„Mein hahn, den wir seit 1 woche bei unseren 5 hühnern haben, kräht bereits ab 04.30 uhr (ca. alle 20 sek. – und das 2-3 stunden lang!) – alle anderen (auf anderen höfen) in der umgebung melden sich erst brav ab ca. 06.00 uhr – warum nervt der so?“ fragte Trixi neulich im „Gute-Frage-Net“.
„Wenn New York die Stadt ist, die niemals schläft, dann ist Bogotá, die Stadt, die am frühsten aufsteht. Die Vorlesungen beginnen um 7 Uhr morgens – zuhause würde ich mich um diese Zeit nochmal im Bett umdrehen. Und wenn der deutsche Otto-Normal-Student dazu geneigt ist, die erste Veranstaltung hin und wieder sausen zu lassen, ist das hier nicht möglich. Anwesenheit ist Pflicht.“ Das schreibt David Steimle auf „lto.de/recht/studium-refrendariat/ausland-studium-kolumbien-bogota/“
„Der Frühaufsteher schnappt das Rad,“ titelte „rp-online“ für einen Artikel über einen „Fahrradflohmarkt“ in Kempen, den der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club (ADFC) und die Stadtverwaltung organisierten.
Als Aushilfshausmeister muß man früh aufstehen, um spätestens um 7 Uhr 45 noch die Putztruppe zu erwischen, wenn man ihnen irgendetwas mitzuteilen hat. Ich gehöre dagegen eher zu den Spätaufstehern (103.000 Interneteinträge, Frühaufsteher bringen es auf 780.000), die vorwiegend bei den „Spätis“ einkaufen, denen man jetzt ein Sonntagsverkaufsverbot auferlegt hat.
2008 gab es für letztere nur 6.980 Eintragungen. Bei „Frühaufsteher Berlin“ waren es noch 1.060, bei „Kreuzberg“ – wo bis zur Wende die Nächte angeblich besonders lang waren – noch 38 Eintragungen. Die erste kam von einer Kreuzberger Flüchtlings-Initiative, die zu einem „antirassistischen Einkauf“ – um Punkt 12 Uhr – bei Reichelt aufrief. Das war nicht besonders früh! Die zweite „Frühaufsteher“-Eintragung hatte ihren Termin jedoch noch später angesetzt. Es handelte sich dabei um eine „Latin Parties“-Initiative, die diesbezügliche Clubs aus ganz Deutschland mit ihren Programmen vorstellte. Die dritte Eintragung bestand ebenfalls aus Club-Adressen – jedoch für Blues- und Jazzfans, wobei Google mir die Kreuzberger Regenbogenfabrik rausgesucht hatte, die laut eigener Einschätzung „nix für Frühaufsteher“ sei. Im Gegensatz zum Qigong-Zentrum in der Zossener Straße, deren chinesische Heil- und Meditationsangebote angeblich nicht nur für Frühaufsteher ihren „Reiz“ hätten. Man fängt dort also schon sehr früh an – das kennt man ja von den Chinesen. Noch früher aber fängt die Schülerredaktion einer Radiosendung des Berliner Offenen Kanals an: nämlich um zwei Uhr nachts. Darauf folgen eine Jungle World-Reportage über einen ebenfalls recht frühen Polizeieinsatz in Kreuzberg, die Frühaufsteher-Tipps einer Morgenpost-Redakteurin und eine Güterabwägung zwischen den optimalen Öffnungszeiten fürs Prinzenbad und den Wünschen einiger Frühaufsteher. In der nächsten Eintragung behauptet das Videodrom „Filmfreaks sind Frühaufsteher“. Und in einer weiteren meint der „Künstlerbedarf Ebeling“, für Frühaufsteher sei der Laden genau der richtige. Vorm Amtsgericht protestierten „250 wetterfeste Frühaufsteher“ – gegen eine Ortsveränderung. In der Berliner Zeitung ist davon die Rede, dass viele Verbände nach Berlin ziehen, denn man muss früh aufstehen, um erfolgreiche Lobbyarbeit zu betreiben. Ein weiterer Zeitungsbericht handelt vom hoffnungsvollen Nachwuchs im Backgewerbe: „Frühaufstehen ist kein Thema mehr“, meint ein gewisser Zernicke, dessen Arbeitstag in einer Bäckerei in der Mariannenstraße oft schon um zehn Uhr abends beginnt. In einem Wahlinfo wird vom Finanzsenator berichtet, dass er als Frühaufsteher bereits morgens zur Wahl ging. Der Tagesspiegel schrieb über das derzeit kaum noch vorstellbare Schnee-Chaos auf den Straßen – es sei besonders für Frühaufsteher unangenehm. Eine Rockband, die auch von Satanisten gerne gehört wird, hat „für alle Frühaufsteher ein fettes Grunz“ auf ihrer Webpage übrig. Und eine Kreuzberger Schwuleninitiative will fürderhin auch für „Frühaufsteher“ attraktiv sein. Der letzte Eintrag stammt von den Deutschrockern Rod Army, in deren Gästebuch sich unter anderen auch ein „Frühaufsteher“ zu Wort meldete.
