persönlichem Anlass“ und nicht aus religiösen Gründen an Christen senden, sagte Nadar Bakar. Die renommierte Universität Al Ashar veröffentlichte daraufhin ein religiöses Edikt, in dem Weihnachtsgrüße an Christen gebilligt werden. Die gemäßigt islamistische Muslimbruderschaft erklärte, sie sende ihre „besten Weihnachtswünsche an unsere brüderlichen Christen und Muslims gleichermaßen“.
Aus Russland meldet dpa:
Der russische Regierungschef Wladimir Putin hat sich nach den Massenprotesten in Moskau zurückhaltend zu Gesprächen mit der Opposition geäußert. „Es sollte einen Dialog geben, aber in welcher Form – darüber denke ich noch nach“, sagte Putin am Mittwoch nach Angaben der Agentur Interfax. Das Problem sei, dass es „keine einheitliche Plattform“ gebe. „Es gibt keinen, mit dem man reden kann.“ Putin will sich bei der Präsidentenwahl am 4. März erneut zum Kremlchef wählen lassen. Er hatte das höchste Staatsamt bereits von 2000 bis 2008 inne.
Am Wochenende hatten Regierungskritiker allein in Moskau 120 000 Menschen auf die Straße gebracht, die gegen Manipulationen bei der Parlamentswahl von Anfang Dezember demonstrierten. Putin lehnt Forderungen ab, die Parlamentswahl neu anzusetzen. Auf die Frage, was er den Russen zum Neuen Jahr schenken würde, sagte er: „Ehrliche Präsidentenwahlen“.
Aus Griechenland meldet AP:
Mit einem zweitägigen Streik protestieren die Mitarbeiter der griechischen Steuerbehörden seit Donnerstag gegen die Sparmaßnahmen der Regierung in Athen. Die Maßnahmen sehen unter anderem Lohnkürzungen im Öffentlichen Dienst vor. Ein Ergebnis der Einsparungen sei, dass es 5.500 weniger Arbeitsplätze für Angestellte in den Steuerbehörden gebe, sagte der Vorsitzende der zuständigen Gewerkschaft, Charalambos Nikolakopoulos, am Donnerstag.
Da zu erwarten war, dass viele Anlaufstellen der Steuerbehörden die letzten beiden Werktage des Jahres geschlossen bleiben würden, hatten Hunderte Griechen am Mittwoch versucht, in letzter Minute mit ihren Anliegen durchzukommen. Wegen einer Erhöhung der Kfz-Steuer etwa ziehen es viele Einwohner des von der Schuldenkrise hart getroffenen Landes vor, im kommenden Jahr auf ihre Autos zu verzichten.
Aus Lateinamerika meldet epd:
Wegen der Krebserkrankung mehrerer südamerikanischer Staatschefs spekuliert Venezuelas Präsident Hugo Chávez über ein Komplott der USA. Es sei doch merkwürdig und verdächtig, dass mehrere linke Staatsoberhäupter innerhalb kurzer Zeit an Krebs erkrankt seien, sagte Chávez in einer am Mittwoch (Ortszeit) ausgestrahlten TV-Ansprache.
„Es ist sehr schwer, die Zahl der Erkrankungen mit dem Gesetz der Wahrscheinlichkeit zu erklären“, sagte der sozialistische Staatschef, der für polemische Angriffe gegen die USAbekannt ist. Am Mittwoch war bekanntgeworden, dass die argentinische Präsidentin Cristina Kirchner (58) an Schilddrüsenkrebs leidet und sich einer Operation unterziehen wird.
Chávez erinnerte an die medizinischen Experimente der USAmit Syphilis- und anderen Krankheitserregern in den 40er Jahren in Guatemala. „Wäre es absurd, wenn sie eine Technologie entwickelt hätten, um Krebs auszulösen, und niemand wüsste es?“ fragte Chávez, dem im Juni selbst ein bösartiger Tumor aus der Beckengegend entfernt worden war. „Ich will niemanden beschuldigen, sondern nutze nur meine Meinungsfreiheit“, sagte der 57-Jährige.
Neben Chávez und Kirchner sind auch die Staatsoberhäupter von Brasilien und Paraguay an Krebs erkrankt. Bei Brasiliens Präsidentin Dilma Rousseff (64), die seit einem Jahr im Amt ist, war 2009 Lymphdrüsenkrebs diagnostiziert worden. Ihr Vorgänger Luiz Inácio Lula da Silva (66) leidet an Kehlkopfkrebs. Im August 2010 wurde ein Tumor im Lymphsystem bei Paraguays Präsident Fernando Lugo (60) entdeckt.
