vonPeter Strack 27.10.2012

Latin@rama

Politik & Kultur, Cumbia & Macumba, Evo & Evita: Das Latin@rama-Kollektiv bringt Aktuelles, Abseitiges, Amüsantes und Alarmierendes aus Amerika.

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In den 60er Jahren wurde sie noch als gesundheitsgefaehrdend diffamiert, jahrzehntelang vom Importweizen und Reis verdraengt. Nun ist sie salonfaehig geworden, findet sich auf Speisekarten von Feinschmeckerrestaurants und demnaechst auch auf der diplomatischen Buehne: Chenopodium Quinoa. Am 29. Oktober war – vor den Sturmwarnungen – geplant gewesen, waehrend der Generalversammlung der Vereinten Nationen das Jahr 2013 als “Internationales Quinoa-Jahr”  auszurufen.

Dies unter Anwesenheit  der “Quinoa-Botschafter” Nadine Heredia Alarcón, peruanische Praesidenten-Gattin, sowie Evo Morales Ayma, Praesident des bolivianischen Staates, auf den u. a. die Initiative zu diesem Jahr zurueckgeht.

Die Renaissance der Quinoa deutete sich bereits an, als Konflikte zu ihrer Patentierung bekanntwurden. Das “Korn der Inka”, dessen Anbau auf die Zeit von ca. 5000 Jahren vor Christi Geburt zurueckgehen soll, wird schon laengst nicht mehr nur in den Bergregionen der Anden angebaut. Sechs Staaten produzieren die Quinoa inzwischen kommerziell, in 70 Laendern laufen Versuche, das hochwertige Nahrungsmittel zu produzieren, darunter auch Frankreich, England, Schweden oder Kenia, heisst es auf der offiziellen Homepage des Internationalen Quinoa-Jahres.

Don Eustaquio (im Hintergrund) mit seiner Sortenvielfalt
Don Eustaquio (im Hintergrund) mit seiner Sortenvielfalt

Auch wenn in deutschen Bio- oder Eine-Welt-Laeden nur zwei bis drei Quinoa-Sorten zu finden sind, gibt es eine weit groessere Vielfalt. Sie macht den Anbau in Regionen mit Temperaturen von -8 Grad bis 38 Grad Celsius und in Hoehen vom Meeresspiegel bis hinauf ueber 4000 Meter Hoehe moeglich.  Der Aymara-Bauer Don Eustaquio Velásquez aus einer peruanischen Landgemeinde nahe des Titikakasee pflegt mehr als 20 Sorten auf seinem kleinen Acker.

Der Wert der Quinoa, “Ein Schatz fuer die Welternaehrung”, liege nicht nur in dem Korn selbst, sagt José Graziano da Silva, Generaldirektor der Welternaehrungsorganisation FAO, sondern auch in dem Wissen , das mit dem Anbau verbunden sei.  Die Quinoa gilt als eine Antwort der indigenen Kulturen auf klimawandelfolgenbedingte Ernaehrungskrisen. Auch wenn etwa meine Tochter nicht gerade ein Quinoa-Fan ist: Dadurch, dass die Quinoa praktisch alle essenziellen Aminosaeuren sowie verschiedene Vitamine und Mineralstoffe enthaelt, bietet sie sich insbesondere fuer vegetarische Ernaehrung geradezu an.

Quinoa Ernte  Foto: Claudio Guzmán, FAO
Quinoa Ernte Foto: Claudio Guzmán, FAO

Wie alle Produkte, die fuer den Weltmarkt interessant geworden sind, gibt es nun auch bei der Quinoa Verdraengungsprozesse, bei denen die lokale Sortenvielfalt zugunsten der international nachgefragten Sorten zurueckgedraengt wird. Und mancher Bolivianer beklagt sich ueber die steigenden Preise, die dem lokalen Konsum schaden.

So kommt das Internationale Quinoa-Jahr nicht nur recht, um Werbung fuer dieses lange unterschaetzte und vernachlaessigte Nahrungsmittel zu machen, sondern auch, um sich ueber den Konflikt zwischen Agrobusiness und kleinbaeuerlicher Agrarkultur Gedanken zu machen.

Waehrend Evo Morales in New York das Internationale Quinoa-Jahr haette eroeffnen sollen, waren zeitgleich in den bolivianischen Staedten Potosí, Oruro und La Paz Quinoa-Maerkte und Praesentationen der letzten wissenschaftlichen Erkenntnisse geplant.

Wann die offizielle Eroeffnung nachgeholt werden soll, ist noch nicht bekannt.

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