Summa summarum: Die Frühaufsteher, das sind – zumindest in Kreuzberg – immer noch so etwas Ähnliches wie die „Besserleger“ beim Golf. Es ist schön und gut, wenn sie es tun – die Frühzüge und Gewerbeimmobilien fahren beziehungsweise stehen nicht so lange leer usw. Aber wie leicht kann diese Tugend in Besserwisserei oder gar Penetranz ausarten, schon dass man immer wieder Früh- und Spätaufsteher gegeneinander ausspielt…
Unter dieser komischen Spaltung der Gesellschaft, ähnlich der zwischen Rauchern und Nichtrauchern, leide ich schon so lange wie ich denken kann. In meiner „Moral History“ beginnt das bereits kurz nach der Einschulung – nämlich damit, dass man jeden Tag spätestens um acht in einem hässlichen, stinkenden Schulgebäude zu sein hatte und die ganze Zeit dort wie blöd Aufmerksamkeit heucheln mußte, um nicht „rangenommen“ zu werden. Dagegen waren die Prügeleien in den Pausen auf dem Schulhof die reinste Erleichterung. Aber spätestens nach der Pubertät kriegte dieser „Kampf“ (auch gegen das sogenannte „Elternhaus“) einen antifaschistischen „Touch“, denn plötzlich wurde einem klar, dass das ganze beschissene Liedgut, mit dem man „groß“ gezogen wurde, die reinste Nazischeiße war: „.Wer nur den lieben, langen Tag/ Ohne Plag‘, ohne Arbeit/Vertändelt, wer das mag,/Der gehört nicht zu uns./ Wir steh’n des Morgens zeitig auf,/Hurtig, mit der Sonne Lauf,/Sind wir, wenn der Abend naht,/Nach getaner Tat,/Eine muntere, fürwahr,/Eine fröhliche Schar.“
Dieses Lied findet sich noch heute in der Liedersammlung „Mundorgel“; das folgende Gedicht des Leutnants F.L. Hoppe aus dem „Lesebuch für den Schulgebrauch“, 1916, hat man jedoch inzwischen daraus entfernt. Es lautete:
„Da drüben, da drüben liegt der Feind
In feigen Schützengräben,
Wir greifen ihn an, und ein Hund wer meint,
Heut würde Pardon gegeben.
Schlagt alles tot, was um Gnade fleht,
Schießt alles nieder wie Hunde,
Mehr Feinde, Mehr feinde! sei euer Gebet!
In dieser frühen Vergeltungsstunde!“
Diese lustige Truppe von wahren Frühaufstehern aus WK1 und dann auch aus WK2 („Seit 5 Uhr 45 wird zurückgeschossen!“ – und nicht etwa „nach einem ordentlichen Frühstück“) ermordete dann allein in Osteuropa Zigmillionen – in ihrem „Blitzkrieg“. Sie wollten Mittags alle wieder zu Hause sein – diese Irren!
Jens Rohwer, ein in Rußland kriegsverwundeter Lehrer an der Musikschule in Posen (heute wieder: Poznan) schrieb 1944, im Jahre des abermaligen Zusammenbruchs aller Fronten, das Lied: „Wer nur den lieben langen Tag/Vertändelt, wer das mag“. Es wurde bis in die Siebzigerjahre an allen Schulfronten Westdeutschlands auswendig gelernt. „Die Freiheit, die die germanischen Krieger genießen,“ meinte Michel Foucault „ist wesentlich eine egoistische Freiheit, eine der Gier, der Lust auf Schlachten, der Lust auf Eroberung und Raubzüge. Sie ist alles andere als eine Freiheit des Respekts, sie ist eine Freiheit der Wildheit.“ Diese losgelassenen „Krieger“ – das waren jedoch in der Zwischenzeit längst Friseure, Kellner und Staubsaugervertreter geworden..Egal, mit ihrem frischen Liedgut wollten wir nach dem zweiten verlorenen Krieg jedenfalls nicht mehr zu tun haben!
Kein Wunder, dass die irischen und griechischen Kneipenbesitzer dann erst ab 1990 verwundert feststellen konnten: Die Deutschen kennen ja doch einige Lieder und können sie auch singen – die Ostdeutschen nämlich. Denen hatte man zuvor ganz andere Lieder – von „sauberen Mädels und starken Genossen“- „nahegebracht“. Mit dem Fascholiedgut – bis hin zu „Wem Gott will rechte Gunst erweisen/Den schickt er in die weite Welt!“ – wollten wir Westler dagegen keinesfalls in Verbindung gebracht werden, lieber schwiegen wir im Ausland – und auch das angloamerikanische Liedgut ließen wir vorsichtshalber unübersetzt. Selbst wenn wir die Worte mitsangen, wollten wir sie nur als mehr oder weniger wollüstiges Gebrabbel verstehen. Anders die West-Musikkritiker – natürlich, die daraus gleich Quasi-Offenbarungen machten!
Dann kam die Wiedervereinigung und das am meisten vom Westen pestkolonisierte Bundesland, Sachsen-Anhalt – die schwarz-braune Haselnuß mit den super Bördeböden, wo die Arbeitslosigkeit infolge der Stillegungen fast aller Bergwerks- und Verhüttungsbetriebe Rekordhöhen erreichte, nannte sich trutzig: „Das Land der Frühaufsteher“.
