vonChristian Ihle 26.10.2009

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The Cribs – Ignore The Ignorantcribs

Während in England die Cribs in der Zwischenzeit sogar schon vor den Beatles-Wiederveröffentlichungen in den Charts gelandet sind, hat Deutschland immer noch Nachholbedarf. Vielleicht ändert sich das nun da mit Johnny Marr ein auch in Deutschland großer Name etwas überraschend zur walisischen Jarman-Familienbande gestoßen ist. Aber Marr ist nicht die einzige Veränderung im Cribs-Kosmos:

Die Gitarren sind weit weniger der Kettensägentradition der Ramones verpflichtet, sondern flirren nun zum Teil smithsgleich durch die Luft, was natürlich auch der Neuverpflichtung von selbiger Band zuzurechnen ist. Aber auch dass auf „Ignore The Ignorant“ Ryan Jarman seltener die Leadvocals übernimmt und dafür seinen „etwas weniger atonalen“ (NME) Bruder Gary ans Mikrofon lässt, tut sein übriges.

Es ist schwer zu sagen, ob auch an den Cribs das Alter nicht spurlos vorübergeht, die Hinzunahme des eleganten Gitarristen Johnny Marr den Songs die sonst übliche Cribs’sche Wucht nimmt oder ob einfach der neue Produzent Nick Launay nicht den gleichen Punch zu setzen vermag wie Edwyn Collins und Alex Kapranos bei den Vorgängeralben.

Trotzallem klingen die Cribs natürlich immer noch auf manchen Songs wie Buzzcocks, die mit den US-Indierockgitarren der 90er aufgewachsen wären, insbesondere bei dem etwas fehlleitenden Albumopener „We Are Aborted“ und „Victims Of Mass Production“.

Dass sie das Album mit „Stick To Yr Guns“ beschließen, ist dann aber doch eine handfeste Überraschung. Die erste Akustikballade der Cribs-Geschichte – also sicherlich das Gegenteil von „Schuster bleib bei deinen Leisten“!
Wie die Cribs behutsam und versteckt diese Tür öffnen, erinnert an eine andere Band, die in ihrer Jugend mit Sicherheit die eine oder andere Buzzcocks-Platte gehört hatte: Green Day legten den Grundstein für ihre zweite Karriere als Heroen des Stadionrocks einst mit dem sanften Rauswerfer „Time Of Your Life“ auf dem ungerechterweise zu wenig beachteten Nimrod-Album. Was aus ihnen geworden ist, zumindest in kommerzieller Sicht, spricht Bände. Die Geschichte der Cribs wird noch nicht zu Ende sein, hier beginnt Phase 2.

Anhören!
* We Are Aborted
* Hari Kari
* Victim Of Mass Production

[youtube]http://www.youtube.com/watch?v=qFMxCLPQ9UY[/youtube]
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The Cribs im Popblog:
* My Favourite Records mit The Cribs
* Song des Jahres 2007
* Die zehn besten Alben 2007
* Album des Monats August 2007 – Platz 1: Men’s Needs, Women’s Needs, Whatever

Im Netz:
* MySpace
* Indiepedia

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Bad Lieutenant – Never Cry Another Tear

badlieutenant

Auch seltsam: da gehen schön 17 Jahre ins Land und man wähnt den dreckigen, deprimierenden, großartigen und unterschätzten „Bad Lieutenant“ Film von Abel Ferrara mehr oder minder vergessen, dann kommt ausgerechnet die deutsche Regie-Ikone Werner Herzog um die Ecke, dreht eine Art Remake und der alte New-Order-Recke Bernard Sumner benennt seine neue Band ebenfalls „Bad Lieutenant“.

Im Gegensatz zu den beiden Filmen ist Sumners neueste Band – die nunmehr vierte nach Joy Division, New Order und Electronic – aber frisch herausgeputzt und, etwas das man über den filmtitelgebenden „Bad Lieutenant“ nie sagen konnte, eher zu clean.
Als Sumner das erste Mal nach einem scheinbaren New-Order-Ende in eine andere Band flüchtete, konnte er zwar nie ganz einlösen was die Summe der einzelnen Teile (New Order, The Smiths (Johnny Marr) und Unterstützung der Pet Shop Boys) versprach, aber Electronic klang zumindest anders als seine Heimatband, als würde Sumner versuchen, die typischen New Order Grundlagen auf eine andere Art zu interpretieren.

Bad Lieutenant hingegen erinnert oft zu sehr an das New Order – Spätwerk, in das wir hier explizit „Republic“, das letzte New Order Album der Phase 1, mit einbeziehen wollen. Sumners im Vergleich zu seinem doch etwas aufgedunsenen Gesicht immer noch unverschämt jugendliche Stimme dominiert die Songs wie auch die Gitarrenlinien in den besten Momenten derart „typisch New Order“ sind, dass im Grunde nur eine Zutat zu fehlen scheint: Peter Hooks Bass. Da aber Hookys Bassspiel bekanntermaßen die Seele der New Order – Songs war, schmerzt diese Lücke gerade deshalb, weil die Songs so sehr an New Order erinnern. So bleibt ein ordentliches Alterswerk, das den Ruch des Mediokren allerdings nie abstreifen kann.

Anhören!

Sink Or Swim
Summer Days On Holiday

[youtube]http://www.youtube.com/watch?v=WQxdkvkPSuY[/youtube]
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Im Netz:
* Indiepedia
* Homepage

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