vonFalk Madeja 10.12.2009

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Vor zwei Wochen fuhr ich in Tilburg vom Bahnhof zur Hochschule mit dem Bus, beim Einsteigen überraschte mich die Fahrerin, weil sie moslemisches Kopftuch trug. Das hatte ich in einem niederländischen Bus noch nie gesehen, aber, nagut, dachte ich, solange sie den Bus ordentlich fährt, kann ich damit leben. Obwohl ich dem moslemischen Kopftuch ansonsten abweisend gegenüberstehe, ich meine, es ist in meinen Augen ein Symbol für die Ungleichheit von Mann und Frau – ich sollte lieber sagen der Ungleichwertigkeit der Frau. Ob in Paris oder Istanbul eine Busfahrerin ein Kopftuch tragen darf? Ich weiss es nicht, aber wohl eher nicht.

Einige Tage später. Im Vorübergehen an einem Zeitungsstand sehe ich auf der Titelseite der Zeitung „De Telegraaf“ von einer merkwürdigen Geschichte. Ich überflog ein paar Zeilen und konnte meinen Augen kaum glauben. Es ging um einen Strassenbahnkontrolleur in Amsterdam namens Ezzas Aziz, dem der örtliche Verkehrsbetrieb, GVB, übel mitspielt. Der Mann ist 56 Jahre alt und trägt seit 26 Jahren ein religiöses Sysmbol um den Hals. Und genau das wollen ihn die GVB-Direkteure verbieten. Es handelt sich nämlich um ein christliches Kreuz. Aziz ist Christ, stammt aus Ägypten und hat seit 1984 die niederländische Staatsbürgerschaft.

Heute, die Zeitschrift „Vrij Nederland“ plumste durch den Briefschlitz, befassten sich auch die Kollegen dieses Wochenblatts mit der Angelegenheit. Ich hatte etwas mehr Zeit und las das mal. Und siehe da, die Geschichte ist keineswegs übertrieben (machen ja Boulevardzeitungen gelegentlich). Aziz darf seit einem Jahr nicht mehr mit seinem Kreuz um den Hals arbeiten. Ja, schlimmer noch, die halsstarrige Direktion schickte ihn sogar zum Psychologen und seit Januar darf er nicht mehr arbeiten. Angeblich würde sein Kreuz gegen eine seit Dezember 2008 geltenden Kleiderordnung des GVB verstossen, religiöse Symbole würden dazu nicht passen. Er verwies dann auf moslemische Kolleginnen, die ihr Kopftuch tragen dürfen, woraufhin ihm gesagt wurde, dass die Kopftücher nicht zur Diskussion stehen würden.

Im Gerichtssaal argumentierte dann der Anwalt von Aziz, dass entweder alle religiösen Symbole verboten würden oder keine. Wenn die Moslemfrauen ihre Haare verhüllen wollten, dann ginge das ja auch mit einer neutralen Mütze statt einem Kopftuch. In der kommenden Woche gibt es ein Urteil, ich bin gespannt.

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