Chávez betonte, dass auch der kranke kubanische Ex-Staatschef Fidel Castro ihn mehrfach zur Vorsicht ermahnt habe. Der heute 85-Jährige Revolutionsführer habe ihm gesagt: „Pass auf, was dir ins Essen getan wird. Vorsicht mit kleinen Nadeln, mit der sie dir alles Mögliche injizieren können.“ Castro hatte 2006 die Regierungsgeschäfte abgegeben, als er sich einer Notoperation am Unterleib unterziehen musste. Einzelheiten über seine Krankheit werden geheimgehalten.
(In der taz sterben ebenfalls laufend Mitarbeiter an Krebs, aber dort will man von den USA als Verursacher nichts wissen, nicht mal den Einsturz der Twin-Towers in Manhattan will man der amerikanischen Regierung und ihren Geheimdiensten anlasten, obwohl der taz-blogwart Mathias Bröckers dies schon seit dem Einsturztag in Wort und Schrift quasi ununterbrochen nahelegt.)
(**) In Berlin begann das genau am 13.9. 1995. Da gab sich die Regimepropaganda aber noch individualistisch-zufällig (als human factor):
Ein Sonntagsdienstler auf der meteorologischen Station der FU in Dahlem verriet mir gestern seine „Zwischenhoch“-Findung: „Das ist wahrscheinlich vom Typ des Meteorologen abhängig. Ich zum Beispiel bin optimistischer als meine Kollegen und verwende deswegen öfter diesen Begriff, wenn zwischen einem und dem anderen Tief eine gewisse Lücke klafft.“ Ähnlich sieht es bei den Wirtschaftsforschern aus. Ein inzwischen ausgeschiedener Ostler aus dem Wirtschaftsforschungsinstitut in Halle meinte: „Die Denkverbote funktionieren dort wie früher. Bestimmte negative Tendenzen dürfen wir nicht prioritär verwenden, ganze Begriffe sind regelrecht tabu.“
Der Wille zum „Geschehen beeinflussen“ durch strategische Informationssteuerung geht bis zur Ausblendung kompletter Ereignisse. Zum Ausgleich für die deutsch-gründliche Behandlung polnischer Arbeitsuchender in Frankfurt (Oder) durch die dortige Polizei, berichtete der SFB aufwendig über das anschließend stattfindende „deutsch-polnische Sommerfest“: „Es herrscht da eine erfreuliche Normalität“, fanden die Reporter heraus und daß „die Musik des Polizeiorchesters besonders gut ankam“.
Was sich in diesem Fall vielleicht noch wie die am Zensor vorbeigemogelte Sprache des Vormärz anhört, kann im andern schon mit dumpfem Schwung im Faschismus landen: So wenn der im Wittenauer Schiesser-Backkonzern für Finanzen zuständige Vorständler seine im Osten überaus aktive Geschäftsleitung ständig als „oberste Heeresleitung“ bezeichnet, oder wenn die westdeutsche Eismann-Konzernzentrale ihre „Family-Frost“-Franchise-Nehmer im Osten erst mit Wahnsinnsversprechungen in die völlige Überschuldung treibt und ihnen dann, Ende 94, eine „Winterhilfe“ zur „einmaligen Unterstützung“ zukommen läßt. Geradezu groteske Züge nahm das Rommel-Remake von Verteiodigungsminister Rühe (bei seiner Landung in Somalia) an, als er den versammelten Journalisten mit großer Geste die ebenso gewaltige wie ökologische Gestaltungsleistung der Bundeswehr-Männer vor Ort zeigen wollte und dabei in die Landschaft ringsum wies: alles Wüste. „Das hätten Sie mal vorher hier sehen sollen. Die reinste Russenpiste!“ Dagegen klingen die Debatten um die „Buschzulagen“- Steuer eher an die Zeiten der Finanzierung des Ersten Weltkriegs an.
