Aber ich meine unter all denen vor allem zwei, die beiden „bösen“ K-Wörter. Das eine wird seit der Finanzkrise vor elf Jahren wieder öfter in den Mund genommen. Dennoch, so meine Wahrnehmung, gilt es nach wie vor als unfein, mit ihm auf die Gegenwart des Wirtschaftsgeschehens zu zielen. Wir leben, so etwa die Rahmenrichtlinien für den Sozialkunde- und Geschichtsunterricht in einer Marktwirtschaft, wahlweise ergänzt um die Adjektive frei und sozial. Wer dagegen von Kapitalismus spricht, will sicherlich polemisieren.
Das andere „böse“ K-Wort – für das, nach Brecht, Einfache, das schwer zu machen ist – ist so unfein, dass ich die Rollladen allerorten schon nach unten rasseln und die Abhöranlagen der Sicherheitsdienste mit zarten Klicken sich hinzuschalten höre, wenn ich es nur denke. Ich werde es hier nicht ausgeschrieben hinsetzen. Doch hält mich immer weniger ab, über das Wort nachzudenken.
Die Ressourcen sind endlich, die Produktivkraft ist hoch, grundlegende technische Hindernisse beim Transport von Gütern scheint es immer weniger zu geben. Wie viele unserer aktuellen Probleme ließen sich lösen, wenn auf eine meist unhinterfragte Bedingung unseres Wirtschaftens verzichtet würde, darauf nämlich, dass ein Unternehmen sich lohnen, also Gewinn abwerfen müsse? Liegt der Gewinn für die Gesellschaft nicht schon im Produkt oder in der Dienstleistung selbst? Muss verkauft werden, was verteilt werden kann?
Dieser Art sind die Fragen, die ich auf verschiedenste Weise in Texten der Schublade „K-Wörter“ behandele. Die Erde ist auf radikale Weise rund; unendliches Wirtschaftswachstum wäre besser mit einer Scheibenerde zu vereinbaren, die in ihrem Kreiseln sich ständig neues Material aus dem Weltraum einverleibt und ihren Rand rotglühend in die Ewigkeit hinausschiebt. Verstehe ich die Nachrichten über die verschiedenen Verfassungsschutzberichte aus Bund und Ländern richtig, so kann derjenige als Extremist dort gelistet werden, der die freie Marktwirtschaft ablehnt. Frau Erde mithin auch. Ich sehe das in einem Kabarett-Auftritt vor mir, den ich den Schülern und allen anderen Streikenden am 20. September widmen möchte:
Vorplatz vor einem Parlament. Auftritt Frau Erde von der Seite mit einem Schild „Marktwirtschaft tötet – Menschen, Tiere, Pflanzen, mich!“ Sie nimmt ihren Platz für ihre Mahnwache ein, beobachtet von immer mehr von der gegenüberliegenden Seite auftretenden Agenten in langen Regenmänteln, alle Hans-Georg Maaßen frappierend ähnlich. Sie tauschen tuschelnd, alarmiert und hektisch, Informationen, bis sie sich zu einem Ständchen aufstellen und sich mit einem Lied direkt an Frau Erde richten.
Ständchen der Verfassungsschützer an Frau Erde,
vorzutragen vor einer Schülerdemo für Klimaschutz
Frau Erde, Sie sind sehr extrem!
Man muss Sie überwachen.
Die Marktwirtschaft ist ein Problem?
Wir findens nicht zum Lachen.
Dazu sind Sie gewaltbereit,
man müsst Sie glatt verhaften.
Denn Ihre Unbesonnenheit
ist schlicht nicht zu verkraften.
Sie heizen, wehen, wallen auf,
statt Dinge mal zu trennen!
Sie nehmen Tote mit in Kauf.
Nur, weil wir viel verbrennen.
Da fehlt bei Ihnen Freiheitssinn,
Sie sind in sich verfangen.
Was krümmen Sie sich kuglig hin?
Um wohin zu gelangen?
Im Rund kommt jeder Dreck zurück,
muss Möglichkeiten mindern.
Das stört das Unternehmerglück:
Sie wollen uns behindern!
Ihr Kugeldasein: zu extrem.
Sie drohen uns: klimatisch.
Frau Erde, Sie sind das Problem.
Der Markt ist demokratisch.