„Früh“ ist klar – in „aller Frühe“ – so wie in „Frühschicht“; „Steher“ – kommt aus der Profiboxer-Sprache: Das ist ein Mann, der „Steherqualitäten“ hat, also besonders viel aushalten kann, ohne umzufallen. Der sich aber auch nicht wehrt! (Gegen die Besserwessis z.B., die gleich nach der Wende in Hundertschaften Sachsen-Anhalt buchstäblich zu Boden „entwickelten“.) „Aufsteher“ kommt ebenfalls aus der Boxersprache – das ist eine Flasche, die immer wieder zu Boden geschlagen wird, aber jedesmal wieder aufsteht – und weiter kämpft, obwohl sie natürlich keine Chance hat. Sie kann nur gut wieder „Aufstehen“ – noch leicht bedeppert, und dann z.B. „Sieg Heil“ stammeln oder sogar gröhlen. Das harmlose westliche Vorbild für so einen ist Donald Duck, der in keiner Geschichte das erreicht, was er wollte und selbst wenn doch einmal, dann sieht das Erreichte so ganz anders aus, als er es sich vorgestellt hatte. Das Credo der deutschen Donaldisten lautet deswegen – verkürzt: „Trotzdem niemals aufgeben!“
Es sollte uns daneben aber auch zu denken geben, dass es keine weibliche Form vom „Frühaufsteher“ gibt (selbst meine feministische Freundin nennt sich ein „Frühaufsteher“ – wenn sie mich als „Spätaufsteher“ beschimpft, der sie – sozusagen als Bremser – daran hindert, im Leben schwungvoll weiter zu kommen).
Trotz des Fehlens einer „Frühaufsteherin“ in unserem deutschen Wortschatz, gibt es jedoch paradoxerweise weitaus mehr Frauen als Männer, die FrühaufsteherInnen sind, schon allein deswegen, weil sie sich nicht lange querulatorisch weigern, selbst als Akademikerin irgendeinen Scheiß-Dienstleistungsjob anzunehmen, für den sie mitten in der Nacht aufstehen müssen, um den Bus zu kriegen, der sie z.B. 160 Kilometer weit ins Logistik-Center des „Otto-Versands“ in Sachsen-Anhalt transportiert, wo sie dann pünktlich ab 7 Uhr acht volle Stunden stehend irgendeinen Konsumscheiß einpacken müssen. Wenn man diese Frauen sieht, oder auch die hunderte von Sekretärinnen, die morgens aus dem U-Bahnhof Fehrbelliner Platz strömen, um sich in der Bundesversicherungsanstalt hinter ihre drögen Schreibtische zu klemmen, der kommt weiß Gott nicht auf den Gedanken: „Das ist fürwahr/eine fröhliche Schar.“
Wenn so ein „Spätaufsteher“ wie ich mal morgens mit einer der ersten U-Bahnen nach Hause fährt, dann bleibt ihm schuldbewußt die gute Laune sozusagen im Halse stecken, denn die Waggons sind um diese Zeit voll mit dicken älteren türkischen Kopftuchfrauen, die als „Raumpflegerinnen“ für ihre Familien das Geld verdienen. Während ihre mit der Wende meist arbeitslos gewordenen Männer noch schlafen, putzen sie spätestens ab 6 Uhr früh in der „City“ die Büros (u.a. die der taz).
Es bleiben die wenigen freiwilligen Frühaufsteher, wie meine Freundin – und mit ihr angeblich viele, viele kreativ Tätige , die schon morgens um Halbneun ihre erste vollmundige „Brunch“-Sitzung anberaumen und spätestens um Halbzehn ihren Laptop aufmachen, um erst mal ihre „Mails“ zu checken – und dann aber loszulegen wie blöd!.
An der Humboldt-Universität, wo man zu proletarischen Kampfzeiten noch eine „Nullte Stunde“ kannte (einen Unterrichtsbeginn um 6 Uhr 45!), lehrt jetzt eine Kulturwissenschaftlerin, deren Seminare erst nach Mitternacht anfangen – also nur für wirkliche Spätaufsteher interessant sind. – Eingedenk des Mottos des kuk-Versicherungsangestellten Franz Kafka: „Der Schriftsteller arbeitet nachts, wenn alle Bürger schlafen.“
Der Weg dahin war aber steinig: Ich erinnere mich noch an das Jahr 1993, da sagte der vom Narva-Betriebsrat gewählte neue Geschäftsfüher, Jesus Comesana, auf einer Belegschaftsversammlung im Kino „Kosmos“: „Wir sind jetzt ein Dienstleistungsbetrieb, deswegen sollten wir ab 1. März morgens statt um 6 erst um 9 Uhr anfangen, vorher gibt es absolut nichts zu tun.“ Da brach ein Sturm ehrlicher schichtarbeiterlicher Entrüstung über ihn herein. Einer schrie: „Jetzt muß ich auch noch mein ganzes Leben ändern!“ Ein anderer: „Ich wohn in Kaulsdorf, da kann ich nach Feierabend ja gleich im Betrieb bleiben!“ Man einigte sich auf Halbacht.