Aber wird die Postmoderne nicht sowieso als Fusionierung sämtlicher Stilarten und Epochen gefeatured? Alles Zitat! Um mehr als Perlen-in-die-Augen- Streuen ging es bei dem Berliner CDU-Versuch, die Interhotel- Pleite von Guttmann und Groenke (Trigon) im letzten Moment politisch abzuwehren. Nachdem der Finanzsenator über die jüdischen Restitutionsansprüche und insbesondere gegen deren Bearbeiter und noch konkreter gegen die Tabfin AG und die Revitam GmbH geschimpft hatte, die durch ebenso klienten- wie gewissenlose Anträge alles bloß verzögern und dadurch zum Beispiel die Interhotels gefährden, begann stracks die Zentrale Ermittlungsstelle für Regierungs- und Vereinigungskriminalität (ZERV) zu ermitteln. Jedenfalls ließ ihr Leiter das sofort laut werden, und dafür fand sich dann sogar ein TV-Sender und ein linker Journalist, der diese vermeintliche Sauerei flugs verfilmte. Da aus den „Ermittlungen“ nichts folgte und die Pleite ebensowenig abgewendet wurde, kann man hierbei von reinem Marketing sprechen, genauer noch: von „Nischen-Strategien“ der Public-Private-Partnership.
Jüngst stellte der SFB dazu in einer Fernsehsendung drei Berliner Betriebe mit ihren Marktanstrengungen vor, wozu unter anderem die Batteriefabrik Belfa gehörte. Der Beitrag war in diesem Fall durch eine „Anregung“ des professionell mit dem puschen von Ostbetrieben befaßten SPD-Managers Klaus von Dohnanyi zustandegekommen. Einer der für Marketing verantwortlichen Geschäftsführer aus den drei vom SFB porträtierten Firmen meinte dazu später: „Wir puschen also wie blöd, was fehlt, ist bislang noch der Pull-Effekt!“
Photo: jakoblorber.de
Fußnote zur Anmerkung:
(1) Drogen, die das Glücksgefühl steigern durch Bewußtseinsverengung oder die, wie man so sagt, das Bewußtsein erweitern, gibt es zuhauf und jeder Kulturkreis kennt noch einige unverkäufliche mehr. In unserer Kultur gibt es sone und solche: „Es ist ein Unterschied, ob ein kreativer Mensch, der ein künstlerisches oder wissenschaftliches Ziel verfolgt, Drogen zu Hilfe nimmt, um sein Ziel zu erreichen, oder ob ein Mensch über den Umweg der ärztlichen Verschreibung eine Substanz nimmt, die von Sozialingenieuren der Pharmaindustrie entwickelt wurde, um ihn in eine Stimmung zu versetzen, die ihm hilft, die Realität zu verleugnen beziehungsweise zu verdrängen,“ erklärte dazu der Drogenexperte Günter Amendt einmal einem Interviewer.
Bei vielen Drogen hierzulande fällt eine solche Unterscheidung freilich schwer: schon beim Alkohol weiß man nicht, ob diese Droge von unten oder von oben kommt, d.h. ob sie sedieren soll oder zum Aufruhr anstachelt. Der „New York Times“-Herausgeber Arthur Sulzberger bat 1968 den Beat-Dichter Allen Ginsberg um einen freimütigen Text für die Seite 1. Ginsberg berichtete dann, dass in den Hippie-Quartieren plötzlich die Haschisch- und LSD-Verkäufer durch Heroin-Dealer ersetzt wurden. Und dies sei auf Anweisung des Staates und seiner bewaffneten Organe geschehen, nachdem das Militär und die Harvard-Universität diese Drogen
als für den US-Imperialismus kontraproduktiv eingestuft hätten (siehe dazu auch den Youtube-Clip „British army LSD Test“). Die
Verantwortlichen wollen auf diesem Wege nun die Bewegung der „Aussteiger“- (Drop-Outs – ) zerschlagen. Sulzberger war über Ginsbergs Artikel so entsetzt, dass er entgegen aller Gepflogenheiten, dazu auf der selben Seite in einem Kommentar Stellung nahm. In diesem meinte er, die Regierung gegen Ginsbergs infame Unterstellung in Schutz nehmen zu müssen. Zehn Jahre später gestand er jedoch – auf der selben Seite ein, dass Ginsburg wohl doch Recht gehabt hatte.
Wieder etwa zehn Jahre später änderte der US-Präsident Clinton den Umgang mit Kokain und Crack: Die armen Konsumenten von Crack (ein übler Kokainverschnitt) bekamen jetzt für die selbe Menge eine drei mal so hohe Gefängnisstrafe wie die reichen Konsumenten von Kokain – wenn sie damit erwischt wurden. Dazu erlaubte Clinton jede Menge Privatknäste, in denen die wegen Crack und anderen Drogen massenhaft Inhaftierten fortan zu fast unbezahlter Arbeit gezwungen wurden. Inzwischen leistet
die Drogenbekämpfungs-Agenten der USA schon beinahe offiziell Kurier- und Geldtransportdienste für die Kokain-Mafia. Ebenfalls mafiös ist die Situation bei der Droge „Sex“, die von Frauenhändlern und Zuhältern über die Pornoindustrie und die Schönheitschirurgie bis zur Kosmetik- und Textilbranche reicht.
