Die Schrifstellerin Ursula K. Le Guin hat uns bereits vor über drei Dekaden mit ihrem Text The Carrier Bag Theory of Fiction daran erinnert, dass die gesamte westliche Kultur um und in den Konflikt gebaut ist: er ist die Künstlichkeit, die uns von Kunst eingebläut wird. Kein Buch, kein Theaterstück, kein Film ist uns ohne Konflikt vorstellbar; auch keine Anleitung, wie sie auszusehen haben laut den Regieangaben der Stil-Beauftragten. Statt Kooperation, Kommunikation, Kollaboration mimt Kunst nichts als verordneten Antagonismus. Das falsche Sein wird aber nicht richtiger, indem es falsches Bewusstsein wird.
Die Besessenheit vom Konflikt ist zu lesen als Modalform des Patriarchats, das immer im Imperativ auftritt. Das Militante, Imperialistische, Penetrierende des Phallogozentrismus aber ist im Eigentlichen Kastration. Kein Kunstwerk, das den Konflikt verherrlicht, schafft es heil aus der Prüderie, wenn es jenseits phallogozentrischer Repräsentation um die Präsenz einer Erektion geht. Das Feigenblatt bleibt. Und diese Ästhetik spiegelt sich in die Subjekte zurück. Gerade in der Aggressivität des Mannes tut sich seine brutale Hilflosigkeit kund. Penisneid empfindet zuallernächst der ‚Mann‘ gegenüber der Übermannung, die zur Maskulinität zwingt. Denn die Konstruktion der Männlichkeit ist immer schon die Kastration des Menschen. Dabei wäre ‚Männlichkeit‘ leer ohne ihn: sie hat keinen Gegenwert, ist Imago, Phantasmagorie – ihr großer Anderer bloße Hülle, ohne Substanz, mundloser Appell, reines Auge.
Genau hier ist die erste – selbstkonstitutive – Gewalt des Phallogozentrismus: die am Phallus selbst. Phallogozentrismus hat als notwendige Verdingung die Dingwerdung seiner Fixierung. Um diese hinreichend fleischlich auf die Schlachtbank der Worte zu bringen: Phallogozentrismus ist die Verwurstung des Schwanzes. Ein Penis könnte seine eigene Leiblichkeit erst nach seiner Verwurstung – als Schwert gegen die Scheide, als Linearität gegen den Kreis, als Mythos des Konflikts gegen die Realitäten der Kommunikation, Kooperation und Kollaboration – erleben. Denn nichts wurde so instrumentalisiert wie der Penis: nichts hatte so zum Instrument zu erstarren. Erst die Verwirklichung des Feminismus darum würde den Phallus sich selbst zurücküberstatten. Die Erektion wäre hier endlich, statt selbstherrliches Durchstoßen eines Schutzes, eingereiht in den Kreis der Natur.
Insofern: wer sich ernsthaft einzureden versucht, ‚Männerrechtler‘ zu sein, müsste immer schon bekennender Feminist werden. Dagegen ließe sich nur argumentieren, indem das Recht des ‚Mannes‘ nicht das Dürfen seines Leibes, sondern die Pflicht zum dekalogisch Virilen wäre – das jedoch kühles Korsett bleibt um Herz, Geist und Schritt. Zu ‚Männerrechtlern‘ lässt sich folglich nur sagen: ihre Mysogynie ist Projektion ihres Selbsthasses. Tatsächlich lässt sich die Emanzipation des Penis nicht anders haben denn als Emanzipation von Mannheit. Denn Mannheit ist nichts als der Konflikt zwischen Phallus und Phallogozentrismus, dessen Gewinner immer schon feststeht. Mannheit ist Übermannung der Lust in ihrem eigenen Reich – performatives Kastrieren am eigenen Leib. Auch Penis, Phallus, Erektion gehören um ihrer selbst willen befreit vom Patriarchat. Ohne den Feminismus bleiben sie nichts als Halluzination.
Der Sexismus ist eine aufsteigende Kaskade der Reduktionen von Libido: zunächst auf den Leib, dann auf den Körper, weiter auf Sex, Geschlecht, anatomische Regionen – und abschließend auf die Zensurbehörde der Idealisierung. Kurz: Sexismus abstrahiert. Er ist reale Abstraktion. Im Feminismus geht es deshalb nicht zuletzt darum, diese Sublimierungskaskade der Lust wieder herabzusteigen in die tiefen Wasser des Lebens. Dessen konkrete Energien sind mit Erotik identisch. Gegen die Feindlichkeit, vor allem die Lustfeindlichkeit, hilft nur der Feminismus.