Nur wenige Monate später lud mich der Amsterdamer Hausbesetzer Geert Loving für ein paar Tage ins „Melkweg“ – zu einer Tagung über „Wetware“ (so nennt man all die armen Schweine, die zwischen Hard- und Sofware eingeklemmt wurden). Ich wohnte in einem kleinen Hotel, wo man bis 11 Uhr frühstücken konnte, danach machte ich mich an die „Arbeit“: „nosing around“ im Weichbild der Stadt. Zu meinem Erstaunen fingen alle Straßenfeger, Händler, Kellner etc. auch erst um etwa 12 Uhr an. Die Bauarbeiter z.B. suchten um diese Zeit auf ihren Gerüsten erst mal in Ruhe den richtigen Radiosender – mit einer zu ihrer Tagesform passenden Musik. Alles gähnte und reckte sich noch. Das war wirklich eine Stadt der Spätaufsteher – und mir auf Anhieb sympathisch. Auch dass die ganzen asiatischen Drogenhändler in den „Coffee-Shops“ auf jede Frage nach der intendierten Wirkung dieses oder jenes Stoffes stets antworteten: „It makes you feel good the whole day!“
Von Geert erfuhr ich dann noch, dass das Wort „Frühaufsteher“ („Vroege vogels“ auf Holländisch) in Amsterdam ein Schimpfwort ist – ähnlich dem „Warmduscher“ hier, wobei es jedoch die entgegengesetzt Bedeutung hat: Beschimpft werden damit eher die morgens schon penetrant-putzmunteren „Kaltduscher-und-gleich-danach-Jogger“, die ständig das Wort „Streß“ lustvoll im Munde führen und mit ihren Hunden „Agility-Kurse“ besuchen. In der taz wurde der blogwart Mathias Broeckers von den Mädels in seinem Großraumbüro neckisch als „Früher Vogel“ bezeichnet. Er gehörte zu der seltenen Sorte von kiffenden Frühaufstehern. Von ihm, dem Limburger Domspatz, hätte glatt der alte ostfriesische Merksatz stammen können: „Morgens ein Joint – und der Tag ist dein Freund!“ Als blutjunger Ministrant hatte er jede Menge (THC-haltige) Weihrauchdämpfe eingeatmet, und bereits 1970 beantragte der Limburger Bürgermeister für Broeckers‘ kirchlichen Frei- und Partyraum die Schließung des selben mit dem Argument: „Die spritze sisch da schon morgens das pure Hasch!“
Hasch macht lasch, so viel war daran richtig. Aber dadurch war dieses Mittel doch auch geeignet, der aufrührerischen Jugend von damals noch das letzte bißchen faschistische Frühaufsteherei auszutreiben. Nebenbeibemerkt kam der Stoff in jener Zeit fast zur Gänze aus Amsterdam! Und heute?
Die zur Kölner Verlagsgruppe DuMont Schauberg gehörende „Mitteldeutsche Zeitung“ für Sachsen-Anhalt schreibt am 9.März 2013: „Illegaler Cannabisanbau nimmt zu: Das Kraut gedeiht in Kellern, Dachböden oder alten Ställen. Zwar ist es oft nur für den privaten Konsum bestimmt – doch ein Kavaliersdelikt ist der Anbau von Hanf nicht. „Der Bedarf ist da“, sagte Helga Meeßen-Hühne von der Landesstelle für Suchtfragen in Magdeburg. Außerdem lasse sich mit Aufzucht und Verkauf von Cannabisprodukten sehr viel Geld verdienen. „In den zurückliegenden Jahren ist die Zahl der Fälle zwar moderat, aber ständig gewachsen“, fügte Evelyn Schiener, stellvertretende Pressesprecherin des Landeskriminalamtes (LKA) hinzu.“
„Wer drin ist, ist In! Der Frühaufsteherclub von 100’5 DAS HITRADIO. bietet exklusive Vorteile für alle Mitglieder. Bei dem Club-Partner Bäckerei Drouven gibt es nach Vorlage der Frühaufsteherkarte eine besondere Vergünstigung bei jedem Einkauf!“
Typischer Frühaufsteher-Humor.
Früher lautete ein Slogan der staatlichen Antidrogen-Propaganda der BRD: „Du gehst kaputt/Und der Dealer macht Kasse!“ Dank der nahezu lückenlosen LKA-Überwachungssysteme heißt es heute – auch in Sachsen-Anhalt: „Der Dealer geht kaputt/Aber sein Stoff ist Klasse!“ Der dortige Ministerpräsident (CDU) hält jedoch tapfer dagegen – gegen diesen rauschgestützten Hang zur Spätaufsteherei in seinem Bundesland: Am 15.März lud er zu einem „Frühaufsteher-Frühstück“. Aber nicht nur dass bloß seine von ihm abhängigen Minderbegabten dort pünktlich erschienen – und sich sogleich auf das üppige Büffett stürzten, das für die halbe Bevölkerung des armen Bundeslandes gereicht hätte, es gab auch lautstarke Kritik daran von Parlamentariern – und zwar ganz grundsätzlicher Art: „Sie können sich gar nicht vorstellen, wie ich diesen Frühaufsteher Slogan hasse“, wurde der Finanzminister Jens Bullerjahn (SPD) von der „Mitteldeutschen Zeitung“ zitiert. Der Linke-Fraktionschef Wulf Gallert sprang dem Finanzminister bei und forderte ein Ende des „Unfugs: Diese Kampagne ist unpassend und überflüssig.“ „Früh aufstehen ist ja noch kein Wert an sich,“ meinte daraufhin auch der Verkehrsminister (SPD). Während der Wirtschaftsminister Reiner Haseloff (CDU) weiterhin behauptete: „Die Identifikation gerade junger Leute mit ihrem Bundesland habe dadurch deutlich zugenommen.“ Da lachen ja die Hühner, so ein ungenannt bleiben wollender junger Leut, der im übrigen das englische Wort dafür: „Early Riser“ als „Örli Reißer“ ausspricht (wobei man wissen muß, dass „Schwarzer Örli“ eine unter den sachsen-anhaltinischen „Westernstadt“-Fans beliebte Haschsorte sein soll, während die „Blonde Örli“ eine stadtbekannte Magdeburger Schönheit ist).