In Deutschland macht sich gerade – das Haschisch betreffend – eine föderale Lockerung der staatlichen Repression bemerkbar: in Berlin geht der Besitz von neun Gramm bereits straflos aus. Die Repression begann in den Dreißigerjahren in den USA mit dem „Drogenkrieg“, in dem das Cannabis als „Mörderkraut“ figurierte. Jetzt gilt es nur noch als eine „Einstiegsdroge“, die bestenfalls „motivationshemmend“ wirkt. Im „Merkur“ nannte das der Psychiater Carl Nedelmann eine groteske „Verkehrung von Ursache und Wirkung (…). Dem Stoff wurde zugeschrieben, was der Gesetzgeber angerichtet hatte.“ Dazu zitierte der Autor den Strafrechtsforscher Hans-Ullrich Paeffgen, der die absurde Konstruktion – den Konsum, nicht aber den Besitz von Drogen, unter
Straffreiheit zu stellen – „einen Mühlstein am Hals“ der scheinbaren Achtung des Gesetzgebers „vor der Individualautonomie“ nennt, welcher „allenfalls durch geflissentliche Nichtbeachtung des Gesetzes normativ erträglich wird“. Man geht inzwischen davon aus, dass genau das auch bezweckt war – nämlich die Betroffenen damit „unter der Fuchtel“ zu halten. Und weil das staats- und verfassungsrechtlich bedenklich, wenn nicht gar verwerflich ist, deswegen sind Paeffgen und Nedelmann eher für die bedingungslose Freigabe von Haschisch. Wenn das man gut geht. Da wären ja fast libanesische Zustände.
Tahrirplatz Kairo. Photo: augsburger-allgemeine.de
Aus Bahrain meldet AFP:
Bei einem Polizeieinsatz gegen schiitische Demonstranten in Bahrain sind mehrere dutzend Menschen verletzt worden. Die Sicherheitskräfte gingen nach Angaben von Oppositionsvertretern mit Tränengas und Eisenstangen gegen überwiegend jugendliche Demonstranten vor, die sich am Sonntagabend in Sitra und anderen schiitischen Ortschaften nahe der Hauptstadt Manama versammelt hatten. Die Demonstranten waren den Angaben zufolge nach der Beerdigung eines 15-Jährigen auf die Straße gegangen, der am Samstag von einem Tränengasgeschoss am Kopf getroffen wurde und in der Folge starb.
Bei den jüngsten Ausschreitungen seien dutzende Menschen verletzt worden, sagte Nabil Radschab vom Zentrum für Menschenrechte in Bahrain. Mindestens ein junger Mann sei schwer verletzt worden, als er ebenfalls am Kopf von einem Tränengasgeschoss getroffen worden sei, sagte ein Politiker der schiitischen Opposition, Matar Matar. In einem Bericht der amtlichen Nachrichtenagentur BNA war von einer „Gruppe von Saboteuren“ die Rede, die bei einem illegalen Protestmarsch Straßen verbarrikadiert und Polizisten mit Steinen, Knüppeln und Molotow-Cocktails angegriffen hätten.
Im Frühjahr 2011 war die schiitische Bevölkerungsmehrheit von Bahrain wochenlang gegen die sunnitische Königsfamilie auf die Straßen gegangen. Bei den Protesten im Februar und März wurden nach Angaben der Menschenrechtsorganisation Amnesty International fast 2500 Menschen willkürlich festgenommen, mindestens 35 Menschen seien während der Proteste getötet worden. Zivilisten seien von Militärge
Ende Dezember kam es wieder zu Demonstrationen in Saudi-Arabien, die erneut blutig niedergeschlagen wurden. Aber es gab keine Bilder davon – und also auch keine Medienberichte.
Dafür heute das (von dpa):
Männer dürfen in Saudi-Arabien künftig keine BHs und Slips mehr verkaufen. Von heute an sind in Geschäften für Unterwäsche nur noch Frauen zugelassen, wie aus einem Erlass des saudischen Arbeitsministeriums vom Montag hervorgeht. Mehr als 28 000 Frauen sollen demnach eine Stelle als Verkäuferin annehmen und ihre männlichen Kollegen im Königreich ablösen.
