vonkirschskommode 13.08.2024

Kirschs Kommode

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Simone

Ich weiß nicht Jahreszeit noch Jahr,
das Haus, es wird noch stehen;
weiß, dass es auf der Treppe war,
die kann ich vor mir sehen.

Weshalb ich aus dem Keller stieg,
den Grund hab ich vergessen.
Dort unten stampfte Tanzmusik.
Vielleicht sucht ich nach Essen.

Und dann? Ein schlanker Mädchenarm,
zwei glänzend große Augen.
Und Lippen sind es, feucht und warm,
die sich an meine saugen.

Das Haar, die Strähnen, falln mir ein;
Pullover: beige, mit Streifen.
Zwei Brüste wölben ihn, noch klein,
sehr rund, sehr nah zum Greifen.

Es galt mir nicht, es traf mich halt,
als Mutprobe, als Wette.
Und wurd’ und wurde mir nicht kalt.
Was mich erleichtert hätte.

 

Henriette

Die Nacht senkt sich aufs Jugendhaus,
ein schnelles Tschüß zu Henriette.
Sie bringt zum dunklen Saal mich raus;
adrett, geschminkt, Parfüm und Kette.

Im Türviereck bleibt sie kurz stehn,
Licht quert als fahler Keil den Raum.
Ich kenn sie wenig, nur vom Sehn;
die Szene wird zum schrägen Traum.

Die Tür, das Mädchen – Scherenschnitte;
ihr Lockenkranz; ihr Klimperblick;
ihr Goldfischmund, sein stummes Bitte,
ich spür mein ganzes Ungeschick.

Was mache ich? Ich schau mich um.
Der Saal liegt leer in Düsternis,
Was möchte sie? Ich bleibe dumm.
Ihr Mund pulst auf. Er lockt doch: Küss!

Ich tus. Ich stürze augenblicklich
ins Dunkel fort, von Schreck durchglüht.
Ich fand den Ausgang soweit glücklich.
Wars Hochgefühl? Dann wars verfrüht.

 

Simone und Henriette

Was noch draus wurde? Zu wenig wär
zu sagen: Nichts. Simonens Bruder,
Freund Heiner, lief die Sache quer
und schließlich gänzlich aus dem Ruder.
Ich galt als süß, der Locken wegen.
Simone war die Avantgarde,
der Jette kam ich auch gelegen.
Denn jede hatte ihren Part
im Spiel: Die Küsse einer Clique
sind nicht privat. Sie sind global,
sie suchen, brauchen alle Blicke.
Wer das nicht kann, ist nicht normal.
Ich hätt bei meinen ersten Küssen
nicht so zusammenzucken müssen.

Ich tats jedoch. Ging finster brütend,
von körperlicher Gier gepackt,
benahm mich schlimm und wurde wütend,
die Seele lag mir wund und nackt.
Ich war um dreizehn. Wein in Mengen
(ein Fest, Ambiente und Komfort,
das Haus gefüllt von Hardrock-Klängen.)
tat meinem Zustand auch nicht gut.
An einem Streit zogs mich empor;
für Henriette schwoll mein Mut:
Ich schwankte durch die Villenzimmer,
erbrach aufs Sofa und auf immer
war ich für Heiner und die Gruppe
erledigt. Unten durch. Und schnuppe.

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