ddpdirect meldete:
Krimis aus dem Land der Frühaufsteher
Sachsen-Anhalt bietet Kulisse für Mordlandschaften. Sachsen-Anhalt ist bunt. Die vielen kulturell bedeutsamen Orte zwischen Arendsee und Zeitz besitzen aber nicht nur touristisches Potenzial, sie eignen sich auch als Krimischauplatz. Der in Halle lebende Autor Peter Godazgar hat diesen Befund zum Anlass genommen, ein Buch mit Kurzkrimis aus der Region herauszugeben. Für das Projekt gewann er 22 Schriftsteller aus allen Teilen der Bundesrepublik. Sie waren von Land und Leuten durchweg angetan. Auf der Leipziger Buchmesse wird das Buch nun offiziell vorgestellt. Tatjana Kruse ist begeistert. Von der Einigartigkeit der historischen Stätten, von den Menschen und überhaupt vom Bundesland Sachsen-Anhalt, das für sie bisher eher ein weißer Fleck auf der Landkarte war. Das änderte sich erst, als der hallesche Journalist und Krimiautor Peter Godazgar die im baden-württembergischen Schwäbisch Hall lebende Berufskollegin für sein Projekt begeistern konnte: Ein Buch mit Krimis aus dem Land der Frühaufsteher wollte er herausgeben. Zu diesem Zweck sprach er Autoren aus dem ganzen Bundesgebiet an. Jeder von ihnen, so der Plan, sollte einen Kurzkrimi schreiben. Die Schauplätze, die Godazgar dabei zu vergeben hatte, suchten ihresgleichen und sorgten dafür, dass namhafte Schriftsteller, darunter mehrere Preisgekrönte, zusagten. Lesen Sie hier mehr.: http://www.investieren-in-sachsen-anhalt.de/Press-Detail.199.0.html?& uid=5016&cHash=cd594e5762ae2ac01624b728bb50c0b7
„Die Unterbringungen von Flüchtlingen soll ihre Bereitschaft zur Rückkehr in das Heimatland fördern“, heißt es in der Bayerischen Asyldurchführungsverordnung. In anderen Bundesländern braucht es diese zynische Amtsvorgabe gar nicht, wenn es um den Umgang mit Asylbewerbern geht. Vor allem Sachsen-Anhalt, das so genannte „Land der Frühaufsteher“, steht in dem Ruf in Flüchtlingsfragen die restriktivsten und unflexibelsten Auslegungen der Gesetzlage durchzusetzen. Paula Bulling hat im Laufe mehrerer Jahre die Flüchtlingspolitik in Sachsen-Anhalt in etlichen Gesprächen und Begegnungen mit Asylbewerbern in Halle, Halberstadt und Möhlau (Wittenberg) dokumentiert. In sieben Kapiteln erzählt sie vom Leben in Asylbewerberheimen, alltäglichem Rassismus, dem Tod eines Flüchtlings wie auch von der Suche nach einer angemessenen erzählerischen Haltung als weiße Künstlerin. „Im Land der Frühausteher“ entstand in naher künstlerischer Zusammenarbeit mit den portraitierten Menschen, ihre Stimmen und ihr Wesen sind ebenso Teil von Bullings mutiger Comic-Collage wie die Darstellung der politischen Situation in Sachsen-Anhalt, die als symptomatisch für die neuen und den größten Teil der alten Bundesländer gelten kann. „ (Pressetext)
Die Frühaufsteher-Werbekampagne für Sachsen-Anhalt wurde 2005 gestartet und kostete 2,5 Millionen Euro. „Ausgangspunkt war“ laut n-tv „eine Umfrage, nach der die Sachsen-Anhalter im Schnitt morgens um 6.39 Uhr aufstehen – und damit angeblich früher als alle anderen Deutschen.“ Das Bundesland hatte 2012 rund 150.000 Arbeitslose; bei einer Bevölkerung von insgesamt 2,2 Millionen waren das offiziell 12,5 %. Daneben macht sich dort nach wie vor ein starker Bevölkerungsrückgang bemerkbar – laut Wikipedia ein seit der Wiedervereinigung ungebrochener Trend, „der in etwa gleichem Maße auf die geringe Anzahl Neugeborener und die Abwanderung von Sachsen-Anhaltern zurückzuführen ist.