Die Verordnung, die bereits im Juli beschlossen wurde, wird von Aktivisten als ein Schritt des saudischen Königshauses zu mehr Frauenrechten gewertet. In der Gesellschaft des Landes wird der sunnitische Islam besonders orthodox ausgelegt. Der Großmufti des Landes kritisierte den Erlass als kriminell und respektlos.
In der taz meint heute Gabriele Keller – zur Situation in Syrien:
Doch nun scheint die Arabische Liga das Gegenteil dessen zu erreichen, was beabsichtigt war: Die Gewalt hat eher noch zugenommen. Rund 300 Menschen sind Aktivisten zufolge getötet worden, seit die Delegation am 23. Dezember in Syrien eingetroffen ist.
All dies spricht dafür, dass Damaskus nur vordergründig mit der Mission zusammenarbeitet, um Zeit zu gewinnen. Denn die brutale Niederschlagung der Proteste hat nicht nachgelassen. Die Beobachter trifft deswegen zu Recht der Vorwurf, sich für diese taktischen Manöver in Dienst nehmen zu lassen. Ihre Mission kann schon jetzt als gescheitert gelten. Eine letzte Hoffnung, den Konflikt doch noch friedlich zu lösen, ist damit zunichte.
Aus Russland meldet Wladimir Kaminer:
Auf der großen Demonstration am 24.12. in Moskau sprachen die Vorsitzenden aller Parteien – und alle wurden nach drei Minuten weggebuht, sie dienten sich nacheinander der Putin-Regierung an, aber davon wollte niemand was wissen.
Es scheint, dass diese Moskauer Manifestation gegen Putin auch Ausdruck einer noch tiefer greifenden Krise der Repräsentation ist. Seine lächerliche Variante ist der Wulff-Skandal. Aber es geht dabei eher um die neuen Medien als um irgendwelche Pappnasen.
Boom auf hoher See (taz v. 30.12.2011):
Somalias Piraten werden immer geschäftstüchtiger. Nahmen sie im Jahr 2010 noch durchschnittlich 3 Millionen US-Dollar Lösegeld pro gekapertem Schiff, liegt die Summe im Dezember 2011 bei 6 Millionen, rechnete kürzlich Konteradmiral Christian Canova, Vizekommandeur der EU-Antipiratenmission Eunavfor Atalanta, in einem Interview vor. Die Piraten seien „Kleinunternehmer des organisierten Verbrechens“, die ihr Geld in der gesamten Region investierten. Deswegen sei es auch nicht unbedingt ein Erfolg, wenn die Zahl der von Piraten gehaltenen Schiffe sinke. „Es ist ein klassisches Phänomen des Managements von Lagerbeständen.“
Die Aufzählung des Admirals, es befänden sich lediglich 8 Schiffe in Piratenhand, war aber falsch. Nach Angaben des unabhängigen Monitoringdienstes Ecoterra halten somalische Seeräuber derzeit mindestens 26 große und 18 kleine ausländische Schiffe, dazu 436 Geiseln. Die EU zähle nur in Europa versicherte Schiffe, kritisiert Ecoterra.
Zuletzt wurde am Dienstagmorgen der italienische Tanker „MT Enrico Levoli“ mit 15.750 Tonnen Natronlauge an Bord auf dem Weg von den Vereinigten Arabischen Emiraten in die Türkei vor der Küste von Oman gekapert. Die Fracht ist mehrere Millionen Dollar wert.
Am längsten in der Gewalt somalischer Piraten befindet sich ein iranisches Fischerboot, das am 2. März 2009 gekapert wurde. Die Iraner sind offenbar in Vergessenheit geraten, ähnlich wie die am 29. März 2010 gekaperte „MV Iceberg I“, unter panamaischer Flagge von einer Reederei aus Dubai betrieben, mit 24 Besatzungsmitgliedern aus Ländern wie Ghana und Indien. Der jemenitische Reedereichef geriet bald in Verdacht, mit den Piraten unter einer Decke zu stecken, während das Schiff selbst zu einem Mutterschiff für Piratenüberfälle umfunktioniert wurde. Seit Schiffsteile mangels Wartung herunterfielen, der Treibstoff ausging und daher die Kühlhalle mit den Leichen zwischenzeitlich verstorbener Besatzungsmitglieder ausfiel, liegt das Schiff an der somalischen Küste nahe der Stadt Hobyo. Alle Bemühungen, die Gefangenen freizubekommen, sind bisher gescheitert. Ihre Herkunftsländer zahlen keine Lösegelder in Millionenhöhe.
DOMINIC JOHNSON