vonlottmann 14.07.2011

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Ferien in Italien sind eine feine Sache, wie jeder weiß (Foto am Ende des Artikels), vor allem, wenn man womöglich einer der letzten ist, der in den Genuß dieser tausendjährigen deutschen Tradition kommt (die deutschen Kaiser, Goethe, die Zigarette danach, und so weiter). Das Land bricht aber nun zusammen. Berlusconi weint (!) im Fernsehen:

Schon wieder sollen 47 Milliarden eingespart werden. Völlig unmöglich. Der Gangster ‚regiert‘ gerade noch mit einer (mühsam gekauften) Stimme Mehrheit. Die sogenannten Bunga Bunga Partys gibt es nicht mehr. Die Prozesse sind im Wesentlichen im Sande verlaufen. Der Cavaliere hat zuletzt sogar mit Hilfe gekaufter Zeugen beweisen können, daß kein einziger Cent aus Steuergeldern für die Bezahlung von Callgirls geflossen ist. Mehr noch: Silvio hat nicht nur die ihm zugetanen Prostituierten aus eigener Tasche auf Heller und Pfennig bezahlt, sondern, zusätzlich, ohne Not, doch wohl aus Idealismus, einzig für die „politische Landschaftspflege“ (Eberhard v. Brauchitsch) auch noch die Nutten der Politfreunde und Industriellen. Nobel, nobel! Der Mann hat sein Problem verloren. Er hat seine Ehre wieder, er ist frei. Aber es ist den Zeitungen keine Zeile mehr wert. Denn nun ist Bunga Bunga ein Relikt wie aus KIKA-Tagen. Uralte, graueste Vergangenhaft. Ein müder Witz, über den keiner mehr lachen kann. Die Wirklichkeit ist darübergefegt wie Sturm Kathrina. Italien ist Pleite, 1840 Milliarden Euro fehlen, kein Rettungsschirm kann das noch auffangen. Italien crasht, Europa crasht, alles crasht. Es merkt nur keiner, weil das Thema schon so lange auf der Tagesordnung steht. Es ist wie in den Tagen und Wochen vor dem Ersten Weltkrieg. Der Kronprinz war schon vor Monaten abgeknallt worden- Schlimm, aber lange vorbei. Attentate waren nun einmal die Mode jener Zeit. Längst hatten Anarchisten irgendwo anders einen Monarchen hochgehen lassen. Shit happens. Man wurde sorglos. Die Politiker bereiteten fieberhaft ihren großen Krieg vor, während das Interesse der Öffentlichkeit daran langsam nachließ. Und dann war er plötzlich da. Der Weltkrieg. Das Ende von allem.
So wird es wieder kommen.
Vorher nochmal das dolce fa niente bis zum Abwinken. Gutes Timing. Man lebt nur einmal!

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