“ Gleichzeitig stieg die Zahl der Verbrechen kontinuierlich seit der Wende: Zuletzt, 2012, waren es 189.233 Fälle, dabei wurden über 80.000 nicht aufgeklärt (43%). Bei 25.443 Fällen handelte es sich um „Rohheitsdelikte“, bei 75.027 um „Diebstahl“ und bei 5925 um „Rauschgiftkriminalität“. Trotz dieser geringen Zahl an Drogendelikten meldete das onlinemagazin „Halle life“ des Werbefuzzies Alexander Landgraf: „In Sachsen-Anhalt müssen immer mehr Patienten wegen Cannabis-Missbrauch behandelt werden.“ Am 11. April 2013 berichtete die von der Treuhand der „Bauer Media Group Hamburg“ zugeschanzte „Volksstimme“ – einigermaßen wahrheitsgemäß: „Bei Hausdurchsuchungen hat die Staatsanwaltschaft Stendal Cannabis-Pflanzen sichergestellt.“ Am 15. April berichtete das auf Rauschgiftkriminalität anscheinend spezialisierte Blatt aus dem Bauerverlag: „Bei der Durchsuchung eines 17-jährigen Wernigeröders haben Polizeibeamte 108 Gramm Cannabis, 16,6 Gramm einer weißen Substanz in einer Folientüte, zwei Feinwaagen, 56 Abpacktüten und Bargeld in Höhe von 155 Euro gefunden. Die Polizisten kontrollierten den Jugendlichen, nachdem er einen Stuhl von einem Lokal in der Breiten Straße in Wernigerode gestohlen hatte und mit diesem vor dem 40-jährigen Besitzer flüchtete, der ihn jedoch stellen konnte.“ Anschließend meinte er gegenüber der Zeitung: „Um mit meinem guten Stuhl abzuhauen, da hätte er früher aufstehen müssen.“ In beiden Fällen protestierte der Sprecher des Westdeutschen Hanf Verbands, der sich für eine Legalisierung aller Drogen ausspricht, die sich positiv gegen jede Frühaufsteherei auswirken, was von der bundesdeutschen Familienministerin – zu Recht – als „kontraproduktiv“ bezeichnet wurde.
Erwähnt sei abschließend noch, dass die Redakteure der Prenzlauer Berg Zeitschrift „floppy myriapoda“, allesamt typische „Rumbalotte“-Spätaufsteher, als nächstes Heftthema die „Anarchopornographie“ (APO) gewählt haben. Hier einige Anknüpfungspunkte:
Abend-Demo 2013 gegen die Räumung einer Berliner Anarchokneipe. Photo: Anne Hahn
„The UK government has announced it is discussing a plan that would automatically block all pornographic websites. It is said the effort is designed to protect children. „
Anarchopornographie?
Pin-Up-Girl für Frühaufsteher
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Update Juni 2016:
Drei Jahre nach Veröffentlichung dieses blog-eintrags kam die Berliner Künstlerin Sybille Hofter noch einmal auf den „Frühaufsteher“ darin zurück: „Nur eine kleine Anmerkung zum Land der Frühaufsteher: Also die Sachsen-Anhalter sagen, man müsse früh aufstehen, weil man ja so weit, also aus dem Bundesland raus, zur Arbeit fahren muss.“ Woraufhin Harald Klingel ergänzte: „Genau. Deswegen die grauen, verhärmten Gesichter, die schlechte Laune und die Unzufriedenheit:-) Nein, ich denke es ist egal ob ich die täglichen 2 Stunden auf der A2 zwischen Magdeburg und Hannover oder im Ruhrgebiet verbringe. Der Slogan ist so falsch wie er dumm klingt.“
Inzwischen ist der Begriff des „Frühaufstehers“ der Hamburger „Zeit“ ein gutgelauntes Feuilleton wert, in dem der (westdeutsche?) Autor gesteht, ein solcher zu sein. Da er stets Freundinnen hatte, die „Spätaufsteher“ waren, hatte er gelernt, sich morgens erst einmal still davon zu schleichen – und den beginnenden Tag zu genießen. „Schlaf wird überbewertet,“ meint er lakonisch, dennoch endet sein Artikel versöhnlich: „Ich wäre nicht böse, wenn die Frau, die ich als Nächstes lieben werde, sehr viel lieber viel länger schläft als ich. Dann habe ich meine ersten Stunden des Tages für mich allein.“ – Diesere Schlußsatz wurde aber wahrscheinlich von seiner Noch-Freundin nicht besonders freundlich aufgenommen.
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In der taz hat gerade die Frühschwimmerin und „Prinzenbad“-Bloggerin Stephanie Grimm ein Buch über den Schlaf veröffentlicht, das u.a. auch im taz-shop verkauft wird, d.h. sie hat sich lange mit diesem Thema beschäftigt – und kennt nicht nur das Institut für Schlafforschung an der Humboldt-Universität, das mich auch schon lange fasziniert, d.h. immer dann, wenn ich auf dem Weg zum Campus Nord der Biologen an dem Schild vorbeigehe. Stephanie Grimms Buch hat den Titel: „Schlaft doch, wie ihr wollt: Die wertvollsten Stunden des Tages und wie wir sie zurückerobern“. Im Spiegel hieß es wenig später (im Mai 2016): „Studien zeigen, wie wichtig Schlaf für die Bildung des Gedächtnisses ist.“ Einer entnahm der Autor: „Wer sich beim Vokabelnlernen in Vanilleduft hüllt und diesen Geruch auch nachts einatmet, schneidet beim Sprach-Test am nächsten Tag wahrscheinlich besser ab, glaubt die Verhaltensneurobiologin der Universität Tübingen Susanne Diekelmann. Und ein Klavierspieler könnte davon profitieren, wenn er das Geübte im Tiefschlaf noch einmal hört. Unklar ist, ob sich diese Reize beliebig oft einsetzen lassen. ‚Man weiß nicht, ob der Vanilleduft jedes Mal funktioniert oder ob sich der Effekt abnutzt‘, sagt die Forscherin.“
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Auf alle Fälle soll man diesen der Kreativität förderlichen Schlaf bald technisch forcieren können: „Schon jetzt gibt es freiverkäufliche Geräte, die mittels Elektroden Hirnaktivitäten stimulieren sollen. Über kurz oder lang werden diese Methoden massentauglich, und das wirft Fragen auf. Führt Neuro-Enhancement zu mehr Produktivität, Erfolg und Glück? Oder setzen die Möglichkeiten zur Leistungssteigerung den einzelnen unter Druck, sich immer weiter zu optimieren? Und darf man einen Menschen im Schlaf, diesem Zustand großer Verwundbarkeit, derartig manipulieren? Es sind Fragen, die schon jetzt diskutiert werden müssen, findet Diekelmann.“
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Wir Spätaufsteher haben es immer geahnt: Frühes Aufstehen würgt die natürliche nächtliche „Leistungssteigerung“ ab. Oder mit den Worten der deutschen Redaktion des US-Teenager-Magazins „Cosmopolitain“: „Gemeinhin gelten Frühaufsteher als leistungsstarke Siegertypen. Falsch, sagt die Medizin. Warum Langschläfer fitter, gesünder und jünger bleiben.“
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Diese ganze deutsche Schlafforschung ist auch ein Resultat der unüberlegten CDU-Parole in Sachsen-Anhalt, und nicht zufällig hat man sie gerade in Tübingen derart der (politischen) Unkorrektheit überführt: In dieser sich philosophisch gerierenden Spätaufsteherstadt werden seit Jahr und Tag und schon fast verzweifelt „Frühaufsteher“ gesucht: als „Reinigungskräfte m/w“. Das weiß aber natürlich „die EU“ nicht, nachdem man dort aber die Tübinger Schlafstudie gelesen hatte, war allen klar, dass „Brüssel kein Geld mehr für die Kampagne ‚Land der Frühaufsteher’/’Wir stehen früher auf'“ geben würde, wie der Tagesspiegel etwas hämisch berichtete. Als das dann auch prompt geschah, fackelte man nicht lange in Magdeburg und stellte die Kampagne ein, auch die diesbezüglichen Schilder an der Autobahn sollen verschwinden, versprach die Landesregierung. Im Gedächtnis des deutschen Volkes und seiner Nachbarländer bleibt ihre Parole jedoch erhalten. Im Gegensatz zum Titel des Tagesspiegels: „Sachsen-Anhalt läßt seine Bürger wieder länger schlafen.“ Was so ein Hamburger Spiegel-Artikel über eine gewissenhafte südwestdeutsche Forschung doch noch alles im „Beitrittsgebiet“ bewirken kann. Davon kann unsereiner nur träumen (sic).
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Der Ostberliner Redakteur der Berliner Zeitung Maxim Leo unternahm dann ebenfalls – quasi auf eigene Faust – eine Schlafforschung – und zwar nächtens im Ostberliner Tierpark (nicht im Westberliner Zoo!). Er wurde dabei allerdings geleitet – vom Biologen und Kurator Florian Sicks. Maxim Leo schreibt: „Vor allem interessiert sich Florian Sicks für schlafende Tiere, was auch der Grund ist, warum er zu diesem Spaziergang durch den nächtlichen Tierpark eingeladen hat. Sicks schrieb seine Diplomarbeit über den Traumschlaf des australischen Kurzschnabeligels (übrigens eine von sechs Arten auf der Erde, die zu den eierlegenden Säugetieren gehören). Seine Promotion galt der Frage, ob sich Stress auf den Schlaf der Giraffen auswirkt. Kürzlich sorgte Sicks auf einer Schlafmesse in Berlin für Aufsehen, weil er erklärte, wie die vielen schlafgestörten Menschen besser ruhen könnten, wenn sie ein wenig von den Tieren lernen. Wobei Sicks es wohl anders ausdrücken würde, er würde vom Wiedererlernen sprechen, weil Mensch und Tier ja ursprünglich aus derselben Schlafschule stammen.“
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Wie sieht es nun mit dem Schlaf der in dem von Westmanagern gebeutelten Ostberliner Tierpark inhaftierten Tiere aus? „Die Luft ist feucht und kühl geworden. Es riecht nach Heu, Tierkot und wildem Liebstöckel. Eine Nachtigall singt, in der Ferne krächzen Flamingos, ansonsten ist es still im Tierpark. Erstaunlich still, wenn man bedenkt, wie viele Kreaturen hier nebeneinander leben. Aber die meisten Tiere scheinen ihren Schlaf wirklich ernst zu nehmen…Fledermäuse fliegen dicht über den Köpfen. Sie schlafen zwanzig Stunden am Tag, sagt Sicks, kaum ein anderes Tier hat einen solchen Erholungsbedarf..Der Schlaf, sagt Sicks, sei einer der entscheidenden Faktoren für das Überleben der Arten. Nur Lebewesen, die im Laufe der Evolution in der Lage waren, eine erfolgreiche Schlafstrategie zu entwickeln, existieren heute noch.
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Grundsätzlich gilt: Raubtiere schlafen länger als Beutetiere. Warum? „Weil sie es sich leisten können“, murmelt Sicks. Der Tiger schläft sechzehn Stunden, die Gazelle nur fünf. Selbst hier im Tierpark, wo die Gazelle nie ihren natürlichen Feinden ausgeliefert war, hat sie ihren kurzen, leichten Schlaf beibehalten. Er ist in ihrem Erbgut gespeichert, hat sie über Jahrtausende begleitet…Ein Lebewesen muss lange genug schlafen können, um neue Energie zu tanken. Schlafentzug ist eine der härtesten Prüfungen für einen Organismus. Ratten sterben nach 23 Tagen Schlafentzug. Andererseits, erklärt Florian Sicks, ist jedes Beutetier darauf konditioniert, die Schlafzeiten nicht zu sehr auszudehnen, um nicht gefressen zu werden. Beide Faktoren, Erholung und Sicherheit, bestimmen letztlich die Schlafdauer der Tiere.“
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In dem neuen Buch des Eifel-Försters und Pferdehalters Peter Wohlleben „Das Seelenleben der Tiere“ fand ich den Hinweis, dass Pferde, die immer sehr mühsam wieder aufstehen, wenn sie sich zum Schlafen niedergelegt haben (und zwar mit den Vorderbeinen zuerst; Rinder stehen als wehrhaftere Tiere dagegen mit den Hinterbeinen zuerst auf), dass die Pferde im Alter sich nicht mehr hinlegen, weil sie befürchten, bei Gefahr nicht schnell genug oder überhaupt hoch zu kommen. Sie dösen nur noch, wobei sie ein Bein jeweils entlasten. Aber auf diese Weise müssen die alten Pferde laut Wohlleben für den Rest ihres Lebens auf Träume verzichten. Ich träume dagegen besonders heftig beim Dösen. „Der passionierte Förster und Bestsellerautor Peter Wohlleben lehrt uns das Staunen über die ungeahnte Gefühlswelt der Tiere,“ heißt es auf der Internetseite seines Verlages.
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Maxim Leo schreibt: „Florian Sicks läuft schweigend durch die Dunkelheit, bewegt sich leise auf das Zebra-Gehege zu. Die Zebras, erklärt er flüsternd, schlafen oft im Stehen. Sie entlasten ein Bein, verlagern ihr Gewicht auf die drei anderen Beine, lassen den Kopf ein wenig hängen und dösen. Zebras sind schreckhaft, ihr Schlaf ist wie bei den Gazellen nie besonders tief. Das hat auch mit ihrem gestreiften Fell zu tun, das sie sogar nachts auf weite Distanzen erkennbar bleiben lässt, weshalb sie eine beliebte Löwen-Beute sind. Dass die Zebras uns schon bemerkt haben, erkennt man an ihren Ohren, die sich nach allen Seiten drehen. Schließlich öffnen sie die Augen und traben nervös auf und ab.“
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„Sicks hat über Monate den Schlaf von Giraffen beobachtet, die verschiedenen Formen von Stress ausgesetzt waren. So führt ein Transport der Tiere in einem geschlossenen Wagen noch Tage später zu Schlafstörungen. Der Tod eines Giraffenbullen sorgte bei der Giraffenkuh Jacqueline sogar drei Wochen lang für unruhigen Schlaf. Das Giraffenhaus ist die letzte Station des nächtlichen Spaziergangs. Florian Sicks öffnet vorsichtig die Tür, drinnen hört man es rumpeln, die Giraffen, die sich bereits auf ihre Strohlager gelegt hatten, schrecken hoch. Sicks spricht mit den Tieren, das scheint sie zu beruhigen. Er erzählt, die Zoologen hätten lange Zeit geglaubt, dass Giraffen überhaupt nicht schlafen, weil man sie nie dabei beobachtet hatte. Erst 1957 erblickte Professor Grzimek im Frankfurter Zoo zufällig eine schlafende Giraffe.“
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Auch Elefanten hat man lange Zeit im Zoo nicht schlafend beobachten können, weil sie schon beim kleinsten Geräusch aufschreckten. Anders die Elefanten im Zirkus, wie der Zürcher Zoodirektor Heini Hediger beobachtete. Sie sind Tag und Nacht von Geräuschen und Stimmen umgeben und lassen sich im Schlaf nicht leicht stören. „Zum Schlafen ist der Tierpark [aber] wohl doch der bessere Ort,“ resümiert der „Berliner Zeitung“- Autor, weil es dort nachts, im Gegensatz zum Westberliner Zoologischen Garten mitten in der Stadt, bemerkenswert still ist.